Hallo Ralf,
Bei diesem Text, den ich beim ersten Lesen überaus ansprechend fand, bin ich aber beim zweiten Mal Lesen doch etwas ins Nachdenken vor allem über den Schlussteil geraten.
Dann steigt ein Duft
- er ist von Rosen schwer,
Der von mir fett markierte Teil will mir stilistisch nicht so recht gefallen, obwohl er rhythmisch einleuchtend ist. Eine solche Wendung wird zwar häufig benutzt (die Betonung eines Substantivs in der Form eines Personalpronomens), aber sie wirkt wie eine Verlegenheitslösung, selten hat sie wirklich wichtigen und betonenden Charakter.
Deshalb würde ich an dieser Stelle eine Veränderung vorschlagen, d.h. die beiden Silben von "er ist" ersetzen durch etwas anderes und entweder die ganze Zeile in zwei Gedankenstriche setzen, weil sie wie ein Einschub gedacht sein könnte, oder man verzichtet ganz darauf. Die Lesepause macht man unwillkürlich an dieser Stelle auch ohne Gedankenstriche.
z.B. so
- von Rosen satt und schwer -
Bei den restlichen zwei Zeilen ist das Komma unnötig.
und eine Träne läuft
der Zeit erinnernd hinterher.
Im Anfangsteil würde ich den Punkt vor dem wiederholten "wenn" weglassen und stattdessen ein Komma setzen.
Also mein Textvorschlag sähe dann so aus:
Wenn ein Wort,
dem längst das Du entronnen
als Echo immer wieder kehrt,
wenn eine Lücke
in dem Mauerwerk
dir nur von diesem Stein erzählt,
dann steigt ein Duft
- von Rosen satt und schwer -
und eine Träne läuft
der Zeit erinnernd hinterher.
Gut gefällt mir, wie hier mit Bildern die immer wiederkehrende Erinnerung an ein verlorenes Gegenüber dargestellt wird. Voll Trauer wird eine Bestandsaufnahme vorgenommen: Was zurück blieb, ist unvollkommen und beschwert ohne dieses Gegenüber, hat alle Leichtigkeit verloren.
Ich finde den Text zwar sehr gefühlvoll - aber deswegen ist er nicht gleich kitschig.
LG
Mistralgitter