Über P
Was mich nach ihrem Tod am Meisten schockierte, war, dass unsere gemeinsame Zeit sofort in die Sphäre des Fiktionalen* rückte: Sie hatte mich zum Mann gemacht, reifen und wachsen lassen und ich fühlte mich zurück versetzt in die Zeit bevor wir uns kennen lernten. Die entsetzliche Vorgeschichte wuchtete ihre knallharten Bilder wieder in mein Gedächtnis. Alles,was ich überwunden glaubte, mal besser, mal schlechter, kehrte zurück.
Obwohl sie also meine große Liebe** war, litt ich in erster Linie an mir selbst, dem Terror meiner Gedanken.
Unsere Beziehung war heftig: sie eine rothaarige Schöne, Tochter eines sehr narzistischen Alkoholikers und deshalb seelisch krank, und ich, ein sanfter, ziemlich verspulter Riese mit Hölderlin und Celan im Kopf, abhängig von Alkohol, Codein, einem Opiat, und Benzodiazepinen (Valium etc.).
Sie war, hätte ich sie kurz und bündig zu beschreiben, schön und stumm. Ich schüchtern und extrovertiert, und die aus dieser Spannung erwachsende Qual ist Ursache meines offensichtlichen aber leisen Wahnsinns.
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* Die Verwandschaft von Erinnerung und Erdachtem war für mich eine vollkommen neue Erkenntniss
** Liebe ist – die Schuld liegt bei Plato – ein vollkommen sinnloses Abstraktum, eine immer misbrauchte Hülse, ein böses Geräusch, das furchtbares Leid für uns Menschen verursacht hat.
Wir sollten stattdessen vom Lieben sprechen, einem dynamischen Prozess, der nur existiert, wenn und so lange wir handeln.