Zwei Knochen

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Mitten in tiefster Nacht saßen Herr Brustwirbel und Herr Oberschenkel auf einer Friedhofsbank. Wie schon so oft saßen sie nebeneinander, ohne den jeweils anderen zunächst zu bemerken.
„Ach! Guten Abend Herr Oberschenkel! Schön, Sie hier zu sehen!“, sagte Herr Brustwirbel nachdem er den anderen Knochen neben sich bemerkt hatte.
„Guten Abend Herr Brustwirbel! Sie habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen! Sagen Sie mal, wo kommen Sie überhaupt her?“, fragte Herr Oberschenkel in einem verschwörerischen Ton.
„Wo komme ich wohl her?“
„Wieso empören gerade Sie sich überhaupt so? Wer war denn so plötzlich einfach da?“ Er versuchte möglichst finster und verschwörerisch zu schauen, was ihm aber nicht wirklich gelang.
„Na, Sie sind aber goldig, Herr Oberschenkel! Wahrscheinlich ist es mal wieder so wie fast jeden Abend.“, sagte Herr Brustwirbel ruhig. Herr Oberschenkel überlegte einen Moment.
„Ja, das könnte durchaus der Fall sein! Wieso bin ich da nicht selbst drauf gekommen?“ Herr Brustwirbel verdrehte die Augen.
„Ich hab' mir da mal neulich Gedanken gemacht.“, begann Herr Oberschenkel dann.
„Ach! Das ist ja mal was ganz neues… Und worüber haben Sie sich Gedanken gemacht, wenn man fragen darf?“
„Ich hab' mir gedacht, was wäre, wenn ich in einem anderen Körper gelebt hätte?“ Herr Oberschenkel fragte voller Enthusiasmus.
„Hochinteressant… In was für einem Körper haben Sie denn überhaupt gelebt?“
„Ach, das war so ein komischer Typ. Der war zwar nicht übergewichtig oder so, aber der hat nie wirklich Sport gemacht. Ok, der Typ ist zwar viel zu Fuß gelaufen und hat sich einigermaßen gesund ernährt, aber trotzdem. Ich fand ihn zu dick an manchen Stellen. Und dazu hat der Typ dann auch noch am laufenden Meter Kaffee getrunken. W i e d e r l i c h sage ich Ihnen!“
„Wie fand sich dieser Herr selbst?“
„Der war allen ernstes mit sich zufrieden! Kann man das glauben? Aber sagen Sie, in was für einem Körper haben Sie so gelebt?“
„Ich habe in einem Sportlerkörper gelebt.“
„Ja w a h n s i n n!“ Er klopfte Herrn Brustwirbel anerkennend auf, na ja, Sie wissen schon.
„Was heißt hier bitte wahnsinn?“
„Ich weiß wirklich nicht, was Sie gerade haben, das ist doch ein Traum von einem Körper!“
„Das kann ich so nicht sagen. Dieser Herr hat seinem Körper viel mehr zugemutet als überhaupt gut für ihn war. Außerdem hat er sich mit diesem Chemiezeugs vollgestopft, ein Wunder, dass er überhaupt vierzig geworden ist. Sie sehen also, Herr Oberschenkel, das war alles andere als ein Traumkörper.“ Herr Oberschenkel ignorierte das einfach und stellte interessiert die nächste Frage, die ihm schon seit längerer Zeit sprichwörtlich auf der Zunge brannte.
„In was für einem Körper würden Sie denn gerne leben wollen?“
„Ach, ich weiß nicht. So jemand wie Ihrer wäre ganz nett.“, trübsinnig schaute Herr Brustwirbel zu Boden.
„Also ich für meinen Teil würde gerne mal in einem Dichter leben wollen, in einem sportlichen natürlich.“
„Wieso denn gerade ein Dichter? Die leben doch alle in ihrer eigenen Welt und sind zu nichts zu gebrauchen!“ Herr Brustwirbel schaute Herrn Oberschenkel verständnislos an.
„Ich glaube, Sie verstehen das nicht! Wenn ich in einem Dichter leben würde, dann könnte ich ihm beim Dichten behilflich sein oder gar eigene Gedichte kreieren!“
„Ihnen ist schon bewusst, dass Sie mit Ihrem Körper nicht kommunizieren können?“ Herr Oberschenkel fühlte sich vor den Kopf gestoßen.
Sie haben doch gar keine Ahnung! Wenn man will, dann gibt es immer einen Weg!“
„Sie können ja gerne so viel schmollen wie Sie nur wollen. Allerdings möchte ich Sie darauf hinweisen, dass zumindest ich schon seit mehreren Tagen am verwesen bin, und danach kommt dann N-I-C-H-T-S! Also können Sie Ihren Dichter sowieso vergessen! Sie müssten ja dafür wiedergeboren werden. Da es das nicht gibt, wünsche ich Ihnen noch ein schönes Restverwesen!“ Er legte sich wieder in sein Grab zu den anderen Knochen.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Na, das ist aber mal ein gelungener Dialog ohne Restverwesung. Man kann ihn noch öfter lesen!
:)

Schreibe nur widerlich - dann ist alles gut.

Amused grüßt Doc
 
Mitten in tiefster Nacht saßen Herr Brustwirbel und Herr Oberschenkel auf einer Friedhofsbank. Wie schon so oft saßen sie nebeneinander, ohne den jeweils anderen zunächst zu bemerken.
„Ach! Guten Abend Herr Oberschenkel! Schön, Sie hier zu sehen!“, sagte Herr Brustwirbel nachdem er den anderen Knochen neben sich bemerkt hatte.
„Guten Abend Herr Brustwirbel! Sie habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen! Sagen Sie mal, wo kommen Sie überhaupt her?“, fragte Herr Oberschenkel in einem verschwörerischen Ton.
„Wo komme ich wohl her?“
„Wieso empören gerade Sie sich überhaupt so? Wer war denn so plötzlich einfach da?“ Er versuchte möglichst finster und verschwörerisch zu schauen, was ihm aber nicht wirklich gelang.
„Na, Sie sind aber goldig, Herr Oberschenkel! Wahrscheinlich ist es mal wieder so wie fast jeden Abend.“, sagte Herr Brustwirbel ruhig. Herr Oberschenkel überlegte einen Moment.
„Ja, das könnte durchaus der Fall sein! Wieso bin ich da nicht selbst drauf gekommen?“ Herr Brustwirbel verdrehte die Augen.
„Ich hab' mir da mal neulich Gedanken gemacht.“, begann Herr Oberschenkel dann.
„Ach! Das ist ja mal was ganz Neues… Und worüber haben Sie sich Gedanken gemacht, wenn man fragen darf?“
„Ich hab' mir gedacht, was wäre, wenn ich in einem anderen Körper gelebt hätte?“ Herr Oberschenkel fragte voller Enthusiasmus.
„Hochinteressant… In was für einem Körper haben Sie denn überhaupt gelebt?“
„Ach, das war so ein komischer Typ. Der war zwar nicht übergewichtig oder so, aber der hat nie wirklich Sport gemacht. Ok, der Typ ist zwar viel zu Fuß gelaufen und hat sich einigermaßen gesund ernährt, aber trotzdem. Ich fand ihn zu dick an manchen Stellen. Und dazu hat der Typ dann auch noch am laufenden Meter Kaffee getrunken. W i e d e r l i c h sage ich Ihnen!“
„Wie fand sich dieser Herr selbst?“
„Der war allen ernstes mit sich zufrieden! Kann man das glauben? Aber sagen Sie, in was für einem Körper haben Sie so gelebt?“
„Ich habe in einem Sportlerkörper gelebt.“
„Ja W a h n s i n n!“ Er klopfte Herrn Brustwirbel anerkennend auf, na ja, Sie wissen schon.
„Was heißt hier bitte Wahnsinn?“
„Ich weiß wirklich nicht, was Sie gerade haben, das ist doch ein Traum von einem Körper!“
„Das kann ich so nicht sagen. Dieser Herr hat seinem Körper viel mehr zugemutet als überhaupt gut für ihn war. Außerdem hat er sich mit diesem Chemiezeugs vollgestopft, ein Wunder, dass er überhaupt vierzig geworden ist. Sie sehen also, Herr Oberschenkel, das war alles andere als ein Traumkörper.“ Herr Oberschenkel ignorierte das einfach und stellte interessiert die nächste Frage, die ihm schon seit längerer Zeit sprichwörtlich auf der Zunge brannte.
„In was für einem Körper würden Sie denn gerne leben wollen?“
„Ach, ich weiß nicht. So jemand wie Ihrer wäre ganz nett.“, trübsinnig schaute Herr Brustwirbel zu Boden.
„Also ich für meinen Teil würde gerne mal in einem Dichter leben wollen, in einem sportlichen natürlich.“
„Wieso denn gerade ein Dichter? Die leben doch alle in ihrer eigenen Welt und sind zu nichts zu gebrauchen!“ Herr Brustwirbel schaute Herrn Oberschenkel verständnislos an.
„Ich glaube, Sie verstehen das nicht! Wenn ich in einem Dichter leben würde, dann könnte ich ihm beim Dichten behilflich sein oder gar eigene Gedichte kreieren!“
„Ihnen ist schon bewusst, dass Sie mit Ihrem Körper nicht kommunizieren können?“ Herr Oberschenkel fühlte sich vor den Kopf gestoßen.
Sie haben doch gar keine Ahnung! Wenn man will, dann gibt es immer einen Weg!“
„Sie können ja gerne so viel schmollen wie Sie nur wollen. Allerdings möchte ich Sie darauf hinweisen, dass zumindest ich schon seit mehreren Tagen am verwesen bin, und danach kommt dann N-I-C-H-T-S! Also können Sie Ihren Dichter sowieso vergessen! Sie müssten ja dafür wiedergeboren werden. Da es das nicht gibt, wünsche ich Ihnen noch ein schönes Restverwesen!“ Er legte sich wieder in sein Grab zu den anderen Knochen.
 

Ilona B

Mitglied
Hallo Drachenprinzessin,
die Idee finde ich klasse und Dein Stil gefällt mir sehr gut.
Was ich nur nicht ganz verstehe, wie die Knochen aus dem Grab kommen um sich auf der Bank zu unterhalten?
Liebe Grüsse Ilona
 
Danke für deine Rückmeldung :D Ich wollte es dem Leser überlassen sich das vorzustellen.
Meinst Du, ich sollte den Weg der Knochen auf die Bank noch erklären?
 

Ilona B

Mitglied
Hallo Drachenprinzessin,
Du musst es wohl nicht unbedingt erklären. Die Geschichte ist ja nun nicht sehr "realistisch". :D
Ich bin empfänglich für Unerklärliches, also konnte ich mir vorstellen wie die Knochen "telepatisch" kommunizieren. Ich hatte nur ein Problem bei der Vorstellung wie sie sich aus dem Sarg durchs Erdreich buddeln um Luft zu schnappen.
Liebe Grüsse Ilona
 

molly

Mitglied
Hallo Drachenprinzessin,

lustig, was so alte Knochen sich zu erzählen haben...
:) Gern gelesen!

Liebe Grüße molly
 

anbas

Mitglied
Hallo Drachenprinzessin,

6 Punkte von mir. Ich denke, da könntest Du noch mehr heraus holen. So finde ich den Text etwas ermüdend, da er fast nur aus dem Dialog besteht. Kaum weitere Handlungen, kaum weitere Beschreibungen des Ortes. Solche Dinge ließen sich zwischen den Dialogen gut einbauen. Auch sonst könnte aus meiner Sicht noch etwas mehr Pepp in die Geschichte hineinfließen.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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