Rosengardinen

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Paloma

Mitglied
Rosengardinen

Im Gegenlicht gleicht ihre Silhouette einem Scherenschnitt aus einer längst vergangenen Zeit. Erst als sie sich aus dem Lichtquadrat des Fensters löst und ein paar Schritte zögernd auf mich zu kommt, kann ich in ihr Gesicht sehen. Sie sieht nicht mehr so leidend aus.
Die Vorwürfe, die mich früher oft aus ihren Blicken getroffen haben, sind verschwunden. Stattdessen lese ich in ihren Augen Verwunderung. Sie hebt die Hand wie zum Gruß, verharrt in der Bewegung, fährt sich über die sorgsam hochgesteckten Haare. Dann dreht sie sich um und geht wieder zum weit geöffnetem Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages brechen sich in den smaragdgrünen Ohrringen, die bei jedem Zittern ihres Kopfes aufblitzen. Der Wind bläht die rosenbedrucktem Gardinen ins Zimmer. Sie kichert wie ein junges Mädchen, als sie sich eine silbergraue Haarsträhne aus dem Gesicht streicht.

Minuten später dreht sie sich noch einmal zu mir, sieht mich an, öffnet den Mund als wolle sie etwas sagen. Mit beiden Händen streicht sie über den frisch gebügelten Rock, zupft von ihrer Bluse imaginäre Fussel, sieht mich erneut an, schüttelt den Kopf und ihr Interesse an mir scheint endgültig verloren.

Bevor ich gehe, sage ich leise: „Alles Gute, Mutti.“
 
K

KaGeb

Gast
Hallo,

ein sehr schöner Text, der (für mich) aber noch kleinere Mängel birgt.

Ideen: (nur Vorschläge, weil Kurzprosa!)

Im Gegenlicht gleicht ihre Silhouette einem Scherenschnitt[strike] aus einer längst vergangenen Zeit[/strike]. Erst als sie sich [strike]aus dem Lichtquadrat des Fensters[/strike] [blue]vom Fenster[/blue] löst und ein paar Schritte zögernd auf mich zu kommt, kann ich in ihr Gesicht sehen. Sie sieht nicht mehr so leidend aus.
[strike]Die Vorwürfe, die mich früher oft aus ihren Blicken getroffen haben, sind verschwunden[/strike] [blue]Die Vorwürfe von früher sind aus ihrem Blick verschwunden[/blue]. Stattdessen lese ich in ihren Augen Verwunderung. Sie hebt die Hand wie zum Gruß, verharrt [strike]in der Bewegung[/strike], fährt sich über die [strike]sorgsam[/strike] hochgesteckten Haare. Dann dreht sie sich um und geht wieder [strike]zum weit geöffnetem[/strike] [blue]offenen[/blue] Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages brechen sich in [blue]ihren[/blue] [strike]den smaragdgrünen[/strike] Ohrringen, [strike]die bei jedem Zittern ihres Kopfes aufblitzen[/strike]. Der Wind bläht die rosenbedrucktem Gardinen ins Zimmer. Sie kichert wie ein junges Mädchen, [strike]als sie sich eine silbergraue Haarsträhne aus dem Gesicht streicht[/strike] [blue]streicht sich ihr silbernes Haar aus dem Gesicht[/blue].

Minuten später dreht sie sich noch einmal zu mir, sieht mich an, öffnet den Mund[blue],[/blue] als woll[blue]t[/blue]e sie etwas sagen. Mit beiden Händen streicht sie über [blue]ihren[/blue] [strike]den frisch gebügelten[/strike] Rock, zupft [blue]imaginäre Fussel[/blue] von ihrer Bluse [strike]imaginäre Fussel[/strike], [strike]sieht mich erneut an,[/strike] schüttelt den Kopf und ihr Interesse an mir scheint endgültig verloren.

Bevor ich gehe, sage ich leise: „Alles Gute, Mutti.“
[red]Den letzten Satz würde ich umstellen: "Alles Gute, Mutti" sage ich leise, bevor ich gehe.[/red]

Die Überschrift fände ich persönlich auch besser, wenn sie z.B. "Geburtstag" hieße o.ä.

In "Kurzprosa" kommt es in entscheidender Weise auf die Redundanz an (jedenfalls für mich) - deshalb die radikalen Streichvorschläge als Anregung. Bin auf deine Reaktion gespannt.

LG und sehr gern gelesen!!!
 

HajoBe

Mitglied
Hallo, ein schöner und tiefgründiger Text gebettet in die hoffnungslose Traurigkeit schleichenden Abschieds.
LG HajoBe
 

HajoBe

Mitglied
PS: Den Vorschlägen von KaGeb stimme ich auch zu. Die Verdichtung bringt mehr Konsistenz...
LG HajoBe
 

Paloma

Mitglied
Danke

Hallo KaGeb,

und recht herzlichen Dank für deine guten Anmerkungen. Ich werde mir Gedanken machen und ganz sicher einiges übernehmen.


Liebe Grüße
Paloma
 

Paloma

Mitglied
Danke

Hallo HajoBe,

auch dir einen herzlichen Dank - freut mich, wenn die Geschichte angekommen ist. Die Vorschläge von KaGeb werde ich zum größten Teil übernehmen.

Liebe Grüße
Paloma
 
Die letzten Sonnenstrahlen des Tages brechen sich in den smaragdgrünen Ohrringen, die bei jedem Zittern ihres Kopfes aufblitzen.
Diesen Satz würde ich so belassen, wie er ist. Einmal wegen dem "aufblitzen" das die Handlungsweise der Frau metaphorisch unterstützt, und zweitens wegen dem "Zittern" welches ihre Verfassung erahnen lässt.

Ein klasse Text, liebe Monika.

herzliche Grüße
Gernot
 

Paloma

Mitglied
Danke

Lieber Gernot,

vielen Dank. Den von dir zitierten Satz wollte ich auch nicht ändern - genau, aus den von dir genannten Gründen. Die anderen Vorschläge bedenke ich noch. Ich werde auf jeden Fall überarbeiten. Aber wahrscheinlich erst am WE. ImMo habe ich so wenig Zeit.

Liebe Grüße
Monika
 

Paloma

Mitglied
Rosengardinen

Im Gegenlicht gleicht ihre Silhouette einem Scherenschnitt. Erst als sie sich aus dem Lichtquadrat des Fensters löst und ein paar Schritte zögernd auf mich zu kommt, kann ich in ihr Gesicht sehen. Sie sieht nicht mehr so leidend aus.
Die Vorwürfe von früher sind aus ihrem Blick verschwunden. Stattdessen lese ich in ihren Augen Verwunderung. Sie hebt die Hand wie zum Gruß, verharrt in der Bewegung, fährt sich über die sorgsam hochgesteckten Haare. Dann dreht sie sich um und geht wieder zum offenen Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages brechen sich in ihren smaragdgrünen Ohrringen, die bei jedem Zittern ihres Kopfes aufblitzen. Der Wind bläht die rosenbedruckten Gardinen ins Zimmer. Sie kichert wie ein junges Mädchen, streicht sich ihr silbernes Haar aus dem Gesicht.

Minuten später dreht sie sich noch einmal zu mir, sieht mich an, öffnet den Mund, als wolle sie etwas sagen. Mit beiden Händen streicht sie über den frisch gebügelten Rock, zupft imaginäre Fussel von ihrer Bluse, sieht mich erneut an, schüttelt den Kopf und ihr Interesse an mir scheint endgültig verloren.

"Alles Gute, Mutti", sage ich leise, bevor ich gehe.
 

Paloma

Mitglied
Hallo KaGe

falls du noch mal rein guckst. Viele deiner Vorschläge habe ich dankend übernommen. Der Satz mit dem Zittern (Alters-Tremor) war mir wichtig, weil das Blitzen der Ohrringe ein Aufblitzen der Erinnerung sein sollte.

Zum Titel: Ursprünglich hieß die Geschichte mal: Muttertag. Dann wollte ich sie aber nicht an einen bestimmten Tag festmachen, weil so etwas jeden Tag passieren kann.

Liebe Grüße
Paloma
 
K

KaGeb

Gast
Na klar schau ich noch mal bei deinem schönen Textlein rein :)

Noch so paar Krümelchen:

Erst als sie sich aus dem Lichtquadrat des Fensters
[blue]Das "Lichtquadrat" stört (mich) noch immer. Im ersten Satz hast du bereits "Gegenlicht", "Silhouette", "Scherenschnitt" plastisch hervorragend rübergebracht. Insofern ist m.M.n. das "Lichtquadrat" schlicht und einfach überflüssig, weil doppelte Absicherung. [/blue]

Die Vorwürfe von früher sind aus ihrem Blick verschwunden. Stattdessen lese ich [strike]in ihren Augen[/strike] Verwunderung.

[blue]"ihrem Blick" macht (mir) den Blickkontakt deutlich, insofern wäre auch hier der Hinweis "in ihren Augen" (für mich) redundant.[/blue]

Sie hebt die Hand [strike]wie[/strike] zum Gruß, verharrt in der Bewegung, fährt sich [blue]stattdessen[/blue] über die sorgsam hochgesteckten Haare.


Dann dreht sie sich um und geht wieder zum offenen Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages brechen sich in ihren [strike]smaragdgrünen[/strike] [blue](Die Farbe bringt den Text m.M.n. nicht voran[/blue]) Ohrringen, die bei jedem Zittern ihres Kopfes aufblitzen.


Der Titel ist natürlich deine Entscheidung, aber "Muttertag" fände ich persönlich besser.

Liebe Grüße
 

Paloma

Mitglied
Guten Morgen KaGe,

vielen Dank, dass du dich noch einmal mit dem Text beschäftigt hast. Über das Lichtquadrat denke ich nach ...

"Stattdessen" kann ich nicht übernehmen, weil es sonst gleich zweimal drin wäre - ich denke weiter.

Liebe Grüße
Paloma
 
K

KaGeb

Gast
Ja, stimmt, das mit "stattdessen" habe ich nicht so recht registriert gehabt :)
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Hallo,

ich kann die Vorschläge von Karsten nachvollziehen, für das zweite stattdessen vielleicht: fährt sich dann, oder aber dann...
Die Farbe der Ohringe ist für die Geschichte nicht relevant, bringt aber eben Farbe ins Bild, ich würde sie drin lassen.

LG Franka,
die deine Geschichte sehr mag.
 

Paloma

Mitglied
Im Gegenlicht gleicht ihre Silhouette einem Scherenschnitt. Erst als sie sich aus dem Lichtquadrat des Fensters löst und ein paar Schritte zögernd auf mich zu kommt, kann ich in ihr Gesicht sehen. Sie sieht nicht mehr so leidend aus.
Die Vorwürfe von früher sind aus ihrem Blick verschwunden, stattdessen lese ich Verwunderung. Sie hebt die Hand wie zum Gruß, verharrt in der Bewegung, fährt sich über die sorgsam hochgesteckten Haare. Dann dreht sie sich um und geht wieder zum offenen Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages brechen sich in ihren smaragdgrünen Ohrringen, die bei jedem Zittern ihres Kopfes aufblitzen. Der Wind bläht die rosenbedruckten Gardinen ins Zimmer. Sie kichert wie ein junges Mädchen, streicht sich ihr silbernes Haar aus dem Gesicht.

Minuten später dreht sie sich noch einmal zu mir, sieht mich an, öffnet den Mund, als wolle sie etwas sagen. Mit beiden Händen streicht sie über den frisch gebügelten Rock, zupft imaginäre Fussel von ihrer Bluse, sieht mich erneut an, schüttelt den Kopf und ihr Interesse an mir scheint endgültig verloren.

"Alles Gute, Mutti", sage ich leise, bevor ich gehe.
 

Paloma

Mitglied
Jetzt habe ich mir noch mal gründlich Gedanken gemacht. Da ich noch Neuling auf dem Gebiet der Kurzprosa bin, freue ich mich sehr über eure Hilfe. Ich finde das sehr spannend immer weiter zu reduzieren/konzentrieren, ohne den Sinn zu verlieren. In nächster Zeit werde ich noch ein paar Versuche einstellen.

Es sei mir verziehen, aber zum Lichtquadrat fällt mir nichts Besseres ein,(werde es aber im Hinterkopf behalten) obwohl ich die Einwände sehr gut verstehen und nachvollziehen kann. Vom Fenster lösen (klingt für mich, als ob sich ihr Blick von dem Geschehen draußen/der Natur löst) zeigt nicht das, was ich sagen will. Ich will sagen, dass das Gesicht des PL erst zu erkennen ist, nachdem das Licht sie freigibt. Weiß leider nicht, wie ich es besser ausdrücken soll – schwere Geburt, das.

Sie hebt die Hand wie zum Gruß muss ich lassen, weil die Hand zum Gruß wäre wohl eine Verletzung der Perspektive – ist ja aus der Ich geschrieben, da kann PL nur vermuten. Und das smaragdgrün finde ich auch schön, wie Franka.

Liebe Grüße
Paloma
 

Kalwap

Mitglied
Schon in der ersten Fassung gefiel mir der Text. Jetzt aber, in der Überarbeiteten finde ich ihn sehr gut. Er wirkt jetzt viel dichter und geht (zumindest mir persönlich) direkt "unter die Haut". Erstaunlich (gerade für mich als Neuling auf diesem Gebiet), was man mit einigen Kürzungen und Straffungen erreichen kann.
Liebe Grüße
Martina
 

Paloma

Mitglied
Hallo Martina,

vielen lieben Dank für deine netten Worte, über die ich mich gefreut habe. Ja, ich bin auch jedes Mal wieder verblüfft, wie ein Text durch das Streichen einzelner Worte, Sätze, Passagen gewinnen kann.

Liebe Grüße
Paloma
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das ist eine kleine feine Miniatur. Nur das offene Fenster stört mich, wird damit indirekt angedeutet, dass sie sich eventuell daraus stürzen wird?
Sonst nix zu meckern. ,-)
LG Doc
 

Paloma

Mitglied
Danke Doc,

für das "nichts zu meckern" :) Nein, auf die Idee, aus dem Fenster zu springen ist bisher noch keiner gekommen.
Aber wenn du es so interpretieren möchtest ... jeder, wie er mag.

Liebe Grüße
Paloma
 



 
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