Verweigerung
Mit ungläubigem Erstaunen nahm Konrad Rutenfort das Groschenblatt zur Hand und starrte auf die Schlagzeile:
„Ehemann verweigert Sex.
Frau ruft Polizei!“
stand dort in fetten Lettern und nahm mehr als die Hälfte der Titelseite ein.
‚Donnerwetter, was ist das denn für eine Meldung?’ dachte Konrad und wollte die Zeitung schon umschlagen, um auf Seite drei hinter das Geheimnis dieser Nachricht zu kommen, als er innehielt und nachdenklich das Blatt beiseite legte. Er versuchte, sich die Schlagzeile einmal bildlich vorzustellen und musste dabei unwillkürlich lachen.
Konrad Rutenfort war seit mehr als einem halben Jahrhundert verheiratet, mit ein und derselben Frau, doch eine solche Situation war ihm zum Glück noch nicht untergekommen. Natürlich hatte es im Verlauf seiner langjährigen Ehe zuweilen Streit, Unstimmigkeiten und Disharmonien gegeben, - in welcher Ehe auf dem ganzen Erdenball kam so etwas nicht vor - doch im großen und Ganzen konnte er doch auf ein recht harmonisches Zusammenleben mit seiner Frau zurückblicken. Dieser Ehe waren zwei Kinder entsprungen, Sohn und Tochter, die mittlerweile flügge geworden, das Haus bereits verlassen und gleichfalls Familien gegründet hatten, sodass Konrad und seine Frau Hilde sich nicht nur wie richtige Grosseltern fühlten, sondern es auch waren.
Um das Glück vollkommen zu machen, waren ihre beiden Kinder, der Sohn wie auch die Tochter, nicht allzu weit weg vom Elternhaus fortgezogen, sodass gegenseitige Besuche, zwar nicht in überfallartiger Form, sondern nach Absprache, des Öfteren erfolgten, bei denen sich Konrad und Hilde wie alle Großeltern wie närrisch auf die Enkel freuten. Gleichwohl warten sie hierbei eine gewisse Distanz zu ihren eigenen Kindern und achteten sehr wohl darauf, sich nicht zu sehr in deren Leben einzumischen, denn sie wussten aus eigener Erfahrung, dass nichts so sehr das Verhältnis zwischen den Generation nachhaltiger zerstören kann, als allzu häufiges Töpfegucken.
Konrad schüttelte den Kopf und wollte erneut die Zeitung zur Hand nehmen, um auf Seite drei die wahren Hintergründe der sexuellen Katastrophe des fremden Ehepaares zu erfahren, als er mit einem Blick auf die Uhr feststellte, dass es Zeit war, den Kaffe aufzusetzen. Kaum hatte er die Kaffeemaschine in Gang gesetzt, als seine Frau auch schon vom Stadtbummel heimkehrte.
„Hm, das riecht aber gut, Konrad. Ich hab auch Kuchen mitgebracht, Erdbeertorte, freust du dich? Was ist das denn?“ rief sie erstaunt und zeigte auf die Schlagzeile des Boulevardblattes auf dem Tisch.
„Das habe ich mich auch gefragt, Hilde.“
Beide mussten lauthals lachen.
„Na, ja“, meinte Hilde, während sie den Kuchen auspackte, „da hast du ja richtig Glück gehabt im Gegensatz zu dem Ehemann da“, wies sie erneut auf die Zeitung, „dass ich immer zufrieden war, mit dir, bis jetzt.“
„Wie bitte, Schatz? Du kannst dich doch wohl nicht beklagen!“
Nachdem Hilde den Kuchen aufgetischt hatte, wollte sie die Zeitung zur Hand nehmen, um der so groß aufgebauschten Story auf den Grund zu gehen, besann sich abrupt jedoch eines anderen und blickte ihren Mann mit einem merkwürdigen Ausdruck an, den dieser nur zu gut kannte.
„Sollen wir eben schnell, oder muss ich erst die Polizei rufen, Konrad?“
„Und der Kaffee? Und der Kuchen?“
„Später Konrad, dafür haben wir später Zeit; komm schnell, Schatz! Ich hol auch nicht die Polizei, das verspreche ich dir, auch wenn du nur einmal kommst“, neckte und lockte sie ihn wie in alten Zeiten, und Konrad ließ sich das nicht zweimal sagen.
Eiligen Schrittes folgte er seiner besseren Hälfte ins Schlafzimmer, und mit unglaublicher Geschwindigkeit entledigte sich der sechsundfünfzigjährige Opa seiner Kleider und warf sich mit einem Sprung zur fünfundfünfzigjährigen Großmutter ins gemeinsame Nachtlager, dass die Federn krachten. Sodann setzten sie zu einer stürmischen und lang anhaltenden Maßnahme an, die man Personen ihres Alters gar nicht mehr so ohne weiteres zugetraut hätte, die jedoch gleichwohl ihren Tribut einforderte, denn beide fielen anschließend in einen tiefen Schlaf.
Geweckt wurden sie aus diesem Schlaf von mehreren Polizeisirenen, die unmittelbar vor ihrem Haus ertönten. Als sie verblüfft aus dem Fenster schauten, stellten sie fest, dass es sich gar nicht um Polizei - sondern um Feuerwehrsirenen handelte, und nun bemerkten sie ihn auch, den dichten Qualm, der aus dem Küchenfenster im Erdgeschoss heraus quoll.
„Mein Gott, die Kaffeemaschine, Konrad, hast du die nicht ausgestellt?“
Konrad hatte nicht, und insofern stellte sich der Feuerwehrweinsatz, den aufmerksame Nachbarn ins Leben gerufen hatten, als durchaus berechtigt heraus. Zum Glück war der Schaden nicht allzu groß, nur die Kücheneinrichtung war hin, aber Hilde wollte ja schon immer eine neue haben.
Aus diesem Missgeschick zogen die Eheleute Rutenfort jedoch eine nachhaltige Konsequenz für die Zukunft; vor jeder ehelichen Pflichtübung tranken sie von dem Tag an nur noch kalte Milch, nach Meinung ihres Hausarztes sollte das auch viel gesünder sein.
Mit ungläubigem Erstaunen nahm Konrad Rutenfort das Groschenblatt zur Hand und starrte auf die Schlagzeile:
„Ehemann verweigert Sex.
Frau ruft Polizei!“
stand dort in fetten Lettern und nahm mehr als die Hälfte der Titelseite ein.
‚Donnerwetter, was ist das denn für eine Meldung?’ dachte Konrad und wollte die Zeitung schon umschlagen, um auf Seite drei hinter das Geheimnis dieser Nachricht zu kommen, als er innehielt und nachdenklich das Blatt beiseite legte. Er versuchte, sich die Schlagzeile einmal bildlich vorzustellen und musste dabei unwillkürlich lachen.
Konrad Rutenfort war seit mehr als einem halben Jahrhundert verheiratet, mit ein und derselben Frau, doch eine solche Situation war ihm zum Glück noch nicht untergekommen. Natürlich hatte es im Verlauf seiner langjährigen Ehe zuweilen Streit, Unstimmigkeiten und Disharmonien gegeben, - in welcher Ehe auf dem ganzen Erdenball kam so etwas nicht vor - doch im großen und Ganzen konnte er doch auf ein recht harmonisches Zusammenleben mit seiner Frau zurückblicken. Dieser Ehe waren zwei Kinder entsprungen, Sohn und Tochter, die mittlerweile flügge geworden, das Haus bereits verlassen und gleichfalls Familien gegründet hatten, sodass Konrad und seine Frau Hilde sich nicht nur wie richtige Grosseltern fühlten, sondern es auch waren.
Um das Glück vollkommen zu machen, waren ihre beiden Kinder, der Sohn wie auch die Tochter, nicht allzu weit weg vom Elternhaus fortgezogen, sodass gegenseitige Besuche, zwar nicht in überfallartiger Form, sondern nach Absprache, des Öfteren erfolgten, bei denen sich Konrad und Hilde wie alle Großeltern wie närrisch auf die Enkel freuten. Gleichwohl warten sie hierbei eine gewisse Distanz zu ihren eigenen Kindern und achteten sehr wohl darauf, sich nicht zu sehr in deren Leben einzumischen, denn sie wussten aus eigener Erfahrung, dass nichts so sehr das Verhältnis zwischen den Generation nachhaltiger zerstören kann, als allzu häufiges Töpfegucken.
Konrad schüttelte den Kopf und wollte erneut die Zeitung zur Hand nehmen, um auf Seite drei die wahren Hintergründe der sexuellen Katastrophe des fremden Ehepaares zu erfahren, als er mit einem Blick auf die Uhr feststellte, dass es Zeit war, den Kaffe aufzusetzen. Kaum hatte er die Kaffeemaschine in Gang gesetzt, als seine Frau auch schon vom Stadtbummel heimkehrte.
„Hm, das riecht aber gut, Konrad. Ich hab auch Kuchen mitgebracht, Erdbeertorte, freust du dich? Was ist das denn?“ rief sie erstaunt und zeigte auf die Schlagzeile des Boulevardblattes auf dem Tisch.
„Das habe ich mich auch gefragt, Hilde.“
Beide mussten lauthals lachen.
„Na, ja“, meinte Hilde, während sie den Kuchen auspackte, „da hast du ja richtig Glück gehabt im Gegensatz zu dem Ehemann da“, wies sie erneut auf die Zeitung, „dass ich immer zufrieden war, mit dir, bis jetzt.“
„Wie bitte, Schatz? Du kannst dich doch wohl nicht beklagen!“
Nachdem Hilde den Kuchen aufgetischt hatte, wollte sie die Zeitung zur Hand nehmen, um der so groß aufgebauschten Story auf den Grund zu gehen, besann sich abrupt jedoch eines anderen und blickte ihren Mann mit einem merkwürdigen Ausdruck an, den dieser nur zu gut kannte.
„Sollen wir eben schnell, oder muss ich erst die Polizei rufen, Konrad?“
„Und der Kaffee? Und der Kuchen?“
„Später Konrad, dafür haben wir später Zeit; komm schnell, Schatz! Ich hol auch nicht die Polizei, das verspreche ich dir, auch wenn du nur einmal kommst“, neckte und lockte sie ihn wie in alten Zeiten, und Konrad ließ sich das nicht zweimal sagen.
Eiligen Schrittes folgte er seiner besseren Hälfte ins Schlafzimmer, und mit unglaublicher Geschwindigkeit entledigte sich der sechsundfünfzigjährige Opa seiner Kleider und warf sich mit einem Sprung zur fünfundfünfzigjährigen Großmutter ins gemeinsame Nachtlager, dass die Federn krachten. Sodann setzten sie zu einer stürmischen und lang anhaltenden Maßnahme an, die man Personen ihres Alters gar nicht mehr so ohne weiteres zugetraut hätte, die jedoch gleichwohl ihren Tribut einforderte, denn beide fielen anschließend in einen tiefen Schlaf.
Geweckt wurden sie aus diesem Schlaf von mehreren Polizeisirenen, die unmittelbar vor ihrem Haus ertönten. Als sie verblüfft aus dem Fenster schauten, stellten sie fest, dass es sich gar nicht um Polizei - sondern um Feuerwehrsirenen handelte, und nun bemerkten sie ihn auch, den dichten Qualm, der aus dem Küchenfenster im Erdgeschoss heraus quoll.
„Mein Gott, die Kaffeemaschine, Konrad, hast du die nicht ausgestellt?“
Konrad hatte nicht, und insofern stellte sich der Feuerwehrweinsatz, den aufmerksame Nachbarn ins Leben gerufen hatten, als durchaus berechtigt heraus. Zum Glück war der Schaden nicht allzu groß, nur die Kücheneinrichtung war hin, aber Hilde wollte ja schon immer eine neue haben.
Aus diesem Missgeschick zogen die Eheleute Rutenfort jedoch eine nachhaltige Konsequenz für die Zukunft; vor jeder ehelichen Pflichtübung tranken sie von dem Tag an nur noch kalte Milch, nach Meinung ihres Hausarztes sollte das auch viel gesünder sein.