Unvergessen - Kapitel 15: Das Liebesverhör

Kunstbanause

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Obwohl Yuri einen Smart und Justin einen Porsche fährt, überkommt Luna in diesem Wagen ein Engegefühl der Extraklasse. Sie hat bereits solche Autos gesehen, in denen das gesamte Armaturenbrett mit Fast-Food-Resten zugemüllt ist. Dass dies jedoch mit Süßkram genauso möglich sein würde, hätte sie nicht gedacht.

Doch auch in diesem Chaos kann Luna eine gewisse Systematik beobachten: Frische Bonbons liegen nämlich oben, leeres Papier hingegen auf dem Fußboden, weshalb es nicht möglich ist, sich ohne ein Knistern zu Bewegen. Schon nachvollziehbar, warum sich Yuri von Justin getrennt hat. A propos...
"Warum haben Sie mich eigentlich zu Frau Starling geschickt? Es hätte doch jeder andere Anwalt sein können."
"Nun, ich bin eben überzeugt von ihren Qualitäten." Luna reißt theatralisch die Augen auf. "Ja, das dachte ich mir bereits."
Misstrauisch hebt Justin eine Augenbraue. "Was soll das denn heißen?"
"Oh, ich glaube, das wissen Sie genau."
"Pah, von einer kleinen Göre wie dir, lasse ich mir gar nichts sagen." Er schiebt sich einen Lutscher in den Mund.
"Jetzt tun sie nicht so miesepetrig." Luna verschränkt die Arme und wirft ihm ein schelmisches Grinsen zu. "Ich weiß, dass Sie eigentlich ein gutes Herz haben, sonst hätte sich Yuri damals nicht in Sie verliebt."
"Aha, du hast also mit ihr über mich gesprochen."
"Ja, sie sagte Sie seien total unromantisch."
"Was!? W-Wie unverschämt...", stottert er entrüstet, angesichts dieser brutalen Ehrlichkeit. "Aber durchaus zutreffend, wenn ich mir Sie so ansehe“, bemerkt Luna.
"Tse. Hat Yuri... sonst noch etwas über mich gesagt?", fragt Justin neugierig, versucht jedoch gänzlich gelassen zu klingen.
"Nanu? Herr Sunsweet, warum interessieren Sie sich denn so dafür, was Yuri von Ihnen denkt? Ist Ihnen ihre Meinung derart wichtig? Oder anders ausgedrückt", verschmitzt grinsend beugt sich Luna so nahe an ihn heran wie es der Gurt zulässt, "Ist sie Ihnen wichtig?"
"Nicht im Geringsten, das ist Vergangenheit. Sie ist jetzt mit einem Anderen zusammen." Überrascht lässt sich Luna zurück in ihren Sitz gleiten und schnappt sich ein Päckchen Gummibärchen vom Armaturenbrett. "Oh, Sie wissen von Robin? Naja, auch gut. Und das hält sie davon ab?"
"Wovon ab?"
"Na, ihr Ihre Liebe zu gestehen, was sonst? Jetzt stellen Sie sich doch nicht so dumm", sie verdreht die Augen, "also wirklich..."
"Ha, pass auf, was du sagst, Kleine. Du kannst Liebe noch nicht mal buchstabieren, also erzähl' mir nichts. Außerdem", eine Spur Enttäuschung schwingt in seiner Stimme, "möchte sie mich nicht mehr sehen. Ich habe sie verletzt."
"Verstehe, deshalb habt ihr euch also getrennt?"
"Gib's auf, von mir erfährst du nichts."

"Ja, dachte ich mir bereits, schade drum. Aber das ist heute ja nicht mehr so wichtig. Wenn ich überlege, wie aufgeregt Yuri plötzlich war, als sie erfuhr, wer der Staatsanwalt im Fall meiner Schwester ist...", mit erhobener Augenbraue schielt sie zu ihm herüber.
"T-Tatsächlich?" Justin ist sichtlich überrumpelt, damit hat er nicht gerechnet. Luna hebt selbstsicher einen Finger in die Luft.
"Oh, Sie hätten ihr Gesicht sehen sollen, als hätte sie, um es mit Ihren Worten auszudrücken, in ein saftiges Cremetörtchen gebissen. Mit Schokostreuseln", fügt sie hinzu. "Ich glaube kaum, dass sie heute noch nachtragend ist."
Für einen Moment herrscht absolute Stille, Justin blickt nachdenklich auf die Fahrbahn, dann drosselt er das Fahrtempo.
"Ist das die Straße?" Wechselt er das Thema.
"Was? Oh ja, hier irgendwo muss ihr Büro sein. Aber warum wissen Sie das eigentlich nicht? Sie haben mir doch überhaupt erst zu Yuri als Anwältin geraten", rudert Luna zurück. Justin wirft den übrigen Stiel seines Lutschers zu den Bonbon-Papieren auf dem Fußboden und schaut sie im Rückspiegel an.
"Naja... Ich hatte lediglich Kenntnis davon, dass sie in Frankfurt lebt. Erst durch deine Hilfe konnte ich sie ausfindig machen." Geschockt schlägt sie sich die Hand vor den Mund. "Nein... deshalb haben Sie sie mir empfohlen! Sie benötigten nur einen Grund, ihr näher zu kommen! Na, Sie sind mir ja einer, Herr-"
"Also gut Luna", unterbricht er sie, seine Miene wird abrupt ernst. "Ich weiß nicht, ob Yuri etwas zugestoßen ist, aber es könnte trotzdem gefährlich werden. Wenn wir gleich da sind, möchte ich, dass du im Wagen bleibst in Ordnung?" Auch Luna holt nun wieder der Ernst des Lebens ein, ihre Miene verdunkelt sich augenblicklich.
"Alles klar."
"Gut, du kannst dir auch was Süßes nehmen, falls du Hunger hast. Aber es wird wohl nicht lange dauern. Ich nehme mal an, Robin ist bei ihr, also kann ja eigentlich nichts passiert sein."
 



 
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