Abendmahl

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wiesner

Mitglied
Abendmahl


am perfekten Frühstücksei
schlägt das Messer ein
dabei Orangenmarmelade
nimm du den Rest

das Brötchen hoch am Arm
ist das Kauen zukünftig
und wir hätten was zu sagen
hätten wir was zu sagen

die Freundesformel soll
uns Feunden griffig bleiben
wir haben ging nicht mehr
einvernehmlich das Salz
entschieden getrennt uns
Tränen solls nicht geben

an Krümeln unterm Tisch
schleifen wir uns blank

unverkennbar zum Verrat
 

sufnus

Mitglied
Du hast recht, lieber Oliver, dass die Sprache in diesem Gedicht ziemlich zerbröselt ist (zerstückt wie ein geteiltes Abendmahlsbrot?), aber das ist ja gerade das Schöne und Gelungene an diesem Text.
Und im Gegensatz zu manchem Gedicht, dass hermetisch sein will, ist dieses hier doch wunderbar verständlich. Die Abendmahlsszene leitet doch relativ unkompliziert zum Thema Verrat (Judas) über. Wir haben hier sozusagen ein auf zwei Personen reduziertes Abendmahlstableau im Leonardo'schen Sinne vor uns. Statt Brot und Wein gibts hier halt Brötchen mit Orangenmarmelade (lecker!) und ein schönes Frühstücks-Ei. Alles könnte gut sein, ein Familienidyll am Frühstückstisch und dann leitet das (verschüttete?) Salz zu den Tränen über und am Ende steht eine Trennung. Die Erlösung bleibt aus.
I like! :)
S.
 

Tula

Mitglied
Hallo in die Runde
Ich dachte sofort ans Ei von Kolumbus und die Szene vom Loriot. Auch Salz und Krümel haben metapherische Wirkung, ich denke, die wurden hier passend verarbeitet, auch die Pointe sitzt. Nichts ist scheinheiliger als ein schweigsames Abendbrot in vorgegebener Eintracht. Sieht man ja auch im Restaurant, wenn die einst heiß Verliebten (und mittlerweile leicht Verwelkten) nur gelangweilt vor sich hinkauen ...

LG Tula
 

surrusus

Mitglied
Hey Bela,

schön dich wieder zu sehen, und es freut mich, dass mein Account wieder Kommentare schreiben darf.
Auch ich möchte dich beruhigen, dein Gedicht wirkt keineswegs KI-generiert!

die Freundesformel soll
uns Feunden griffig bleiben
wir haben ging nicht mehr
einvernehmlich
Eine wahrhaft kniffelige Passage. Grenzte man das "ging nicht mehr" aus, stünde "wir haben einvernehmlich" geschrieben;
der Einschub von "ging nicht mehr" jedoch setzt dem einen Riegel respektive Kontrast vor, so, dass der Judas bereits zeitiger und sehr subtil im Gedicht sein Anklingen findet und sich mählich durchurigiert.

Das ist eine Nuance, die mir sehr gefällt.
Hier nur als kleiner Hinweis, dass ich künftig nur noch kommentierend hier unterwegs sein werde und nicht mehr als jemand, der Gedichte postet.

lg

m
 

sufnus

Mitglied
Wie willst du diese Behauptung beweisen am Text….? Das stimmt einfach nicht
Ich verstehe Deine Verständnisschwierigkeit nicht. Das steht doch so wortwörtlich da:
=> Der Titel heißt Abendmahl und dann denken wir - zumal wenn tatsächlich eine Mahlzeit geschildert wird - an die Abendmahlszene mit Jesus und seinen Jüngern - inklusive Herrn Iskariot. Und der ist ja nun in christlicher Tradition ein Synonym für den Verrat, was, wie es der Zufall so will, das letzte Wort dieses schönen Gedichts ist. Wo ist denn jetzt das Problem?

LG!

S.
 

Johnson

Mitglied
Ich verstehe Deine Verständnisschwierigkeit nicht. Das steht doch so wortwörtlich da:
=> Der Titel heißt Abendmahl und dann denken wir - zumal wenn tatsächlich eine Mahlzeit geschildert wird - an die Abendmahlszene mit Jesus und seinen Jüngern - inklusive Herrn Iskariot. Und der ist ja nun in christlicher Tradition ein Synonym für den Verrat, was, wie es der Zufall so will, das letzte Wort dieses schönen Gedichts ist. Wo ist denn jetzt das Problem?

LG!

S.
Die Absicht des Gedichts "Abendmahl" bleibt unverständlich…..das Gedicht versucht, die Abendmahlszene darzustellen, scheitert jedoch meiner Meinung nach daran, dass es keine klaren religiösen Symbole im Text aufweist…….Es fehlen sowohl Brot als auch Wein…….Stattdessen wird eine alltägliche Situation beschrieben, wie das Schneiden eines Eies und das Teilen von Marmelade……

Die Überschrift und der Text scheinen nicht wirklich harmonisch zu sein. Zudem sind die grammatikalischen Fehler offensichtlich. Hier kann jeder behaupten, dass gerade das den Reiz darstellen soll………
Das Gedicht verfehlt die eigentliche religiöse Zeremonie und die sprachlichen Mängel schwächen es zusätzlich.
 

Mimi

Mitglied
An die Abendmahlszene habe ich auch gleich gedacht.
Die ist nicht schwer rauslesbar.
Aber, was mir am Gedicht überhaupt nicht gefällt, ist diese teilweise (oder versweise) abgehackte Sprache. Verdichtung heißt ja nicht sinnentstellend ... hierdurch lesen sich einige Stellen eher etwas albern (sorry, mir fällt jetzt spontan kein anderer Begriff ein) statt poetisch.

"das Brötchen hoch am Arm"

...
finde ich eher "unglücklich" ausgedrückt.

Gruß
Mimi
 

revilo

Mitglied
Abendmahl


am perfekten Frühstücksei
schlägt das Messer ein
dabei Orangenmarmelade
nimm du den Rest

das Brötchen hoch am Arm
ist das Kauen zukünftig
und wir hätten was zu sagen
hätten wir was zu sagen

die Freundesformel soll
uns Feunden griffig bleiben
wir haben ging nicht mehr
einvernehmlich das Salz
entschieden getrennt uns
Tränen solls nicht geben

an Krümeln unterm Tisch
schleifen wir uns blank

unverkennbar zum Verrat

Einen Bezug zum Abendmahl sehe ich hier nicht, weil die wesentlichen Elemente hierfür fehlen und der Inhalt belanglos und beliebig austauschbar ist. Wenn es denn vom Autoren so gewollt ist (was mich grundsätzlich nicht interessiert; es ist der Leser, der die Musik macht), dann ist das nichts Neues. Eine Verhohnepipelung des Abendmahls ist eine steinalte Idee, die vornehmlich in den Achtzigern angesagt war. Da wurde gesoffen und gekifft und unter dem Tisch passierten unanständige Dinge. Deswegen ist die Idee mit der Orange Marmelade und den Brötchen noch nicht einmal sonderlich originell, da kenne ich viel bessere Beispiele. Was an diesem Gedicht besonders auffällt, ist die Tatsache, dass es sehr zusammengeschraubt wirkt und Grammatik und Syntax teilweise mehr als fraglich sind, dichterische Freiheit hin oder her. Der Text ist so belanglos, dass er auch eine Betriebskantine in Gelsenkirchen-Ückendorf während der Spätschicht beschreiben könnte. Teilweise ist der Inhalt völlig unverständlich; Da helfen auch keine Interpretationswettbewerbe, die mich sowieso nicht interessieren. Dieses Gedicht ist mit 180 Sachen aus der Kurve geflogen und hat einen Totalschaden erlitten. Es geht noch nicht einmal als Satire durch, weil es hierzu inhaltlich und sprachlich viel zu flach ist.
 

Zensis

Mitglied
Hallo wiesner,
ich hatte beim ersten und auch noch beim zweiten Mal lesen ebenfalls einige Schwierigkeiten den Text flüssig zu lesen und zu verstehen, aufgrund der eigentümliche Bilder und Strucktur des Gedichts. Mit dem dritten und vierten Mal, ging es dann aber immer besser. Ich bevozuge zwar im Allgemeinen eher Gedichte, zu welchen ich direkten Zugang finde, doch missfällt mir der Gedanke nicht, eröffnet sich einem ein Gedicht Stück für Stück. Warum soll manches nicht ein wenig mehr Zeit in Anspruch nehmen? Ebenso schätze ich es, trauen sich Autoren etwas abwägiger zu schreiben und nicht die immer selben Trampelpfade nutzen, was die Sprache angeht. In diesem Fall verstehe ich zwar nicht jedes Bild, doch ist der Stil stringent und gelungen, wie ich finde. Was mir besonders gefällt, sind die subtilen Unternoten, die immerzu im Text mitklingen.

Liebe Grüße
Zensis
 

surrusus

Mitglied
Wieso? Begründe das
Das tat ich bereits, aber mein Kommentar bekam irgendwie Beine.

Gräbt man sich nicht weiter in das Gedicht und tiefenanalysiert es, wird doch für mich Folgendes deutlich, das ich dem Werk unstelle:

Eine kommunikative Ebene, die sich von Strophe eins bis zwei zieht, hier aber bereits mit "perfekt" in Z1 ein kühnes Kalkül einwebt. Ein trügerisches Bild, das die Szenerie ausgibt: Das Teilen von Brot und der Austausch. Später greift es die Tischmoral auf. Es bewegt sich also weg von der Kommunikation hin zur Beziehungsebene.

das Brötchen hoch am Arm
Wofür steht diese Zeile, wenn wir Dinge hoch in die Luft halten? Was machen Fahrer in der Formel eins, wenn sie ihre Pokale in die Luft halten?
Und wofür steht das Brötchen symbolisch? Für das Brechen von Brot?
Inwiefern ist diese Symbolik, die entgegengesetzt der Erdanziehung strebt bedeutungsschwanger?

die Freundesformel soll
uns Feunden griffig bleiben
Das ist ja im Kern keine in Stein gemeiselte Behauptung, sondern eher ein Wünschen.
Dieser Wunsch zeigt ja bereits die Marginalien dieser Zerspaltung und Zersplitterung.
Schein/Sein.

einvernehmlich das Salz
entschieden getrennt uns
Tränen solls nicht geben
Hier das Salz. In manchen kulturellen Kreisen steht Salz für (finanziellen) Reichtum,
allgemeingebräuchlicher aber steht das Salz symbolisch für Herrlichkeit und Göttlichkeit.
Die darauffolgende Zeile zergliedert die Zeile mit dem Salz durch "entschieden getrennt".
Als Kontrast folgt die Aufforderung: "Tränen solls nicht geben". Einerseits läse ich das wie das Bepfaden einer göttlichen Fügung,
andererseits ist es doch ebenfalls ein Aufruf zur Regeltreue und Vergebung.

an Krümeln unterm Tisch
schleifen wir uns blank
Und dem stehen diese Zeilen als Kontrast gegenüber.
Wir verstehen unsere Fehlbarkeit in Gewändern des Schattens, obwohl, wortwörtlich, die Kagge am Dampfen ist.
Und das mündet im Verrat.

Das Gedicht zerbröselt die Ikonographie des Abendmahls, wie ich finde, auf sehr schöne und subtile Weise.
Ohne dabei sich in einem zu großen Pathos zu verlieren oder zu sehr eine persönliche Sichtweise einzunehmen.

Natürlich ist das Gedicht kein:

"Wir saßen am Tisch
aßen Zeug,
wurden Zeug,
und verrieten uns."

Natürlich ist es etwas komplexer. Das macht aber den Reiz aus. Und dieser Spannungs-Reiz wohnt im Abendmahl ja auch inne.
 

Johnson

Mitglied
moin, das hat j. geschrieben, nicht ich......da musst du ihn fragen.....

und ich schrieb, dass mich die absicht eines autors grundsätzlich nicht interessiert....
EV ist wohl der Meinung, dass wir dieselbe Person sind. Kann das von der Redaktion richtig gestellt werden, dass wir das nicht sind.
 

fee_reloaded

Mitglied
Ein Gedicht, das wunderbar demonstriert, was sich alles entfalten kann an Dramatik in und zwischen den Zeilen - und Wörtern in diesem Fall - , wenn man nur bereit ist, sich von der Verspieltheit darin mitnehmen zu lassen.

Ich finde es nicht schlecht - ich mag es, wenn Worten in Gedichten eine syntaktische Mehrfachbezüglichkeit erlaubt wird. Was die Prosa nicht leisten kann, darf und tut das Gedicht. q.e.d.

So, wie der Text in sich vor- und zurückspringt und die Perspektiven wechselt, unterstreicht er das Beziehungsdrama, um das es geht, mit all dem Tauziehen, den inneren Konflikten und Zerrissenheiten, der Kränkung durch als solchen empfundenen Verrat, etc.
Der Text mit seiner vor- und zurückspringenden Sprache zeichnet diese Zerrissenheit, vielleicht auch das Unterträgliche in einer solchen Situation - und eine Fassade, die zwar noch aufrecht zu erhalten versucht wird, aber schon unübersehbar an allen Ecken und Enden wegbröckelt.

Insofern lässt sich auch diese Passage letztlich entschlüsseln -
wir haben ging nicht mehr
einvernehmlich das Salz
entschieden getrennt uns
- auch, wenn manches Gefahr läuft, auf den ersten Leseeindruck hin etwas nach Yoda-hat-gedichtet zu klingen. Widmet man sich dem Text, seiner ihm eigenen Natur und seinem Thema aber genauer, hat schon jedes Wort da seine Berechtigung und das "lose" "uns" an exakt der Stelle, wo es steht, ergibt für mich auch Sinn: als das ausgesprochene Eingeständnis, um das das Paar letztenendes nicht mehr herumkommt. Es wurde eben mehr getrennt als bloß das Salz und die nach außen hin versuchte vernünftige Einvernehmlichkeit ist nur die quälende Alternative (oder Fassade) zum offen ausgelebten und gezeigten Zorn und Hass.

Ich persönlich mag es generell auch etwas fließender oder weniger kompliziert, wenn es um Gedichte geht - aber das ist Geschmackssache (vielleicht auch ein wenig Bequemlichkeit) und daher kein Kriterium für eine objektive Bewertung. Spannend ist das Gedicht auf jeden Fall und auch gut gemacht - und wer sich darauf einlässt, wird m.E. mit einem erfreulich unverbraucht dargestellten Beziehungsdrama belohnt.

Ich hab's gerne gelesen! Der Fünfer-Stern ist bei mir immer der "Geschmackssache-Stern" - daher würde ich eher vier dafür vergeben wollen, die allerdings erscheinen mir wieder zu wenig angesichts des Handwerks und der spannenden Darstellung. Ich schenke also einen halben Stern, weil ich wahrnehme, dass es der Text unnötig schwer hat hier im Forum.

Liebe Grüße,
fee
 

sufnus

Mitglied
Festhalten kann man auf alle Fälle, dass es ein (wie ich finde: hochverdientes) Kompliment für dieses Gedicht ist, dass es eine vielstimmiges Echo erfährt, wobei bis dato im Falle meiner Wenigkeit ebenso wie bei Tula, Galadriel, Surru, Zensis und Fee die Resonanz ganz ungemein positiv ist und Mimi eine abgestufte Bewertung mit Positivem und weniger Goutierendem anbietet. Die ziemlich "engagiert" vorgetragene Fundamentalkritik von Johnson und revilo muss also bis jetzt als Minderheitenvotum angesehen werden. :)
LG!
S.
 

fee_reloaded

Mitglied
Die ziemlich "engagiert" vorgetragene Fundamentalkritik von Johnson und revilo muss also bis jetzt als Minderheitenvotum angesehen werden
Ich runzle die Stirn ob dieses Beitrags, lieber sufnus.

Warum muss das jetzt extra (inkl. wasauchimmer belegender Aufzählung) aufgezeigt werden? Sind die Forenleser in deinen Augen zu doof, um sich ihr ganz eigenes Bild selbst machen zu können?
 

Johnson

Mitglied
Ich runzle die Stirn ob dieses Beitrags, lieber sufnus.

Warum muss das jetzt extra (inkl. wasauchimmer belegender Aufzählung) aufgezeigt werden? Sind die Forenleser in deinen Augen zu doof, um sich ihr ganz eigenes Bild selbst machen zu können?
Sufnus Verwendung des Begriffs "engagiert"…..erstaunt mich auch….da es unklug ist, ein Fazit zu ziehen, das ausschließlich seinem eigenen Bild eines tollen Gedichtes entspricht…..

Die Herabsetzung anderer Meinungen als irrelevant und, wie hier geschehen, als dumm zu betrachten…….. ist meiner Ansicht eher bedauerlich…….
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich habe hier aufgeräumt und bitte eindringlich, dass sich jetzt alle beruhigen.
Ansonsten muss ich den Thread schließen.

Liebe Grüße
Manfred Hahn
 

wiesner

Mitglied
Ich muss leider gleich wieder los, danke aber allen fairen Kollegen/innen für ihre Beiträge und schönen Wertungen! Näheres folgt ...

Bis dann
Béla
 



 
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