Vor die Wahl gestellt

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Flayne

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Vor die Wahl gestellt

Es ist lange, unendlich lange her. Jahrhunderte sind vergangen, tausende und abertausende von Jahren, als auf Erden nicht nur gewöhnliche, einfache Menschen wandelten, sondern legendenschwere, allmächtige Kreaturen, die unsterblich waren und vom einfachen Volk gemeinhin als Götter bezeichnet wurden.

Ihre Kräfte waren so unbegrenzt, so unerschöpflich, dass sie es waren, die den Lauf und das Heil der Welt gestalteten. Alle Menschen fürchteten und verehrten sie, viele huldigten ihnen in enormen Bauten und baten mit zittrig geflüsterten Worten um Wohlstand und Segen.

Doch auch wenn die meisten Götter mitfühlende, gute Wesen waren, so konnte sie es nicht verhindern, dass ihre bloße Anwesenheit Chaos, Zerstörung, Leid, Hunger und Angst in der sterblichen Welt verursachte. Denn ihre Macht war bei weitem zu groß für den vergänglichen Kosmos und so hielten sie sich für einen Großteil der Zeit in den überirdischen Gefilden auf.
Unweigerlich fiel den Götter ins Auge, dass wenn ihr Einfluss auf Erden durch ihre lange Abstinenz verschwand, es sofort zu einem Ungleichgewicht der natürlichen Kräfte kam.
Die Götter waren also in einer Zwickmühle: Blieben sie auf Erden verursachten sie unausweichlich und ungewollt qualvolle Schmerzen, verschwanden sie aus der sterblichen Welt, so würde das zu einem unabwendbaren Untergang der Harmonie und somit der Zivilisation führen.

Viele Jahre tagten die Götter über eine mögliche Lösung dieses gravierenden und unheilverheißenden Desasters. Jahrzehnte in denen die Menschen Leid und Kummer ertragen mussten, in denen Hass vor Liebe regierte, Zorn der Vernunft zuvorkam, Habgier jedes bisschen Mitgefühl im Keim erstickte.
Was für die Menschen wie eine Ewigkeit der Ungewissheit vorkam, was ihren Glauben in die Götter zusehends schwächte, war für die unsterblichen Wesen nur ein Atemzug ihres Lebens. Es war der Gott der allumfassenden Weisheit, der die Lösung für diese missliche Lage bereit hielt. Es wurde beschlossen, dass die Götter noch ein letztes Mal ihren Fuß auf sterblichen Boden setzen und die ganze bekannte Welt nach einem Mensch absuchen sollten, einen einzigen, der ihren Idealen und Prinzipien entsprach und anstatt ihrer selbst über die Bevölkerung wachen sollte.
Jeder Gott machte sich also auf, um dasjenige Individuum zu finden, das würdig genug war, die Essenz, die Macht, die Kraft des Gottes aufzunehmen und an seiner Statt für Ordnung zu sorgen.
Der Gott des Krieges fand sein Heil schnell in den größten Feldführer und Strategen seiner Zeit, sein Gegenpart reiste in die weit entlegen Ebenen, wo die friedlebenden Pazifisten ihr zu Hause hatten. Ein hoher Gelehrter wurde neuer Patron der Weisen, ein mitfühlender, aufopfernder Arzt neuer Stern der Heilkunde.

Ein Gott nach dem anderen traf seine Wahl und verließ die Erde, um nie wieder zurück zukehren. Die einzigen, die vollkommen ziellos waren, was ihre Wahl betraf, waren die vier hohen Götter, die Wächter und Lenker der Elemente, die waren Herren der Welt.
Auch nach Jahrzehnten ihrer Suche auf Erden, blieben sie erfolglos und ließen sich im unwirtlichsten Gebirge am Rande der Welt nieder. Dort starteten sie einen Ausruf in die zivilisierte Welt: Derjenige, der sich für würdig erweisen würde, würde einen Wunsch von den Göttern erfüllt bekommen.
Viele machten sich daraufhin auf, ungeachtet der Strapazen, die sie durch diese Reise aufnehmen musste und der Gefahren, die auf sie zukamen. Doch alle, die nach scheinbar endlosen Qualen den Tempel erreichten und den 4 Göttern ihre Aufwartung machten, erwiesen sich als niederträchtig und machtgierig, geizig, egoistisch und brutal. So ging es viele Jahrzehnte lang, bis fast eine Jahrhundert des Wartens vergangen war und die 4 Elementwächter fast alle Hoffnung aufgegeben hatten.

Es war an einem Frühlingstag, als es vorsichtig an ihrer Tür klopfte und jemand Einlass erbat. Als der Luftwächter mit liebloser Geste das Tor öffnete, waren selbst die Götter geschockt, als sie sahen, wer ihre neuen Gäste waren.
Vor der Tür in zerrissenen und dreckigen Lumpen standen vier magere, erbärmliche aussehende Kinder, eines scheinbar dünner als das andere. Der älteste, ein Junge dem der Bart schon wuchs, trug den Jüngsten, einen schwächlich aussehenden Jungen auf den Rücken. Sah man näher hin, so bemerkte man, dass das eine Bein des Kindes verkrüppelt und deformiert war. Jeweils an linker und rechter Seite, standen zwei Mädchen, die ältere von beiden trotz des ärmlichen Aussehens von blendender Schönheit, die andere mit Augen die Weisheit ausstrahlten wie der ehrwürdige Mond und wissende Sonne zusammen.
Vorsichtig traten alle drei über die Schwelle und stellten sich unsicher auf, emporblickend zu den Allmächtigen. Obwohl sie versuchten, ihre Angst zu bezwingen, fingen sie an zu zittern. Ein ganzes Weilchen verweilte die Situation so, bis der ruhige, stoische Erdgott mit tiefer Stimme zu sprechen anfing. Sein Bass ließ bei jedem Wort die Mauern des Tempels erbeben und zwang die Kinder sich zu setzen.
„Was ist euer Begehr, ihr, die ihr den weiten Weg zu unseren heiligen Hallen bestritten habt?“
Die Kinder schauten sich gegenseitig an, bevor die jüngere von den beiden Mädchen ihre zarte Stimme erhob: „Wir hoffen uns als würdig zu erweisen, damit Ihr uns einen Wunsch erfüllt!“
„Mein Kleines“, begann der immer freundliche Herr des Wassers, „wünscht ihr alle oder jeder Einzeln darum, unter unseren Augen Würde zu erlangen?“
„Jeder, wie wir hier vor euch stehen!“, kam es sehr nachdrücklich von dem verkrüppelten Jungen, der versuchte, aufzustehen, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
Der Gott des Feuers seufzte, und sein heißer Atem ließ die Haare der Kinder hochwirbeln und ihre blassen Wangen eine rote Farbe annehmen.
„Wenn ihr es wünscht, so könnt ihr versuchen, euch unserer als würdig zu erweisen. Seid euch aber der Tatsache bewusst, dass noch niemand, in all der Zeit, die wir hier verweilen, die Charakterstärke gehabt hat, die wir für einen Wunsch verlangen. Jeder der sich als unehrenhaft erweist, muss damit rechnen, bestraft zu werden. Seid ihr euch darüber im Klaren?“
Und der Windgott lenkte ein: „Wenn ihr durch die nächste Tür treten, gibt es kein Zurück mehr. Entweder es wird zum glorreichen Sieg eurer Selbst und damit zum Erfüllen eures Wunsches kommen oder ihr müsst einem Schicksal entgegen treten, welches vielleicht schlimmer ist, als der Tod persönlich.“
Die Kinder schluckten und man sah, wie sie mit nur kurzen Blicken beratschlagten. Nach einem kleinen Moment des Zögerns, strafften sich die Schultern des Ältesten und er erwiderte: „Wir nehmen Eure Auflagen an und wünschen um eine Audienz bei den vier hohen Göttern der Welt.“
Die Götter standen ohne ein weiteres Wort auf und traten durch die hohe, goldene Tür. Der letzte der vier winkte dem fast erwachsen Knaben zu: „Komm mit uns. Du wirst der erste sein. Hab keine Sorge um deine Geschwister, ihnen wird in dieser Halle kein Leid geschehen.“

Der Knabe folgte ihnen und fand sich bald drauf in der Mitte einen Kreises wieder. Um ihn herum saßen die vier Götter und starrten ihn mit leuchtenden Augen an.
„Was ist dein Begehr, du, der du die vier Wächter um etwas bitten möchtest?“
Der Junge schien einen Moment zu überlegen, bevor er mit reden anfing: „Ich bin ein einfache Knabe. Ich habe mein ganzes Leben nichts anderes als Arbeit gekannt. Ich bin kräftig und gesund, ich scheue Anstrengung nicht. Es hat mich nie gestört, zu tun was man von mir verlangt und sei es noch so schwer. Ich hab meinen Platz in dieser Welt gefunden und ich fühle mich wohl, dort wo ich bin. Doch vor kurzen starben Vater und Mutter, und ließen mich und meine drei Geschwister alleine zurück, ohne Dach über dem Kopf, ohne Essen und ohne eine vielversprechenede Zukunft. Ich kann meinen Platz in der Welt finden, ich könnte neu beginnen, mit der Arbeit die ich bereit bin zu tun, aber die anderen können es nicht. Ich wünsche mir also, dass ihr ihnen ein besseres Leben ermöglicht, an einem schönen Ort. Sie sollen nicht reich sein. Sie sollen nur gut zu essen haben, die Möglichkeit ihre Träume und Ziele aus eigener Kraft erreichen zu können und glücklich sein, denn bisher konnten sie das nicht!“
Die Götter schienen einen Moment zu überlegen. Dann begann der Herr der Erde zu sprechen: „Du hast ein ehrenvolles Herz, du bist gütig und nett und du denkst zuerst an deine Geschwister als an dich. Wisse, dass wir dies gerne vernommen haben. Wir wären bereit, deinen Wunsch zu erfüllen, wenn du zu einem Opfer bereit wärst!“
Der Knabe musste nicht lange überlegen, ehe er schon zustimmend mit dem Kopf nickte: „Alles, ich würde einfach alles für das Wohl meiner Geschwister tun!“
Das ließ den Erdgott einen kurzen Moment Lächeln, bevor er mit unnachgiebiger Stimme sprach: „Deine Geschwister sollen das Leben bekommen das du für sie wünscht. Dir aber, werden wir dein Leben entreißen. Du wirst an einen Ort geschickt werden, wo du Tagein Tagaus zu arbeiten hast. Es wird dir nur erlaubt sein, für wenige Sekunden die Augen zu schließen, so dass es für dich keine Möglichkeit der Erholung gibt. Niemand wird dir Gesellschaft leisten, niemand wird dir Beistand leisten. Zu Essen und zu Trinken wird es nur das nötigste geben. Du wirst keinen Moment Befriedigung verspüren, weder durch Sättigung, noch durch vollbrachte Arbeit, denn einen Stein, den du von dannen gerollt hast, wird bei deiner Wiederkehr wieder am selben Platz vorzufinden sein. Du wirst diesen Ort nie wieder verlassen, bis ans Ende deines Lebens. Bist du damit einverstanden?“
Der junge Mann riss entsetzt die Augen auf, geschockt, von der Grausamkeit, zu der die Götter fähig waren.
„Überlege dir deine Entscheidung gut!“
Der Junge stand eine ganze Stunde stillschweigend in der Mitte, die Götter als emotionslose Beobachter. Dann verkündete der Knabe seine Entscheidung: „Ich stimme den Bedingungen zu!“
Zufrieden nickte der Erdgott: „Wir werden dich nun an diesen Ort schicken. Wisse, dass du sieben Tage Zeit hast und deinen Entschluss revidieren kannst, sollte dir der Preis für deinen Wunsches doch zu hoch sein!“
Mit einer Geste verschwand der Junge an diesen Ort, der nur den Göttern bekannt war.

Das nächste der Kinder, welches vor die Götter trat, war die unglaublich schöne Schwester des Ersten. Ihre Haare waren schwarz und glatt, ihr Gesicht wohlgeformt, ihr Körper trotz der Unterernährung vollkommen. Als sie sich nun in die Mitte des Kreises der Allmächtigen stellte, war es der Meister des Wassers, der das Wort am sie richtete: „Du, der du die Macht der Götter wünscht, was ist dein Begehr?“
Im Gegensatz zu ihren Bruder suchte sie nicht lange nach Worten, sondern begann ihre Rede sofort.
„Ich weiß, dass ich atemberaubend schön bin. Das muss man mir nicht sagen, denn es ist eine Tatsache. Wenn ich durch die Straßen gehe, folgen mir die gierigen Augen der Männer und die neidischen, eifersüchtigen Blicke der Frauen. Betrete ich einen Raum, verstummt alles, und die Leute sind geblendet von meiner Schönheit und ich liebe es, so im Mittelpunkt der Leute stehen zu können. Ich genieße es, der Traum eines jeden Mannes und der Schrecken aller Ehefrauen zu sein. Man verehrt den Boden, auf dem ich gehe. Ich könnte mit einem Fingerschnipp alles haben, was ich wollte. Mein großer Bruder hat nur Ärger wegen mir, wenn er mich wieder vor denen beschützen muss, die ihr ‚Recht‘ einfordern. Dennoch ist dies nicht der Grund, weswegen ich hier bin: Meine beiden kleinen Geschwister sind missgestaltet. Mein kleiner Bruder kam mit einen verkümmerten Bein auf die Welt und kann kaum laufen. Meine Schwester trägt Narben von Verbrennungen an Armen, Beinen und Gesicht. Betreten sie die Straße, so verfällt alles in Schweigen und auch sie werden von den Augen der Leute verfolgt, doch eher mit Blicken, die Ekel und Furcht ausdrücken. Sobald sie jemanden den Rücken zudrehen, wird über sie geredet, mit Worten die ich hier nicht wiederholen möchte. Ich wünsche mir für meine Geschwister, dass auch sie einen makellosen Körper haben. Er muss nicht von überragender Schönheit sein. Es sollen nur alle offensichtlichen Missbildungen verschwinden, so dass auch sie ein normales Leben führen können!“
Der Gott des Wassers schwieg ein Weilchen und schien angestrengt mit geschlossenen Augen zu überlegen. „Dein Wunsch, den du nicht für dich, sondern für andere stellst, sei dir gewährt..“
Das Mädchen fing an voreilig zu lächeln, doch der Gott war noch nicht fertig: „Wenn du bereit bist, eine Bedingung einzuhalten. Überlege dir gut, ob du geneigt bist, in den Handel einzusteigen.“ Das Mädchen nickte vorsichtig. „Du wirst in einen Raum eingeschlossen werden, bis ans Ende deiner Tage. Du wirst umgeben sein von Spiegeln, doch wenn du in sie hineinblickst, wirst du nur das hässlichste und erschreckendste Gesicht vor Augen haben, dass dir je untergekommen ist und dir wird klar werden, dass es dein Gesicht ist. Du wirst von fremden Stimmen umgeben sein, die dir jede Sekunde sagen, wie verabscheuenswürdig deine Gestalt ist. Du wirst nicht müde werden, weder Hunger und noch Durst verspüren, niemals Augen und Ohren verschließen können, vor der Wahrheit, die dir durch Spiegel vor Augen gehalten wird. Bist du bereit, diese Pein einzugehen, um deinen Geschwister ein besseres Leben zu ermöglichen?“
Der Gott verfiel in ein Schweigen, während das Mädchen apathisch in der Mitte stand und den ganzen Nachmittag über zu einer Statue erstarrt war, sich weder bewegte, noch ein Wort sagte. Zögernd fing sie mit rauer Stimme am frühen Abend abermals zu sprechen an: „Ich bin bereit, diesen Handel einzugehen, wenn es denn euer Wille sei!“ Der Wassergott sprach gütig: „Du hast sieben Tage Zeit, sieben Tage in denen du dich dazu entscheiden kannst, deinen Handel rückgängig zu machen, und alles in den Zustand zurück zu versetzen, in denen er vorher gewesen ist!“ So richtete er seine letzten Worte an sie und ließ sie mit einem Augenzwinkern verschwinden. Man konnte noch einen Herzschlag lang den Anblick eines entsetzlich entstellten Gesichtes wahrnehmen, ehe sie endgültig verschwunden war.

Die Götter hörten ein zartes Klopfen an der Tür und der Wächter der Winde öffnete mit einem Kopfnicken die Tür und ließ das junge, schmächtige Mädchen eintreten. Sie mochte neun Jahre alt sein, war missgestalten am ganzen Körper durch hässliche Brandnarben, doch ihre wachen, glänzenden Augen waren noch schöner, als die ihrer Schwester und sie zeigten eine unendliche Weisheit, die einem Kind verwehrt sein müsste. Sie setzte sich in die Mitte des Kreises und atmete einige Male tief durch, bevor sie sich dem Windgott zuwandte und ohne Aufforderung sprach:
„Ich bin nicht so stark wie mein Bruder, bei weitem nicht so schön wie meine Schwester und nicht so liebenswert wie mein kleiner Bruder. Ich bin ich und daran kann und will ich nichts ändern. Leute die mich sehen, würdigen mich nur eines kurzen Blickes und beachten mich danach nicht mehr. Die Männer und Frauen wenden sich entweder an meinen älteren Bruder oder an meine wunderschöne Schwester. Doch ich sitze da und weiß alles. Ich bin mit einer Weisheit und einem Wissen beschenkt, welches niemanden jemals nützlich sein wird, denn ich werde einst eine Frau aus ärmlichen Verhältnissen sein und niemand schenkt einer Frau gehör. In meinen Träumen sehe ich Splitter der Zukunft. Sie zeigen mir, dass mein Wissen einst zu einer großen Gefahr für meine Geschwister werden wird, mein scharfer Verstand, die Sehne für den Bogen, der den Todespfeil auf sie abschießt. Ich möchte nicht Schuld sein, am Dahinscheiden meiner armen Geschwister, die nie irgendetwas falsch gemacht haben, außer mich zu lieben und zu mir zu halten. Daher bitte ich euch: Greift in die Zahnräder der Zeit ein, lasst die Sandkörner der Sanduhr in ein anderes Glas fallen und sich ihr Schicksal zu einem besseren Wenden!“
Der Windgott dachte angestrengt nach, und runzelte die Augenbrauen. Seine Gedankenfluss wurde kurz unterbrochen, als die zarte Stimme noch hinzufügte: „Egal, welche Bedingungen ihr mir gebt, ich werde sie ohne zu Murren akzeptieren!“
Der Herr der Winde seufzte und sein Atem streichelte scheinbar das Gesicht des Kindes. „Du wirst zurück auf die Erde geschickt werden, deiner Stimme und deines Augenlichts beraubt. Obwohl du durch dein inneres Auge weiter die Welt sehen und die Zukunft vorhersagen können wirst, wird niemand, wirklich niemand, dir glauben und keiner dich je wieder beachten, oder dir Liebe schenken. Man wird dich für minderbemittelt und dumm halten, du wirst der Mittelpunkt des Spottes einer jeden Menschenmenge sein, kein Platz wird dir ein zu Hause bieten und du wirst immer wieder auf ein Neues mit dem Hohn konfrontiert werden! Du hast sieben Tage Zeit, in welcher du dich dazu entschließen kannst, dein altes Leben zurück zu erlangen. Bist du damit einverstanden?“ Das schmale Mädchen nickte und lächelte den Gott freudig an: „Nicht anders hätte ich es gewollt!“ Ihr Lächeln war auch noch bei ihrem langsamen Verschwinden nicht aus dem Gesicht verschwunden.

Es war an der Zeit, dass der letzte der vier Geschwister vor die vier Götter trat und langsam fand er humpelnd seinen Weg in die Mitte. Er war vielleicht sechs Jahre alt, hatte in unschuldiges, nettes Kindergesicht, doch den Ausdruck von großem Leid in seinen Augen. Er lächelte einmal kurz, bevor er sich stöhnend niederließ. Mit sanfter Stimme richtete sich der große Feuergott an ihn: „So mein Junge, alle deine Geschwister haben sich bis jetzt als würdig erwiesen. Was wünscht du, dass wir dir erfüllen können?“
Mit kindlicher, aber charakterstarken Stimme fing ein an zu reden: „Ich bin der jüngste von vier Geschwistern. Meine Eltern sind beide tot, unser Haus ist abgebrannt, mein Bruder muss von morgens bis abends arbeiten, meine beiden Schwestern verbringen die ganze Zeit damit, mir zu helfen, denn ich bin krank seit meiner Geburt. Ich kann kaum einen Schritt alleine Laufen, ich kann mich nicht lange auf eigenen Beinen stehen, kann nicht wie andere Kinder mit Gleichaltrigen spielen und werde nie meinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten können, sondern meinen Geschwistern für immer Last und schwere Bürde sein. Deswegen bitte ich darum, dass meine geliebten Geschwister mich vergessen, als hätte ich nie existiert, ich aus ihrem Leben gestrichen werde, damit sie irgendwo ohne solch schwere Probleme und ohne Reue neu starten können. Sie könnten sich entscheiden, zu leben, wo sie wollten, zu reisen, wohin es ihr Herz begehrt, Entscheidungen zu treffen, ohne an einen missgestalteten, kränklichen Bruder denken zu müssen. Das ist das einzige, was ich mir von euch wünsche!“
Der Gott erwiderte ohne lange zu Überlegen: „Wir erfüllen deine Bitte. Doch dafür sollst du nicht nur für deine Geschwister nicht mehr existent sein, sondern auch für den Rest der Welt. Egal wohin du gehst, egal wen du triffst, niemand wird dich sehen, hören oder fühlen können. Niemand wird auf deine Fragen antworten, niemand deine Hinweise zu Kenntnis nehmen, niemand dein Leid lindern, sollte der Schmerz dich mal wieder befallen. Wenn du fällst wird keiner neben dir stehen und dir eine Hand reichen um dir aufzuhelfen. Bist du bereit, ein solches Leben zu fühlen?“
„Für das Heil meiner Geschwister tue ich alles!“ „Du bist sehr weise für dein Alter, deswegen gewähre ich dir sieben Tage, in denen du die Möglichkeit hast, deinen Wunsch zurück zu nehmen!“, sprach der Gott und überließ dem Jungen sein neues Schicksal.

Es vergingen sieben Tage. Sieben lange Tage, in denen die Kinder ihr neues Leben qualvoll kosteten und auch wenn sie für lange Momente tief in sich zweifelten, auch wenn sie kurz daran dachten, den Wusch zurück zunehmen, so reichte ein Gedanke an die glücklichen Gesichter ihrer Geschwister, um ihr Rückgrat zu stärken und ihr Leid zu akzeptieren.
Nach dem Ablauf der sieben sich ewig erstreckenden Tage erlösten die Götter sie von ihren Aufgaben und riefen sie abermals zu sich in den heiligen Kreis. Verwundert blickten sich die Geschwister um. Der älteste mit dem Gesicht zum Herren der Erde, war stark, jung und unverwüstlich wie eh und je. Seine älteste Schwester war wieder so hübsch wie vorher, strahlend lächelte sie den Wassermeister an. Ihre jüngere Schwester stand wissend Angesicht zu Angesicht narbenlos dem Gott des Windes gegenüber. Der ehemals kränkliche Junge, war heil, sein Bein gerade und gesund wie das anderer Kinder und blickte dem Geist des Feuers in die Augen.
Dann fingen die Götter abwechselnd an mit sprechen:
„Ihr habt euch als würdig erwiesen!“ „Seit fast einem Jahrhundert kommen die Menschen zu uns und wollen, dass wir ihre egoistischen, habgierigen, nach Macht lechzenden Wünsche erfüllen!“ „Dabei war das alles eine Farce!“ „Um die würdigsten Menschen auf diesen Planeten zu finden.“ „Diejenige, die unsere Rolle und unsere Kräfte hier auf Erden übernehmen können.“ „Wir hätten die Hoffnung fast aufgegeben. Doch dann seit ihr durch dieses Tor getreten!“ „Ihr seid bereit gewesen, euer eigenes Leben für das Heil und Wohl eurer Geschwister zu opfern.“ „Schon allein euer Wunsch war selbstlos!“ „Doch die Strapazen, die ihr bereit gewesen wärt, auch nach einer Kostprobe der Qualen, auf euch zu nehmen, waren so grausam, dass wir an eurer Ehre“ „Würde“ „Loyalität“ „Und Aufopferungsbereitschaft keinen Zweifel mehr habe!“ „Jeder, der ihr hier vor uns steht“ „Wird die Essenz dessen Gottes aufnehmen, den er am meisten beeindruckt hat!“ Damit verstummten die Götter für einen Moment und knieten sich nieder, nahmen die Hände des Kindes in die Hand, was ihnen gegenüber gestellt war und neigte in Demut den Kopf.
Dann fingen ihre Hände an zu leuchten, und übergaben den Kindern ihr göttliches Strahlen, und ihre allmächtige Kraft. Noch einmal berührter jeder Gott kurz seinen erwählten Boten auf Erden, bevor sie sich in Luft auslösten und ihren Weg zu den unendlichen Sternen antraten.

So wurden die vier Geschwister die Träger der göttlichen Macht der Elementherren, die sich endlich auf machen konnten, um ihren Frieden in den ewigen Gefilden zu finden, wissend, dass ihre auserwählten Repräsentanten stets nach ihrem guten Gewissen und zum Wohle Aller Handeln würde.
Die Kräfte der Kinder wurden von ihnen auf ihre Kinder und auf deren Kinder übertragen. Doch wie die Macht die nächste Generation korrumpiert hat, gehört zu einer anderen Geschichte und die ist auf einem viel schwärzeren Blatt geschrieben.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
einfach

zum heulen schön. sind noch n paar tippfehler drin, die stellenweise das lesevergnügen beeinträchtigen, aber die aussage reißt alles raus.
lg
 

MarenS

Mitglied
Eine schöne Geschichte, die durch etliche Fehler, auch in der Grammatik, beeinträchtigt wird. Es wäre fein, du würdest den Text überarbeiten, es lohnt.
Der sechsjährige Junge spricht zu hochtrabend. selbst wenn er intelligent und aufgeweckt ist, kommt seine Ausdrucksweise zu abgehoben rüber. Hier bin ich besonders über das Wort "Lebensunterhalt" gestolpert, dass schon im Sprachgebrauch der meisten Erwachsenen kaum zu finden ist.

Gute Ideen, durchaus des Feilens würdig.

Grüße von Maren
 



 
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