Mann und Hund im Nebel

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Walther

Mitglied
Mann und Hund im Nebel

Der dicke Pullover klamm: der weiße Hauch kräuselt sich am herunter gezogenen Mundwinkel. Augen blicklos geradeaus.

Vernebelt das Innen im Außen.

Der Hund markiert seinen Weg, die Nase, tiefer gelegt, riecht am Puls der Zeit, die Fahne gestellt.

Sein Gehen ein Schlurfen: das Herrchen folgt dem Vierbeiner, der führt, weil einer führen muss, um anzukommen. Das Bellen des Begleiters weckt den Müden, dessen Körper sich plötzlich anspannt, den Hund fest zügelt. Die rechte Hand geht zur Stirn, der Blick ins Weite, um wieder zu erstarren, als der Hund sich an das rechte Bein schmiegt und erwartungsvoll wedelt.

Der Mann beugt sich vor, und die Rechte fährt durch das Hundefell, das sie schmeichelt. Dann gleitet sie zum Kopf des Tiers, krault seine Kehle, bis der Hund an ihr leckt.

Kurz innehaltend fährt sich der Mann mit der Rechten übers Gesicht, durchs Haar, die Schultern sinken wieder nach vorne. Das ungleiche Paar nimmt seinen Weg auf und geht zuckelnd weiter, um langsam vom dichten Herbstnebel aufgenommen zu werden.

Immer wieder hört man ein Bellen, das langsam leiser und schließlich ganz vom milchigen Weiß verschluckt wird.
 
U

USch

Gast
Hallo Walther,
obwohl ich kein Hundefreund bin, finde ich die kleine Szene superschön geschildert, war sofort drin im Geschehen. Schöne Worte gut gesetzt.
LG USch
 

Walther

Mitglied
lb. usch,

danke für deine überaus positive rückmeldung. prosa ist eigentlich nicht mein feld, sieht man von rezis, essays und kommentaren ab. daher hat mich dein lob sehr gefreut!!!

guten rutsch!

lg w.
 
A

Architheutis

Gast
Lieber Walther,

ich mag Hunde und sogar Deinen Ausflug in die Prosa. :)

Man merkt Dir den Lyriker an, es ist an Knappheit kaum zu unterbieten. Ich überlegte kurz, ob es wichtig ist, dass alles rechts passiert (Hand, Bein etc.); ich komme aber zu dem Schluß, dass es der szenischen Präzisierung dient. Ich ließe es.

Es schwirrt sehr viel Lyrik mit, da Du die Bilder nicht beschreibst, sondern andeutest. Willkommen zur tausendsten Version zwischen lyrische Prosa... usw. :)

Warum es nicht ganz zur Spitzenwertung reicht:

Für Prosa fehlt mir hier ein klitzekleiner Hinweis, was den Prot den so blicklos schauen lässt, warum er bildhaft im Nebel versinkt. Hier ist es mir zu knapp, Du Dichter, ;-)

Das ungleiche Paar
Hm, der Hund als Menschenführer, naja. Ich bin mit Hunden aufgewachsen, ich kann sie mir daher nur schwer als solche vorstellen. Der Hund bleibt abhängig vom Menschen. Selbst Blindenhunde brauchen Führung.

Du schwächst das Bild aber selbst ab, denn Du beschreibst den Hund vorher als "Begleiter", den Mensch gar als "Herrchen".

Was denn nun?

Jammern auf hohem Niveau, insgesamt ein Text, der mich aber anspricht.

Gerne mehr davon,
Archi
 

Walther

Mitglied
hi archi,

der ursprungstext war in der tat ein vers libre. dann habe ich gemerkt, daß er doch mehr in die poetische prosa gehört und daher eine prosaminiatur ist. er schwebt irgendwo zwischen szene und tagebucheintrag.

du hast das fein erspürt.

daher habe ich auch den grund für die niedergeschlagenheit des protagonisten nicht ausgeführt. der text ist ja keine ganz kurze geschichte. er ist kurzprosa im wahrsten sinne des worts.

das "ungleiche" paar ist schon richtig gesetzt. schließlich ist der hund mit seiner lebensfreude das gegenbild des menschen. er bringt ihn zum spazieren, er verführt ihn zur zärtlichkeit.

danke für deinen beitrag und deine wertung.

lg w.
 
A

Architheutis

Gast
Walther, die Lebensfreude des Hundes mit der Niedergeschlagenheit des Menschen zu vergleichen, das ist sehr gewagt. Hunde können Freude, Schmerz und Trauer empfinden, dessen bin ich mir sicher. Aber die Qualität ist eine andere. Äpfel mit Birnen usw.

Es macht aber nichts, wenn (und nur wenn) das der Prot so sieht. Das deutest Du auch an.

Eine komplette Geschichte erwarte ich nicht. Ich bin aber neugierig und will wissen, was der Grund dieser Niedergeschlagenheit ist. Mir reichte der kleinste Hinweis, ich sehe keinen. Mich lässt es unbefriedigt zurück.

Das ist wohl wieder nur mein Problem, denn andere Prosakommentatoren lässt das in aller Regelmäßigkeit kalt.

Von daher: alles ist gut. Gerne mehr davon. ;-)

Lieben Gruß,
Archi
 

Walther

Mitglied
hallo archi,

danke nochmals für die kritische begleitung. es gibt, wie man sieht, auch leser, die diesen text grauenvoll finden.

nun, nachdem ich nicht weiß, warum, da sich der werter nicht geäußert hat bisher, werde ich das als "geschmacksproblem" ablegen. :)

lg w.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Walther,

das hier


Der dicke Pullover klamm: der weiße Hauch kräuselt sich am herunter gezogenen Mundwinkel. Augen blicklos geradeaus.

Vernebelt das Innen im Außen.
ist mir ZU kurz. Sonst finde ich die Kurzprosa gelungen. Ein ungleiches Paar sind die beiden aber nicht für mich, eher ein sich ergänzendes.

LG Doc
 

Walther

Mitglied
hi doc,

danke für den hinweis. das ist noch zu "poetisch", offensichtlich. ich denke einmal, ich sollte das deiner ansicht nach noch etwas ausführen.

ich schaue mir das an und stelle dann eine verbesserte version ein.

lg w.
 

Walther

Mitglied
Mann und Hund im Nebel


Der dicke Pullover klebt klamm am Körper des Manns. Der weiße Atemhauch kräuselt sich am herunter gezogenen Mundwinkel. Die Augen sind blicklos geradeaus gerichtet: Vernebelt spiegelt sich das Innen im Außen.

Der Hund markiert seinen Weg. Die Nase, tiefer gelegt, riecht am Puls der Zeit, die Fahne ist gestellt.

Seine Schritte sind ein Schlurfen: Das Herrchen folgt dem agilen Vierbeiner, der führt, weil einer führen muss, um anzukommen. Das Bellen des Begleiters weckt den Müden, dessen Körper sich plötzlich anspannt, dessen Linke den Hund fest zügelt. Die rechte Hand geht zur Stirn, der Blick ins Weite, um wieder zu erstarren, als der Hund sich an das rechte Bein schmiegt und erwartungsvoll wedelt.

Der Mann beugt sich vor, und die Rechte fährt durch das Hundefell, das sie schmeichelt. Dann gleitet sie zum Kopf des Tiers, krault seine Kehle, bis der Hund an ihr leckt.

Kurz innehaltend fährt sich der Mann mit der Rechten übers Gesicht, durchs Haar, die Schultern sinken wieder nach vorne. Das ungleiche Paar nimmt seinen Weg auf und geht zuckelnd weiter, um langsam vom dichten Herbstnebel aufgenommen zu werden.

Immer wieder hört man ein Bellen, das langsam leiser und schließlich ganz vom milchigen Weiß verschluckt wird.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ja;jetzt ist es besser. Nur - wenn der dicke Pullover klamm ist und vor Feuchtigkeit am Körper klebt, würde das bedeuten, dass er nass geworden ist? Das geht nicht nur von Nebelschwaden.
Ist jetzt vielleicht pingelig, aber bei so kurzen Texten muss eben jedes Wort stimmen.
Sonst aber alles gut. ;-)
LG Doc
 

Walther

Mitglied
Mann und Hund im Nebel


Der feuchte Pullover klebt klamm am Körper des Manns. Sein weiße Atemhauch kräuselt sich am herunter gezogenen Mundwinkel. Die Augen sind blicklos geradeaus gerichtet: Vernebelt spiegelt sich das Innen im Außen.

Der Hund markiert seinen Weg. Die Nase, tiefer gelegt, riecht am Puls der Zeit, die Fahne ist gestellt.

Seine Schritte sind ein Schlurfen: Das Herrchen folgt dem agilen Vierbeiner, der führt, weil einer führen muss, um anzukommen. Das Bellen des Begleiters weckt den Müden, dessen Körper sich plötzlich anspannt, dessen Linke den Hund fest zügelt. Die rechte Hand geht zur Stirn, der Blick ins Weite, um wieder zu erstarren, als der Hund sich an das rechte Bein schmiegt und erwartungsvoll wedelt.

Der Mann beugt sich vor, und die Rechte fährt durch das Hundefell, das sie schmeichelt. Dann gleitet sie zum Kopf des Tiers, krault seine Kehle, bis der Hund an ihr leckt.

Kurz innehaltend fährt sich der Mann mit der Rechten übers Gesicht, durchs Haar, die Schultern sinken wieder nach vorne. Das ungleiche Paar nimmt seinen Weg auf und geht zuckelnd weiter, um langsam vom dichten Herbstnebel aufgenommen zu werden.

Immer wieder hört man ein Bellen, das langsam leiser und schließlich ganz vom milchigen Weiß verschluckt wird.
 

Walther

Mitglied
Mann und Hund im Nebel


Der feuchte Pullover klebt klamm am Körper des Manns. Sein weißer Atemhauch kräuselt sich am herunter gezogenen Mundwinkel. Die Augen sind blicklos geradeaus gerichtet: Vernebelt spiegelt sich das Innen im Außen.

Der Hund markiert seinen Weg. Die Nase, tiefer gelegt, riecht am Puls der Zeit, die Fahne ist gestellt.

Seine Schritte sind ein Schlurfen: Das Herrchen folgt dem agilen Vierbeiner, der führt, weil einer führen muss, um anzukommen. Das Bellen des Begleiters weckt den Müden, dessen Körper sich plötzlich anspannt, dessen Linke den Hund fest zügelt. Die rechte Hand geht zur Stirn, der Blick ins Weite, um wieder zu erstarren, als der Hund sich an das rechte Bein schmiegt und erwartungsvoll wedelt.

Der Mann beugt sich vor, und die Rechte fährt durch das Hundefell, das sie schmeichelt. Dann gleitet sie zum Kopf des Tiers, krault seine Kehle, bis der Hund an ihr leckt.

Kurz innehaltend fährt sich der Mann mit der Rechten übers Gesicht, durchs Haar, die Schultern sinken wieder nach vorne. Das ungleiche Paar nimmt seinen Weg auf und geht zuckelnd weiter, um langsam vom dichten Herbstnebel aufgenommen zu werden.

Immer wieder hört man ein Bellen, das langsam leiser und schließlich ganz vom milchigen Weiß verschluckt wird.
 

Walther

Mitglied
hi doc,

danke für den hinweis. ich habe das nochmals ein wenig umgebaut und hoffe, daßm es so stimmiger ist.

lg w.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Walther, niemand geht mit einem nassen Pullover spazieren. ;-) Also entweder fällt der Pullover ganz weg, weil der Rest der Intro gut ist oder er ist eben trocken.
"Der Mann ist eingehüllt in einen dicken Pullover." oder so ähnlich.

LG Doc
 

Walther

Mitglied
Hi doc,

dem kann ich nicht ganz folgen. ein pullover kann bei dichtem nebel sehr wohl feucht und klamm werden. man muß nur lange genug spazieren. es reicht, wenn keine nässeabweisende kleidung vorhanden ist, dazu weniger als eine halbe stunde. ich habe das "ausprobiert". nebel kann sehr nieselig sein und sogar die brille komplett einnässen. daher ist dieses bild korrekt und weist auf genau diese tatsache hin.

bei kurzprosa, so hatte ich das wenigstens in erinnerung, ist es so wie in der lyrik: sage viel mit wenig. dem habe ich diesen text unterworfen.

deshalb möchte ich das gerne so belassen. danke für dein verständnis.

lg w.
 

Zeder

Administrator
Teammitglied
Hallo Walther,

ich weiß nicht, ob du mit meiner 'Zusammenfassung' etwas anfangen kannst; mir geht es eigentlich nur darum, Perspektivfehler zu umgehen, die sich halt gerne bei Beschreibungen einschleichen:

Milchiges Weiß überall. Als er näherkommt, wirkt sein Pullover feucht. Atemhauch bedeckt den herunter gezogenen Mundwinkel, seine Augen schauen blicklos nach vorne.
Dort markiert sein Hund den Weg: Die Nase erriecht die Richtung. Er folgt ihm, einer muss führen um anzukommen.
Als der Hund stehenbleibt, fährt er ihm sanft durch das Hundefell, krault seine Kehle. Der Hund leckt seine Hand, um sogleich seine Fährte bellend aufzunehmen. Der Mann streicht sich kurz über sein Haar und lässt sich weiterziehen. Ein fernes Bellen noch, dann sind beide vom milchigen Weiß verschluckt.

Grüße von Zeder
 

Walther

Mitglied
hi doc,

ich werde sicherlich in kürze wieder eine solche szene einstellen. gerade schreibe ich an solchen kurztexten, um mich ein wenig darin zu üben. prosa ist auf ihre art so schwer wie lyrik, wenn auch völlig anders. daher ist jede rückkopplung für mich im moment wichtig.

lg w.
 



 
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