Verfluchtes Erbe

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Verfluchtes Erbe

Es war Herbst. Dunkle Wolken hingen über der Stadt, als William sein Haus verließ. Er war in Eile, denn sein Wecker war irgendwann in der Nacht stehen geblieben. Willy hatte verpennt. Wie so oft.

Es schien ein Morgen wie jeder andere zu sein. Er verbrühte sich in der Dusche, als 3 Nachbarn beschlossen, ihre morgentliche Notdurft gleichzeitig hinunterzuspülen. Sein Toast war verbrannt wie immer und die zerplatzten Frühstückseier hatten sich in die üblichen avantgardistischen Proteinskulpturen verwandelt, in denen kleine Stückchen der geborstenene Schale steckten. Der Kaffesatz fand unbeirrbar seinen Weg in Willys Tasse und irgendein Arschloch hatte seine Morgenzeitung geklaut. Alles wie immer.
Er hatte kein Glück im Leben. Keiner in seiner Familie hatte jemals Glück gehabt. Sein Vater war beim letzten Umzug von dem herabfallenden Klavier erschlagen worden, seine Mutter an einem Karamelbonbon erstickt. Seine Sippe schien vom Pech verfolgt.

Aber Willy war nicht dumm. Er nahm den Highway No. 34, immer ein Ohr an der Verkehrsdurchsage. Der Verkehr war zähflüssig und kam schließlich zum Stillstand. 10 Minuten stand er im Stau, als das Radio ihn informierte, dass ein Lastwagen mit giftigem Sondermüll umgestürzt war, Kilometer 266 auf Highway No. 34. Ein Schild neben der Leitplanke verkündete die beruhigende Mitteilung, er befände sich erst auf Kilometer 257, also offensichtlich weit genug entfernt von diesem Disaster. Nur 3 Stunden später hatte er die Unfallstelle passiert. Es war schwül, und Willy war bereits durchgeschwitzt, als ihm der linke Vorderreifen platzte und er den Streifenwagen rammte. Die Beamten nahmen grinsend seine Personalien auf, aber beim Reifenwechsel halfen sie ihm nicht.

Im Umkreis von 3 Meilen um seinen Arbeitsplatz war Parken äußerst schwierig. Willy erspähte einen Parkplatz, doch leider genau vor einem Hydranten und ein untrüglicher Instinkt sagte ihm, er solle sich heute vielleicht nicht auf sein Glück verlassen. Unser arg gebeulteter Protagonist umkurvte noch 8 weitere Blocks, dann fuhr er Richtung Downtown, stellte seinen Wagen ab und nahm sich ein Taxi. Das heißt, er hatte vor, sich ein Taxi zu nehmen, doch egal, an welche Kreuzung er sich stellte, die gelben Flitzer schienen immer eine Querstraße entfernt vorbeizufahren. Nach einer weiteren Stunde – er hatte sich ein Taxi rufen wollen, doch sein Handy schien sich unerklärlicherweise in einem Funkloch zu befinden, und alle Telefonzellen in der Gegend waren zerstört – kam ein Cab angebraust, und hielt vor unserem verzweifelt winkenden Helden. Gerade noch rechtzeitig. Wohl nicht rechtzeitig genug, um Williams Job zu retten. Sein Boss hatte ihn sowieso schon auf dem Kieker, die Firma sollte “schlanker” werden und eine vierstündige Verspätung, genau an dem Tag, da William eine Präsentation für den wichtigsten Kunden der Firma vorstellen sollte, würde die Wahl des Kollegen, von dem man sich “schweren Herzens” trennen musste, immens vereinfachen. Um seinen Job zu retten, kam das Taxi wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig genug, aber es fuhr rechtzeitig genug los, dass Willy noch mitbekam, wie ein paar Jugendliche seinen Wagen aufbockten, nachdem sie fachmännisch die Radmuttern gelöst hatten.

Der puertoricanische Taxifahrer behauptete felsenfest, sein Taxameter sei defekt und William musste den doppelten Preis zahlen. Kaum dass er das Taxi verlassen hatte, und mit einem Kloß im Hals vor seinem Firmengebäude stand, sich mit fast masochistischem Genuss ausmalte, wie sein Boss ihn in der Luft zerfetzen würde, begann der Wolkenbruch.

Es war Herbst. Dunkle Wolken hingen über der Stadt. Es regnete in Strömen. Demoralisiert und durchgeweicht ging Willy mit gramgebeugtem Haupt auf den Eingang zu. Existierte so etwas wie Schicksal? Anscheinend.

Murphys Gesetz.

“Es hat sich bitter an deinen Nachfahren gerächt, Großvater!”, schrie William Murphy zornig gen Himmel, rutschte auf dem nassem Laub aus und zog sich eine komplizierte Beckenfraktur zu.
 
A

Abendsternchen

Gast
Hallo Alpha


Es war Herbst. Dunkle Wolken hingen über der Stadt, als William sein Haus verließ. Er war in Eile, denn sein Wecker war irgendwann in der Nacht stehen geblieben. Willy hatte verpennt. Wie so oft.
[blue]Du könntest ein "sein" streichen, es ist klar,dass es sein Wecker sein muss. "Verpennt ist umgangssprachlich, kann man zwar verwenden, muss dann aber zur Geschichte passen. sonst: verschlafen[/blue]

Es schien ein Morgen wie jeder andere zu sein. Er verbrühte sich in der Dusche, als 3 [blue]ausschreiben: drei[/blue]Nachbarn beschlossen, [blue]sorry, das ist etwas irritierend. Man meint, er hätte sich an der Notdurft verbrannt... klingt wenig angenehm. Ersetze das "als" doch durch ein "während"--> dann würd ich noch ergänzen, was daran so unangenehm ist, z. B. das Geräusch, das im ganzen Haus zu hören war.Ausserdem, ich dachte, es sei SEIN Haus?[/blue] ihre morgentliche Notdurft gleichzeitig hinunterzuspülen. Sein Toast war verbrannt wie immer und die zerplatzten Frühstückseier hatten sich in die üblichen avantgardistischen Proteinskulpturen verwandelt, in denen kleine Stückchen der geborstenene Schale steckten. Der Kaffesatz fand unbeirrbar seinen Weg in Willys Tasse und irgendein Arschloch hatte seine Morgenzeitung geklaut. Alles wie immer. [blue]auch hier umgangsspr., kannt man aber natürlich verwenden[/blue]
Er hatte kein Glück im Leben. Keiner in seiner Familie hatte jemals Glück gehabt. Sein Vater war beim letzten Umzug von dem herabfallenden Klavier erschlagen worden, seine Mutter an einem Karamelbonbon erstickt. Seine Sippe schien vom Pech verfolgt. [blue]schmunzel* wirklich kurios, aber gut![/blue]
Aber Willy war nicht dumm. Er nahm den Highway No. 34, immer ein Ohr an der Verkehrsdurchsage. Der Verkehr [blue]2x Verkehr, wie wäre es mit: "dieser", oder Du beschreibst eben die Situation Auto an Auto?[/blue] war zähflüssig und kam schließlich zum Stillstand. 10 Minuten stand er im Stau, als das Radio ihn informierte, dass ein Lastwagen mit giftigem Sondermüll umgestürzt war, Kilometer 266 auf Highway No. 34. Ein Schild neben der Leitplanke verkündete die beruhigende Mitteilung, er befände sich erst auf Kilometer 257, also offensichtlich weit genug entfernt von diesem Disaster. Nur 3 Stunden später hatte er die Unfallstelle passiert. Es war schwül, und Willy war bereits durchgeschwitzt, als ihm der linke Vorderreifen platzte und er den Streifenwagen rammte. Die Beamten nahmen grinsend seine Personalien auf, aber beim Reifenwechsel halfen sie ihm nicht. [blue]welche Dienstleistungsgesellschaft:) gut![/blue]

Im Umkreis von 3 Meilen um seinen Arbeitsplatz war Parken äußerst schwierig. Willy erspähte einen Parkplatz, doch leider genau vor einem Hydranten und ein untrüglicher Instinkt sagte ihm, er solle sich heute vielleicht nicht auf sein Glück verlassen. Unser[blue]klingt zu vertraut, würde ich evtl. streichen[/blue] arg gebeulteter Protagonist umkurvte noch 8 weitere Blocks, dann fuhr er Richtung Downtown, stellte seinen Wagen ab und nahm sich ein Taxi. Das heißt, er hatte vor, sich ein Taxi zu nehmen, doch egal, an welche Kreuzung er sich stellte, die gelben Flitzer schienen immer eine Querstraße entfernt vorbeizufahren. Nach einer weiteren Stunde – er hatte sich ein Taxi rufen wollen, doch sein Handy schien [blue]2x[/blue] sich unerklärlicherweise in einem Funkloch zu befinden, und alle Telefonzellen in der Gegend waren zerstört – kam ein Cab angebraust, und hielt vor unserem verzweifelt winkenden Helden. Gerade noch rechtzeitig. Wohl nicht rechtzeitig genug, um Williams Job zu retten. Sein Boss hatte ihn sowieso schon auf dem Kieker, die Firma sollte “schlanker” werden und eine vierstündige Verspätung, genau an dem Tag, da William eine Präsentation für den wichtigsten Kunden der Firma vorstellen sollte, würde die Wahl des Kollegen, von dem man sich “schweren Herzens” trennen musste, immens vereinfachen. Um seinen Job zu retten, kam das Taxi wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig genug, aber es fuhr rechtzeitig genug los, dass Willy noch mitbekam, wie ein paar Jugendliche seinen Wagen aufbockten, nachdem sie fachmännisch die Radmuttern gelöst hatten.

Der puertoricanische Taxifahrer behauptete felsenfest, sein Taxameter sei defekt und William musste den doppelten Preis zahlen. Kaum dass er das Taxi verlassen hatte, und mit einem Kloß im Hals vor seinem Firmengebäude stand, sich mit fast masochistischem Genuss ausmalte, wie sein Boss ihn in der Luft zerfetzen würde, begann der Wolkenbruch.

Es war Herbst.[blue]Diesen Satz würde ich streichen, ist ja egal, welche Jahreszeit es ist.[/blue]


Amüsanter Text, wirklich! Ein Pechvogel, Dein Protagonist. Die Idee gefällt mir gut. In der sprachlichen Umsetzung finde ich doch des öfteren fast Klischees, dass er nämlich eine Stunde auf ein Taxi wartet, das ist ein einer amerik. Großstadt ziemlich unüblich. Gut hingegen die Jugendlichen, über die er sich gar nicht mal groß aufzuregen schein... Am Ende könntest Du ihn noch als gefeuerten beschreiben, der eben das Firmengelände verlässt und dann eben ausrutscht..
 
Hatte vorhin wenig Zeit, weshalb ich jetzt noch mal auf deine Kritik eingehen will.
Mit den meisten Kleinigkeiten gebe ich dir natürlich Recht. Dass die Taxis immer einen Block entfernt herumgondeln, halte ich für einen Nachfahren der Murphys nicht für sonderlich abwegig. Der Satz mit dem Herbst stellt eine intendierte Wiederholung des ersten Satzes dar. Hier schließt sich der Kreis. Und dass er gefeuert ist, hielt ich angesichts seiner Vita nicht für erwähnenswert, hehehe, eher für überflüssig. Aber viele kleine Fehlerchen stecken noch drin, danke noch mal für die Hinweise!
 
K

kuschelmuschel

Gast
Hallo Alpha,

ist wirklich ein witziger Text, das einzige was mir nicht in den Kopf will ist die Szene mit dem Taxifahrer. Müsste nicht "Unser Protagonist behaupten, dass das Taxameter kaputt ist und der Taxifahrer sich dagegen wehren?

Ich habe noch nie gehört das ein Taxifahrer zugibt, das sein Taxameter kaputt ist.
Oder er muss den doppeltn Preis zahlen, weil er nicht so lange diskutieren kann.

Viele Grüße

Michael
 
"Müsste nicht "Unser Protagonist behaupten, dass das Taxameter kaputt ist und der Taxifahrer sich dagegen wehren?"

Nein, denn nur wenn das Taxameter kaputt ist, kann der Fahrer den Preis durch "Schätzung" ermitteln.

Das mit der Notdurft der Nachbarn macht durchaus Sinn, speziell bei alten Wasserleitungen, die der Mischbatterie plötzlich das kalte Wasser entziehen, sobald irgendwo im Haus kaltes Wasser benutzt wird. "beschlossen" stellt eine ironische Übertreibung dar, denn natürlich war dieser Effekt von den Nachbarn nicht intendiert - ähnlich wie ein Toast "beschließt", grundsätzlich auf die belegte Seite zu fallen. Er beugt sich nur Murphys Gesetz, hehehehe.
 
A

Abendsternchen

Gast
Hallo Alpha,

das mit der Dusche ist mir nun dank Deiner Ausführung verständlich, aber erst, nachdem Du es ergänzend erklärst.. vielleicht kannst Du das in der Geschichte selbst ja auch so klar darstellen, wie in Deiner Anmerkung? Dann würde der Leser gleich verstehen, was Du meinst. Du musst es ja nicht in aller Präzision darlegen, aber das mit der Mischbatterie würde sich doch durchaus gut machen?

liebe Grüße

Abendsternchen
 



 
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