7 Begegnungen - ein Reisetagebuch

Aennie

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Tag 1

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Dieser Spruch ging mir in den letzten Tagen nach meinem einwöchigen Stadturlaub durch den Kopf.

Diesmal war Hamburg unser Ziel. Wir wollten eine Woche auf den Spuren von Hans Albers wandeln. Unsere Wahl fiel auf ein Hotel in direkter Bahnhofsnähe , da wir mit dem ICE anreisten und für unsere geplanten Ausflüge gute Anbindungen zur S-und U-Bahn benötigten.

Das es in diesem Urlaub überhaupt nicht so laufen würde wie geplant, spürte ich bereits nach der Ankunft auf dem Weg zum Hotel. In der Hotelbeschreibung hatte gestanden, dass sich das Hotel in einem lebhaften Viertel befinden würde. Das war die Untertreibung des Jahrhunderts.

Wir kamen an großen Wiesen vorbei, auf denen sich viele Menschen tummelten. Es wirkte zunächst so, als würden sie sich zu einer Demonstration treffen. Bei näherem Hinsehen konnte man jedoch erkennen, das es sich um Menschen handelte, die von der Gesellschaft ausgeschlossen und vergessen wurden. Es waren Bettler, Junkies und Obdachlose.

Dann änderte sich das Bild ca. 500m vor unserer Unterkunft. Nun befanden wir uns in einer ganz anderen Welt. Hier hatten ausschließlich Migranten ein Zuhause gefunden. Menschenmassen schoben sich dicht aneinander gedrängt an unzähligen kleinen Läden vorbei.

Da es in unserer Urlaubswoche sehr heiß war, mussten wir unser geplantes Ausflugsprogramm ändern. Das tat der Reise allerdings keinen Abbruch, denn dadurch konnten wir uns ganz auf unsere Umgebung und die Menschen die wir kennenlernten einlassen.

Unser Hotelzimmer war noch nicht fertig und so entschlossen wir uns spontan zu einem längst überfälligen Friseurbesuch.

Wir kamen an mehreren Friseurgeschäften vorbei, die uns aber nicht zusagten. In einer kleinen, etwas abseits vom Trubel gelegenen Seitenstraße wurden wir dann fündig.

Wie es der Zufall so will, stand der Friseur gerade vor seinem Geschäft und nahm ein Paket entgegen. Ein Blick genügte mir völlig und ich wusste, hier sind wir in guten Händen. Er strahlte Zuversicht und Sympathie aus. Ich fragte ihn, ob er uns auch ohne Termin die Haare schneiden würde und er sagte nach einem kurzen Blick in den Terminkalender sofort zu.

Schnell kamen wir ins Gespräch. Sein Name war Hamid und er kam aus Afghanistan. Er war jetzt seit 5 Jahren in Deutschland. Das konnte ich kaum glauben, denn ich verstand ihn wirklich sehr gut. Für mich war es eine große Freude, mich endlich wieder einmal mit jemandem über Afghanistan zu unterhalten, da dies auch die Heimat meines verstorbenen Onkel Ali war. Wir stellten schnell fest, das sich unsere politischen und auch gesellschaftlichen Ansichten ähnelten. Wir unterhielten uns ausgiebig über das Leid der Frauen unter der Herrschaft der Taliban aber auch darüber, das dieses Land niemals zur Ruhe kommen wird.

Er erzählte mir aber auch, das sich sein Respekt Frauen gegenüber seit er in Deutschland lebte noch verstärkt hätte. Als ihn seine Schwester besuchte, wollte sie ihn, wie sie es schon immer getan hatte, bedienen. Doch er ließ es nicht zu. Stattdessen sagte er zu ihr, jetzt sei er an der Reihe, für sie zu sorgen.

Wir sprachen darüber, das Frauen in Afghanistan keine Zukunft haben. Man hat ihnen alles genommen. Sie können keine Schule mehr besuchen und auch ihr Studium oder ihre Ausbildung nicht mehr beenden.

Da Hamid noch sehr jung war , fand ich es ganz toll, das er genau wusste, wie er seine Zukunft gestalten wollte. Wenn man sich vorstellt, das er innerhalb von 5 Jahren seine Ausbildung und die Meisterprüfung absolvierte. Außerdem musste er auch noch die deutsche Sprache erlernen. Das Geschäft hatte er während der Corona-Pandemie erworben.

Es hat mich sehr gefreut einen so netten, ehrgeizigen und zielstrebigen jungen Mann kennengelernt zu haben und möchte diese Begegnung um nichts auf der Welt missen.
 

Aennie

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Tag 2

Manchmal können sich Dinge im Leben als nützlich erweisen, von denen man es nicht für möglich hält.

Am Morgen vor unserer Reise stand ich wieder einmal wie üblich vor dem Kleiderschrank und überlegte, was ich auf der Fahrt anziehen wollte. Meine Wahl fiel auf eine auffällige, bunte Bluse. Zunächst war ich etwas unsicher, aber mein Partner meinte nur lachend, wenn ich verloren ginge, könne er mich damit wenigstens im Gedränge lokalisieren. Das überzeugte mich letztlich. Das sich so etwas einmal als nützlich erweisen würde, hätte ich zu dem Zeitpunkt nicht gedacht.

Nach unserem erfolgreichen Friseurbesuch machten wir uns auf den Rückweg zum Hotel.

Als wir an einer leerstehenden Ladenzeile vorbeigingen, fielen mir von weitem zwei hagere Gestalten auf, die sich dort vor dem Türeingang herumdrückten. Beim Herankommen bemerkte ich, dass die Beiden mich genauso beobachteten, wie ich sie. Es waren zwei Männer, denen man ansah, dass sie nichts Gutes im Schilde führten.

Als wir dann auf gleicher Höhe waren, bekam ich ein Gespräch zwischen den Beiden mit. Der Größere mit polnischen Akzent sagte dem deutlich Kleineren, dass sie uns nicht bestehlen würden, er könnte es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, eine Frau mit so einer tollen Bluse zu überfallen. Das fand ich sehr lustig, aber auch gleichzeitig beruhigend. Denn es war nicht zu übersehen, dass sie potentielle Opfer auskundschafteten. Sie erinnerten mich an eine Zeichentrickserie, die ich als Kind regelmäßig schaute. Hauptfiguren waren zwei diebische Elstern.

Somit hatte mir meine bunte Bluse Glück gebracht. Hätten die diebischen Elstern versucht uns zu bestehlen, wäre ihnen das vermutlich sogar gelungen und unser Urlaub wäre schon zu Ende gewesen, bevor er überhaupt richtig begonnen hätte.
 

Aennie

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Tag 3
Im Hotel angekommen konnten wir sofort unser Zimmer beziehen, da wir schon vorher eingecheckt hatten. Wir waren sehr froh, dass wir nicht warten mussten, denn der kleine Eingangsbereich stand voller Leute mit den unterschiedlichsten Anliegen. Das Hotelpersonal war nicht zu beneiden, aber sie managten alles mit Ruhe und Routine.

Nachdem wir unsere Kleidung in den Schrank geräumt und uns eine kleine Ruhepause gegönnt hatten, machten wir uns zu neuen Abenteuern auf. Vorher wollten wir noch den Schlüssel zur Aufbewahrung an der Rezeption abgeben. Mir graute es schon davor. Ich hatte immer noch das Bild unseres Eintreffens im Kopf. Ich malte mir schon aus, wie lange wir warten müssten, um unseren Schlüssel abzugeben. Aber ich erlebte eine angenehme Überraschung.

Der zuvor überfüllte Eingangsbereich war nun leer. Hinter der Rezeption befand sich nur noch ein älterer Herr. Er war sehr höflich, aber auch ein wenig keck und als er mit uns einen Klönschnack anfing, merkte man sofort, dass er ein Hamburger Jung war. Uns gefiel, dass er einen trockenen Humor besaß und sein Herz auf der Zunge trug. Er lebte für seine Arbeit. Die Lebenserfahrung, die er besaß mussten sich seine jungen Kollegen erst einmal aneignen. Dabei hatte er stets ein offenes Ohr für seine Gäste.

Seine ganze Ausstrahlung war so prägnant, dass wir jedes Mal, wenn wir an der Rezeption vorbei kamen, nach ihm Ausschau hielten.

Er schaffte es immer wieder, uns ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Es müsste mehr Menschen wie ihn geben, denn dann wäre die Welt ein bisschen besser.
 

Aennie

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Tag 4​

Auf dem Weg zu einem unserer Ausflugsziele fiel uns eine junge Frau auf.

Sie kam auf uns zu und sie wirkte total ausgezehrt. Ihre Kleidung in Kindergröße hing lose am Körper herab und sie zitterte vor Kälte, obwohl die Temperatur mit Sicherheit an diesem Morgen schon über 20 Grad betrug. Beim Näherkommen bemerkten wir ihre übergroßen Pupillen. Zahlreiche Einstiche überdeckten ihre dünnen, sehnigen Arme.

Vom Alter her ließ sie sich nur sehr schwer einschätzen. Oft nehmen die Jugendlichen schon mit ca. 12 Jahren die ersten Drogen, dabei handelt es sich in der Regel dann um Cannabis. Später folgen dann auch Kokain und Heroin. Sie sind dazu bereit, alles für einen Kick zu tun, ganz egal, worum es sich handelt. Dieses Mädchen, oder auch Frau, wir konnten ihr Alter schlecht einschätzen, sprach uns an und erkundigte sich nach einer Zugverbindung. Leider konnten wir ihr keine Auskunft dazu geben, da wir uns nicht auf dem Bahnhof befanden.

Viele der Kids kommen nicht aus einem behüteten Elternhaus, sondern aus sozialen Brennpunkten. Sie wachsen mit Drogen in ihrer unmittelbaren Umgebung auf und müssen schon sehr früh lernen, diesen Gefahren zu widerstehen. Deshalb sind soziale Einrichtungen, die den Kindern die Möglichkeit geben sich ohne dieses Dreckszeug frei entfalten zu können von größter Wichtigkeit. Der Grad zwischen dem kompletten Absturz und einem kindgerechten Lebensweg ist sehr schmal. Viele dieser Kinder erleben noch nicht einmal ihren 18. Geburtstag.

Ich hatte großes Mitgefühl mit der jungen Frau, die mit Sicherheit noch nicht einmal wusste, wo sie sich in dem Moment, als sie uns ansprach, befand. Allerdings gingen mir auch gleichzeitig ihre Eltern durch den Kopf, denn sie hatten ihr Kind schon vor langer Zeit an die Drogen verloren.

Der Kampf gegen Drogen ist ein Kampf gegen Windmühlen. Ich bin sehr froh darüber, dass es in Deutschland einige Institutionen gibt, die versuchen, Süchtigen zu helfen oder dafür sorgen, dass Kinder von vorne herein nicht auf die schiefe Bahn geraten. Jedoch glaube ich, dass hier noch viel mehr von staatlicher Seite getan werden muss.

Wichtig ist es, von Anfang an zu gewährleisten, dass Jugendeinrichtungen in Brennpunkten Kindern die Stabilität geben, die sie zu Hause nicht erfahren.


 

Aennie

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Tag 5​

Was wäre Hamburg ohne sei Komponisten-Quartier? Natürlich führte unser Weg auch dorthin. Bekannte Komponisten wie Telemann, Hasse, Bach, Mendelssohn ,Brahms und Mahler hatten dort ihre Schaffenszeit verbracht.

Durch eine schmale Gasse gelangt man in einen Innenhof. Dieser ist umgeben von Bürgerhäusern, die aus Fachwerk und rotem Backstein bestehen, eingerahmt von weißen Sprossenfenstern. Rosenstöcke verzieren die Hauswände. Wunderschöne, liebevoll angelegte Blumenbeete befinden sich im Hofinneren, sie sind mit saisonalen Blumen und verschiedenen Rhododendron Büschen bestückt. Mehrere mit Bedacht aufgestellte weiße Bänke laden zum Verweilen ein.

Da wir nun schon eine Weile unterwegs waren, setzten wir uns auf eine Bank und ließen die Ruhe und die Umgebung auf uns wirken.

Nach einer Weile hörten wir eine Stimme. „Na, ihr zwei, was macht ihr denn schon wieder hier“. Verdutzt sahen wir uns um. Da entdeckten wir eine muntere, ältere Dame, die gerade um die Ecke kam. Sie war klein und untersetzt und strahlte über beide Backen. Sie war uns sofort sympathisch.

Insgeheim amüsierten wir uns ein wenig, da wir sie ja überhaupt nicht kannten. Wir kamen direkt mit ihr ins Gespräch und merkten schnell, dass wir ein Hamburger Original vor uns hatten. Sie hatte schon immer hier gelebt und würde wohl auch eines Tages hier ihren letzten Atemzug tun. Sie war ein wenig raubeinig und hatte das Herz am rechten Fleck. Wir genossen das Gespräch und ihre offene Herzlichkeit sehr. In dem Moment fühlten wir uns einfach wie Zuhause.

Unsere Unterhaltung dauerte vielleicht 5 Minuten, dann verabschiedete sie sich und wechselte durch einen dunklen Gang in den nächsten Hof. Mein Partner und ich blieben zurück und hatten für einen kurzen Augenblick das Gefühl, diese nette Dame schon immer gekannt zu haben.

Ich kenne viele ältere Menschen, die nur über ihre Krankheiten im Alter klagen und dadurch auch oft missmutig sind. Es ist eine wahre Freude ältere Menschen zu erleben, die noch so vor Lebensenergie sprühen.
 

Aennie

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Tag 6​

Wer Hamburg besucht, muss natürlich auch einen Abstecher auf den berühmten Kiez machen. Hier muss man sich auf alle Fälle die Reeperbahn, die Große Freiheit, den Hamburger Berg und den Hans-Albers-Platz anschauen. Hamburg und Hans Albers gehören untrennbar zueinander.

Da wir leider beide keine Nachtmenschen sind, kam für uns nur ein Besuch am Morgen in Frage. Dort, wo Nachts ein buntes Treiben herrscht, war es zu dieser Zeit recht ruhig. Die einzig aktiven zu dieser Zeit waren die Müllmänner, die den Dreck der letzten Nacht beseitigten. Ein paar Zuhälter und ein paar leichte Mädchen schlichen gelangweilt und völlig übernächtigt durch die Gegend.

Auf dem Treppenabsatz eines Hauseingangs lag ein Obdachloser und schlief tief und fest. Eine Flasche Wodka lag zu seinen Füßen. Ich betrachtete den Mann näher. Sein Gesicht war runzelig und faltig vom Wetter gegerbt. Seine Hände waren rissig und seine Lippen aufgeplatzt. Diesem Menschen konnte man gut ansehen, dass er schon länger auf der Straße lebte.

In solchen Augenblicken denke ich oft darüber nach, wie gut wir es doch haben. Immer genug zu essen, ein Dach über den Kopf. Wir müssen nicht betteln weil uns der Magen knurrt oder uns mit Alkohol betäuben weil uns kalt ist um uns von innen zu wärmen. Wie schnell ein Mensch verschuldet oder unverschuldet in solch eine Lage geraten kann, vergessen wir gerne nur allzu leicht. Es ist ja so einfach, die Augen vor allem Elend zu verschließen und zu denken, was geht es mich an.

Hans Albers, der berühmte Hamburger Jung, hat in seinem Leben 2 Weltkriege mitgemacht. Er hat Hunger, Gewalt und Elend erlebt. Aber trotzdem glaube ich, wenn er wüsste, was zum Teil aus seinem Hamburg geworden ist, würde er die Hände über den Kopf zusammenschlagen. Er müsste sich dann nur einmal mit eigenen Augen ansehen, wie viele Obdachlose es mittlerweile hier gibt. Ich denke, dass hätte ihn sehr wütend gemacht.

Zum Glück gibt es Initiativen, die den Obdachlosen ein warmes Essen und ab und zu einen Platz zu Schlafen anbieten. Manchmal haben sie auch die Möglichkeit, ihre Kleidung zu wechseln und eine Dusche zu nehmen. Diese Menschen sind auf Spenden angewiesen und hatten vor allem in der Corona- Zeit noch weniger Möglichkeiten, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Ein paar wenige finden den Weg in die Gesellschaft wieder zurück.

Ich finde, wir sollten uns immer wieder bewusst werden, dass jeder von uns in eine solche Notlage geraten kann. Wenn ich dann manchmal die verächtlichen Blicken von einigen Zeitgenossen sehe, denke ich immer, dass sie ihr eigenes Leben nicht zu schätzen wissen. -
 

petrasmiles

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hatten dort ihre Schaffenszeit verbracht.
Sorry, wenn ich da in der Tagebuch-Rubrik reinmotze, aber angesichts der Kürze des Textes sollten solche Bezüge stimmen. Bach mit Hamburg in Verbindung zu bringen, ist albern, Mendelssohn ist zwar in Hamburg geboren, aber seine Schaffenszeit gehört Sachsen, er lebte lange in Dresden und starb in Leipzig; ich habe jetzt nicht alle Komponisten angesehen, aber es schadet der Wirksamkeit eines Textes, wenn solche Sachen nicht stimmen.
Liebe Grüße
Petra

P.S. Sie sollte lieber über beide Wangen strahlen, die Backen - außer der Backpfeife - sind dem Po vorbehalten.
 

Aennie

Mitglied
Danke für Deine "wertvollen" Hinweise:

Hier ein paar freundliche Hinweise dazu:
Ich habe nicht "Höhepunkte der Schaffenszeit" geschrieben, sondern nur Schaffenszeit, das meint selbstredend, dass sie dort nur einen Teil ihrer Zeit verbracht haben.

Johann Sebastian Bach: 1701 nach Hamburg gekommen um sich von der Orgelkunst von Johann Adam Reincken inspirieren zu lassen.
Im November 1720 kam Bach erneut nach Hamburg um an einem über zweistündigen Konzert an der Orgel von St. Katharinen sein Können zu zeigen.

Felix Mendelssohn: In dem Fall haben Sie recht! Allerdings feiert Hamburg jedes Jahr seinen "Mozart" mit einem internationalen Festival.

Und ich strahle über beide Backen, wenn ich folgende Bedeutung lese:
Bedeutungsverwandte Ausdrücke. unverhohlen sein Freude zeigen · vor Freude strahlen ● von einem Ohr bis zum anderen strahlen variabel · über beide Backen grinsen variabel · übers ganze Gesicht strahlen variabel · über alle vier Backen strahlen ugs. , fig. · über beide Backen strahlen ugs.

Übrigens: Als durchweg positiver Mensch lasse ich lieber Sternchen statt Kommentare regnen.
 
Guten Abend, Aennie, als Ex-Hamburger habe ich deine Notizen mit besonderer Neugierde durchgelesen. Wie schon bei anderen Autoren und ähnlichen Reiseberichten stelle ich wieder fest, wie sehr sich eine touristische Perspektive auf eine Stadt von derjenigen ihrer Bewohner unterscheiden kann.

Wer Hamburg besucht, muss natürlich auch einen Abstecher auf den berühmten Kiez machen. Hier muss man sich auf alle Fälle die Reeperbahn, die Große Freiheit, den Hamburger Berg und den Hans-Albers-Platz anschauen. Hamburg und Hans Albers gehören untrennbar zueinander.
Nö, muss man nicht und untrennbar ist da gar nichts. Albers war z.B. für mich nie von Interesse und ich habe einige Jahrzehnte in Hamburg gelebt und gearbeitet. Die Stadt bietet so viel mehr, auch Interessanteres und Aktuelleres.

Das über den jungen afghanischen Friseur habe ich gern gelesen. Solche Begegnungen und Auskünfte sind es wert, mitgeteilt zu werden.

Dagegen überzeugt mich die Passage mit den angeblich finstere Pläne Schmiedenden nicht so ganz.
Es waren zwei Männer, denen man ansah, dass sie nichts Gutes im Schilde führten.
Woran erkennt man solches denn? Ich begreife auch die empfundene Furcht nicht. Ihr wart doch am helllichten Tag da und zu zweit. Wieso also die Annahme, ein Diebstahlsversuch wäre vermutlich gelungen?

Die bei Tag 1 beschriebenen Örtlichkeiten habe ich noch nicht wiedererkannt. Seid ihr am Hauptbahnhof ausgestiegen? Und in welchem Stadtteil war das Hotel? Ich grübele, wo denn die Wiesen mit dem speziellen Publikum sein könnten ... Ich habe neulich gelesen, dass sich die Drogenszene rund um den Hauptbahnhof zuletzt stark ausgedehnt hat - nur kenne ich da keine Wiesen.

Freundliche Grüße
Arno Abendschön
 

Aennie

Mitglied
Guten Abend, Aennie, als Ex-Hamburger habe ich deine Notizen mit besonderer Neugierde durchgelesen. Wie schon bei anderen Autoren und ähnlichen Reiseberichten stelle ich wieder fest, wie sehr sich eine touristische Perspektive auf eine Stadt von derjenigen ihrer Bewohner unterscheiden kann.


Nö, muss man nicht und untrennbar ist da gar nichts. Albers war z.B. für mich nie von Interesse und ich habe einige Jahrzehnte in Hamburg gelebt und gearbeitet. Die Stadt bietet so viel mehr, auch Interessanteres und Aktuelleres.

Das über den jungen afghanischen Friseur habe ich gern gelesen. Solche Begegnungen und Auskünfte sind es wert, mitgeteilt zu werden.

Dagegen überzeugt mich die Passage mit den angeblich finstere Pläne Schmiedenden nicht so ganz.

Woran erkennt man solches denn? Ich begreife auch die empfundene Furcht nicht. Ihr wart doch am helllichten Tag da und zu zweit. Wieso also die Annahme, ein Diebstahlsversuch wäre vermutlich gelungen?

Die bei Tag 1 beschriebenen Örtlichkeiten habe ich noch nicht wiedererkannt. Seid ihr am Hauptbahnhof ausgestiegen? Und in welchem Stadtteil war das Hotel? Ich grübele, wo denn die Wiesen mit dem speziellen Publikum sein könnten ... Ich habe neulich gelesen, dass sich die Drogenszene rund um den Hauptbahnhof zuletzt stark ausgedehnt hat - nur kenne ich da keine Wiesen.

Freundliche Grüße
Arno Abendschön

Guten Tag Arno!

Leider komme ich erst heute dazu, mich wieder einmal der Leselupe zu widmen. Ich danke Dir für Deine Kritikpunkte und möchte gerne auf einige eingehen.

1. Mein touristisches Empfinden ähnelt Deinem natürlich in keinster Weise, da ich nicht in Hamburg sondern 350km entfernt lebe. Aus diesem Grunde ist für mich Hans Albers und auch die Reeperbahn schon etwas besonderes.

2. Es freut mich, dass Dir die Geschichte mit dem jungen Friseur gefallen hat.

3. Da ich durch meinen Beruf und familiären Hintergrund ein geschultes Auge habe, ist es mir möglich, durch Beobachten und Zuhören von Gesprächen mitzubekommen, wenn jemand etwas im Schilde führt. Selbst 2 Personen können leicht von professionellen Dieben "erleichtert" werden. Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass jemand der in so einer großen Stadt tagtäglich den Gefahren ausgesetzt ist, nur mit "Scheuklappen" den Tag überstehen kann.

4. Unser Hotel befand sich im Stadtteil St. Georg. Die Wiese befindet sich direkt hinter dem Busbahnhof.

Grüße an den Ex-Hamburger
 

Aennie

Mitglied
Tag 7​


An unserem letzten Tag in Hamburg besuchten wir eine Sehenswürdigkeit, an die ein Hamburg-Besucher mit Sicherheit nicht als erstes denkt. Den Parkfriedhof Ohlsdorf. Wir waren schließlich mehrere Tage auf den Spuren von Hans Albers gewandelt und wollten nun seine letzte Ruhestätte besichtigen.

Es war heute ein schöner Tag und wir fuhren mit Bahn und Bus raus nach Ohlsdorf. Weil der Parkfriedhof so riesig ist, fährt dort eine Buslinie durch. Irgendwo in der Mitte stiegen wir aus und begaben uns auf die Suche nach besagtem Grab.

Auf unserem Weg fielen uns viele interessante Grabstätten auf, die alle ihre eigene Geschichte erzählen . Eine davon faszinierte uns ganz besonders. Die Grabstätte war rund, mit Blumenbeeten in der Mitte und am oberen Ende stand eine Mauer, flankiert mit zwei großen schlafenden Löwen. Wir dachten sofort: Hat hier vielleicht einst einer der großen Afrikaforscher aus dem 19. Jahrhundert seine letzte Ruhestätte gefunden? Ein Name war auf der Grabstätte nicht mehr zu finden. Sie war schon vor Jahren aufgegeben worden und nun zu einem Denkmal für Friedhofsarchitektur geworden.

Als wir da so nachdenklich standen, fiel uns eine Friedhofsgärtnerin auf. Sie war mit der Pflege der Grabstätte beschäftigt. Gut gelaunt winkte sie uns zu sich heran. Wir kamen ins Gespräch und während sie so erzählte, merkte man, dass sie voll in ihrem Element war. Seit über dreißig Jahren war sie als Friedhofsgärtnerin tätig und konnte sich nichts schöneres auf der Welt vorstellen. Dabei strahlte sie, trotz der harten, körperlichen Arbeit eine Zufriedenheit aus, die einen in ihren Bann zog. Das fanden wir sehr beeindruckend. Geduldig beantwortete sie unsere Fragen und gab uns wichtige Informationen. Von ihr erfuhren wir u.a., dass alte Grabmale, die sich nicht mehr im Familienbesitz befinden, verkauft und restauriert werden. Schön, wenn Denkmäler so geschützt und erhalten bleiben.

Es wäre toll, wenn es mehr Menschen geben würde, die ihrem Beruf mit solch einer Leidenschaft nachgehen. In der heutigen Zeit ist so etwas leider nur noch sehr selten. Umso schöner ist es, Menschen wie diese Friedhofsgärtnerin zu treffen und ihnen zuzuhören.
 
Danke, Aennie, nun bin ich im Bild. Ich war zuerst durch den Ausdruck "große Wiesen" irritiert und hätte sie eher nahe dem Dammtorbahnhof oder an der Sternschanze vermutet. Am ZOB sind es doch relativ kleine (Rest-)Grünflächen. Aber sonst passt deine Beschreibung gut zu St. Georg, wie ich es bei Tag und bei Nacht unzählige Male erlebt habe.

Ja, ein Gang über den Ohlsdorfer Friedhof kann herrlich sein, wird immer mit Entdeckungen verbunden sein.

Freundliche Grüße
Arno Abendschön
 



 
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