Zaungasts Adventskalender
Erstes Kläppchen.
Kommissar Zaungast ist Polizist. Kriminaler. Ein Bulle von Statur und Gemütsart. Unsentimental, verwegen und schlagkräftig.
Nur zur Weihnachts- und Adventszeit, wenn die Reklamecirce sich am schändlichsten prostituiert, dann überkommt den Kommissar so ein Bedürfnis nach kontemplativer Verinnerlichung. Denn ... laut Kommissar Zaungast spricht aus den Lichterketten, die in der Adventszeit unsere Städte, Dörfer und Häuser schmücken, wohl der Geist von Las Vegas, aber beileibe nicht der Geist von Bethlehem.
Wenn also draußen der Konsumwind rauscht, wenn die Furie der Begierden und frommen Wünsche erbarmungslos an den Knöpfen, Klett- und Reißverschlüssen unserer Geldbörsen zerrt, dann durchweht Zaungasts Innenleben ein sanftes Zephirgesäusel der Lindigkeit. Dann gestattet er sich sogar die Sentimentalität eines Devotionalien- beziehungsweise Adventskalenders, vor dessen vierundzwanzig Kläppchen er Tag für Tag in stummer Andacht meditieren kann, das erste Mal am ersten Dezember, das letzte Mal am vierundzwanzigsten des Monats.
Heute schreiben wir den ersten Dezember. Zaungast öffnet das erste Kläppchen. Es enthält ein Kondom, Sinnbild von Sicherheit, Freiheit und unbefleckter Reinheit, nicht zuletzt auch Sinnbild für die uneingeschränkte Freiheit der Liebe, und das bevorstehende Weihnachtsfest gilt ja nun mal als das Fest der Liebe.
Da außerdem das Logistik-Zentrum des großen Geschenk-Empyreums schon seit vielen Jahren an den Grenzen seiner Kapazität fährt, da der rotnasige Rudolph und seine zahlreichen Kollegen mit ihren Schlitten die vorgegebenen Ruhezeiten nicht mehr einhalten können, um dem steigenden Bedarf ihrer rotznäsigen Klientel gerecht zu werden, so erfüllt das Kondom neben seiner medizinisch-hygienischen auch noch eine sozial-hygienische Funktion. Es hilft durch den mit seinem Gebrauch verbundenen Geburtenrückgang entscheidend mit, auch für die Zukunft eine sozial verträgliche, gerechte Verteilung der Geschenke zu gewährleisten.
‚Da ist die Zentrale dort oben ihrer römischen Dependance hier auf Erden in Sachen Fortschrittlichkeit doch noch um einiges voraus’, denkt sich Kommissar Zaungast.
Ob es weiter geht? Na klar doch, morgen öffnet Zaungast hier an dieser Stelle sein zweites Kläppchen. Ich wünsche allen Lesern einen schönen Advent!
WERNER FLETCHER
Erstes Kläppchen.
Kommissar Zaungast ist Polizist. Kriminaler. Ein Bulle von Statur und Gemütsart. Unsentimental, verwegen und schlagkräftig.
Nur zur Weihnachts- und Adventszeit, wenn die Reklamecirce sich am schändlichsten prostituiert, dann überkommt den Kommissar so ein Bedürfnis nach kontemplativer Verinnerlichung. Denn ... laut Kommissar Zaungast spricht aus den Lichterketten, die in der Adventszeit unsere Städte, Dörfer und Häuser schmücken, wohl der Geist von Las Vegas, aber beileibe nicht der Geist von Bethlehem.
Wenn also draußen der Konsumwind rauscht, wenn die Furie der Begierden und frommen Wünsche erbarmungslos an den Knöpfen, Klett- und Reißverschlüssen unserer Geldbörsen zerrt, dann durchweht Zaungasts Innenleben ein sanftes Zephirgesäusel der Lindigkeit. Dann gestattet er sich sogar die Sentimentalität eines Devotionalien- beziehungsweise Adventskalenders, vor dessen vierundzwanzig Kläppchen er Tag für Tag in stummer Andacht meditieren kann, das erste Mal am ersten Dezember, das letzte Mal am vierundzwanzigsten des Monats.
Heute schreiben wir den ersten Dezember. Zaungast öffnet das erste Kläppchen. Es enthält ein Kondom, Sinnbild von Sicherheit, Freiheit und unbefleckter Reinheit, nicht zuletzt auch Sinnbild für die uneingeschränkte Freiheit der Liebe, und das bevorstehende Weihnachtsfest gilt ja nun mal als das Fest der Liebe.
Da außerdem das Logistik-Zentrum des großen Geschenk-Empyreums schon seit vielen Jahren an den Grenzen seiner Kapazität fährt, da der rotnasige Rudolph und seine zahlreichen Kollegen mit ihren Schlitten die vorgegebenen Ruhezeiten nicht mehr einhalten können, um dem steigenden Bedarf ihrer rotznäsigen Klientel gerecht zu werden, so erfüllt das Kondom neben seiner medizinisch-hygienischen auch noch eine sozial-hygienische Funktion. Es hilft durch den mit seinem Gebrauch verbundenen Geburtenrückgang entscheidend mit, auch für die Zukunft eine sozial verträgliche, gerechte Verteilung der Geschenke zu gewährleisten.
‚Da ist die Zentrale dort oben ihrer römischen Dependance hier auf Erden in Sachen Fortschrittlichkeit doch noch um einiges voraus’, denkt sich Kommissar Zaungast.
Ob es weiter geht? Na klar doch, morgen öffnet Zaungast hier an dieser Stelle sein zweites Kläppchen. Ich wünsche allen Lesern einen schönen Advent!
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