Was mir ein Wir

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zu Heidrun Technisches betreffend

Satzzeichen können hier nicht funktionieren:
Elke hat in diesen Zeilen:

"seither ist es nicht mehr
zu finden nur ein Ihr

das rät ich solle wieder-
holen will ich mich dazu "

zwei Brücken eingebaut. Ich meine nicht die Stadt. ;-)

Erste Brücke oder das Gelenkwort:

zu finden


Zweite Brücke:

solle wieder-

Du weißt schon, was ich meine. Ich erwähne es nur für andere Dichterkollegen, für die dieser Syntaxtrick vielleicht neu ist.


schönen Gruß

serge


post scriptum: Ich überlassees den Wissbegierigen den terminus technicus aufzuspüren.

Für mich ist die beste Zeile des Gedichts:

"holen will ich mich dazu"
 

molly

Mitglied
Danke, Elke, für die gute Erklärung. Ich lerne immer noch und auf den Lyrik- Seiten am meisten. Ich finde, hier geht es lebhaft und meistens auch sehr freundlich zu.
Gute Woche
molly
 

ENachtigall

Mitglied
Gerne molly,

ich freue mich sehr über Dein ehrliches Interesse.
Es liegt mir am Herzen, die Kluft zwischen Gereimter und Ungereimter Lyrik ein wenig zu überbrücken. Es gibt so schöne Grautöne zwischen Schwarz und Weiß.
Das Wichtigste, sehe ich, bringst du mit: dem Lernen gegenüber ausgeschlossen zu sein.
Zweitwichtig ist das dicke Fell für den Fall, dass sich Eine oder ein Anderer doch mal im Ton vergreift - und die Zeiten der eigenen Dünnhäutigkeit natürlich auch …


Lieben Gruß,

Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo orlando,

Du hast natürlich recht, dass dieses Gedicht nicht den Gesetzen der metrischen Reinheit gehorcht.

Meist stelle ich meine "lyrischen Chimären" ins Ungereimte. Dort hat sich interessanterweise noch nie einer darüber gewundert, dass sie trotz Reimstruktur ebenda angesiedelt wurden.
Das mag daran liegen, dass Reim sich artig wie ein Klangchamäleon in Melodie einschmeichelt und der Gesamtklangkörper eines Werks ihn dann absorbieren kann.
Vielleicht liegt es aber auch an der generell liberaleren Grundhaltung und Erwartung gegenüber dem "Vers libre".
Ich wünsche mir für das Forum der Gereimten Lyrik etwas von dieser offeneren Einstellung gegenüber Gedichten - nicht nur um Neuankömmlingen hier nicht gleich den Metrikfinger zu zeigen - sondern auch um uns nicht selbst einen Riegel vor die eigene Kreativität zu setzen.

Deine Ausführungen und Gedanken zur Betonung des "Es/es" sind spannend; gerade weil "es" hier nicht substantiviert gebraucht ist, im Gegensatz zu Wir, Ich, Du und Ihr. Die Erwartung lenkt den Leser unwillkürlich in diese Richtung.

Ansonsten ziehe ich unbedingt und ohne Wenn und Aber den Hut vor serge, für die Hervorhebung der latenten Lesart, die er ins Feld führt, damit nicht ich damit hausieren gehen muss, um dem Gedicht eine Bresche im Gereimten zu schlagen.

Ich schenke ihm dafür das Wort "Klangchamäleon".

Zudem möchte ich auf Anregung von Zeder die anschaulich interpunktierte Version dem Text zur Seite stellen, die auch in der Antwort auf mollys Kommentar steht. Auch sie ist leicht ruinös in Form: metrisch fragwürdig und in der Präsentation inkonsequent; aber trotz alledem irgendwie eigenwertig.

Ganz liebe Grüße,

Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Was mir ein Wir
war dir ein Wirrwarr

so hat dein Ich
mein Du gestohlen

seither ist es nicht mehr
zu finden nur ein Ihr

das rät ich solle wieder-
holen will ich mich dazu

tatsächlich überwinden


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Was mir ein Wir, war
dir ein Wirrwarr

so hat dein Ich mein Du gestohlen
seither ist es nicht mehr zu finden
nur ein Ihr, das rät, ich solle wiederholen
will ich mich dazu überwinden?



© Elke Nachtigall

11/2013
 
Gegengeschenk

als pratídanam schenk ich dir zurück
das schmutziger fluoreszierende
"streetish",ein authentischer
Gurkskismus.

Allerdings musst Du's Dir teilen
mit einer, der
ich's gleichzeitig
schenkte
mir Wein ein.
Tag.

Um
diese kaltstrahlige
Sonne zu ertragen

encore une fois.

Zum (wessen?) Glück
ist es ja noch nicht Abend,
eschtscho ni vjetscher,
aber die Nacht,
spakoinou - leise
kommt
dann doch immer
(folgt)
auf jeden Fall-
s Du es möchtest.
 



 
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