Hitze in der Stadt

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A

aligaga

Gast
O mei - @ali braucht den Schmarren gar nicht zu lesen, um zu ahnen, welchen Blödsinn der Trollinger da in seinem abgrundtiefen Hass auf @ali wieder mal absondert.

@Ali kann jedem Liebhaber distanzlosen, gewaltverherrlichenden und naiven Terrorisosmus-Gebrabbels nur empfehlen, sich von einer Splitterbombe einer dieser Herren das Kind zerfetzen zu lassen oder wenigstens eine halbe Stunde im Gerichtssaal zu verweilen, während Frau Tschäpe sich über die Untaten ihrer Bettgenossen ausschweigt. @Ali ist - zusammen mit dem Gros der Menschheit - davon überzeugt, dass aktiver Terrorismus untrügliches Symptom eines erkrankten, außer Rand und Band geratenen menschlichen Gehirns ist, für das es weder eine schlüssige Erklärung und schon gar kein Verständnis geben kann. Terroristen sind gefährlich wie tollwütige Hunde; die Gesellschaft muss sich, wenn ihr das eigene Leben lieb ist, mit allen Mitteln dagegen wehren.

Dazu gehört auch, dass man Deppen, die diesen Herrschaften in anonymen Webauftritten distanzlos das Patschhändchen reichen, sofort auf die Pratzen haut.

Es gibt elementare Grundregeln im menschlichen Zusammenleben, die sind unverhandelbar. Dazu gehört die Sicherheit und die Unverletzlichkeit des Lebens. Wer dagegen verstößt oder Verstöße dagegen für "erklärbar" hält, hat in dieser Gesellschaft weniger als gar nichts verloren. Er gehört weg, so rasch wie möglich.

Das Bedauerliche daran ist, dass der Schutz vor solchen kriminellen, irren Elementen die persönlichen Freiheiten einer ganzen Gesellschaft einschränkt. Auch das ist Plan und Ziel dieser Kreaturen.

@Ali wünscht dem Trollinger nicht, dass ihm demnächst die Splitterbombe eines Terrorsiten beide Beine und seiner Freundin das Augenlicht zerstört, wie dies beim so genannten "Wies'n"-Attentat 1980 dutzendfach der Fall war. @Ali kennt ein paar der Opfer, die dadurch bis heute aus der Gesellschaft herausgebombt wurden und niemals verstehen werden, warum.

Es ist eine Schande, dass man sich in einem Literaturform (sic!) dafür zu rechtfertigen hat, dass man weder Verständnis für die "Beweggründe" wahnsinniger Massenmörder noch für jene aufzubringen imstande ist, die ihnen in ihrer Sucht nach Aufmerksamkeit hinterherschreibseln.

Kotzend

aligaga
 

Isegrims

Mitglied
@ali gaga

Dazu gehört auch, dass man Deppen, die diesen Herrschaften in anonymen Webauftritten distanzlos das Patschhändchen reichen, sofort auf die Pratzen haut.
Wer dagegen verstößt oder Verstöße dagegen für "erklärbar" hält, hat in dieser Gesellschaft weniger als gar nichts verloren. Er gehört weg, so rasch wie möglich.
Bisher war es für mich nicht vorstellbar, dass ich Angst haben muss, weil ich schreibe und einer mit dem, was ich schreibe (und das nicht aus Gründen, die mit der Qualität zusammen hängen) in einer Weise nicht einverstanden ist, dass ich fürchten müsste, er würde mich wie eben jenen tollwütigen Hund behandeln, beispielsweise während einer öffentlichen Lesung. Das ist bestürzend und terroristisch, zeigt mir aber, wie wichtig der Diskurs ist, wie notwendig dieser Text ist.

@Ji Rina
@FrankK
@petrasmiles
Ich antworte euch noch ausfürhlich
vielen Dank für euren Kommentar
Isegrims
 

FrankK

Mitglied
O mei - @ali braucht den Schmarren gar nicht zu lesen, um zu ahnen, welchen Blödsinn der Trollinger da in seinem abgrundtiefen Hass auf @ali wieder mal absondert.
Womit unser armer @ali nur bestätigt, dass er von Grund auf von Vorurteilen beherrscht wird.

Nur schade, dass er sich über etwas "auskotzt", was er, nach eigenem Bekenntnis, gar nicht gelesen hat.

Wenn Ihnen von solchen Texten übel wird - warum lesen Sie sie dann? Wenn Ihnen derartige Texte so missfallen, warum melden Sie sich immer wieder zu Wort?
Wenn Ihnen das alles hier so zum Hals raushängt - niemand zwingt sie, hierherzukommen und niemand zwingt sie, hier zu bleiben.


Hass, lieber @ali, ist ein tiefsitzendes Gefühl.
Ich, für meine Person, bin nicht bereit, Ihnen so viel Gefühl entgegenzubringen.


Not amused
Frank
 

Isegrims

Mitglied
Hallo Ji Rina

ich möchte noch mal auf deinen Kommentar eingehen

Bevor er sich auf “seine Aufgabe” konzentriert, gibt er einer alten Frau noch einen 50 Euro Schein.
ich beschreibe eine junge Frau, eine alleinerziehende mutter, so stehts auf dem Schild

und seinem "Spaziergang" durch die Stadt und en Gedanken, die er dabei hat, wollte er sich Mut machen, obwohl er unsicher ist ...(so habe ich es impliziert)

Am Ende gewinnt die Gewalt, bis die Zeit alles kippt (History will teach us nothing!).
wenn wir die denkweise und die Ursache von Gewalt verstehen, können wir sie erst bekämpfen, daran glaube ich...

Sorry über den ausschweifenden Ton, aber Du hast ein Thema gewählt, welches gerade der Alptraum unserer Gesellschaft ist. Ausserdem suchtest Du ja Auseinandersetzung.
es ist ein Alptraum, umso wichtiger ist die Auseinandersetzung damit...

Falls es darum geht, Gewalt nur an Gewalt zu messen - Gewalt, durch vorherige Gewalt, "zu verstehen", na dann, nur zu...Der stärkere gewinnt.
theoretisch vernünftig, hilft aber nichts bei assymetrischer Kriegsführung...

Ja, wenn ich mit der Geschichte Gedanken angestoßen habe, ist was erreicht, auch wenn es Widerstand hervorruft, wenn es schmerzt...

viele Grüße und vielen Dank für den Kommentar
Isegrims

@votet :)
 

Isegrims

Mitglied
Hallo @petrasmiles

lieben Dank für die aufmunternden Worte angesichts eines Textes, der womöglich schwer zu verdauen ist. Polarisierend ist am Ende besser als belanglos.

Ich halte es für legitim, eine solche literarische Annäherung zu versuchen, die naturgemäß unbefriedigend bleiben muss.
mir ist klar, dass solch ein Text ein Versuch darstellt, Gedanken anstößt und nichts umfassendes bieten kann, dazu bräuchte es einen ganzen Roman, so komplex ist die Thematik. Ich wollte einen bestimmten Erzählton hinbekommen, die blumige Denkweise (die man bei Arabern häufig findet) zeigen; das Unausgegorene, wie du schreibst...

ich finde es auch passend, dass er (noch) nicht sterben will.
nur so herrscht Aussicht auf Läuterung, stirbt er, kommt der nächste mit dem nächsten Sprengstoffgürtel...

Dazu passt die Szene mit der alleinerziehenden Mutter/Bettlerin nicht, der er sein letztes/ganzes Geld gibt, zumindest wird der Eindruck erweckt - wobei ich die Szene an sich stark finde.
wegen der Hoffnung (siehe oben) habe ich diese Szene gemacht... und eben die Begegnung mit der Familie, hier findet sich ein Ausweg, etwas, das irgendwann vielleicht stärker ist als Hass...

Wenn ich durch Wahrnehmen, Lächeln und Händeschütteln diese verirrten Menschen im richtigen Leben halten könnte, würde ich mit Freuden den Rest meines Lebens Hände schütteln, aber so einfach ist es leider nicht.
bin ich dabei ...

liebe Grüße
Isegrims
 

Isegrims

Mitglied
Hallo @FrankK

mit deinem letzten Kommentar hast du das meiste von dem geschrieben, was mich bewegt hat, diese Geschichte zu schreiben.

Und wir stehen hier, und zerreißen uns gegenseitig bei einer Diskussion um einen Text, in dem uns der Autor zeigt: Dieser Attentäter ist auch nur ein – Mensch.
Ist es das, was uns hier so entsetzt? Diese Feststellung – diese mögliche Erkenntnis?
homo homini lupus; ein Mensch, ja, ein Viech, ein Hund, ein Wolf, das wäre vertändlich, könnte man einfach abkanzeln und ignorieren. Nach dem Motto: wir knallen die ganzen Irren einfach ab.

Was dann dazu passt:
Da werden Asylheime angesteckt, Flüchtlingsunterkünfte gehen in Flammen auf, private Wachschutzleute prügeln Asylanten Krankenhausreif.
genau diese Vereinfacher sind die größten Zündler...

Manch einer wird sich jetzt fragen:
Was hat das alles mit diesem Text zu tun?

Alles. Es ist fast eine vorprogrammierte Denkschablone. Texte, in denen ein Terrorist eine Hauptrolle spielt, „dürfen“ einfach nichts taugen.
Es sei denn, es kommt plötzlich ein Superheld, der alle rettet und den Terroristen tötet.
ich erinnere mich an Robespierre, der die Guillotine genutzt hat, um seine moralische Überlegenheit zu zeigen: wer nicht für mich ist, ist gegen mich und muss vernichtet werden... ein Terrorist wie so viele...
Wir brauchen keine neue braune Leitkultur des Schreckens.
Ich verabscheue Gewaltanwendungen in jeglicher Form.
absolut!

Ein Danke gilt vor allem Isegrims, der sich diesen Text hat einfallen lassen und uns präsentiert. Vermutlich wohl ahnend, welch eine Lawine er damit lostritt. Daumen hoch.
nein, das habe ich nicht geahnt, wirklich nicht, aber ich bin froh, wenn mein Text nachdenklich macht und du hast es wunderbar richtig zusammengefasst Frank

und schöne Träume von grünen Frühlingswiesen und Märchen-Prinzen und –Prinzessinnen.
äh: du liest wohl nicht bloß in diesem Forum :)

liebe Grüße und einen friedlichen Abend
Isegrims
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo Isegrims,
Um noch einmal Antwort auf Deinen Kommentar zu geben, hier nochmal, was ursprünglich meine Kritik war:

"Was ich an diesem Text gruselig finde: Seine leere.
Im Vergleich zu einem Krimi, in etwa wie: “Ich hab sie immer geliebt, aber sie hat mich immer abgewiesen und nun bring ich sie um, und zerstückel sie. Der Text sagt uns nichts, was wir nicht bereits wüssten: Wir, die schlechten weil die Frauen so freizügig, weil wir ungläubig; weil wir Materialisten, etc…Hinzu noch ein wenig “Tiefenpsychologie” (Turnschuhe für 200 Euro, die Brüste und Hintern der Frauen, die der Prot so gern auch mal anfassen würde wollen,)... und ab die Post. Für mich klingts ein wenig wie eine Schulaufgabe: “Ich, ein Terrorist”.
Das war meine Kritik!
Und dann habe ich irgendwann komplett den Faden verloren: Ich weiss nicht, ob Kommentare anderer an mich, oder an aligaga gerichtet waren; wobei es wichtig wäre zu unterscheiden, dass aligaga und ich zwei völlig unterschiedliche Dinge ausgesagt haben. Für ihn, sollte der Text verschwinden. Und ich habe kritisiert, dass Dein Text rein garnichts aussagt.
@Insegrims
mir ist klar, dass solch ein Text ein Versuch darstellt, Gedanken anstößt und nichts umfassendes bieten kann, dazu bräuchte es einen ganzen Roman.
Und genau das ist es nämlich. Während wir hier seit Monaten/Jahren in Europa nichts anderes als Diskussionen in jeder Talkshow hören, über das leben und Denken der Attentäter (Zum Beispiel die vom 11. September, die ein völlig normales Leben als Studenten führten); wo wir nichts anderes hören, als Themen, wie die Vereinbarung des Islam und der westlichen Welt; oder dem Wiederspruch zwischen der islamischen Religion und der westlichen Religions-Freiheit, Diskussionen über Ehrenmord, Steinigung; islamische und westliches Frauenrecht.etc…etc…. erzählst Du was von irgendwelchen Turnschuhen und von ein paar Mädchen, die Dein Prot. gerne betätscheln möchte, etc…Bis er im endeffekt die Markthalle in die Luft sprengt. Und dann kommen sechs Seiten Kommentare “Tja, ist nun mal ein Tabu” “sehr schmerzhaftes Thema” "es sei so unbegreiflich schwer, sich in diese Mentalität reinzudenken” "und ach, der Text sei so mutig” und so ein Text zu schreiben, würde schmerzen”….hä?
Ob ich Sensationserwartungen wolle?
Nein. Ich hätte erwartet dass Du Dich mit dem Thema wirklich auseinandersetzt, anstatt dass man mir (oder aligaga?) antwortet, man solle schön von grünen Frühligswiesen und Märchen Prinzen träumen. Ja. So wird man einfach weg-geredet.
Lass Dein Protagonist sich doch mal mit dem Koran auseinandersetzen, lass ihn in seiner Wohnung hocken, den Fernseher anmachen und seine Gedanken sprechen, wenn er Berichte über den grössten Puff Europas hört – oder die Erzählungen einiger Hausfrauen, wenn sie nach dem kochen der Maggi Suppe auf den Strich gehen; lass ihn sich mit dem Ehrenmord auseinandersetzen und uns erklären, warum er aus seiner Sicht gerechtifertigt sei. Lass uns in seine Seele schauen. Damit hättest Du zwar noch immer “nichts neues erzählt”, aber das wäre interessant gewesen.

Du bist auf keine meiner Fragen zu Deinem Text eingegangen (ausser, dass ich eine alte Frau mit einer jungen Bettlerin verwechselt habe). Warum ist es ein schweres Unterfangen, sich in eine solche Mentalität, wie die eines Attentäters reinzuversetzen? Himmel, es gibt junge, bildhübsche Engländerinnen und Spanierinnen, die ganz angetan sind und sich in den Flieger setzen und zu den Attentäter reisen. Es gibt hunderte von Europäern, die von der Idee der IS angetan sind. Was willst Du uns eigentlich erzählen? Das war meine Frage und dazu der Kommentar:
@Ji Rina: Schwieriges Unterfangen? Es ist sehr leicht, die Ansichten solcher Menschen zu verstehen. Und ich denke, wir alle haben längst verstanden. So wie wir auch “verstehen”, warum Hitler sechs Millionen Juden umgelegt hat.
@Isegrims:
wenn wir die denkweise und die Ursache von Gewalt verstehen, können wir sie erst bekämpfen, daran glaube ich...
Daran glaube ich nicht. Ich glaube, mit “bekämpfen” geht garnichts, ausser dass man sich wieder und wieder bekämpft. Aber wir werden uns bekämpfen, weil die Menschheit noch nie etwas anderes getan hat. (Soviel zu den grünen Wiesen).:)
Und wenn Leser diese Geschichte gut finden, wenn sie meinen sie sei “mutig” und sie würde “auch mal die andere Seite zeigen”, dann ist es ihr gutes Recht.
Jedem seine Meinung.
 
G

Gelöschtes Mitglied 16391

Gast
Hallo Isegrims,

deine Geschichte habe ich gelesen und beizeiten werde ich mich vll noch eingehender mit ihr beschäftigen. Nur so viel vorab: Mich hat sie nicht gepackt, ich fand sie recht verworren, sprachlich eher durchschnittlich, inhaltlich mit einigen Längen und letztendlich stand ich deinem Text eher indifferent gegenüber (nur meine persönliche Einschätzung, andere mögen da anders empfinden).

Dass die Geschichte so viel Klicks bekommt, verdankst du m.M.n. eher den gewohnt polemischen Einlassungen eines Users als der Qualität des Textes. Dass man einen solchen Text schreiben darf, steht für mich außer Frage und dass du dich deshalb nicht mit Terroristen gemein machst, ist mir auch klar. Die Frage, warum jemand so etwas tut, ist grundsätzlich interessant und auch wichtig und ich glaube auch, dass es zu kurz greift, wenn man sie alle als geisteskrank hinstellt. Deine Antwort auf diese Frage empfinde ich allerdings als sehr unbefriedigend.

Was mich aber eigentlich veranlasst, hier meinen Senf abzugeben, sind deine Kommentare im Nachgang:

...sie zeigt mir, dass der Text gerade das ist, was du so vehement verneinst, nämlich Literatur.
...zeigt mir eher, dass es eine gute und eben keine unterdurchschnittliche Geschichte ist, egal wie sie ein Bewerter aus einer Emotion heraus bewertet
Ich finde es grundsätzlich problematisch, wenn der Autor selbst die Deutungshoheit über seinen eigenen Text beansprucht, ihn als Literatur, als gute Geschichte bewertet und im gleichen Atemzug Kritiker als emotional und nicht sachlich abqualifiziert. Du scheinbar nicht.

...zu deinen Einlassungen bezüglich der sprachlichen Qualität... bedenk dabei bitte, um welche Erzählperspektive es sich handelt, hier spricht ein äußerst unzuverlässiger Erzähler, narzistisch und aus seiner eigenen Welt ..
Auch dieses Argument verfängt bei mir nicht. Sprachlich weist der Text auch für mich Mängel auf, die nicht durch die Erzählperspektive oder ähnliches unter den Tepppich gekehrt werden. Übrigens: Ich lese gerade Black Flags - The Rise of Isis von Joby Warrick, dort lernt man, dass die Terroristen ein extrem geschlossenes Weltbild haben, in dem es grundlegende Überzeugungen gibt, die unumstößlich scheinen. Ein Zaudern und Zögern wie bei deinem Protagonisten scheint eher selten.

..lustig an diesem Forum sind übrigens die Bewertungen: bitte, bitte, ich will mehr und schlechtere Bewertungen, powert mich ...
Das ist in meiner Einschätzung ein Versuch, dich über alle Kritik zu erheben und nachsichtig lächelnd auf alle Nörgler zu schauen, die die wahre Qualität deines Textes nicht erkennen. Ein anderer User dieses Forums gibt sich ebenso ständig gut gelaunt und wischt alle Kritik mit einem aufgesetzten Lächeln beiseite. Für mich eher ein Zeichen, dass jemand kritikunempfänglich ist. Mir fällt es auch nicht immer leicht, es zu akzeptieren, wenn jemand einen meiner Texte verreißt, aber grundsätzlich glaube ich, dass man für sich selbst entscheiden muss, welche Kritik man annimmt und welche nicht. Aber Kritik von vorneherein ins Lächerliche zu ziehen, empfinde ich als wenig konstruktiv.

Ja, wenn ich mit der Geschichte Gedanken angestoßen habe, ist was erreicht, auch wenn es Widerstand hervorruft, wenn es schmerzt..
.

die Motivation des Textes? So einen Text zu schreiben schmerzt, gerade weil ich etwas berühre, das ich nicht gut heiße...
Da hin gehen, wo es schmerzt, näher an die Realität, das Bittere beschreiben...
Gibt doch genug und viel zu viel Wohlfühlliteratur von Gutbürgern, oder?
lieben Dank für die aufmunternden Worte angesichts eines Textes, der womöglich schwer zu verdauen ist. Polarisierend ist am Ende besser als belanglos.
Dazu meine ich: Nur weil jemand einen Text über ein hochbrisantes, politisch kontroverses Thema schreibt, ist dieser Text nicht automatisch wichtig, schmerzvoll oder polarisierend. Wenn dem so wäre, würden wir alle nur noch Texte über Terroristen schreiben und auch verlegt, publiziert werden. Aber selbst bei solchen Themen gilt wie bei so genannter Wohlfühlliteratur: Der Text muss einen emotional berühren und im Idealfall eine Erkenntnis beinhalten. Bei mir erreicht dein Text weder das Eine noch das Andere.

Ein Gegenbeispiel: Vor kurzem bekam ich von einer Schülerin einen Aufsatz zum Thema 'Erste Erfahrungen'. Sie schildert darin ihren Selbstmordversuch. Obwohl ihre Probleme vll die Wohlstandsprobleme eines jungen Mädchens beschreiben, hat mich ihr Text berührt, weil sie auf sehr schlichte und doch sehr schöne Weise etwas von sich preisgegeben hat.

Abschließend will ich sagen, dass ich mir bewußt bin, dass meine Rückmeldung sehr persönlich und vll verletztend klingen mag. Aber irgendwie hat mich deine Art, auf die Kommentare zu deinem Text zu reagieren, gestört und ich habe auch überlegt, ob ich das hier überhaupt schreiben soll.

Wie du siehst, habe ich mich so entschlossen. Sorry.

LG,

CPMan
 

Isegrims

Mitglied
Hallo CPMan

echt schwer zu deinem Kommentar etwas zu schreiben, weil die Geschichte so eine Welle ausgelöst, dass ich nicht ganz klar sehe.

Ist schon bemerkenswert, wie das funktioniert.
In der ersten Phase schreibt einer, dass ich ein Thema aufgreife, das tabubehaftet ist, über das man zumindest aus der von mir gewählten Perspektive nicht schreiben darf
Danach werde ich zum potentiellen Sympathisanten erklärt... und gefragt, mit welcher Motivation ich dieses Thema gewählt habe.
Ich wehre mich, verteidige den Text so gut ich es kann, etwas Aufmunterung, denke dennoch darüber nach den Text zu löschen, antworte und versuche redlich und dennoch standhaft zu bleiben und hoffe, dass ich verstanden werde...
werde ich nicht...

Nebelkerzen werden gezündet...
du schreibst:
Mich hat sie nicht gepackt, ich fand sie recht verworren, sprachlich eher durchschnittlich, inhaltlich mit einigen Längen und letztendlich stand ich deinem Text eher indifferent gegenüber (nur meine persönliche Einschätzung, andere mögen da anders empfinden).
das ist in Ordnung... was soll ich dazu sagen, wenn du sprachliche Mängel erwähnst, zeig sie mir, da habe ich was von, kann dran arbeite, nur: willst du das?

Ich finde es grundsätzlich problematisch, wenn der Autor selbst die Deutungshoheit über seinen eigenen Text beansprucht, ihn als Literatur, als gute Geschichte bewertet und im gleichen Atemzug Kritiker als emotional und nicht sachlich abqualifiziert. Du scheinbar nicht.
das finde ich auch, nur versteh auch meine Reaktion, das war eine Abwehrreaktion, mehr nicht. etwas provokativ...

Ich lese gerade Black Flags - The Rise of Isis von Joby Warrick, dort lernt man, dass die Terroristen ein extrem geschlossenes Weltbild haben, in dem es grundlegende Überzeugungen gibt, die unumstößlich scheinen. Ein Zaudern und Zögern wie bei deinem Protagonisten scheint eher selten.
dort lernt man :) meine Geschichte ist fiktiv und was man dort lernt ist eine Vermutung, oder nicht?

Das ist in meiner Einschätzung ein Versuch, dich über alle Kritik zu erheben und nachsichtig lächelnd auf alle Nörgler zu schauen, die die wahre Qualität deines Textes nicht erkennen.
das ist Spott, weil ich derart in die Ecke gestellt wurde...

Der Text muss einen emotional berühren und im Idealfall eine Erkenntnis beinhalten. Bei mir erreicht dein Text weder das Eine noch das Andere.
okay!

Ein Gegenbeispiel: Vor kurzem bekam ich von einer Schülerin einen Aufsatz zum Thema 'Erste Erfahrungen'. Sie schildert darin ihren Selbstmordversuch.
sorry: Texte von Teenagern handeln fast immer von Selbstmordversuchen, berührt mich dann auch, habe ich aber allzu oft gelesen...

Abschließend will ich sagen, dass ich mir bewußt bin, dass meine Rückmeldung sehr persönlich und vll verletztend klingen mag.
verletzend? ist halt eher eine Meinungsäußerung und die spreche ich dir nicht ab...

viele Grüße und danke, dass du dich mit dem Text, der dir so gar nicht gefällt, beschäftigst...
Isegrims

@Ji Rina: muss mich sammeln, bevor ich noch mal was zu deinem letzten Kommentar schreibe
 

Ji Rina

Mitglied
Ist doch garnicht nötig, Isegrims.
Mit fast 50 Beiträgen zu Deinem Text sind einige Rekorde gebrochen...:D
Es ist doch einfach nur so, dass manchen Dein Text gefällt - anderen nicht. So wie es hier auf der LL üblich ist, und auch sein soll. :)
Liebe Grüsse!
Ji
 

Ji Rina

Mitglied
Ist doch garnicht nötig, Isegrims.
Mit fast 50 Beiträgen zu Deinem Text ist so mancher Rekord gebrochen :D
Es ist doch einfach nur so, dass manchen Dein Text gefällt, und anderen wiederum nicht. So, wie es hier auf der LL üblich ist - und auch sein soll :)
Liebe Grüsse!
Ji
 

Isegrims

Mitglied
Der Sommertag brennt. Dunst liegt über der Stadt. Menschen fließen über die Zeil. Am Rande der Straße, unter einem müden Baum mit verblichenen Blättern sitze ich auf einer Bank und beobachte die Menschen. Ich sehe starre, gierige Augen. Frauen, die ihre Haut zur Schau stellen. Männer, die ihre Frauen präsentieren. Ungeschützte Schönheit. Dazwischen meine Brüder, als Bettler verkleidet, gebückt im Dreck. Jeder geht an dem anderen vorbei und reiht sich ein in das Wogen der Masse.
Meine Augen sind klar und mein Herz fülle ich mit Liebe. Ich bin berufen, das Licht in die Welt zu bringen und werde sie zwingen, die Augen zu öffnen. Das Blut wird leuchten und die Jagenden, die Suchenden, werden die Plastiktüten mit ihren Einkäufen vergessen. Ich helfe ihren Seelen und sie werden schmerzhaft ihre Augen öffnen.

Kichernd gehen junge Frauen an mir vorbei, kaum jünger als ich. Sie erkennen und beachten mich nicht, obwohl ich auf den Ansatz ihrer Brüste schaue und ihre schwellenden Hintern in den engen Hosen oder Röcken entdecke. Sie sind fröhlich, leicht wie Vögel und ich wünsche mir, ihre Haut zu berühren. Haut wie Milch, die schmeckt wie Honig. Hinter ihnen junge Männer, Knaben eher, sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Sie lachen, zeigen ihre Muskeln, recken ihre Brustkörbe und klopfen sich gegenseitig auf die Schultern. Mit Stolz tragen sie dieselben Turnschuhe, nach denen ich mich sehnte. Markenschuhe, auf die ich sparte, für die ich meine Eltern anbettelte, bis ich die 200€ in den Händen hielt, die ich brauchte. Ich erinnere mich wie neu und makellos sie rochen, wie unbefleckt sie waren. Ich dachte, dass jeder sehen müsste, welche Schuhe ich trage, dass alle, an denen ich vorbeigehe, mich und meine Schuhe bewunderten. Ich täuschte mich. Gestern habe ich meine überzähligen Kleider und Schuhe den Bedürftigen der Gemeinde gespendet. Ich brauche sie nicht mehr. Ich habe mich entschieden.

Während ich hier sitze, gehen Hunderte an mir vorbei und sehen mich nicht. Die Sonne brennt auf den Asphalt. Die Erde darunter wünscht sich, befreit zu werden. Im Brennglas meiner Gedanken schwitze ich nicht. Ich bete für die Menschen, die an mir vorbei wandern. Ich bin vorbereitet und mache die Sonne heller, weil ich wie ein Blitz bin, der aufzuckt und den Tag erhellt. Eins muss mir noch gelingen: das Mitleid besiegen, hart sein, den Schmerz und das Blut ertragen, mich im Licht zeigen. Heute will ich meinen Mut testen und mich vorbereiten auf das Größere, das kommen wird. Nur ein Versuch. In meiner Tasche habe ich eine Wollmütze mit ausgeschnittenen Löchern für die Augen. Und den Brandsatz nach einer Anleitung aus den Flüssigkeiten gemixt, die ich mir besorgt habe.

Ich lasse mich in die Menge gleiten, gehe über die Zeil, biege ab, in Richtung Paulskirche und Römer. Als ich in der Schule war, besuchten wir die Paulskirche. Lehrergerede über Freiheitskampf. Nichts hat sich geändert. Was ist das für eine Freiheit kommen, solange es erlaubt ist, Geld zu scheffeln, andere mit den Mitteln des Rechts zu betrügen und sich dabei wohl zu fühlen?
An eine Wand gelehnt, sehe ich eine junge Frau. Sie trägt Jeans und einen zerschlissenen Pullover und um den Hals ein Pappschild. Darauf steht: „Ich bin alleinerziehend und arm, Bitte helfen Sie mir.“ Vor sich hat sie eine Plastikschale auf den Asphalt gestellt. Münzen darin, Centbeträge, mehr nicht. Schnell und ohne sie zu beachten, gehen Leute mit gefüllten Beuteln an ihr vorbei. Die Frau gefällt mir mit ihrer weißen Haut. Wenn sie nur aufstünde und ihren Körper aufrichtete, um ihn den Menschen entgegen zu strecken, die sie übersehen, die Augen vor ihr verschließen, sich wegdrehen. Früher hätte ich das genauso gemacht, weggeschaut. Meine Schritte werden langsamer, ich beuge mich zu ihr herab, hole mein Portemonnaie aus der Hosentasche. Ich schütte alle Münzen, die sich darin befinden, in das Tellerchen und den 50€-Schein lege ich obendrauf. Sie schaut hoch zu mir, zu dem Mann mit dem schwarzen Bart und den dunklen Augen und ich erkenne wie hell und durchscheinend ihre Augen sind. Ein vorsichtiges, verkniffenes Lächeln. Für einige Augenblicke halten sich unsere Blicke.

„Danke.“
„Ich freue mich, dir zu helfen, Schwester.“

Ein stiller Blick von ihr, verwundert, ängstlich. Hastig richte ich mich auf und gehe weiter. Kein Blick zurück. Ich fühle mich leicht. Für einen Moment überlege ich mir, ob die Frau eine Ganovin ist, die sich verkleidet und abends in ihrer komfortablen Wohnung ihre Tageseinnahmen zählt. Ich unterdrücke den Gedanken, besser ist es, zu glauben und zu hoffen.

Mein Schädel brennt. Ich bin wenige Schritte vom Römerplatz entfernt. Ich mag diese Häuser, die aussehen, als stünden sie jahrhundertelang hier und kämen aus einer alten Welt, die ehrlicher war. Vor der Fassade des Rathauses bleibe ich stehen, mitten unter Touristen aus Asien. Mein Blick wandert hin und her, um die Menschen zu spüren, die sich gegenseitig fotografieren und anlachen. Eine ganze Gruppe in der ländlichen Kleidung ihrer Heimat geht an mir vorbei. Sie sehen nach Indern aus. Die Frauen tragen lange, bunte Kleider, in Farben, die hier keiner tragen würde, warme Töne, orange, ein helles Blau.

Der Anblick der Farben erinnert mich an einen Sommertag auf dem Land, an eine Sommerwiese mit vielfarbigen Blumen, an die Frau, die ich dort geküsst und begehrt habe, an ihre Haut, ihre Lippen, die sich geöffnet haben, an sie, die sich geöffnet hat. Unsere Küsse füllten unsere Münder aus und wir vergaßen, was um uns war. Erst als wir die Augen wieder aufmachten, bemerkten wir, wie schön das Meer der Blumen war. Vollendeter war kein Sommertag. Heute ist ein Tag wie damals. Ich habe genug gewartet und gehe zurück zur Einkaufsstraße, weg von den idyllischen Häusern des historischen Zentrums. Als ich an die Stelle komme, wo die Bettlerin sitzt, wende ich meinen Blick ab, um sie nicht anschauen zu müssen.

Ich will mich auf meine Aufgabe konzentrieren und denke an diejenigen, die mir die Augen geöffnet haben, höre die wohlklingende Stimme von Anton in mir, der mir erklärte, dass Satan die Welt beherrsche und wie schön diese Welt wäre, wenn sie gereinigt sei. Wir Kinder des Lichtes atmeten anschließend freier und die Angst verschwände, das Gift für die Seelen. Nachdem er von Satan gesprochen hatte, begann ich, die Gesichter des Teufels auf den Straßen zu suchen und fand sie in den Blicken meiner Eltern, die aufblitzenden Augen, wenn sie davon sprachen, was sie unbedingt haben wollten, sei es ein Auto oder Schmuck. Der Satan war im Blick meines Vaters, der eines Abends sagte, er gehe mit Freunden etwas trinken, obwohl er mit einer anderen Frau ins Restaurant ging. Er saß da und lächelte die Fremde an, während meine Mutter ihm zu Hause die Wäsche bügelte. Ich lief schnell an ihm vorbei. Für alle sichtbar hatte er einen Platz am Fenster gewählt. Die Frau mit ihren dunklen Haaren und dem harten Gesicht war nicht besonders hübsch. Mein Vater lachte und gestikulierte dennoch mit ihr. Am nächsten Tag war ich bei Anton und habe ihm von meinem Vater erzählt. Er hat mich an das Lachen Satans erinnert. Wir müssen die Welt reinigen, dem Satan entgegen treten. Ich hab verstanden, was Anton meint und werde handeln. Heute ist der richtige Tag.

Langsam nähere ich mich meinem Ziel, der geschäftigen Kleinmarkthalle. Wo man Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch kaufen kann, die angefüllt ist mit Gerüchen. Bei meinem letzten Besuch holte ich mir ein französisches Maishühnchen und Fisch, der ein Tag zuvor glücklich im Ozean schwamm, habe ich mir dort erst vor ein paar Tagen geholt. An diesem frühen Nachmittag wird es nicht voll sein in der Halle. Mein Plan ist einfach: eine unbelebte Stelle auf der Empore suchen, meine Tasche platzieren und den Zünder entsichern. Wenn das erledigt ist, bleiben mir zehn Minuten, um die Halle zu verlassen.

Als ich reingehe, genieße ich den kühlen Luftzug der Klimaanlage nach der Hitze draußen. Ich rieche ein Gemisch aus Kräutern und süßem Obst, während ich an den ersten Ständen vorbei gehe und das aufgetürmte Obst betrachte. Die Erdbeeren sind ebenso rot und glänzend wie die Brombeeren und Himbeeren, als wären sie poliert. Ich stelle mir vor, Erdbeeren mit Sahne zu vermischen und mir in den Mund zu stopfen. Oder sie gleich ungewaschen zu vertilgen, wie ich es als Kind auf dem Feld gemacht habe. Von allem Obst kommen mir Erdbeeren am Eigentümlichsten vor. Jede Beere schmeckt anders. Am Aussehen lässt sich nicht beurteilen wie süß oder aromatisch eine Beere schmeckt. Die Überraschung beginnt im Mund. Manch unscheinbare Erdbeere schmeckt aromatisch und zuckersüß. Andere leuchten in tiefem Rot und schmecken nach Wasser.
Frauen und Männer in grünen Schürzen stehen hinter den Ständen. Ich beobachte eine kleine, alte Frau mit weißen Haaren und unsicherem, hinkendem Gang. Für einen Moment schaut sie mir direkt in die Augen und lächelt, häuft Äpfel auf und stapelt die Früchte. Wenige Leute kommen mir entgegen. Wie ich es erwartet habe. Pärchen sind dabei, die sich an den Händen halten. Ich stelle mir vor, wie sie zusammen Gemüse schneiden, kochen, mit Weingläsern anstoßen, sich anlächeln und glücklich sind. Romantische Gedanken im Halbdunkel.

Ich bleibe entschlossen und konzentriert. Ich muss nicht überlegen, jede Einzelheit ist durchdacht. Eine Treppe führt mitten in der Halle zur Empore. Dorthin führt mein Weg. Hochgehen, die Tasche ohne Zögern abstellen und die Halle verlassen. Ich gehe los und bin vorbereitet. Oben auf der Empore angelangt, schaue ich mir die Stände mit Fisch und Kaviar an. Kaum was los, die Verkäufer schauen gelangweilt ins Leere. Die Köstlichkeiten sind teuer, der Lohn eines ganzen Tages für das Prekariat. An einer Stelle finde ich eine Lücke zwischen aufgestapelten Kisten und Eimern. Die anderen Plätze sind unbrauchbar, weil dort überhaupt nichts steht und ein herumstehender Gegenstand auffiele. Ich beschließe die Tasche in die oberste der gestapelten Kisten zu legen. Die ausgewählte Lücke zwischen den Ständen befindet sich vor einem der letzten Fischbuden. Langsam nähere ich mich, vorsichtig schaue ich mich um, ob jemand sich hinter mir befindet. Eine Frau und ein Mann überholen mich. Ein junges Pärchen, das sich an den Händen hält, in beständigem Austausch von Worten, Gesten und Berührungen. Sie sind vor mir und stehen an einem Fischstand. Vielleicht feiern sie das Jubiläum ihres Kennenlernens. Sie sollten sich mit ihrem Einkauf beeilen.

Es riecht nach Fisch und Meer. Feuer wird den Geruch vertreiben. Hinter mir befindet sich eine ältere Frau, die sich ziellos umschaut. Ich bemerke sie, als ich nur noch wenige Meter von der Lücke mit den Kisten entfernt bin und mich an die Balustrade lehne, um auf den Moment zu warten, die Tasche abzustellen. Ich fühle mich unbeobachtet. Wenn ich fliehen muss, werde ich die Mütze überziehen, die ich mir zurechtgeschnitten habe. Meine Kleidung ist unauffällig. Jeans, schwarzes T-Shirt ohne Aufdruck. Mein Blick wandert von der Balustrade über die Stände im Erdgeschoss. Menschen. Manche mit gefüllten Tüten voller Obst und Gemüse. Andere schlendern ziellos und genießen die Kühle der Halle.

Ich bin entspannt, hellwach und absolut konzentriert. Was werden die Leute machen, wie werden sie sich bewegen, sobald sie den Brandsatz bemerken? Panik? Das Paket sieht wie ein sehr großer Kaugummi aus und wird ein Loch in den Boden reißen, wahrscheinlich die Balustrade beschädigen. Die Fische werden in der Luft tanzen und das Gemüse wird fliegen.

An die Menschen darf ich nicht denken, das Ziel zählt. Der Moment ist gekommen. Mit festen Schritten, ohne mich zu beeilen, gehe ich zu der Lücke zwischen den Ständen, wo die Kisten stehen und lege die Tasche in die oberste Kiste, als wäre sie mir zu schwer, als wollte ich sie nach meinen Einkäufen wieder abholen. Ich wende mich ab und gehe langsam und mit aller Gelassenheit, die ich aufbringen kann, zur Treppe. Auf der Treppe bleibe ich stehen und hole das Handy mit dem installierten Zeitzünder aus der Tasche. Ich brauche nur ein Signal senden und die Bombe ist aktiviert, programmiert von Brüdern. Das Handy habe ich von Anton. Ich drücke hastig auf den Knopf und sende das Signal.

Mir bleiben zehn Minuten. Bis dahin will ich auf der Zeil sein und mich in der Menge auflösen. Aus der Ferne werde ich Sirenen hören, Blaulicht sehen, den Knall der Bombe hören, Unruhe wird sich in der Stadt ausbreiten und ich werde weitergehen, einfach weitergehen. Ich bin kein Märtyrer und will nicht sterben, obwohl ich keine Angst vor dem Tod habe. Solange ich lebe, kann ich größere Aufgaben übernehmen, die Welt verändern. Es geht ohnehin nicht um mich, es geht um Würde und ein Leben im Einklang mit Gott. Es geht um Wahrheit in einer Welt, die von Geld und falscher Propaganda beherrscht wird. Sie lügen, wenn sie sagen, wir seien dumm, fanatisch und verblendet. Wir sind das Licht. Die Propheten - unter ihnen Jesus - sprachen vom Licht Gottes. Die Wahrheit muss durch die Dunkelheit hindurch sichtbar werden.

Schnell die Treppe hinab, ohne dass es nach einer Flucht aussieht. Einer, der es eilig hat. Dann passiert etwas, womit ich nicht gerechnet habe. An einem der Stände mit Blumen, nicht weit vom Ausgang, stehen Muriel und Hicham, meine Tante und mein Onkel. Sie riechen an Blumen und kichern wie Kinder. Ich muss eine Entscheidung treffen. Entweder gehe ich an ihnen vorbei, als hätte ich sie nicht gesehen und sie bleiben hier, wenn das Feuer und das Chaos ausbricht, oder ich versuche sie so schnell es geht, nach draußen zu locken. Meine Tante backt die besten Kuchen der Welt. Sie lieben Kinder, obwohl sie keine eigenen haben. Sie streiten nie, lächeln immer und sind wunderbar. Als Kind habe ich sie oft gesehen, in den vergangenen Jahren selten. Ich bin erwachsen und halte mich von der Familie fern. Ausgerechnet jetzt sehe ich sie hier, heute, in dieser Stunde. Die Zeit verrinnt. Ich muss sie ansprechen und wegbringen. Als ich bei ihnen ankomme, bemerken sie mich anfangs nicht. Dann wendet meine Tante ihren Kopf und sieht mich. Ihr Lachen zieht sich über das ganze Gesicht.

„Asik, Junge, bist du das wirklich? Wir haben dich lange nicht gesehen,“ sagt sie. Schulterklopfen und eine stumme Umarmung meines Onkels folgen. Ich versuche ruhig zu bleiben. Minuten verrinnen.
„Kommt ihr mit mir nach draußen ? Ich habe es eilig, draußen könnte ich noch eine Zigarette mit euch rauchen.“
„Du musst wirklich gleich los?“
„Lasst uns raus gehen, da können wir besser reden.“
„Ja, gleich. Du siehst gut aus“, sagt mein Onkel.

Er ist ein stämmiger, kleiner Mann. Wir gehen zusammen los. Es sind nur wenige Schritte bis zum Ausgang. Die beiden sind langsam und betrachten mich immer wieder. Wir kommen an dem Stand mit den Rindswürsten vorbei, vor dem eine lange Schlange Menschen ein heißes Stück Wurst ergattern will. Die Tür öffnet sich automatisch und die gleißende Helligkeit blendet uns, Hitze schlägt uns entgegen, stärker und spürbarer als vor dem Betreten der Halle. Ein paar Schritte vom Eingang entfernt, bleiben wir an einer Stelle stehen, die Schatten bietet. Meine Tante hat sich bei mir eingehakt und sich auf dem Weg an mich gedrückt.

Gleich wird es losgehen. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut. Ich zünde mir die Zigarette an, meine Tante fragt mich, wie es mit dem Studium läuft. Da hören wir den Knall. Eine Scheibe zerbricht über der Stelle, an der wir stehen. Rauch spuckt heraus, grauer, dunkler Rauch. Meine Ohren dröhnen. Schrecken bricht aus. Tante Muriel zittert, klammert sich an mich und den Onkel. Menschen rennen schreiend aus der Halle. Onkel Hicham schaut mich an, fragend, mit starren Augen. Er nimmt seine Frau an der Hand und drängt von der Halle weg. Dicht hinter ihnen folge ich. Meine Kehle schnürt sich zu. Angst. Beschleunigung. Alles wird schneller. Die Ruhe des Sommertags ist vorbei, wie ich es wollte, genau wie ich es wollte.

Immer mehr Menschen drängen aus der Halle. Wie ein Sturm. Sie treiben in alle Richtungen, weg von der Halle, weg von der Angst. Meine Zigarette ist längst auf den Boden gefallen. Wir gehen weiter, schneller. Ich weiß, dass ich mich verabschieden muss, obwohl ich Tante und Onkel nicht allein lassen will, auf deren Gesichtern die Furcht das Lächeln gelöscht hat.

Eine zweite Explosion. Schreie. Leute, die an uns an uns vorbei rennen. In der Nähe höre ich Martinshörner. Ich drehe mich um und blicke zum Eingang der Halle zurück. Rauch. Verletzte. Einige wanken, werden gestützt. Genau kann ich es nicht sehen. Ich muss weg. Aus dem Fenster im Obergeschoss wurden Gegenstände herausgeschleudert. Fische darunter. Sie liegen neben Bruchstücken von Plastik und Holz. Die Bombe muss eine viel stärkere Wirkung entfaltet haben, als ich es vermutet habe. Ich bereue nichts, überhaupt nichts bereue ich. Die Fische flogen in den Himmel empor und liegen jetzt auf dem Asphalt, mit glänzendgrauen Schuppen, glitschigem Leib. Mein Werk gefällt mir, die Schreie gefallen mir.
Ich höre die leise Stimme Onkel Hichams: „Wir gehen weg von hier, mein Junge.“ Er sagt es ins Nichts. Ohne noch auf mich zu warten, nimmt er die Hand meiner Tante und geht los. Langsam und energisch. Er achtet nicht darauf, ob ich mitkomme. Mag sein, dass er mich vergessen hat. Ich bleibe dicht hinter ihnen. Wir begegnen Menschen, die vom Geschehen weg eilen, anderen, die sich hin drängen. Mein Onkel wird schneller. Wie von alleine gehe ich, als wären die Beine nicht mehr Teil von mir, wie in einem Traum. Der Platz vor dem Römer ist leergefegt.

„Wer mag das angerichtet haben? In der Halle war es so friedlich“, sagte Tante Muriel.
„Die Welt ist grausam. Hauptsache euch ist nichts passiert.“
Es klingt wie eine Lüge. Ich muss gehen, weg von ihnen, weg von dem Rauch, der hinter mir aufsteigt. Ich suche nach der Stelle, wo die junge Bettlerin war. Sie ist verschwunden.
Ich umarme Tante und Onkel und verabschiede mich. Auf meiner Wange bleibt eine Träne von Tante Muriel zurück.
„Ich muss gehen.“
Mein Blick geht nicht zurück.
 

Isegrims

Mitglied
Der Sommertag brennt. Dunst liegt über der Stadt. Menschen fließen über die Zeil. Am Rande der Straße, unter einem müden Baum mit verblichenen Blättern sitze ich auf einer Bank und beobachte die Menschen. Ich sehe starre, gierige Augen. Frauen, die ihre Haut zur Schau stellen. Männer, die ihre Frauen präsentieren. Ungeschützte Schönheit. Dazwischen meine Brüder, als Bettler verkleidet, gebückt im Dreck. Jeder geht an dem anderen vorbei und reiht sich ein in das Wogen der Masse.
Meine Augen sind klar und mein Herz fülle ich mit Liebe. Ich bin berufen, das Licht in die Welt zu bringen und werde sie zwingen, die Augen zu öffnen. Das Blut wird leuchten und die Jagenden, die Suchenden, werden die Plastiktüten mit ihren Einkäufen vergessen. Ich helfe ihren Seelen und sie werden schmerzhaft ihre Augen öffnen.

Kichernd gehen junge Frauen an mir vorbei, kaum jünger als ich. Sie erkennen und beachten mich nicht, obwohl ich auf den Ansatz ihrer Brüste schaue und ihre schwellenden Hintern in den engen Hosen oder Röcken entdecke. Sie sind fröhlich, leicht wie Vögel und ich wünsche mir, ihre Haut zu berühren. Haut wie Milch, die schmeckt wie Honig. Hinter ihnen junge Männer, Knaben eher, sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Sie lachen, zeigen ihre Muskeln, recken ihre Brustkörbe und klopfen sich gegenseitig auf die Schultern. Mit Stolz tragen sie dieselben Turnschuhe, nach denen ich mich sehnte. Markenschuhe, auf die ich sparte, für die ich meine Eltern anbettelte, bis ich die 200€ in den Händen hielt, die ich brauchte. Ich erinnere mich wie neu und makellos sie rochen, wie unbefleckt sie waren. Ich dachte, dass jeder sehen müsste, welche Schuhe ich trage, dass alle, an denen ich vorbeigehe, mich und meine Schuhe bewunderten. Ich täuschte mich. Gestern habe ich meine überzähligen Kleider und Schuhe den Bedürftigen der Gemeinde gespendet. Ich brauche sie nicht mehr. Ich habe mich entschieden.

Während ich hier sitze, gehen Hunderte an mir vorbei und sehen mich nicht. Die Sonne brennt auf den Asphalt. Die Erde darunter wünscht sich, befreit zu werden. Im Brennglas meiner Gedanken schwitze ich nicht. Ich bete für die Menschen, die an mir vorbei wandern. Ich bin vorbereitet und mache die Sonne heller, weil ich wie ein Blitz bin, der aufzuckt und den Tag erhellt. Eins muss mir noch gelingen: das Mitleid besiegen, hart sein, den Schmerz ertragen und mich im Licht zeigen. Heute will ich meinen Mut testen und mich vorbereiten auf das Größere, das kommen wird. Nur ein Versuch. In meiner Tasche habe ich eine Wollmütze mit ausgeschnittenen Löchern für die Augen. Und den Brandsatz nach einer Anleitung aus den Flüssigkeiten gemixt, die ich mir besorgt habe.

Ich lasse mich in die Menge gleiten, biege ab in Richtung Paulskirche und Römer. Als ich in der Schule war, besuchten wir die Paulskirche. Lehrergerede über Freiheitskampf. Nichts hat sich geändert. Was ist das für eine Freiheit kommen, solange es erlaubt ist, Geld zu scheffeln, andere mit den Mitteln des Rechts zu betrügen und sich dabei wohl zu fühlen?

An eine Wand gelehnt, sehe ich eine junge Frau. Sie trägt Jeans und einen zerschlissenen Pullover und um den Hals ein Pappschild. Darauf steht: „Ich bin alleinerziehend und arm, bitte helfen Sie mir.“ Vor sich hat sie eine Plastikschale auf den Asphalt gestellt. Münzen darin, Centbeträge, mehr nicht. Schnell und ohne sie zu beachten, gehen Leute mit gefüllten Beuteln an ihr vorbei. Die Frau gefällt mir mit ihrer weißen Haut. Wenn sie nur aufstünde und ihren Körper aufrichtete, um ihn den Menschen entgegen zu strecken, die sie übersehen, die Augen vor ihr verschließen, sich wegdrehen. Früher hätte ich das genauso gemacht, weggeschaut. Meine Schritte werden langsamer, ich beuge mich zu ihr herab, hole mein Portemonnaie aus der Hosentasche. Ich schütte alle Münzen, die sich darin befinden, in das Tellerchen und den 50€-Schein lege ich obendrauf. Sie schaut hoch zu mir, zu dem Mann mit dem schwarzen Bart und den dunklen Augen und ich erkenne wie hell und durchscheinend ihre Augen sind. Ein vorsichtiges, verkniffenes Lächeln. Für einige Augenblicke halten sich unsere Blicke.

„Danke.“
„Ich freue mich, dir zu helfen, Schwester.“
Ein stiller Blick von ihr, verwundert, ängstlich. Hastig richte ich mich auf und gehe weiter. Kein Blick zurück. Ich fühle mich leicht. Für einen Moment überlege ich mir, ob die Frau eine Ganovin ist, die sich verkleidet und abends in ihrer komfortablen Wohnung ihre Tageseinnahmen zählt. Ich unterdrücke den Gedanken, besser ist es, zu glauben und zu hoffen.

Mein Schädel brennt. Ich bin wenige Schritte vom Römerplatz entfernt. Ich mag diese Häuser, die aussehen, als stünden sie jahrhundertelang hier und kämen aus einer alten Welt, die ehrlicher war. Vor der Fassade des Rathauses bleibe ich stehen, mitten unter Touristen aus Asien. Mein Blick wandert hin und her, um die Menschen zu spüren, die sich gegenseitig fotografieren und anlachen. Eine ganze Gruppe in der ländlichen Kleidung ihrer Heimat geht an mir vorbei. Sie sehen nach Indern aus. Die Frauen tragen lange, bunte Kleider, in Farben, die hier keiner tragen würde, warme Töne, orange, ein helles Blau.
Der Anblick der Farben erinnert mich an einen Sommertag auf dem Land, an eine Sommerwiese mit vielfarbigen Blumen, an die Frau, die ich dort geküsst und begehrt habe, an ihre Haut, ihre Lippen, die sich geöffnet haben, an sie, die sich geöffnet hat. Unsere Küsse füllten unsere Münder aus und wir vergaßen, was um uns war. Erst als wir die Augen wieder aufmachten, bemerkten wir, wie schön das Meer der Blumen war. Vollendeter war kein Sommertag. Heute ist ein Tag wie damals. Ich habe genug gewartet und gehe zurück zur Einkaufsstraße, weg von den idyllischen Häusern des historischen Zentrums. Als ich an die Stelle komme, wo die Bettlerin sitzt, wende ich meinen Blick ab, um sie nicht anschauen zu müssen.
Ich will mich auf meine Aufgabe konzentrieren und denke an diejenigen, die mir die Augen geöffnet haben, höre die wohlklingende Stimme von Anton in mir, der mir erklärte, dass Satan die Welt beherrsche und wie schön diese Welt wäre, wenn sie gereinigt sei. Wir Kinder des Lichtes atmeten anschließend freier und die Angst verschwände, das Gift für die Seelen. Nachdem er von Satan gesprochen hatte, begann ich, die Gesichter des Teufels auf den Straßen zu suchen und fand sie in den Blicken meiner Eltern, die aufblitzenden Augen, wenn sie davon sprachen, was sie unbedingt haben wollten, sei es ein Auto oder Schmuck. Der Satan war im Blick meines Vaters, der eines Abends sagte, er gehe mit Freunden etwas trinken, obwohl er mit einer anderen Frau ins Restaurant ging. Er saß da und lächelte die Fremde an, während meine Mutter ihm zu Hause die Wäsche bügelte. Ich lief schnell an ihm vorbei. Für alle sichtbar hatte er einen Platz am Fenster gewählt. Die Frau mit ihren dunklen Haaren und dem harten Gesicht war nicht besonders hübsch. Mein Vater lachte und gestikulierte dennoch mit ihr. Am nächsten Tag war ich bei Anton und habe ihm von meinem Vater erzählt. Er hat mich an das Lachen Satans erinnert. Wir müssen die Welt reinigen, dem Satan entgegen treten. Ich hab verstanden, was Anton meint und werde handeln. Heute ist der richtige Tag.

Langsam nähere ich mich meinem Ziel, der geschäftigen Kleinmarkthalle. Wo man Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch kaufen kann, die angefüllt ist mit Gerüchen. Bei meinem letzten Besuch holte ich mir ein französisches Maishühnchen und Fisch, der ein Tag zuvor glücklich im Ozean schwamm. An diesem frühen Nachmittag wird es nicht voll sein in der Halle. Mein Plan ist einfach: eine unbelebte Stelle auf der Empore suchen, meine Tasche platzieren und den Zünder entsichern. Wenn das erledigt ist, bleiben mir zehn Minuten, um die Halle zu verlassen.
Als ich reingehe, genieße ich den kühlen Luftzug der Klimaanlage nach der Hitze draußen. Ich rieche ein Gemisch aus Kräutern und süßem Obst, während ich an den ersten Ständen vorbei gehe und das aufgetürmte Obst betrachte. Die Erdbeeren sind rot und glänzend als wären sie poliert. Ich stelle mir vor, Erdbeeren mit Sahne zu vermischen und mir in den Mund zu stopfen. Oder sie gleich ungewaschen zu vertilgen, wie ich es als Kind auf dem Feld gemacht habe. Frauen und Männer in grünen Schürzen stehen hinter den Ständen. Ich beobachte eine kleine, alte Frau mit weißen Haaren und unsicherem, hinkendem Gang. Für einen Moment schaut sie mir direkt in die Augen und lächelt, häuft Äpfel auf und stapelt die Früchte. Wenige Leute kommen mir entgegen. Wie ich es erwartet habe. Ich bleibe entschlossen und konzentriert. Ich muss nicht überlegen, jede Einzelheit ist durchdacht. Eine Treppe führt mitten in der Halle zur Empore. Dorthin führt mein Weg. Hochgehen, die Tasche ohne Zögern abstellen und die Halle verlassen. Oben auf der Empore angelangt, schaue ich mir die Stände mit Fisch und Kaviar an. Kaum was los, die Verkäufer schauen gelangweilt ins Leere. Die Köstlichkeiten sind teuer, der Lohn eines ganzen Tages für das Prekariat. An einer Stelle finde ich eine Lücke zwischen aufgestapelten Kisten und Eimern. Die anderen Plätze sind unbrauchbar, weil dort überhaupt nichts steht und ein herumstehender Gegenstand auffiele. Ich beschließe die Tasche in die oberste der gestapelten Kisten zu legen. Die ausgewählte Lücke zwischen den Ständen befindet sich vor einem der letzten Fischbuden. Langsam nähere ich mich, vorsichtig schaue ich mich um, ob jemand sich hinter mir befindet. Eine Frau und ein Mann überholen mich. Ein junges Pärchen, das sich an den Händen hält, in beständigem Austausch von Worten, Gesten und Berührungen. Sie sind vor mir und stehen an einem Fischstand. Vielleicht feiern sie das Jubiläum ihres Kennenlernens. Sie sollten sich mit ihrem Einkauf beeilen.

Es riecht nach Fisch und Meer. Feuer wird den Geruch vertreiben. Hinter mir befindet sich eine ältere Frau, die sich ziellos umschaut. Ich bemerke sie, als ich nur noch wenige Meter von der Lücke mit den Kisten entfernt bin und mich an die Balustrade lehne, um auf den Moment zu warten, die Tasche abzustellen. Ich fühle mich unbeobachtet. Wenn ich fliehen muss, werde ich die Mütze überziehen, die ich mir zurechtgeschnitten habe. Meine Kleidung ist unauffällig. Jeans, schwarzes T-Shirt ohne Aufdruck. Mein Blick wandert von der Balustrade über die Stände im Erdgeschoss. Menschen. Manche mit gefüllten Tüten voller Obst und Gemüse. Andere schlendern ziellos und genießen die Kühle der Halle.

Ich bin entspannt, hellwach und absolut konzentriert. Was werden die Leute machen, wie werden sie sich bewegen, sobald sie den Brandsatz bemerken? Panik? Das Paket sieht wie ein sehr großer Kaugummi aus und wird ein Loch in den Boden reißen, wahrscheinlich die Balustrade beschädigen. Die Fische werden in der Luft tanzen und das Gemüse wird fliegen.

An die Menschen darf ich nicht denken, das Ziel zählt. Der Moment ist gekommen. Mit festen Schritten, ohne mich zu beeilen, gehe ich zu der Lücke zwischen den Ständen und lege die Tasche in die oberste Kiste, die dort stehem, als wäre sie mir zu schwer, als wollte ich sie nach meinen Einkäufen wieder abholen. Ich wende mich ab und gehe mit aller Gelassenheit, die ich aufbringen kann, zur Treppe, bleibe kurz stehen und hole das Handy mit dem installierten Zeitzünder aus der Tasche. Ich brauche nur ein Signal senden und die Bombe ist aktiviert, programmiert von Brüdern. Das Handy habe ich von Anton. Ich drücke hastig auf den Knopf und sende das Signal.
Mir bleiben zehn Minuten. Bis dahin will ich auf der Zeil sein und mich in der Menge auflösen. Aus der Ferne werde ich Sirenen hören, Blaulicht sehen, den Knall der Bombe hören, Unruhe wird sich in der Stadt ausbreiten und ich werde weitergehen, einfach weitergehen. Ich bin kein Märtyrer und will nicht sterben, obwohl ich keine Angst vor dem Tod habe. Solange ich lebe, kann ich größere Aufgaben übernehmen, die Welt verändern. Es geht ohnehin nicht um mich, es geht um Würde und ein Leben im Einklang mit Gott. Es geht um Wahrheit in einer Welt, die von Geld und falscher Propaganda beherrscht wird. Sie lügen, wenn sie sagen, wir seien dumm, fanatisch und verblendet. Wir sind das Licht. Die Propheten - unter ihnen Jesus - sprachen vom Licht Gottes. Die Wahrheit muss durch die Dunkelheit hindurch sichtbar werden.

Schnell die Treppe hinab, ohne dass es nach einer Flucht aussieht. Einer, der es eilig hat. Dann passiert etwas, womit ich nicht gerechnet habe. An einem der Stände mit Blumen, nicht weit vom Ausgang, stehen Muriel und Hicham, meine Tante und mein Onkel. Sie riechen an Blumen und kichern wie Kinder. Ich muss eine Entscheidung treffen. Entweder gehe ich an ihnen vorbei, als hätte ich sie nicht gesehen und sie bleiben hier, wenn das Feuer und das Chaos ausbricht, oder ich versuche sie so schnell es geht, nach draußen zu locken. Meine Tante backt die besten Kuchen der Welt. Sie lieben Kinder, obwohl sie keine eigenen haben. Sie streiten nie, lächeln immer und sind wunderbar. Als Kind habe ich sie oft gesehen, in den vergangenen Jahren selten. Ich bin erwachsen und halte mich von der Familie fern. Ausgerechnet jetzt sehe ich sie hier, heute, in dieser Stunde. Die Zeit verrinnt. Ich muss sie ansprechen und wegbringen. Als ich bei ihnen ankomme, bemerken sie mich anfangs nicht. Dann wendet meine Tante ihren Kopf und sieht mich. Ihr Lachen zieht sich über das ganze Gesicht.

„Asik, Junge, bist du das wirklich? Wir haben dich lange nicht gesehen,“ sagt sie. Schulterklopfen und eine stumme Umarmung meines Onkels folgen. Ich versuche ruhig zu bleiben. Minuten verrinnen.
„Kommt ihr mit mir nach draußen? Ich habe es eilig, draußen könnte ich noch eine Zigarette mit euch rauchen.“
„Du musst wirklich gleich los?“
„Lasst uns raus gehen, da können wir besser reden.“
„Ja, gleich. Du siehst gut aus“, sagt mein Onkel.

Der Onkel ist ein stämmiger, kleiner Mann. Wir gehen zusammen los. Es sind nur wenige Schritte bis zum Ausgang. Die beiden sind langsam und betrachten mich immer wieder. Wir kommen an dem Stand mit den Rindswürsten vorbei, vor dem eine lange Schlange Menschen ein heißes Stück Wurst ergattern will. Die Tür öffnet sich automatisch und die gleißende Helligkeit blendet uns, Hitze schlägt uns entgegen, stärker und spürbarer als vor dem Betreten der Halle. Ein paar Schritte vom Eingang entfernt, bleiben wir an einer Stelle stehen, die Schatten bietet. Meine Tante hat sich bei mir eingehakt und sich auf dem Weg an mich gedrückt.
Gleich wird es losgehen. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut. Ich zünde mir die Zigarette an, meine Tante fragt mich, wie es mit dem Studium läuft. Da hören wir den Knall. Eine Scheibe zerbricht über der Stelle, an der wir stehen. Rauch spuckt heraus, grauer, dunkler Rauch. Meine Ohren dröhnen. Schrecken bricht aus. Tante Muriel zittert, klammert sich an mich und den Onkel. Menschen rennen schreiend aus der Halle. Onkel Hicham schaut mich an, fragend, mit starren Augen. Er nimmt seine Frau an der Hand und drängt von der Halle weg. Dicht hinter ihnen folge ich. Meine Kehle schnürt sich zu. Angst. Beschleunigung. Alles wird schneller. Die Ruhe des Sommertags ist vorbei, wie ich es wollte, genau wie ich es wollte.

Immer mehr Menschen drängen aus der Halle. Wie ein Sturm. Sie treiben in alle Richtungen, weg von der Halle. Meine Zigarette ist längst auf den Boden gefallen. Wir gehen weiter, schneller. Ich weiß, dass ich mich verabschieden muss, obwohl ich Tante und Onkel nicht allein lassen will, auf deren Gesichtern Furcht das Lächeln gelöscht hat.

Eine zweite Explosion. Schreie. Leute, die an uns an uns vorbei rennen. In der Nähe höre ich Martinshörner. Ich drehe mich um und blicke zum Eingang der Halle zurück. Rauch. Verletzte. Einige wanken, werden gestützt. Genau kann ich es nicht sehen. Ich muss weg. Auf der Straße liegen herausgeschleuderte Gegenstände, Fische darunter, neben Bruchstücken von Plastik und Holz. Die Bombe muss eine viel stärkere Wirkung entfaltet haben, als ich es vermutet habe. Ich bereue nichts, überhaupt nichts bereue ich. Die Fische flogen in den Himmel empor und liegen jetzt auf dem Asphalt, mit glänzendgrauen Schuppen, glitschigem Leib. Mein Werk gefällt mir, die Schreie gefallen mir.

Ich höre die leise Stimme Onkel Hichams: „Wir gehen weg von hier, mein Junge.“ Er sagt es ins Nichts. Ohne noch auf mich zu warten, nimmt er die Hand meiner Tante und geht los. Langsam und energisch. Er achtet nicht darauf, ob ich mitkomme. Mag sein, dass er mich vergessen hat. Ich bleibe dicht hinter ihnen. Wir begegnen Menschen, die vom Geschehen weg eilen, anderen, die sich hin drängen. Mein Onkel wird schneller. Wie von alleine gehe ich, als wären die Beine nicht mehr Teil von mir, wie in einem Traum. Der Platz vor dem Römer ist leergefegt.

„Wer mag das angerichtet haben? In der Halle war es so friedlich“, sagte Tante Muriel.
„Die Welt ist grausam. Hauptsache euch ist nichts passiert.“
Es klingt wie eine Lüge. Ich muss gehen, weg von ihnen, weg von dem Rauch, der hinter mir aufsteigt. Ich suche nach der Stelle, wo die junge Bettlerin war. Sie ist verschwunden.
Ich umarme Tante und Onkel und verabschiede mich. Auf meiner Wange bleibt eine Träne von Tante Muriel zurück.
„Ich muss gehen.“
Mein Blick geht nicht zurück.
 

Isegrims

Mitglied
Guten Abend Ji
ja: nach all der Aufregung kehrt Ruhe ein...
mit so viel Klicks und all dem habe ich gewiss nicht gerechnet...
ich habe einiges gelernt ...
liebe Grüße
Isegrims
 



 
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