görlitz
aufm weg zur lesung in der friedhofs kapelle
hör ich musik stimmen kinder schreispiel gemurmel
im takt meiner füsze: ich tanze zum rascheln der blätter
kopf stein pflastert die wunden wo die gewölbe
der brau keller ziegel nach oben hinauf aufbrechen
tritt nicht auf narben nischen zwischen betonten
hebungen wo der atem dir stockt deiner schritte
muster zerschnitten wird
Muss man Görlitz kennen, um mit dem Gedicht was anfangen zu können?
Ich habe die Diskussion hier aufmerksam gelesen und behaupte mal: nein; nicht unbedingt.
Ich kenne Görlitz jedenfalls nicht und dennoch ahne ich nach der Lektüre dieses Textes, wie das LI Görlitz in einer Momentaufnahme wahrgenommen haben könnte - bedingt und verknüpft mit dessen ganz persönlichem Er- und Vorleben.
Das ist legitim und mehr als genug und bis zu einem gewissen Punkt ist die Location zur Impression ja durchaus austauschbar, ohne der lyrischen Qualität der Beschreibung einen Abbruch zu tun.
Für mich bricht aber der Text just dort in zwei Teile, wo er von der Impression in konkrete Topographie übergeht und dabei kurz schräg wegtaucht - durch Harry Potter-Assoziationen und Strickvorlagen, die in meinem Fall eher als Verstrick
ung wirken denn als Hängeleiter mit kleiner, überraschender Zäsur.
Die neu eröffnete Ebene der Seitwärts-Gedankenwelt von LI und deren Fadenläufe führen mich persönlich in ein Labyrinth anstatt in die zweite Hälfte des Textes. Mir verwehrt sich dadurch gleich doppelt die Orientierung und Dechiffrierung eines Gedanken-Sprungs nach Köln und wieder zurück. Das finde ich schade, zeigt mir dein Gedicht doch gewissermaßen die Nase. Und offensichtlich nicht nur mir.
Als Neue hier weiß ich natürlich nicht, ob zwischen einigen Forenteilnehmern ein gewisser Tonfall Usus (und demmach nur für Außenstehende irritierend) ist...dennoch möchte ich es hier ansprechen, lese ich (nicht zum ersten Mal) etwas wie
Es ist schon ganz in Ordnung, ..., daß Du Dich für normal hältst. Und was willst Du mit Gedichten "anfangen"? Gelesen hast Dus ja schon. Da es nicht so avantgardistisch ist wie andere Wortspiele, verstehst Du vielleicht auch das ein oder andere. Die Anspielungen werden Deinen Horizont übersteigen.
Ich helfe Dir ein bißchen:
Ist mir da in der Diskussion etwas entgangen, das den Tonfall erklären könnte?
Falls nicht, eine spontane Idee...
Eventuell bräuchte es hier ja ein eigenes Unterforum oder eine Kennzeichnung für Werke hier vertretener poetae docti?
Das könnte helfen, so manche Aneinander-Vorbei-Oben-Drüber-Unten-Durch-Text-Diskussion hier gar nicht erst aufkommen zu lassen und dann wäre das mit der offensichtlich lästigen weil unterschiedlichen Augenhöhe von vornherein geklärt, jeder könnte in seinem Tümpel, Badesee oder auf seinem Gipfel ausschließlich auf Gleichgesinnte treffen und sich sicher in seinem kontrollierten Rahmen bewegen ....my bubble - no trouble sozusagen.
Sollte sich der von mir wahrgenommene Tonfall lediglich auf einander wohlvertraute und bekannte Dichter-KollegInnen hier beziehen, die das untereinander quasi schon als liebevolle Hachelei etabliert haben, bitte ich, dies hier als das einzuordnen,, was sie ist: die Wahrnehmung einer Außenstehenden.
Ich hätte nur gerne gewusst, woran ich - tonfallmäßig - hier so bin ganz generell.
Doch zurück zum Text: die Geheimnisse von Görlitz hätten mir persönlich also vollauf genügt - die ergründbaren wie die unergründeten. Nach den ersten zweieinhalb Strophen hattest du mich schon voll eingewoben in dichteste Atmosphäre, lieber hansz!
Das Dumbledorsche Strickknäuel war aus meiner Sicht einfach das Eitzerl zu viel und zu viel gewollt. Ansonsten aber eine herrlich melodisch schwingende, tolle Bilder zeichnende Stadtschaftsmalerei!
Lieber Gruß,
fee