Wo ich herkomme

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wüstenrose

Mitglied
Wo ich herkomme, löffelte man seine Suppe schweigend, man sprach vielleicht, aber nicht im eigentlichen Sinne, es war mehr ein Brummen und Ächzen, das man dem Geklapper der Löffel beimischte, hinzufügte, im Grunde genommen war es gar kein Sprechen, sondern ein fortgesetztes Schweigen und Herumstochern im klumpigen Brei unserer Sprache. Wo ich herstamme, löffelte ein jeder seine Suppe für sich. Jeder schluckte Brocken, die gar nicht geeignet waren gekaut und geschluckt und verdaut zu werden, die aber doch da waren, als stünde es so geschrieben. Wo ich herkomme, fragte keiner, ob am Nebentisch noch ein Platz frei sei. Jeder saß an seinem Tisch und jeder aß die Suppe, wie sie kam. Das monotone Malmen der Kiefer lag wie ein Firnis über unserer Zeit. Hin und wieder schob einer ein Wort von einem Mundwinkel in den anderen, ehe er es ausspuckte oder für sich behielt. So hangelten wir uns fort. Aber keiner hatte die Gabe unserem Leben Glanz zu verleihen.
 
K

KaGeb

Gast
Gefällt mir, aber vielleicht wäre es besser, alles in der Gegenwart zu schreiben.

LG
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo KaGeb,

freut mich, dass es dich anspricht.
Dein Einwand ist angekommen, stimme dir zu, vielen Dank für die Anregung, allerdings überzeugt mich das Ende des Textes - in die Gegenwart gesetzt - noch nicht so ganz und ich will noch etwas nacharbeiten, ehe ich ändere.
lg wüstenrose
 

wüstenrose

Mitglied
Wo ich herkomme, löffelt man seine Suppe schweigend, man spricht vielleicht, aber nicht im eigentlichen Sinne, es ist mehr ein Brummen und Ächzen, das man dem Geklapper der Löffel beimischt, hinzufügt, im Grunde genommen ist es gar kein Sprechen, sondern ein fortgesetztes Schweigen und Herumstochern im klumpigen Brei unserer Sprache. Wo ich herstamme, löffelt ein jeder seine Suppe für sich. Jeder schluckt Brocken, die gar nicht geeignet sind gekaut und geschluckt und verdaut zu werden, die aber doch da sind, als stünde es so geschrieben. Wo ich herkomme, fragt keiner, ob am Nebentisch Platz sei. Jeder sitzt an seinem Tisch und jeder isst die Suppe, wie sie kommt. Will einer was sagen, so reckt er beherzt den Hals und sucht das monotone Malmen der Kiefer zu überwinden. Er setzt an, schiebt das Wort von einem Mundwinkel in den anderen, schluckt es hinunter mit Wurst und Kohl oder spuckt es aus, im selben Moment angewidert vom Klang, der entsteht.
 
K

KaGeb

Gast
Hallo wüstenrose,

die Überarbeitung gefällt mir noch besser. Ein gedankenschwerer kleiner Plot, den ich inhaltlich glauben kann.

Ein paar Vorschläge noch. Vielleicht passt was davon:

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Wo ich herkomme, löffelt man seine Suppe schweigend, man spricht vielleicht, aber nicht im eigentlichen Sinne, es ist mehr ein Brummen und Ächzen, das man dem Geklapper der Löffel beimischt, [strike]hinzufügt, im Grunde genommen ist es gar kein Sprechen, sondern[/strike][blue]eher[/blue] ein fortgesetztes Schweigen und Herumstochern im klumpigen Brei unserer Sprache. [red]("Cut"= Neuer Zeilenanfang)[/red]
Wo ich herstamme, löffelt [strike]ein[/strike] jeder seine Suppe für sich. Jeder schluckt Brocken, die gar nicht geeignet sind [red]Komma[/red] gekaut und geschluckt und verdaut zu werden, die aber doch da sind, als stünde es so geschrieben. [red]"Cut"[/red]
Wo ich herkomme, fragt keiner, ob am Nebentisch Platz [blue]ist[/blue] [strike]sei[/strike]. Jeder sitzt an seinem Tisch und jeder isst die Suppe, wie sie kommt. Will einer was sagen, so reckt er beherzt den Hals und [blue]ve[/blue]rsucht das monotone Malmen der Kiefer zu überwinden. Er setzt an, schiebt das Wort von einem Mundwinkel in den anderen, schluckt es hinunter mit Wurst und Kohl oder spuckt es aus, im selben Moment angewidert vom Klang, der entsteht.
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LG KaGeb
 

wüstenrose

Mitglied
Wo ich herkomme, löffelt man seine Suppe schweigend, man spricht vielleicht, aber nicht im eigentlichen Sinne, es ist mehr ein Brummen und Ächzen, das man dem Geklapper der Löffel beimischt, hinzufügt, im Grunde genommen ist es gar kein Sprechen, sondern ein fortgesetztes Schweigen und Herumstochern im klumpigen Brei unserer Sprache.
Wo ich herstamme, löffelt ein jeder seine Suppe für sich. Jeder schluckt Brocken, die gar nicht geeignet sind, gekaut und geschluckt und verdaut zu werden, die aber doch da sind, als stünde es so geschrieben.
Wo ich herkomme, fragt keiner, ob am Nebentisch Platz sei. Jeder sitzt an seinem Tisch und jeder isst die Suppe, wie sie kommt. Will einer was sagen, so reckt er beherzt den Hals und sucht das monotone Malmen der Kiefer zu überwinden. Er setzt an, schiebt das Wort von einem Mundwinkel in den anderen, schluckt es hinunter mit Wurst und Kohl oder spuckt es aus, im selben Moment angewidert vom Klang, der entsteht.
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo KaGeb,

danke für deine Beschäftigung mit diesem Dings da,
habe teilweise deine Vorschläge übernommen.
Absätze kamen mir zunächst nicht in den Sinn, vielleicht weil ich das Ganze - analog zum Inhalt - als eine Art unverdaulichen Textklumpen empfand. Die Absätze verleihen aber doch etwas Struktur und Orientierung, was dem Text gut tut.
Insgesamt verstehe ich deine Vorschläge so, dass du dem Text etwas mehr Stringenz / Flüssigkeit verleihen möchtest. Darüber habe ich nachdedacht, aber für mich transportiert der Text auch so eine Art "archaischen Geist", deshalb vielleicht die leicht gewundene+widerspenstige Sprache.

lg wüstenrose
 
H

Heidrun D.

Gast
Lieber Kurt,

du hast einen unglaublich bedrückenden Text geschrieben, der direkt ins Herz trifft, jedenfalls in meines.

Einige Zeit meines Lebens verbrachte ich in Niedersachsen (Kreis Peine, sprich Paaine), wo ich ganz ähnliche Empfindungen entwickelte. - Die Landschaft prägt halt ihre Charaktere.

Mit dir bin ich der Meinung, dass der Text nicht viel Unterteilung verträgt - bis auf eine:

Wo ich herkomme, löffelt man seine Suppe schweigend, man spricht vielleicht, aber nicht im eigentlichen Sinne, es ist mehr ein Brummen und Ächzen, das man dem Geklapper der Löffel beimischt, hinzufügt, im Grunde genommen ist es gar kein Sprechen, sondern ein fortgesetztes Schweigen und Herumstochern im klumpigen Brei unserer Sprache.
Wo ich herstamme, löffelt ein jeder seine Suppe für sich. Jeder schluckt Brocken, die gar nicht geeignet sind, gekaut und geschluckt und verdaut zu werden, die aber doch da sind, als stünde es so geschrieben.
Wo ich herkomme, fragt keiner, ob am Nebentisch Platz sei. Jeder sitzt an seinem Tisch und jeder isst die Suppe, wie sie kommt. Will einer was sagen, so reckt er beherzt den Hals und sucht das monotone Malmen der Kiefer zu überwinden.

Er setzt an, schiebt das Wort von einem Mundwinkel in den anderen, schluckt es hinunter mit Wurst und Kohl oder spuckt es aus, im selben Moment angewidert vom Klang, der entsteht.
Dir einen herzlichen Gruß und, falls der Text autobiographische Züge trägt, einen baldigen Umzug. ;)

Heidrun
 

wüstenrose

Mitglied
Wo ich herkomme, löffelt man seine Suppe schweigend, man spricht vielleicht, aber nicht im eigentlichen Sinne, es ist mehr ein Brummen und Ächzen, das man dem Geklapper der Löffel beimischt, hinzufügt, im Grunde genommen ist es gar kein Sprechen, sondern ein fortgesetztes Schweigen und Herumstochern im klumpigen Brei unserer Sprache.
Wo ich herstamme, löffelt ein jeder seine Suppe für sich. Jeder schluckt Brocken, die gar nicht geeignet sind, gekaut und geschluckt und verdaut zu werden, die aber doch da sind, als stünde es so geschrieben.
Wo ich herkomme, fragt keiner, ob am Nebentisch Platz sei. Jeder sitzt an seinem Tisch und jeder isst die Suppe, wie sie kommt. Will einer was sagen, so reckt er beherzt den Hals und sucht das monotone Malmen der Kiefer zu überwinden.

Er setzt an, schiebt das Wort von einem Mundwinkel in den anderen, schluckt es hinunter mit Wurst und Kohl oder spuckt es aus, im selben Moment angewidert vom Klang, der entsteht.
 

wüstenrose

Mitglied
Liebe Heidrun,
danke für deinen Kommentar,
interessant, an welcher Stelle du unterteilt hast. Fand das auf Anhieb passend und hab's übernommen. Die Stelle wird dadurch weniger schnell überlesen und nochmals beleuchtet:
vielleicht ein Tiger, der zum Sprung ansetzt; ein Sich-dagegen-stemmen, ein Aufbegehren; die Hand an der Türklinke
--- und dann biegt der Text auf die Zielgerade ein.
Ein älterer Text von mir, den ich aus der Schublade geholt habe und den ich in der Tat als ziemlich bedrückend empfinde, so dass ich ihn auch gerne wieder in die Schubldade stecke und mich meinem lieblich dampfenden Sonntags-Kaffee zuwende.
Übringens: Wo ich herkomme, lebe ich heute nicht mehr und das ist auch gut so. Was geblieben ist: Es gibt auch heute noch Tage, da erscheint es mir schwieriger ein Wort über die Lippen zu bringen als zu Fuß von Rheine nach Peine zu gehen.

liebe Grüße wüstenrose
 

Val Sidal

Mitglied
wüstenrose,

ich habe deinen Text, aus einer Zeit, als ich noch nicht unter der Leselupe war, aufgesucht und genossen.
Die Atmosphäre der Szene erzeugt eine Sogwirkung, der man sich nicht entziehen kann.

Der Erzähler beobachtet die Figuren genau und geduldig: Menschen im Spannungsfeld zwischen Individualität und Norm-alität, Leute, die man kennt, die sich nicht auf die Zunge beißen müssen, deren Zähne nur noch nachts, während des "kleinen Todes" knirschen und klappern. Man weiß, was sich nicht gehört. Man weiß, wie gefährlich Worte sein können, welches Chaos ausbräche, würde man einfach losreden.

Habe paar kleine Änderungsvorschläge, die aber reine Geschmackssache sind:

Wo ich herkomme, löffelt man seine Suppe schweigend[blue].[/blue] [blue]Man[/blue] spricht vielleicht, aber nicht im eigentlichen Sinne[blue].[/blue] [blue]Es[/blue] ist mehr ein Brummen und Ächzen, das man dem Geklapper der Löffel beimischt, hinzufügt[blue].[/blue] [blue]Im[/blue] Grunde genommen ist es gar kein Sprechen, sondern ein fortgesetztes Schweigen und Herumstochern im klumpigen Brei unserer Sprache.

Wo ich herstamme, löffelt ein jeder seine Suppe für sich[blue],[/blue] [strike][blue]Jeder [/blue][/strike]schluckt Brocken, die gar nicht geeignet sind, gekaut [strike]und geschluckt[/strike] und verdaut zu werden, die aber doch da sind, als stünde es so geschrieben.

Wo ich herkomme, fragt keiner, ob am Nebentisch Platz sei. [strike][blue]Jeder[/blue][/strike] [blue]Man[/blue] sitzt an seinem Tisch und jeder isst die Suppe, wie sie kommt.

Will einer was sagen, so reckt er beherzt den Hals und sucht das monotone Malmen der Kiefer zu überwinden[blue],[/blue]
[strike][blue]Er[/blue][/strike]setzt an, schiebt das Wort von einem Mundwinkel in den anderen, schluckt es hinunter mit Wurst und Kohl oder spuckt es aus, [strike][blue]im selben Moment[/blue] [/strike]angewidert vom Klang, der entsteht.

Würde gerne noch mehr Prosa von dir lesen.
 

wüstenrose

Mitglied
Wo ich herkomme, löffelt man seine Suppe schweigend. Man spricht vielleicht, aber nicht im eigentlichen Sinne. Es ist mehr ein Brummen und Ächzen, das man dem Geklapper der Löffel beimischt, hinzufügt. Im Grunde genommen ist es gar kein Sprechen, sondern ein fortgesetztes Schweigen und Herumstochern im klumpigen Brei unserer Sprache.

Wo ich herstamme, löffelt ein jeder seine Suppe für sich, schluckt Brocken, die gar nicht geeignet sind, gekaut und verdaut zu werden, die aber doch da sind, als stünde es so geschrieben.

Wo ich herkomme, fragt keiner, ob am Nebentisch Platz sei. Man sitzt an seinem Tisch und isst die Suppe, wie sie kommt.

Will einer was sagen, so reckt er beherzt den Hals und sucht das monotone Malmen der Kiefer zu überwinden, setzt an, schiebt das Wort von einem Mundwinkel in den anderen, schluckt es hinunter mit Wurst und Kohl oder spuckt es aus, jählings angewidert vom Klang, der entsteht.
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Val,

danke dir, dass du in die Atmosphäre des Textes eingetaucht bist (und die Tiefen ausgelotet hast)!
Hatte den Text jetzt lange nicht "vor mir" und konnte so deine Gedanken unbefangen auf mich wirken lassen. Habe deine Vorschläge ganz überwiegend übernommen, mich dabei in erster Linie auf mein heutiges Bauchgefühl verlassen, ohne allzuviel abzuwägen.
Meine aber doch sagen zu können: Die verstärkten Zäsuren werden dem beobachtenden Moment besser gerecht: ein zähes Schauen, Betrachten, Stillesein, Neu-ansetzen...

herzlichen Dank!
(Ideen für weitere Texte reifen...)
 



 
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