Zweifel sind Verrat

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Trasla

Mitglied
Warten auf den Heimaturlaub
Bomben auf das nächste Ziel
Weinen beim Patroullie fliegen
Als der erste Deutsche fiel

Wann stellst du die ersten Fragen
Und verweigerst du den Start
Ist zu trauern eine Schwäche
Ist Afghanistan zu hart

Nichts als Leere ohne Einsatz
Niemand sein, außer Soldat
Niemals sehen, wen du tötest
Keine Zweifel, kein Verrat


Am 17. Dezember sind 6 Soldaten der ISAF in Afghanistan gestorben.
 

ENachtigall

Mitglied
Ein starkes Gedicht; sehr wahrhaftig.

"Bei Niemand sein" passt sich "als ein Soldat" besser ein als "außer Soldat". Sonst gibt es da nix zu verbessern, meint beeindruckt

grüßend, Elke

P.S. Anzumerken sei, dass es einerlei ist, welcher Nation der Gefallene angehörte. Das Gedicht gewänne noch mehr, wenn es offen bliebe. Weil das menschliche Empfinden der betroffenen Soldaten ein universelles ist.
 

Trasla

Mitglied
Warten auf den Heimaturlaub
Bomben auf das nächste Ziel
Weinen beim Patroullie fliegen
Als ein Kamerade fiel

Wann stellst du die ersten Fragen
Und verweigerst du den Start
Ist zu trauern eine Schwäche
Ist Afghanistan zu hart

Nichts als Leere ohne Einsatz
Niemand sein, als ein Soldat
Niemals sehen, wen du tötest
Keine Zweifel, kein Verrat


Am 17. Dezember sind 6 Soldaten der ISAF in Afghanistan gestorben.
 

Trasla

Mitglied
Danke!
Jetzt hadere ich nur noch mit dem Titel ein wenig, im Nachinein kommt mir das etwas sehr... theatralisch vor.
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Trasla,

das sehe ich anders. Der Titel ist Statement, der dem Gedicht, einer Bestandsaufnahme dieser Arbeit, die sich nicht so einfach in Alltäglichkeit einpasst, entspricht.

Ich würde das so lassen.

LG

Elke
 
O

orlando

Gast
Hallo Trasla,
inhaltlich gefällt mir das Gedicht sehr.
Zwei Mäkeleien möchte ich aber anbringen:
[blue]Patrouille[/blue]
und das hässliche "Kamerade", um dem Metrum zu genügen.
Findet sich dafür nix anderes?

Spornende Grüße
orlando
 

Trasla

Mitglied
Warten auf den Heimaturlaub
Bomben auf das nächste Ziel
Weinen beim Patrouille fliegen
Als ein Kamerade fiel

Wann stellst du die ersten Fragen
Und verweigerst du den Start
Ist zu trauern eine Schwäche
Ist Afghanistan zu hart

Nichts als Leere ohne Einsatz
Niemand sein, als ein Soldat
Niemals sehen, wen du tötest
Keine Zweifel, kein Verrat


Am 17. Dezember sind 6 Soldaten der ISAF in Afghanistan gestorben.
 

Trasla

Mitglied
Danke für die Patrouille!
Kamerade find ich eigentlich ganz schön, es war ja ganz zu Anfang auch anders, aber ich bin auch offen für weitere Vorschläge!
 
O

orlando

Gast
"Als der erste Kumpel fiel"

?

"Kamerad" ist wohl der Begriff, der beim Bund benutzt wird, andererseits entstehen mit Sicherheit manchmal etwas engere Bindungen zwischen den Soldaten ...
 

Trasla

Mitglied
Ich empfinde Kamerade irgendwie enger als Kumpel. N Kumpel ist Jochen, mit dem ich Fußball schaue und Bier trinken. Meine Kameraden liegen mit mir im Sand, pissen sich voll vor Angst, sind da, wenn ich in den Dreck blute...
 
O

orlando

Gast
Das verstehe ich.
Meine Kleinstkritik bezog sich mehr auf das "geschönte" Metrum. Aber ab und zu kann sich das ein aufstrebender Dichter leisten. ;)
Der Text ist auch in der vorliegenden Form gut.
Liebe Grüße
orlando
 

Trasla

Mitglied
Ach, jetzt versteh ich, was das Problem ist ;-) korrekte Einzahl wäre Kamerad. Das war mir garnicht bewusst, nach meiner Wahrnehmung ist das hier im Sprachgebrauch tatsächlich mit E hinten üblich, zumindest gesprochen. Oder ich bin verwirrt.
 
F

Fettauge

Gast
Hallo Trasla,

du bemühst dich in diesem Gedicht, den Krieg in Afghanistan zu verurteilen. Technisch noch ein bisschen krautig, aber man kann, wenn man beide Augen zudrückt, darüber hinwegsehen, dann zählt nur die Absicht, das Ergebnis betrachtet man, sofern man den Frieden dem Krieg vorzieht, dann mit Wohlwollen.

Über den "Kamerade" lässt sich nicht streiten (ich assoziiere da eher Marmelade), ist ungelenk und falsch, nur um den Anforderungen der Metrik zu genügen. Macht sich nicht gut. Da hilft nur Umformulieren.

Obwohl sich meine Ansicht zum Afghanistankrieg sicher mit deiner ungefähr deckt, habe ich trotzdem beim Lesen den Eindruck einer gewissen Naivität im Sinne von "Wir sollten uns doch alle lieb haben". Um dem Gedicht mehr Aussagekraft geben können, wäre es meiner Ansicht nach unbedingt erforderlich, die westlichen Hintermänner mit ihrer Argumentation, mit der sie die unreifen jungen Menschen ins Feuer schicken, wenigstens zu benennen. So aber bewegt sich das Gedicht lediglich im Rahmen des Moralisierens, blendet aber den politischen Zusammenhang vollkommen aus.

Trotz meiner sicher nicht unberechtigten Kritik an deinem Text bin ich aber der Ansicht, dass man ihn zu den Texten zählen muss, die ein kleines Ausrufezeichen setzen.

Liebe Grüße, Fettauge
 

Trasla

Mitglied
Mein Anliegen ist schon eher, den punktuellen Blick des Soldaten und seinen eigenen Kampf mit sich selbst zu benennen, und nicht, eine Verurteilung der politischen Hintergründe des Einsatzes vorzunehmen.
Ich sehe durchaus ein, dass hier für weitgehende Zusammenhänge nicht viel steht. Wirkt der Text tatsächlich so leer moralisierend? Das war nicht meine Absicht. Ich wollte eigentlich verhältnismäßig nüchtern schildern, wie die (natürlich nicht nüchterne) Problematik des Alleinseins und der Überforderung durch eigene Zweifel, die - scheinbar oder tatsächlich - nicht geduldet werden, aussieht.

Danke auf jeden Fall für deine Rückmeldung, Fettauge, ich werde dein Feedback später nochmal in Ruhe durchgehen, und meinen Text entsprechend kritisch betrachten.


Um mich mal dem gerügten Kameraden zu widmen:

Wie wird denn das ursprüngliche

[blue]Als der erste Deutsche fiel[/blue]

aufgefasst? Die Kritik war ja, dass das Schicksal kein national eingeschränktes ist. Vielleicht ist die Formulierung aber doch nicht so schlecht gewesen? Sowohl das persönliche Empfinden als auch die hiesige Berichterstattung heben ja durchaus den Tod von Landsleuten hervor.

Oder, dem obigen Gedanken folgend, aber trotzdem nicht konkret bezüglich der Nationalität:

[blue]Als der erste Landsmann fiel[/blue]

"Kumpel" erscheint mir selbst zu schwach, dass ist irgendwie so eine Bindung, die zum Frieden passt, nicht an die Front, finde ich.

[blue]Weil heut ein Genosse fiel[/blue]

würde bezüglich des militärisch anmutenden Begriffes passen, wirkt dann aber für den westlich geprägten Einsatz wieder seltsam unpassend, meines Erachtens.
 
O

orlando

Gast
Hallo Trasla,
über dieses Problem habe ich auch eine Zeitlang nachgedacht. -
Mir gefiele "Landsmann" am besten. "Genosse" setzt eine bestimmte Einstellung voraus, und "Deutscher" klingt fast so, als sei ein Todesfall bei anderer Nationalität nicht so schlimm.
Ein "Landsmann" ist in deinem Fall zwar auch ein Deutscher, klingt aber irgendwie neutraler ... ;)
LG, orlando
 

Trasla

Mitglied
Warten auf den Heimaturlaub
Bomben auf das nächste Ziel
Weinen beim Patrouille fliegen
Als der erste Landsmann fiel

Wann stellst du die ersten Fragen
Und verweigerst du den Start
Ist zu trauern eine Schwäche
Ist Afghanistan zu hart

Nichts als Leere ohne Einsatz
Niemand sein, als ein Soldat
Niemals sehen, wen du tötest
Keine Zweifel, kein Verrat


Am 17. Dezember sind 6 Soldaten der ISAF in Afghanistan gestorben.
 



 
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