Wenn man einen Engel in der Kneipe vergißt

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Heidrun

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Jedes Jahr zur gleichen Zeit, denke ich darüber nach, was könnte dieses Jahr das Weihnachtsfest noch besinnlicher machen.
Die Zeit der leuchtenden Kinderaugen ist leider vorbei, da meine Töchter aus dem Hause sind und weit entfernt bereits mit ihrer eigenen kleinen Familie Weihnachten feiern.
Ich wälze Zeitschriften und Bücher und interessiere mich da für alles was ein Weihnachtsfest betrifft. Ob Anleitungen für weihnachtliche Bastelei, weihnachtliches Kochen und Backen oder Weihnachtsbräuche. Alles zu diesem Thema ist interessant.
Nur leider finde ich außer einigen neuen Rezepten für die Weihnachtsgans oder Weihnachtsstollen selten etwas Interessantes.
Es würde wieder ein trostloses Fest werden, zwar mit Kirchgang, Bescherung mit meinem lieben Mann, langen Telefonaten mit den Kindern und gutem Essen, viel Zeit zum lesen, spazieren gehen und schauen von allem was das Fernsehprogramm so zu bieten hat.

Als ich allerdings vor ein paar Tagen in der alten Schlossbibliothek bei einer Ausstellung ein Buch in die Hand nahm änderte sich meine Meinung,in Weihnachtsbüchern nichts interessantes zu finden.
In diesem alten Buch entdeckte ich eine kurze Geschichte, die von einer alten Frau handelte, welche immer zu Weihnachten den Wunsch hatte, die Zeit zurückzudrehen. Wie in einem Weihnachtsmärchen erschien ihr ein Engel und erfüllte ihr diesen Wunsch. Sie erlebte ein glückliches Weihnachtsfest in ihrer Familie bei der sie selbst noch Kind war. Der Engel hatte lateinische Formeln mit der Frau gesprochen und schon hatte das alles funktioniert.
Der feste Glaube dieser Frau hatte sie, wie sich zum Schluss herausstellte, während eines langen Schlafes sehr glücklich gemacht und so ihre Einsamkeit vergessen lassen.

Einsam war ich ja eigentlich nicht, aber unzufrieden mit unserer Art Weihnachten zu feiern.
Wenn ich ganz fest daran glauben würde, käme vielleicht auch zu mir so ein Engel.
“Albern Lieselotte, deine Tagträume sind nun ja wirklich langsam deplaziert!” dachte ich und hatte es durch den Trubel auf dem schönen Weihnachtsmarkt im Schlosshof schnell wieder vergessen.

Es war ein paar Tage später am Abend des 23. Dezembers und ich begann mit dem Aufbau der alten Weihnachtskrippe, ein Erbstück meiner Familie.
Das tat ich schon immer so, um die Kinder am nächsten Morgen damit zu überraschen. Die Weihnachtskrippe war so immer schon vor dem Weihnachtsbaum da..
Ich hatte diese Krippe von meinen Großeltern geerbt, einige Teile davon gehörten sogar schon meinen Urgroßeltern. Sie war jedes Jahr mein ganzer Stolz und ganz sorgfältig baute ich alles auf. Das Holzhaus mit dem Stall, Maria, Joseph, das Kind auf dem Heu von einer bayrischen Wiese über die wir im Sommer gewandert waren, die Hirten und die Schafe auf dem Moos diesmal aus dem Garten einer Bekannten, dazwischen meine Steinsammlung. Jedes Jahr kam ein anderer Stein an die Krippe, den ich im Laufe des Jahres irgendwo zu einem bestimmten Anlass aufgehoben hatte. Steine sind für mich von ganz großer Bedeutung und ich habe eine große Sammlung davon.
Ich hängte den Stern über der Krippe auf und griff erneut in den Karton um dem Engen herauszuholen. Er war nicht da. Ich kramte in dem Karton in dem sich außer den Heiligen Drei Königen noch einige Schafe befanden. Der Engel blieb verschwunden.
Ich konnte es mir nur so erklären, dass mein Mann dem Engel vielleicht die Flügel wieder ankleben wollte nach dem letzten Fest und ihn dann im Keller vergessen hatte. Nun, ich ging gemeinsam mit meinenm Mann in den Keller der vorher schon protestierte, er könne sich an keine Reparatur erinnern.
Wir suchten vergebens, der Engel blieb verschwunden.
In der folgenden Nacht hatte ich einen Traum. Mir erschien ein Engel. Zunächst dachte ich, es war der Engel aus der Weihnachtsgeschichte vom Schloss.
Nun würde ich auch in meine Kindheit entfliehen können, war mein Gedanke. Aber statt lateinischer Formeln kamen gut verständliche Flüche.
“Verdammt jedes Jahr das Gleiche, immer muss ich schön brav und gut geschmückt mit meinem goldenen Gewand und den überaus lästigen Flügeln an der Krippe hängen!” hörte ich den Engel fluchen.
“Die wissen doch ganz genau, dass in ihrer Krippe das Jesuskind liegt, wozu muss ich da immer wieder meine alte Rolle spielen und den Menschen die frohe Botschaft verkündigen.
Gibt es denn nicht mal etwas anderes für mich?”
Er wünschte sich , mal ein Mensch mit allen seinen Schwächen zu sein.
Und da sah ich meine Aufgabe. Ich lud ihn ein und der erste Weg führte uns in ein Kaufhaus. Dort bekam der Engel eine Jeans und einen Pullover, Stiefel mit Absätzen und eine lammfellgefütterte Lederjacke. Dazu eine Mütze und einen kunterbunten Schal. Ich hatte ja Bedenken wegen der Flügel, aber die waren wahrscheinlich wirklich im Jahr zuvor abgebrochen und mein Mann hatte vergessen sie anzukleben.
Ich fragte die nun entstandene hübsche junge Frau, wozu sie denn Lust hätte.
Ihr Wunsch war es in eine Kneipe zu gehen, in der am Heiligen Abend alle die Leute zu Gast waren, die keine Lust auf eine besinnliche Weihnacht hatten.
Ich schlug vor, wenigstens vorher in die Kirche zu gehen wegen der festlicher Stimmung , die ja jeder braucht, aber meine Begleiterin wollte damit keine Zeit verschwenden.
Also gingen wir in den “Grünen Baum”. Dort trafen sich Leute ,denen das klassische Weihnachtsfest nichts zu bedeuten schien.
Die Stimmung war gut. Ein Mann hatte seine Gitarre dabei und es erklangen gerade Lieder aus den Siebziger Jahren. Einige bewegten sich im Takt dazu und natürlich auch sofort mein verwandelter Krippenengel.
Ich drängte an die Theke, bestellte zwei mal Glühwein mit Amaretto.
Der Glühwein war heiß und schmeckte süß, das fand auch meine verzauberte Weihnachtsengelfrau.
Wir kamen ins Gespräch über meine Jugendzeit. Wie ich zum ersten Mal verliebt war, wie ich den ersten Kuss erlebte und wie ich meinen jetzigen Mann kennerlernte ausgerechnet an einem Heiligen Abend.
Wir waren mit der Jugend unserer Pfarrgemeinde nach der Christmesse wie jedes Jahr in ein benachbartes Dorf gewandert. Dort trafen wir uns mit der Dorfjugend aus dem Ort zum Glühwein trinken, Stolle essen und Weihnachtslieder singen.
Er saß er mir direkt gegenüber und konnte überhaupt nicht singen, dafür aber besonders gut lächeln.
So lächelten wir und lächelten wir und später saßen wir nebeneinander und küssten uns.
Noch später bin ich in seinen Armen eingeschlafen.
Nie vergesse ich den frühen Morgen des Ersten Weihnachtsfeiertages. Ich schlich mich daheim in mein Zimmer aber meine Eltern hatten es wohl doch bemerkt.
So musste ich an so einem heiligen Tag eine Predigt anders als in der Kirche über mich ergehen lassen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine Ahnung, dass gerade dieser One Neigt Stand mein Leben so verändern sollte.
Gerade wollte ich der Engelsfrau erklären wie sich das alles weiterentwickelt hat, da öffnete sich die Kneipentür und mein Mann trat herrein.Er setzte sich direkt neben meine Engelsfrau.
Er lächelte mit seinem noch immer so strahlenden Augen und begann gleich heftig mit ihr zu flirten. Ich konnte nichts tun, scheinbar hatte er nur die hübsche junge Frau aber nicht mich wahrgenommen.
Zu meinem Erstaunen erzählte er ihr von seiner Frau, die immer so unzufrieden sei, dabei doch alles hätte was man sich wünschen kann.
Eine Familie, wenn auch in der Ferne, ein warmes und gemütliches Zuhause und nicht zuletzt einen Mann der sie sehr liebt.
Und wie alle Männer wollte er sich nun trösten lassen und das ausgerechnet von unserem Weihnachtsengel.
Da musste ich doch eingreifen.
Ich schrie Frau Engel an, sie möge mir bitte meinen Mann lassen. Sie könne sich doch im Himmel verlustigen und außerdem ist heute Weihnachen das Fest der Liebe und so weiter und so weiter.....
Ich schrie und schrie so lange bis ich erwachte.
Mein Mann hatte bereits den Frühstückstisch gedeckt und weckte mich.
Mein Schreien hatte er wohl nicht wahrgenommen, denn er begann gleich zu erzählen:
“Stell Dir vor Liebling , ich hatte heute Nacht einen Traum von unserem Weihnachtsengel und da ist mir doch tatsächlich eingefallen wo er war. Ich wollte voriges Jahr die Flügel ankleben bevor ich ihn in die Kiste tat. Da kam mein Freund Werner vorbei und lud mich auf ein Bier in den “Grünen Baum” ein. Da habe ich ihn dann sicher liegengelassen.
Ich habe dort schon angerufen aber es ist ja noch nicht offen.
Und so kam es, dass wir zusammen am Abend nach Bescherung und Christmesse in unsere frühere Lieblingskneipe gingen um den Engel abzuholen. Er war tatsächlich dort, lag in einer Schublade hinter der Theke und hatte sogar fest angeklebte Flügel.
Wir verbrachten bei Glühwein mit Amaretto dort eine fröhliche Stunde ehe wir nach Hause gingen.
Es war seit vielen Jahren wieder eine Heilige Nacht ganz anderer Art und ich war sehr zufrieden.




Das Universum ist erfüllt von grenzenloser Kreativität.
Ich ziehe sie an wie ein Magnet.
Mein Geist und meine Träume öffnen sich ihr.
Sie fließt in mich wie ein Strom klaren Wassers.
 

Heidrun

Mitglied
Ich habe heute ganz gespannt die Schreibaufgabe geöffnet um eine Resonanz zu sehen.
Nun bin ich entäuscht, so eine schlechte Bewertung bekommen zu haben. Neun Leute haben mich schlecht bewertet aber leider hat mir nicht einer erklärt, was an meiner Geschichte so schlecht ist, Thema, Inhalt, Grammatik, Rechtschreibung.
Ich habe bei der Schreibaufgabe nicht wegen einem Preis mitgemacht sondern weil es eine Anregung ist und um zu lernen.
Aber ohen Kritik kann ich nur denken, alles Mist was du da schreibst, ab in den Papierkorb!



"Das Universum ist erfüllt von grenzenloser Kreativität.
Ich ziehe sie an wie ein Magnet.
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Sie fließt in mich wie ein Strom klaren Wassers."
 
B

Betty Blue

Gast
Frohes Fest

Hallo Heidrun

Lass dich um Himmelswillen bloß nicht durch die negativen Bewertungen entmutigen.

Deine Geschichte hat mir sehr gefallen, obwohl ich gestehen muss, dass ich sie erst gar nicht zu Ende lesen wollte, weil sie mir zunächst doch zu eintönig dahin plätscherte, aber dein eigener Kommentar hat mich dann aufgehalten und ich habe dann doch (und zum Glück) weiter gelesen.

Es ist eine Geschichte, die ich als "hübsch" bezeichne und die mich zum Schluss sehr schmunzeln ließ.

Ich mag deinen rebellierenden und glühweintrinkenden Engel ... lächel.

Und für mich beinhaltet die Geschichte etwas sehr wertvolles ... dass es manchmal hilft, alteingesessene Rituale zu ändern, um nicht emotional an ihnen zu verhungern.

Was nützt es mir an Dingen festzuhalten, die zwar früher gut und schön waren, aber heute in der Form keinen Bestand mehr haben ... Dinge ändern sich ... also ändere ich mich mit ihnen.

Ich danke dir für deine Geschichte.

Ein Vorschlag von mir:

Den Teil der Geschichte, bis du auf den Weihnachtsengel zu sprechen kommst, würde ich kürzen.

Weniger ist manchmal mehr.

Einen harmonischen 2.Weihnachtstag wünscht dir

Betty Blue
 

Heidrun

Mitglied
Danke Betty Blue für Deine Meinung.
Und tatsächlich hat sich meine Ahnung bestätigt. Ich dachte schon daran, das die Geschichte zu lang ist, habe auch schon mehrmals daran gearbeitet.
Nun werde ich das in den nächsten Tagen noch mal tun. Vielleicht gelingt es mir dann ein wenig mehr Spannung an den Anfang zu bringen, damit es mehr Spass macht weiter zu lesen.
Ich wünsche noch einen schönen zweiten Weihnachtstag
Gruß Heidrun


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