Narda von Kronor

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FrankK

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Konsenz

Hallo jon

Dann lassen wir uns mal überraschen, ob sternsucher den Versuch wagt, daraus daraus eine "runde" Sache zu machen.


Freundlich Grüßend

FrankK
 

sternsucher

Mitglied
Hallo zusammen,

ich wage jetzt erstmal eine Antwort, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, die letzten Kommentare richtig verstanden zu haben.
Wie FrankK schon ganz richtig angemerkt hat, war die Geschichte ursprünglich auch eine Personalisierung Nardas. Aber eben 'auch' und nicht 'nur'. Ich hatte eigentlich gedacht, dass es (inzwischen) auch eine nette Kurzgeschichte ist.
Die ganze Sache hat im Prinzip nichts mit dem angesprochenen Roman zu tun. Ich will auch nicht anfüttern oder ähnliches. Es soll einfach nur eine Kurzgeschichte sein, die sich zugegebenermaßen durch die intensive Bearbeitung etwas ausgeweitet hat.
Warum nur sprecht ihr immer von Spionin und Samariterin? Sie trägt nur Informationen zusammen, die für sie persönlich wichtig sind. Dass sie ihre Freunde unterstützt, ist nur Nebensache.
Jon, was verstehst du unter 'unrund'? Zuviel Plot?

Ein fragender sternsucher
 

sternsucher

Mitglied
Diese Kurzgeschichte war ursprünglich die Personalisierung einer Person in einem SF-Roman. Doch ich hoffe, dass es inzwischen mehr ist.


Narda

Die einsame Gestalt mitten in der Wüste wirkte fehl am Platz. Eine junge Frau. Ihre sportliche, hochgewachsene Figur wurde von einer militärischen Pilotenkombination betont, die allerdings weitgehend von einem schmuddeligen Kaftan verdeckt wurde.
Narda Kadesch lag neben ihrem Sandsurfer und blinzelte in das grelle Licht des untergehenden Saridanus. Das helle Braun ihrer Haut wurde eine Spur dunkler, als der aufkommende Wüstenwind endlich etwas Erfrischung brachte. Sie liebte diesen Moment, der Unwissenden unverbrauchte Luft vorgaukelte.
Ihre Aufmerksamkeit war jedoch nur kurz abgelenkt, denn es gab wichtigeres, als die Betrachtung des Sonnenuntergangs. In der schnell hereinbrechenden Dunkelheit konnte sie Lichtzeichen erkennen.
„Wurde auch Zeit!“, brummte Narda und richtete sich auf.
Mit einem Fernglas beobachtete sie die Blinkzeichen weiter, wobei sie sich kurze Notizen auf einem Taschencomputer machte. Schließlich verschwand das Licht. Sie verstaute den Computer, wechselte eilig ihre Militärstiefel gegen zerschlissene Sandalen und wenig später zeugte nur noch eine Staubfahne von ihrer Anwesenheit.
Narda hatte es eilig. Ihr Gönner machte in der letzten Zeit den Eindruck, als würde er auf ihre Beziehung keinen Wert mehr legen. Doch noch hatte sie den Zweck dieser leidigen Verbindung nicht vollständig erreicht, darum musste sie alle Möglichkeiten nutzen, die ihr zur Verfügung standen. Dazu gehörte auch, das eben Erfahrene weiter zu geben, damit sie etwas in der Hand hatte, wenn Feris Baldet auf einem Ende der Beziehung bestehen sollte.
Der erste Mond ging gerade auf, als Narda Kabairo erreichte. Die Stadt stammte noch aus den Zeiten, als ein normales Leben an der Oberfläche möglich war. Jetzt waren die oberirdischen Gebäude meist verfallen und bestanden aus aneinander gereihten Ruinen, in deren Kellern und Gewölben unbequeme, kriminelle oder einfach nur verarmte Menschen wohnten. Die überall eingesetzten und gut belegten Militärposten waren laut Regierung dringend notwendig, um das Ausbreiten von Rebellenaktivitäten zu bekämpfen.
Narda versteckte ihr Gefährt außerhalb der Stadt und schlich durch Strassen, die diesen Namen nicht mehr verdienten. Schließlich gelangte sie an eine halb verfallende Hütte. An der Tür gab sie leise Klopfzeichen.
Ebenso leise raunte eine Stimme hinter dem Eingang: „Wer?“
„Kadesch, mach auf. Hier draußen ist es nicht geheuer.“
Die Pforte ging auf und Narda wurde ins Dunkel gezogen. Nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war, hielt ihr jemand eine Waffe unters Kinn. Ein Licht flammte auf und blendete sie. Narda wartete nicht lange, sondern handelte.
Gedankenschnell schlug sie zu. Gleichzeitig packte sie die Waffe und ging in die Hocke. Die Lampe klapperte zu Boden und der Besitzer lag stöhnend daneben.
„Verdammt!“, ächzte er. „Bist du übergeschnappt?“
„Palderas? - Warum hältst du mir eine Knarre an den Kopf? So was vertrage ich nicht sonderlich gut.“
„Wir müssen vorsichtig sein, die Regierungstruppen patrouillieren wieder verstärkt.“
„Wenn von denen einer vor der Tür gestanden hätte, wärst du schon erledigt gewesen. Wo ist Mara?“
Palderas schickte Narda in die Kellerräume und besetzte wieder seinen Wachposten. Narda betrat wenig später einen Raum, in dem etwa 40 Menschen hockten und apathisch vor sich hin starrten. Sie fand ihre Freundin damit beschäftigt, einem Kind Flüssigkeit einzuflössen. Mara sah auf und winkte ihr, zu warten.
Einige Minuten später saßen sie zusammen und Mara sagte: „Schön dich mal wieder hier zu sehen. Wie geht es dir?“
„Im Moment geht es noch. Aber ich kann meinen Feris nicht mehr so gut kontrollieren. Scheinbar verliert er die Lust. Er ist mir nicht mehr so hörig wie früher, deshalb muss ich etwas unternehmen.“
„Der Mann wagt es tatsächlich, sich Narda Kadesch zu widersetzen?“, lachte Mara. „Er kennt dich doch jetzt schon ziemlich lange und müsste wissen, was es heißt, dich zu provozieren.“
„Oh, bisher war ich immer nur das schnurrende Kätzchen, das nur auf sein liebes Herrchen wartet. Anders lässt sich dieser Typ nicht rumkriegen. Doch wie er mich verkennt, siehst du schon daran, dass ich die Fliegerschule besuchen darf. So etwas haben seine früheren Frauenzimmer nicht geschafft.“
„Ich weiß. Aber jetzt funktioniert die Geschichte nicht mehr?“
„Er besucht immer öfter die Huren in den Kasinos. Soll mir nur recht sein, dann lässt er mich wenigstens in Ruhe. Aber es sind deutliche Anzeichen.“
„Verstehe. Hast du schon die nötigen Infos eingeholt?“
„Gerade eben“, nickte Narda und übergab den Taschencomputer. Mara überprüfte kurz die Daten und lächelte.
„Also die Erpressungsschiene. Das wird deinem geliebten Feris nicht gefallen.“
„Ich bin nur eine arme, fast verlassene Frau und - rachsüchtig“, feixte Narda. „Was ist mit diesen Leuten hier?“
„Das Übliche. Verletzt und unterernährt. Wir haben fast keine Vorräte mehr.“
„Ist die Lieferung nicht angekommen? Ich habe Baldet erst vor zwei Tagen ein ganze LKW-Ladung Lebensmittel unterschlagen und sie hierher geschickt.“
„Das wird der Transporter gewesen sein, der gestern von den Militärs beschlagnahmt worden ist. Die machen sich damit ein schönes Leben. Sie haben natürlich sofort einige Frauen eingeladen, die, mehr oder weniger erfreut, die Gelegenheit beim Schopf gepackt und sich dort satt gegessen haben.“
Narda ballte wütend die Fäuste. Es wurde immer schwieriger, ihre Freunde heimlich zu unterstützen. Wer nicht verhungern wollte, musste sich den Rebellen anschließen oder mit dem Militär zusammen arbeiten. In beiden Fällen hieß das für hübsche junge Frauen oft: Prostitution. Sie wurde von Mara aus ihren Gedanken gerissen.
„Apropos Schopf. Schicke Zöpfe hast du. Ist das jetzt Mode bei den Herrschaften?“
„Feris möchte das so haben. Ich soll sogar rothaarig werden, aber das konnte ich bisher verhindern.“
„Sag ihm einfach: Haare, die bis zum Hintern gehen, können nicht gefärbt werden. Was hast du jetzt vor, Narda?“
„Am liebsten würde ich den Soldaten den LKW wieder abnehmen.“
„Mach keine Dummheiten. Du darfst nicht in Erscheinung treten. Wenn man dich hier erwischt, hast du nicht nur deine Position bei Baldet verspielt. Dein Ziel, mit diesem ominösen Schiff von Kronor weg zu kommen, würde in sehr weite Ferne rücken und unser Leben wäre noch schwieriger.“
„Ich weiß“, seufzte Narda niedergeschlagen. „Wann weißt du, ob alles glatt läuft?“
„Spätestens in zwei Tagen. Ich gebe dir auf dem üblichen Weg Bescheid.“
Die Frauen verabschiedeten sich und Narda machte sich auf den Rückweg. Dabei lief sie einer Militärpatrouille über den Weg. Um sich nicht verdächtig zu machen, senkte sie ihren Blick und blieb scheinbar demütig stehen um die Männer vorbei zu lassen.
Doch einer der Soldaten blieb ebenfalls stehen und befahl: „He, du da. Komm mal ans Licht.“
Das fehlte noch. Narda zog den alten Kaftan enger zusammen und verfluchte ihre Zeitnot, die ihr nicht erlaubt hatte, sich umzuziehen. Wenn die Soldaten unter ihrer behelfsmäßigen Tarnung die Fliegeruniform entdeckten, würden sie misstrauisch werden und genau nachforschen. Doch das durfte nicht geschehen. Daher zögerte sie keinen Moment, sondern tastete vorsichtig nach ihrer Waffe. Beide Soldaten hoben jetzt ihre Gewehre und forderten Narda auf, sich auszuweisen. Doch die dachte gar nicht daran. Sie schoss, während sie hinter einem Mauerrest Schutz suchte, traf jedoch nur einen der Männer. Der Andere war schneller und sprang in Deckung, während er die Schüsse erwiderte.
Narda flüchtete durch die Kloaken der dunklen Gassen. Sie kannte sich hier aus, deshalb hatte sie keine Angst um sich. Doch da war die Sorge um ihre Freunde. Das Militär kannte keine Gnade, wenn es darum ging, Übergriffe von angeblichen Rebellen zu ahnden.
Jetzt war es jedoch zu spät, um darüber nachzudenken. Der Soldat folgte ihr und sie wusste, dass er Verstärkung angefordert hatte. Deshalb, und weil ihr Fluchtweg nicht rekonstruiert werden durfte, konnte Narda keine Rücksicht nehmen. Sie versteckte sich hinter einem zusammengefallenen Hauseingang und erwartete ihren Verfolger. Wenig später lag er stumm im Dreck der Strasse. Jetzt rannte sie zu ihrem Sandsurfer zurück und war wenig später nicht mehr zu sehen.

Einige Tage später stand sie hinter ihrem Gönner und massierte ihm die feisten Schultern. Der Mann grunzte dabei wollüstig vor sich hin, doch Narda achtete nicht darauf. Sie war immer bestrebt, sich nicht mehr als nötig mit dem Kerl zu beschäftigen, um den Ekel nicht übermächtig werden zu lassen. Doch er hatte irgendetwas gesagt und erwartete eine Antwort, die Narda nicht gab. Deshalb wandte er sich, so weit es ihm möglich war, um und schielte zu Narda hoch.
„He, was ist los?“, brummte er. „Hörst du nicht zu, wenn dein Traummann dir was sagt?“
„Entschuldige, Feris. Ich war mit meinen Gedanken woanders.“
„Genau, und das in der letzten Zeit ziemlich oft.“
Feris erhob sich ächzend und schlenderte zum Bad hinüber, wobei er es nicht lassen konnte, sich im Vorbeigehen in einem übergroßen Spiegel zu bewundern. Narda schüttelte sich, als sie sah, wie liebevoll er seine Fettwülste streichelte und selbstverliebt an sich herunter sah.
„Ich mache mir nur Gedanken darüber, wie ich dich zufrieden stellen kann“, rief sie ihm hinterher, wobei sie ein hämisches Grinsen nicht vermeiden konnte.
„Das ist doch selbstverständlich. Aber es reicht jetzt. Ich wollte es dir eigentlich erst in ein paar Tagen sagen, aber mir fällt gerade ein, dass du deine Nachfolgerin in meine Vorzüge und Vorlieben einweisen kannst. Das erspart mir langwierige Erklärungen. Also, du musst auf mich verzichten. Ab morgen wird eine andere Frau deinen Platz einnehmen und du verschwindest, sobald du ihr alles erklärt und gezeigt hast.“
„Hör zu, Schatz!“, sagte Narda mit sanfter Stimme, wobei sie aber wütend die Fäuste ballte. „Du kannst mich nicht einfach ausbooten. So läuft das nicht.“
„So? Kann ich nicht? Ist schon passiert“, tönte seine Stimme aus dem Bad. „War eine schöne Zeit mit dir, ganz ehrlich, doch nun“, Baldet kam ins Zimmer zurück und warf ein Handtuch zu Narda herüber, „ist es vorbei.“
„Feris!“
„Nichts da. Ich habe weder Zeit noch Lust mit dir herum zu diskutieren. Die treuen Blicke deiner blauen Augen werden dir jetzt auch nicht mehr helfen. Ich werde alles in die Wege leiten. Wenn ich zurückkomme, hast du deine Sachen gepackt, oder …“
„Oder was? Hör mal gut zu, Bursche!“ Narda baute sich vor dem Mann auf. Die Entscheidung war gefallen und es wurde Zeit, dass Baldet die Realität kennen lernte. „Bisher habe ich dein Machogehabe ertragen, weil du mir nützlich warst. Doch wenn du mit solchen Sprüchen kommst, musst du leider meine andere Seite kennen lernen. Ein Wicht wie du, kann mich nicht einfach vor die Tür setzen. Oder glaubst du etwa, ich würde mich mit einem schmierigen Typen wie dir einlassen, ohne gewisse Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen? Für wie blöd hältst du mich?“
„Wie bitte! Was fällt dir ein?“
„Bei deinem Anblick fällt mir so einiges ein. Setz dich.“
Feris starrte mit offenem Mund zu Narda herüber. So etwas war ihm noch nie passiert.
„Aber Narda“, entgegnete er mehr erstaunt als ärgerlich, wobei er einige Schritte zurück wich. „Was sollen solche Reden? Mein Kätzchen …“
Narda machte einen Schritt auf ihn zu und hatte plötzlich ein Messer in der Hand. „Noch ein Wort und du brauchst die nächsten Wochen keine Rasur mehr.“
„Narda, sei vernünftig.“ Feris starrte die Waffe wie hypnotisiert an.
„Oh, ich bin vernünftig. Wie vernünftig, wirst du noch sehr unangenehm zu spüren bekommen. Setz dich da hin und hör genau zu.“
„Jetzt hör aber mal …“
„Mach deine schleimigen Sprechwerkzeuge gar nicht erst auf. Kommt sowieso nur faules Zeug raus. Ich werde versuchen, dir etwas in den hohlen Schädel zu quetschen. Wenn du das nicht kapieren willst, prügle ich es dir rein. Klar?“
„Aber Narda, was soll denn dieser Ton?“, wimmerte Baldet verschreckt. „So kenne ich dich ja gar nicht.“
„Nein. So kennst du mich nicht. Aber du wirst mich noch kennen lernen, wenn du jetzt nicht die Klappe hältst und zuhörst. Pass auf! Du willst mich raus werfen? Tu das. Nur wirst du dann ab morgen deine geliebte Arbeit verlieren und mit ihr dein schönes, bequemes Leben. Wenn du Pech hast, stecken sie dich auch noch in den Knast. Dort kannst du dich dann mit netten Unterweltlern vergelüstigen. Na ja, vielleicht ist es auch umgekehrt. Sind das nicht schöne Aussichten?“
Feris sah mit offenem Mund zu Narda hoch. Er begriff überhaupt nicht, wovon die schwarzhaarige Schönheit mit der sanften Stimme da sprach. Für ihn war es eine Affäre, wie schon viele andere vorher. Frauen aus den Slums waren immer gefügig. Sie hatten nie gewagt, seine Autorität anzuzweifeln und jetzt redete diese Frau in einer verwahrlosten Sprache, die er sich streng verbeten hatte, völlig unsinniges Zeug. Doch vielleicht hatte sich nur ihr Verstand getrübt, als sie begriff, dass es vorbei war.
„Narda“, begann er vorsichtig, „du weißt nicht was du redest. Beruhige dich erst einmal. Wenn du willst, kannst du auch noch ein paar Wochen auf die Schule gehen. Das wäre doch was, oder? Du wirst sehen, morgen …“
„Mensch, tust du nur so dämlich oder verstehst du wirklich nichts?“, unterbrach Narda den Mann. „Ich rede kein wirres Zeug. Morgen früh, wenn du im Büro wie gewohnt den armen Frauen mit deinem sülzigen Gelaber auf die Nerven gehst, wird dich dein Boss rufen. Er wird dir vielleicht kündigen. Das wäre die beste Version für dich. Allerdings glaube ich eher, dass dich jemand vom Sicherheitsdienst erwarten wird. Was steht auf Mord?“ Narda begann damit, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Mord ist auch bei den höher gestellten Leuten, zumindest offiziell, höchst verächtlich. Kannst du dir vorstellen was passiert, wenn sie dich eines Mordes überführen?“
„Mord… überführen… ich habe nicht… ich meine…“, stotterte Baldet.
„Ich – wohlgemerkt – ich weiß das. Dazu bist du viel zu dumm und feige. Doch ab morgen werden erdrückende Beweise gegen dich vorliegen. Ja, und dann – auf Wiedersehen, Feris.“
„Unmöglich!“ Baldet sprang auf. Er begriff allmählich, was Narda ihm sagen wollte. „Wo sollten solche Beweise herkommen?“
„Woher? Mann, du hast wirklich keine Ahnung.“ Narda blieb vor dem leichenblassen Nervenbündel stehen. „Was glaubst du, ist letztes Jahr mit eurem Oberguru aus der Fliegerschule passiert?“ Sie gab Baldet einen Stoß, dass er zurück in den Sessel fiel. „Er hatte eine kleine Beziehung zu einer Bekannten von mir aufgebaut. Nun, er glaubte, so wie du jetzt, seine Bettgenossin mal eben zurück in die Ruinen von Kabairo abzuschieben, wäre das normalste der Welt. Leider, leider.“ Narda bückte sich und sah Feris direkt in die wässrigen Augen. Sie hatte den Mann so weit.
„Azuba hat gar nicht … ich meine, er hat diese Frau gar nicht umgebracht? Aber die Beweise waren eindeutig.“
„Du hast Recht. Eindeutig und unwiderlegbar. Schlimme Sache, nicht?“
„Was willst du?“
„Endlich wirst du vernünftig. Besorg mir einen Platz auf dem Auswandererschiff. Dann bist du mich los.“
Baldet starrte Narda mit weit aufgerissenen Augen an. Er glaubte sich verhört zu haben, doch ihr Gesichtsausdruck ließ keine Zweifel aufkommen. Sie meinte es völlig ernst.
„Du willst auf das Auswandererschiff? Das geht nicht! Woher weißt du überhaupt von diesem Projekt? Es ist völlig geheim.“
„Geheim? Das ich nicht lache. Die Rebellen tüfteln sogar schon an einem Plan, das Schiff zu entern. Also, was ist nun?“
„Ich habe keinerlei Verfügungsgewalt über die Personalpolitik dieser Station und erst recht nicht über die Besatzung des Raumschiffs. Wie stellst du dir das vor?“
„Ganz einfach. Du erzählst dem korrupten Pack, welches du Freunde nennst, von deinem Herzenswunsch. Nämlich, dass die beste Pilotin des Planeten auf dieses Schiff gehört.“
Narda setzte sich gemütlich in einen Sessel, schüttete sich Kaffee ein und schaute über den Rand der Tasse zu Baldet herüber. Er saß, das Gesicht in die Hände gedrückt, immer noch auf seinem Platz und regte sich nicht. Doch er wollte noch nicht aufgeben. Er stand langsam auf.
„Ich werde jetzt die Sicherheit rufen.“
„Du wirst nichts dergleichen tun!“ Narda stand ebenfalls auf und hob das Messer. Noch bevor Baldet reagieren konnte, fühlte er schon das kalte Metall an seiner Kehle. „Feris, mein Schatz. Sprich nicht von solchen Sachen, wenn du weiter leben willst. Du hast Einfluss genug, um Überwachungskameras in deinem privaten Umfeld zu vermeiden. Also kannst du nicht beweisen, was hier geschieht. Denk nach!“
Baldet stand wie erstarrt und sah Narda mit tränennassen Augen an. Er kannte den Fall des ehemaligen Leiters der Fliegerschule. War es wirklich möglich, dass ihm der Mord an einer Beschäftigten der Schule nur angehängt worden war? Es erschien ihm immer noch unmöglich, doch Narda sprach sehr überzeugend.
„Kannst du beweisen, dass der Mordfall Azuba vorgetäuscht war?“ Baldet versuchte bei dieser Frage seine Kehle aus der unmittelbaren Gefahrenzone des Messers zu bekommen.
„Natürlich kann ich das“, lächelte Narda, während sie einen Ordner, der unter einer Schublade versteckt war, hervor holte und Feris vor die Füße warf. „Das sind Kopien der geheimen Unterlagen, die damals dafür gesorgt haben, dass Azuba angeklagt wurde. Wo kommen die wohl her?“
Narda stieß Baldet wieder zurück in den Sessel. Er war jetzt empfänglich für ihre Forderungen. Sie wartete noch einen Moment, bis er sich etwas beruhigt hatte.
Schließlich sagte sie: „Bevor du irgendwas ausheckst. Als Sofortmassnahme werde ich gleich meine Freunde bitten, in deinem Schreibtisch im Büro der GABA einige Unterlagen zu deponieren, die klar belegen, dass du mich umgebracht hast. Da ich offiziell in der Fliegerschule bin, kann darüber nicht einfach hinweg gegangen werden. Es wird eine Untersuchung geben. Dabei wird heraus kommen, dass du meine Leiche im Kraftwerk entsorgt hast. Wie gefällt dir das?“
„Undenkbar!“
Narda lächelte und gab ein Signal in ihr Kommunikationsgerät ein. „Wenn du meinst, bitte. Die Unterlagen werden jedenfalls in einigen Minuten in deinem Schreibtisch liegen. Du kannst sie morgen prüfen und vernichten. Allerdings nur, wenn wir uns jetzt einig werden. Natürlich liegen die gleichen Unterlagen, nur mit einer anderen Leiche, auch woanders aus. Den Ort bekommst du, sobald ich mit dem Schiff da oben weg bin. Als Bonus darfst du dir vielleicht sogar aussuchen, wer verschwinden soll. Noch Fragen?“
Baldet sackte zusammen. Ihm war klar, dass er, wenn Narda die Wahrheit sagte, keine Chance hatte. Das Militär fackelte nicht lange, wenn es um solche Dinge ging. Unter den wachsamen Augen Nardas nahm er den Ordner und prüfte die Akten. Die Unterlagen schienen tatsächlich echt zu sein.
Narda nahm ihm nach einiger Zeit die Mappe aus der schlaffen Hand und fragte sanft, ob er einverstanden sei. Er nickte nur und Narda verabschiedete sich. Die Würfel waren gefallen und sie musste verschwinden, wenn der Plan aufgehen sollte.
Ihr Ziel war endlich in greifbare Nähe gerückt.
 

jon

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Teammitglied
Nein, nicht "zu viel Plot" – er ist nur "zu zerfasert". Jeder Erzählform sollte alles, was sie erzählt, um eine Art "Hauptgeschichte" herum platzieren. Je länger der Text ist, desto mehr kann das auffächern – mehrer Figuren können ihre eigene (miteinander verwobenen) Geschichten bekommen, man kann "Sachen am Rand" erzählen (die die Figur(en) lebendendiger machen) etc.

Ein Erzählung – zumal eine so kurze – hat aber nur Platz für eine Geschichte und für einen ganz begrenzten Ausschnitt aus dem Leben der Hauptfigur. Was immer darin passiert, muss ganz eng mit dem Hauptplot verwoben sein. Der Hauptplot hier ist ja wohl: Narda will so unbedingt weg, dass sie (im übertragenen und vielleicht sogar im wahrsten Wortsinn) über Leichen geht. Sie ist – wie der Dialog mit Feris zeigt – so bitter, hart und so extrem auf ihr Ziel ausgerichtet, dass es z. B. völlig unlogisch ist, dass sie das Risiko des Helfens eingeht. Du musst, damit diese Geschichte rund wird, schon eine gute Erklärung dafür liefern – zum Beispiel, dass sie eben NICHT so bitter, hart und extrem auf das Ziel (allein!) wegzukommen augerichtet ist. Sie müsste – damit die Freunde-Szene "berechtigt ist" – mit wenigstens einer Hälfte ihres Willes auch eine bessere Hilfe für ihre Freunde anstreben. (Im Moment nutzt sie ihnen ja wohl mehr, wenn sie bleibt. Ok, Feris ist im Bergriff, sie "abzulegen", aber sie wird sich ja wohl einen Neuen angeln können oder anderswie Beziehungen geknüpft haben …)

Das Element mit der Spionin … Das Missverständnis kommt dadurch zu stande, dass wir nicht erfahren, was sie für Infos sammelt (sie beobachtet abfliegende Schiffe oder sowas – erster Gedanke: Militär- oder Wirtschaftsspionage). Und: Sie tut es auf eine Weise, die typisch für Spione ist – von außen, beobachtend, getarnt. Du hast im "Vorwort" auf einen Roman verwiesen – da nimmt man diese beiden Umstände als "Rest einer Spionage-Story" an. Um es dem zuzuordnen, was hier Hauptplot ist, müsstest du im Detail zeigen, was sie alles auf sich nimmt, um diese Infos zu bekommen, und wozu sie sie braucht. Oder du gehst einfach davon aus, dass sie es eben weiß. (Immerhin scheint es eine Art Fluchthilfe-Organisation zu geben, die regelmäßig solche Sachen wie die vorgetäuschten Morde und die dazugehörigen Dokumentenfälschungen erzeugt.)
 

sternsucher

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Hallo Jon,

okay, ich glaube inzwischen, dass es mein größter Fehler war zu erwähnen, dass es einen Roman dazu gibt und dass es ursprünglich als Charakterdarstellung geplant war.
Der Text beschreibt vielleicht manchmal etwas knapp, was daran liegt, dass ich eine Kurzgeschichte schreiben will und mich auf das Wesentliche konzentriert habe. Dabei übersieht der Autor öfter mal, was an ‚Äußerlichkeiten’ fehlt. (Aber dafür sind wir ja hier.) FrankK hat mich da gelegentlich schön mit der Nase drauf gestoßen.
Aus meiner (natürlich eingeengten) Sicht geht es nur darum: Grundgeschichte, Nardas Leben steht an einem Wendepunkt. Nämlich dass Feris sich abwendet und sie etwas tun muss, um ihr Ziel trotzdem zu erreichen.

Es stimmt schon, Narda ist, wie du so schön schreibst, bitter, hart und extrem auf ihr Ziel ausgerichtet. Doch das ergibt sich aus den Umständen. (Ist bei uns auch nicht anders, wenn man Länder betrachtet, wo Menschen sich irgendwie durchschlagen müssen. Entweder untergehen oder sich durchboxen.)
Doch warum darf sie nicht ihre alten Kontakte benutzen? Warum darf sie nicht helfen, wenn es möglich ist? Außerdem wäscht eine Hand die Andere und sie braucht ihre Freunde, um z.B. Feris etwas unterzujubeln. (Übrigens, wäre es nicht unlogisch, wenn sie die Möglichkeit hätte, sich einflussreiche Personen aussuchen zu können?)

Ich versteh immer noch nicht, wie du auf spionieren kommst. Ein Missverständnis könnte ich nachvollziehen. Ich hätte dann einfach zu ungenau geschrieben. Aber abfliegende Schiffe? Ich habe von Lichtzeichen geschrieben. Von Infos, die sie einholt, weitergibt und benutzt um ihr Ziel zu erreichen. Dass sie verdeckt arbeitet, ist doch ein Muss. Und wenn sie schließlich Feris vor vollendete Tatsachen stellt, ist doch klar, welche Infos das waren, oder nicht?

Ein grübelnder sternsucher
 

FrankK

Mitglied
Hallo sternsucher, Hallo jon

Ich versuche mal, mit dem, was ich bisher an Verständnis mit dieser Geschichte und dem Roman habe, die einzelnen „Abschnitte“ zusammenzufassen in eine Art Rapport.

Hintergrund /Rahmen:
Narda will den Planeten verlassen, weil er unbewohnbar wird.
Sie versucht, einen Platz auf dem einzigen Raumschiff zu erhalten.
Ihre einzige Chance dafür ist als Pilotin.
Sie muß dafür in die „höheren Kreise“ aufsteigen.

Etappen:
Um in die höheren Kreise zu kommen, muß sie sich einen Liebhaber in dieser Schicht angeln.
Dann muß sie dafür sorge tragen, das diese Beziehung aufrecht bleibt, bis ihr Status als Pilotin etabliert ist.
Dafür benötigt sie die Unterstützung einer Rebellen-Gruppe.
Eine Freundin dient als Kontaktperson.
Die Rebellen-Gruppe fordert natürlich Gegenleistungen.

Story-Verlauf:
Narda beobachtet. (Spionin)
Sammelt Daten.
Begibt sich zur Stadt.
Übergibt Daten an Kontaktperson.
Leserinfo über umgeleiteten Lebensmitteltransport. (Samariterin?)
Verlassen des Treffpunktes.
Ausschalten zweier Wachsoldaten.
<< Schnitt >>
Feris wird ihrer überdrüssig.
Narda setzt sich durch.
Erpressung. (Intrigantin)
Falsche Beweise durch Rebellen-Gruppe platziert.
Feris gibt auf.

Es gibt Verständnislücken im Erzählstrang:
Was beobachtet Narda und wofür?
Die wechselseitige Beziehung Narda / Rebellen-Gruppe ist ungeklärt.
Wie fügt sich der „Lebensmitteltransport“ ein? Für wen war der bestimmt? Und Wozu?

Das mit der Rebellengruppe habe ich aus dem eigentlichen Roman, es erscheint nicht in dieser Geschichte.
Ich bin der Story gegenüber nicht mehr Neutral, ich kenne schon den Anfang des Romanes, habe dadurch mehr Hintergrundwissen über die Geschichte als die Leser hier auf der LL
Jon hat recht, wenn sie sagt, es scheinen 3 Charaktere zu geben. Ich habe die Positionen oben im Story-Verlauf mal in Klammern dahinter gesetzt.
Man könnte den Story-Verlauf auch als drei Erzählstränge auseinanderdividieren.
1.Daten Sammeln, Daten übergeben, Entdeckung verhindert.
2.Eingeschoben in den ersten Strang die Geschichte mit dem LM-Konvoi.
3.Feris wird gefügig gemacht.
Diese „Stränge“ könnten jeder für sich eine eigene Geschichte abgeben.
Das ist für 1 Kurzgeschichte etwas zuviel „Plot“, etwas zuviel „Story“.
Es fehlt die klärende Notwendigkeit, die Rebellengruppe, deren Unterstützung sich Narda bedient, um sich Feris gefügig zu machen.

Aus der Geschichte:
„Verstehe. Hast du schon die Infos eingeholt?“
„Gerade eben“, nickte Narda und übergab den Taschencomputer. Mara überprüfte kurz die Daten und lächelte.
„Also die Erpressungsschiene. Das wird deinem geliebten Feris nicht gefallen.“
Hier verknüpft der Leser die von Narda gesammelten Daten mit der Erpressung gegenüber Feris. Dieses sollte an dieser Stelle aber Falsch sein. Nach meinem Verständnis könnten das z.B. Daten über Truppenbewegungen sein, welche die Rebellen für Anschläge nutzen.

Kommentar sternsucher vom 14.05.2008:
Falls Interesse besteht, eine kurze Erklärung: Auf dem Planeten herrscht Untergangsstimmung. Das Übliche, Reiche haben alles, Arme nichts. Die Umwelt ist irreparabel geschädigt. Narda stammt aus den Reihen der Rebellen und hat dort gelernt zu kämpfen und zu überleben. Da sie aber ein kluger Kopf ist, weiß sie, dass sie nur überleben kann, wenn sie da raus kommt.
Deshalb lässt sie sich, wie es dort üblich ist, von einem hochdatierten Mann als zeitweilige Vergnügung einsammeln und kommt auf diese Art in die besseren Bereiche. Da sie aber weiß, dass dieses Verhältnis schnell vorbei sein kann, ist sie vorbereitet.
Die Spionage in der Wüste ist nur die Einholung von Infos, die sie ihrer Freundin weiter gibt, damit diese das Weitere erledigen kann. Nebenbei benutzt sie ihre Möglichkeiten, ihren Freunden zu helfen.
Diese Infos sind mittlerweile zum Teil in der Geschichte enthalten. Hier sprichst du selbst von „Spionage“, also schimpf nicht über uns. :)

Kommentar sternsucher vom 26.05.2008:
Doch warum darf sie nicht ihre alten Kontakte benutzen? Warum darf sie nicht helfen, wenn es möglich ist? Außerdem wäscht eine Hand die Andere und sie braucht ihre Freunde, um z.B. Feris etwas unterzujubeln.
Es verbietet ihr keiner, die alten Kontakte zu nutzen. Nur schreibst du davon nichts in der Geschichte. Jon scheint Narda fast wie eine Art „Einzelkämpferin“ zu betrachten. So wirkt es auch.
Aber sie ist es nicht, sie ist auf die Unterstützung ihrer Freunde (der Rebellen) angewiesen.
Die Rebellen unterstützen sie bei ihrem Versuch, den Planeten zu verlassen, fordern aber eine gewisse Gegenleistung. So etwas in der Art würde eine Verbindung herstellen zwischen dem ersten und dem zweiten Teil deiner Geschichte. Das liese sich z.B. einpflegen in das Gespräch mit Mara.
Wenn du dann noch die Sache mit dem LM-Konvoi so darstellst, das es im Auftrag der Rebellen...

Ich glaube, das könnte schon in eine Richtung gehen, die Geschichte abzurunden.


Liebe Grüße

FrankK
 

sternsucher

Mitglied
Hallo FrankK,

es freut mich, dass du dir soviel Mühe gibst.

Dein Rapport ist gut zusammengefasst und stimmt auch fast mit meinem Kopfkino überein. Außer bei den Etappen.
Dafür benötigt sie die Unterstützung einer Rebellen-Gruppe.
Eine Freundin dient als Kontaktperson.
Die Rebellen-Gruppe fordert natürlich Gegenleistungen.
Ich habe Narda mit Absicht nicht in nähere Verbindung mit den Rebellen gebracht, weil diese mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun haben und auch gar nicht auftauchen. Daher können sie auch keine Gegenleistung fordern. Das trifft auch auf folgendes Zitat zu:
Es gibt Verständnislücken im Erzählstrang:
Was beobachtet Narda und wofür?
Die wechselseitige Beziehung Narda / Rebellen-Gruppe ist ungeklärt.
1.Daten Sammeln, Daten übergeben, Entdeckung verhindert.
2.Eingeschoben in den ersten Strang die Geschichte mit dem LM-Konvoi.
3.Feris wird gefügig gemacht.
Diese „Stränge“ könnten jeder für sich eine eigene Geschichte abgeben.
Das ist für 1 Kurzgeschichte etwas zuviel „Plot“, etwas zuviel „Story“.
Ich habe selbst lange darüber nachgedacht, wie viel Informationen ich in die Geschichte einfließen lassen soll. Doch lies mal ernsthaft die drei angesprochenen Stränge für sich alleine. Das wäre viel zu wenig. Vielleicht der 3. Strang, doch auch da würde es immer die Frage nach dem ‚was war vorher und was kommt danach’ geben.
Wenn ich jetzt die ganzen ‚geforderten’ Informationen hinzufüge, würde sich die Story immer weiter aufblähen. (und weitere Fragen aufwerfen.)

Hier verknüpft der Leser die von Narda gesammelten Daten mit der Erpressung gegenüber Feris. Dieses sollte an dieser Stelle aber Falsch sein. Nach meinem Verständnis könnten das z.B. Daten über Truppenbewegungen sein, welche die Rebellen für Anschläge nutzen.
Der Leser soll genau dies tun, weil Narda eben nicht, für wen auch immer, spioniert.

Die Spionage in der Wüste ist nur die Einholung von Infos, die sie ihrer Freundin weiter gibt, damit diese das Weitere erledigen kann. Nebenbei benutzt sie ihre Möglichkeiten, ihren Freunden zu helfen.

Diese Infos sind mittlerweile zum Teil in der Geschichte enthalten. Hier sprichst du selbst von „Spionage“, also schimpf nicht über uns.
Ich hätte ‚Die [red]angebliche [/red]Spionage in der …..’, schreiben sollen. Schimpfen würde ich nie über euch. (und wenn, würde das anders aussehen. ;) )

Ich bin jetzt doch hin und her gerissen. Entweder ich kürze die Geschichte extrem ein, doch dann wäre es in meinen Augen keine interessante Geschichte mehr.
Oder ich weite die ganze Erzählung aus, doch dann wäre sie sehr viel länger als es vielleicht gut wäre.
Was mache ich nur?

ein verzweifelter sternsucher
 

FrankK

Mitglied
Ich Schrieb genau deshalb
was ich bisher an Verständnis mit dieser Geschichte und dem Roman habe
Die angesprochenen "Lücken" habe ich im Kopf schon mit den genannten Etappen gefüllt.
Für mein Kopfkino. Dies lief bei mir noch einigermaßen rund.
Bis jetzt, wo du mir Quasi die Rebellengruppe "klaust".
Schnipp / Schnapp - Riesenlücke im Film.
Unter diesem Aspekt kann ich jons Problem noch besser begreifen.
Story Teil 1:
Narda "sammelt Informationen" für Unbekannt.
Grund: Unbekannt
Story Teil 2:
Narda erhält Unterstützung bei der Platzierung von Beweisen gegen Feris von Unbekannt.

Wie passen Teil 1 und Teil 2 jetzt zusammen?
Abgesehen von der Person "Narda" gibt es von der erzählten Geschichte keinen Zusammenhang mehr.

Versuche, dich Gedanklich von deinem Roman zu lösen und betrachte nur diese Geschichte.
Der hier eingestellten Geschichte fehlt der Kern, die Erklärung /die Verbindung, warum Narda beides(!) macht.
Betrachte meinen Rapport als eine Art Eselsbrücke, versuche die Geschichte gedanklich noch einmal neu aufzubauen.
Losgelöst von dem Roman kann Narda hier doch ganz anders agieren, damit eine eigenständige Kurzgeschichte daraus wird.

doch auch da würde es immer die Frage nach dem ‚was war vorher und was kommt danach’ geben.
Diese Fragen kann man immer stellen.
Wer war ihre Großmutter väterlicherseits...u.s.w.
Die Frage ist, spielt es für die Geschichte eine Rolle?

Nimm als Symbolisches Beispiel eine Urlaubsreise, sagen wir mal von Deutschland nach Italien.
Der Inhalt der Geschichte ist der Reiseverlauf.
Wichtig für das Verständnis: wir fahren mit dem Auto.
Unwichtig: Wo haben wir das Auto gekauft.
Vielleicht wichtig: Wie alt ist das Auto.
Wichtig: Wo fahren wir lang?
Wir fahren über die Schweiz.

Auf deine Geschichte übertragen fällt mir nur ein Vergleich ein:
Reise von Deutschland nach Italien mit dem Auto.
Du erzählst von der Fahrt
Teil 1: Deutschland-Frankreich
Teil 2: Frankreich-Italien
Wir erfahren nicht, warum wir einen Umweg über Frankreich nehmen, was es damit auf sich hat.
Die verbindung zwischen beiden Teilen fehlt.
Ein Außenstehender sieht darin zwei Geschichten, in denen (zufällig?) das gleiche Auto vorkommt.
Es ist schwer zu entscheiden, die richtige Mischung zu finden, wie viel Erzähl ich und was kann ich weglassen, was ist Wichtig und was ist Ballast.

Auf jeden Fall: Kein Grund zum Verzweifeln!

Viele liebe Grüße und Kopf hoch.

FrankK
 

sternsucher

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Narda

Die einsame Gestalt mitten in der Wüste wirkte fehl am Platz. Eine junge Frau. Ihre sportliche Figur wurde von einer farbenprächtigen Pilotenkombination betont, die allerdings weitgehend von einem sandfarbenen Kaftan verdeckt wurde, der sie in dieser Gegend fast unsichtbar werden ließ.
Narda Kadesch lag neben ihrem Sandsurfer und blinzelte in das grelle Licht des untergehenden Saridanus. Das helle Braun ihrer Haut wurde eine Spur dunkler, als der aufkommende Wüstenwind endlich etwas Erfrischung brachte. Sie liebte diesen abendlichen Wind, der Unwissenden unverbrauchte Luft vorgaukelte.
Ihre Aufmerksamkeit war jedoch nur kurz abgelenkt, denn es gab wichtigeres, als die Betrachtung des Sonnenuntergangs. Die heimliche Fahrt hierher konnte ihre Pläne komplett über den Haufen werfen, da ihr Gönner Feris Baldet, keinesfalls etwas davon erfahren durfte. Da sie in seinem Umfeld niemandem trauen konnte, musste sie die Sache trotzdem selbst erledigen.
Narda musterte aufmerksam den Rand der etwa sieben Kilometer entfernten Stadt. Wenn ihre Kontaktperson nicht innerhalb der nächsten Minuten kam, war etwas schief gegangen und sie musste schleunigst verschwinden.
Wieder ging ihr die Unterhaltung mit Baldet vor zwei Tagen durch den Sinn. Durch seine später vor sich hin gebrummten Bemerkungen wurde Narda klar, dass sie nicht mehr lange die Begleiterin des einflussreichen Direktors der vereinten Zulieferer sein würde. Deshalb musste sie handeln. Das Wichtigste war zunächst Unterlagen zu bekommen, damit Narda etwas in der Hand hatte.
Allmählich wurde sie unruhig und stand auf. Sie wollte schon verschwinden, als in der jetzt schnell hereinbrechenden Dunkelheit ein näher kommendes Licht auftauchte.
„Wurde auch Zeit!“, brummte Narda, wobei sie aber sicherheitshalber ihre Waffe zog.
Sie gab ein Zeichen und kurz darauf bremste ein rostiges Etwas vor ihr, dass gerade noch als Motorrad zu erkennen war. Narda sprang zur Seite, als sie erkannte, dass der Fahrer nicht rechtzeitig bremsen konnte.
„He, bist du übergeschnappt? Hast du die Bremsen immer noch nicht repariert?“, rief Narda verärgert, wobei sie das Messer wieder zurück schob.
„Auch schön dich mal wieder zu sehen. Wie geht es dir?“, lachte der Fahrer des Krads. Er schaltete das asthmatische Keuchen der altertümlichen Gasturbine aus und nahm den Helm ab.
„Mara! Was machst du hier? Ich hatte Melcot erwartet“, rief Narda überrascht aus.
„Melcot ist nicht mehr. Sie haben ihn geschnappt, als er eine Lebensmittellieferung der Militärs kassieren wollte. Ich wusste aber, was er dir versprochen hat und seine Schwester bat mich, diesen Botengang zu machen.“
„Danke dir! Geht denn alles nach Plan?“
„Glaub schon. Was hast du Melcot eigentlich versprochen, dass er solch ein Risiko auf sich genommen hat? Hat er doch sonst auch nicht gemacht.“
„Du weißt doch, dass ich seiner Schwester damals geholfen habe, als Azuba das gleiche Spiel mit ihr veranstaltet hat, das Feris jetzt mit mir versucht. Sie und Melcot waren mir sehr dankbar dafür.“
„Stimmt. Ich erinnere mich. Was ist denn los mit dir und diesem Baldet?“
„Ich habe meinen Feris wohl nicht mehr richtig im Griff. Scheinbar verliert er die Lust. Er ist mir einfach nicht mehr so hörig wie früher, deshalb muss ich etwas unternehmen.“
„Der Mann wagt es tatsächlich, sich Narda Kadesch zu widersetzen?“, lachte Mara. „Er kennt dich doch jetzt schon ziemlich lange und müsste wissen, was es heißt, dich zu provozieren.“
„Oh, bisher war ich immer nur das schnurrende Kätzchen, das nur auf sein liebes Herrchen wartet. Anders lässt sich dieser Typ nicht rumkriegen. Doch wie dämlich er ist siehst du schon daran, dass ausgerechnet ich die Fliegerschule besuchen durfte. So etwas haben seine früheren Frauenzimmer nicht geschafft.“
„Wollten sie wahrscheinlich auch nicht. Auf solche Ideen kommst nur du. Aber jetzt funktioniert die Geschichte nicht mehr?“
„Er besucht immer öfter die Huren in den Kasinos. Soll mir nur recht sein, dann lässt er mich wenigstens in Ruhe. Aber nachdem er mir letztens gesagt hat, dass ihm einige Sachen nicht mehr gefallen, kann es nicht mehr lange dauern.“
„Verstehe. Deshalb die Erpressungsschiene. Die anderen Unterlagen sind jedenfalls in Bereitschaft. Du brauchst nur das Signal zu geben.“
„Gut. Ich bin gespannt, was er dazu sagt.“
„Es wird deinem geliebten Feris nicht gefallen, das steht fest“, lächelte Mara und übergab Narda ein verschnürtes Paket. „Hast du die Sache mit dem Hilfstransport mitbekommen?“
Narda schüttelte den Kopf, während sie das Paket untersuchte. Das Gelingen des Plans hing zum großen Teil vom diesem Paket ab, deshalb überprüfte sie den Inhalt genau.
„Die Militärs haben ihn gestern beschlagnahmt. Machen sich damit ein schönes Leben und haben natürlich sofort einige Frauen eingeladen, die, mehr oder weniger freiwillig, die Gelegenheit beim Schopf gepackt und sich dort satt gegessen haben.“
Narda ballte wütend die Fäuste, als sie das hörte. Wer hier überleben wollte, hatte nicht viele Möglichkeiten. Wer sich nicht unterordnete und alles tat, was die Militärs bestimmten, war automatisch kriminell und wurde unerbittlich gejagt. Zu welcher Seite hübsche junge Frauen hielten war für sie gleichgültig. Es kam auf das Selbe heraus: Prostitution. Narda wurde von Mara aus ihren Gedanken gerissen.
„Apropos Schopf. Schicke Zöpfe hast du. Ist das jetzt Mode bei den Herrschaften?“
„Feris möchte das so haben. Ich soll sogar rothaarig werden, aber das konnte ich bisher verhindern.“
„Sag ihm einfach: Haare, die bis zum Hintern gehen, können nicht gefärbt werden. Was hast du jetzt vor?“
„Am liebsten würde ich den Soldaten die Lieferung wieder abnehmen.“
„Mach keine Dummheiten. Du darfst nicht in Erscheinung treten. Wenn man dich hier erwischt, hast du nicht nur deine Position bei Baldet verspielt. Dein Plan, mit diesem ominösen Auswandererschiff von unserem Planeten weg zu kommen, wäre gestorben.“
„Ich weiß“, seufzte Narda niedergeschlagen. „Wann weißt du, ob alles glatt läuft?“
„Spätestens in zwei Tagen. Ich gebe dir auf dem üblichen Weg Bescheid.“ Mara setzte ihren Helm auf und setzte sich wieder auf ihr Motorrad. „Ich hoffe, wir sehen uns noch mal, wenn du wirklich in den Tiefen des Alls verschwinden solltest.“
„Vielleicht. Machs gut!“
Narda verstaute die Unterlagen und wenig später lag die Wüste wieder verlassen da.

Einige Tage später stand sie hinter ihrem Gönner und massierte ihm die feisten Schultern. Der Mann grunzte dabei wollüstig vor sich hin, doch Narda achtete nicht darauf. Sie war immer bestrebt, sich nicht mehr als nötig mit dem Kerl zu beschäftigen, um den Ekel nicht übermächtig werden zu lassen. Doch er hatte irgendetwas gesagt und erwartete eine Antwort, die Narda nicht gab. Deshalb wandte er sich, so weit es ihm möglich war, um und schielte zu Narda hoch.
„He, was ist los?“, brummte er. „Hörst du nicht zu, wenn dein Traummann dir was sagt?“
„Entschuldige, Feris. Ich war mit meinen Gedanken woanders.“
„Genau, und das in der letzten Zeit ziemlich oft.“
Baldet erhob sich ächzend und schlenderte zum Bad hinüber, wobei er es nicht lassen konnte, sich im Vorbeigehen in einem übergroßen Spiegel zu bewundern. Narda schüttelte sich, als sie sah, wie liebevoll er seine Fettwülste streichelte und selbstverliebt an sich herunter sah.
„Ich mache mir nur Gedanken darüber, wie ich dich zufrieden stellen kann“, rief sie ihm hinterher, wobei sie ein hämisches Grinsen nicht vermeiden konnte.
„Das ist doch selbstverständlich. Aber es reicht jetzt. Ich wollte es dir eigentlich erst in ein paar Tagen sagen, aber mir ist da eine fantastische Idee gekommen. Du kannst deine Nachfolgerin in meine Vorzüge und Vorlieben einweisen. Das erspart mir langwierige Erklärungen. Also, du musst auf mich verzichten. Ab morgen wird eine andere Frau deinen Platz einnehmen und du verschwindest, sobald du ihr alles erklärt und gezeigt hast.“
„Hör zu, Schatz!“, sagte Narda mit sanfter Stimme, wobei sie aber wütend die Fäuste ballte. „Du kannst mich nicht einfach ausbooten. So läuft das nicht.“
„So? Kann ich nicht? Ist schon passiert“, tönte seine Stimme aus dem Bad. „War eine schöne Zeit mit dir, ganz ehrlich, doch nun“, Baldet kam ins Zimmer zurück und zwinkerte Narda zu, „ist es vorbei.“
„Feris!“
„Nichts da. Ich habe weder Zeit noch Lust mit dir herum zu diskutieren. Die treuen Blicke deiner blauen Augen werden dir jetzt auch nicht mehr helfen. Ich werde alles in die Wege leiten. Wenn ich zurückkomme, hast du deine Sachen gepackt, oder …“
„Oder was? Hör mal gut zu, Bursche!“ Narda baute sich vor dem Mann auf. Die Entscheidung war gefallen und es wurde Zeit, dass Baldet die Realität kennen lernte. „Bisher habe ich dein Machogehabe ertragen, weil du mir nützlich warst. Doch wenn du mit solchen Sprüchen kommst, musst du leider meine andere Seite kennen lernen. Ein Wicht wie du, kann mich nicht einfach vor die Tür setzen. Oder glaubst du etwa, ich würde mich mit einem schmierigen Typen wie dir einlassen, ohne gewisse Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen? Für wie blöd hältst du mich?“
„Wie bitte! Was fällt dir ein?“
„Bei deinem Anblick fällt mir so einiges ein. Setz dich.“
Feris starrte mit offenem Mund zu Narda herüber. So etwas war ihm noch nie passiert.
„Aber Narda“, entgegnete er mehr erstaunt als ärgerlich, wobei er einige Schritte zurück wich. „Was sollen solche Reden? Mein Kätzchen …“
Narda machte einen Schritt auf ihn zu und hatte plötzlich ein Messer in der Hand. „Noch ein Wort und du brauchst die nächsten Wochen keine Rasur mehr.“
„Narda, sei vernünftig.“ Feris starrte die Waffe wie hypnotisiert an.
„Oh, ich bin vernünftig. Wie vernünftig, wirst du noch sehr unangenehm zu spüren bekommen. Setz dich da hin und hör genau zu.“
„Jetzt hör aber mal …“
„Mach deine schleimigen Sprechwerkzeuge gar nicht erst auf. Kommt sowieso nur faules Zeug raus. Ich werde versuchen, dir etwas in den hohlen Schädel zu quetschen. Also pass auf, denn wenn du das nicht kapierst, prügle ich es dir rein. Klar?“
„Aber Narda, was soll denn dieser Ton?“, wimmerte Baldet verschreckt. „So kenne ich dich ja gar nicht.“
„Nein. So kennst du mich nicht. Aber du wirst mich kennen lernen, wenn du jetzt nicht die Klappe hältst und zuhörst. Also! Du willst mich raus werfen? Tu das. Nur wirst du dann ab morgen dein schönes, bequemes Leben mit dem interessanten Leben im Knast vertauschen. Dort kannst du dich dann statt mit mir, mit netten Unterweltlern vergelüstigen. Na ja, vielleicht ist es auch umgekehrt. Sind das nicht schöne Aussichten?“
Feris sah mit offenem Mund zu Narda hoch. Er begriff überhaupt nicht, wovon die schwarzhaarige Schönheit mit der sanften Stimme da sprach. Für ihn war es eine Affäre, die schon viel zu lange gedauert hatte und jetzt beendet wurde. Frauen aus den Slums waren immer gefügig. Sie hatten nie gewagt, seine Autorität anzuzweifeln und jetzt redete diese Frau in einer verwahrlosten Sprache, die er sich streng verbeten hatte, völlig unsinniges Zeug. Doch vielleicht hatte sich nur ihr Verstand getrübt, als sie begriff, dass es vorbei war.
„Narda“, begann er vorsichtig, „du weißt nicht was du redest. Beruhige dich erst einmal. Wenn du willst, kannst du auch noch ein paar Wochen auf die Schule gehen. Das wäre doch was, oder? Du wirst sehen, morgen …“
„Mensch, tust du nur so dämlich oder verstehst du wirklich nichts?“, unterbrach Narda den Mann. „Ich rede kein wirres Zeug. Morgen früh, wenn du im Büro wie gewohnt den armen Frauen mit deinem sülzigen Gelaber auf die Nerven gehst, werden plötzlich Leute vom Sicherheitsdienst hinter dir stehen und dich mitnehmen. Was steht auf Mord?“ Narda begann damit, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Mord ist auch bei den höher gestellten Leuten, zumindest offiziell, höchst verächtlich. Kannst du dir vorstellen was passiert, wenn sie dich eines Mordes überführen?“
„Mord? Wieso Mord? Wieso überführen … ich habe nicht, ich meine…“, stotterte Baldet.
„Ich – wohlgemerkt – ich weiß das. Dazu bist du viel zu dumm und zu feige. Doch ab morgen werden erdrückende Beweise gegen dich vorliegen. Ja, und dann – auf Wiedersehen, Feris.“
„Unmöglich!“ Baldet sprang auf. Er begriff allmählich, was Narda ihm sagen wollte. „Wo sollten solche Beweise herkommen?“
„Woher? Mann, du hast wirklich keine Ahnung.“ Narda blieb vor dem leichenblassen Nervenbündel stehen. „Was glaubst du, ist letztes Jahr mit eurem Oberguru aus der Fliegerschule passiert?“ Sie gab Baldet einen Stoß, dass er zurück in den Sessel plumste. „Er hatte eine kleine Beziehung zu einer Bekannten von mir aufgebaut. Nun, er glaubte, so wie du jetzt, seine Bettgenossin mal eben abzuschieben, wäre das normalste der Welt. Leider, leider.“ Narda bückte sich und sah Feris direkt in die wässrigen Augen. Sie hatte den Mann so weit.
„Azuba hat gar nicht … ich meine, er hat diese Frau gar nicht umgebracht? Aber die Beweise waren eindeutig.“
„Du hast Recht. Eindeutig und unwiderlegbar. Schlimme Sache, nicht?“
„Was willst du?“
„Endlich wirst du vernünftig. Besorg mir einen Platz auf dem Auswandererschiff. Dann bist du mich los.“
Baldet starrte Narda mit weit aufgerissenen Augen an. Er glaubte sich verhört zu haben, doch ihr Gesichtsausdruck ließ keine Zweifel aufkommen. Sie meinte es völlig ernst.
„Du willst auf das Auswandererschiff? Das geht nicht! Woher weißt du überhaupt von diesem Projekt? Es ist völlig geheim.“
„Geheim? Das ich nicht lache. Jeder halbwegs intelligente Mensch kann sich denken, was da vor sich geht. Einige Privilegierte dieses verdammten Planeten wollen heimlich abhauen, weil es hier sowieso bald den Bach runter geht. Ich werde dabei sein!“
„Narda, glaub mir. Es sind keine Privilegierten, wie du glaubst, sondern Wissenschaftler, die tatsächlich auf einen anderen Planeten reisen wollen. Da kann selbst ich nicht mit.“
„Du? Nein, für einen feigen Sack, wie du es bist, ist diese Sache viel zu gefährlich. Aber ich bin sicher, wenn du es wolltest, könntest du dich da rein mogeln.“
„Ich habe keinerlei Verfügungsgewalt über die Personalpolitik dieses Projekts und erst recht nicht über die Besatzung des Raumschiffs. Wie stellst du dir das vor?“
„Ganz einfach. Du erzählst dem korrupten Pack, welches du Freunde nennst, von deinem Herzenswunsch. Nämlich, dass die beste Pilotin des Planeten auf dieses Schiff gehört. Schließlich brauchen sie garantiert gute Piloten bei solch eine Reise.“
Narda setzte sich gemütlich in einen Sessel, schüttete sich Kaffee ein und schaute über den Rand der Tasse zu Baldet herüber. Er saß, das Gesicht in die Hände gedrückt, immer noch auf seinem Platz und regte sich nicht. Doch er wollte noch nicht aufgeben. Er stand langsam auf.
„Ich werde jetzt die Sicherheit rufen.“
„Du wirst nichts dergleichen tun!“ Narda stand ebenfalls auf und hob das Messer. Noch bevor Baldet reagieren konnte, fühlte er schon das kalte Metall an seiner Kehle. „Feris, mein Schatz. Sprich nicht von solchen Sachen, wenn du weiter leben willst. Du hast Einfluss genug, um Überwachungskameras in deinem privaten Umfeld zu vermeiden. Also kannst du nicht beweisen, was hier geschieht. Denk nach!“
Baldet stand wie erstarrt und sah Narda mit tränennassen Augen an. Er kannte den Fall des ehemaligen Leiters der Fliegerschule. War es wirklich möglich, dass ihm der Mord an einer Beschäftigten der Schule nur angehängt worden war? Es erschien ihm immer noch unmöglich, doch Narda sprach sehr überzeugend.
„Kannst du beweisen, dass der Mordfall Azuba vorgetäuscht war?“ Baldet versuchte bei dieser Frage seine Kehle aus der unmittelbaren Gefahrenzone des Messers zu bekommen.
„Natürlich kann ich das“, lächelte Narda, während sie das bis jetzt versteckt gehaltene Päckchen hervor holte und Feris vor die Füße warf. „Das sind Kopien der geheimen Unterlagen, die damals dafür gesorgt haben, dass Azuba angeklagt wurde. Wo kommen die wohl her?“
Narda stieß Baldet wieder zurück in den Sessel. Er war jetzt empfänglich für ihre Forderungen. Sie wartete noch einen Moment, bis er sich etwas beruhigt hatte.
Schließlich sagte sie: „Bevor du irgendwas ausheckst. Als Sofortmassnahme werden gleich einige Unterlagen in deinem Büro deponiert, die klar belegen, dass du mich umgebracht hast. Da ich offiziell in der Fliegerschule war, kann darüber nicht einfach hinweg gegangen werden. Es wird eine Untersuchung geben. Dabei wird heraus kommen, dass du meine Leiche im Kraftwerk entsorgt hast. Wie gefällt dir das?“
„Undenkbar!“
Narda lächelte und gab ein Signal in ihr Kommunikationsgerät ein. „Wenn du meinst, bitte. Die Unterlagen werden jedenfalls in einigen Minuten in deinem Schreibtisch liegen. Du kannst sie morgen prüfen und vernichten. Allerdings nur, wenn wir uns jetzt einig werden. Natürlich liegen die gleichen Unterlagen, nur mit einer anderen Leiche, auch woanders aus. Den Ort bekommst du, sobald ich mit dem Schiff da oben weg bin. Noch Fragen?“
Baldet sackte zusammen. Ihm war klar, dass er, wenn Narda die Wahrheit sagte, keine Chance hatte. Das Militär fackelte nicht lange, wenn es um solche Dinge ging. Unter den wachsamen Augen Nardas öffnete er das Päckchen und studierte den Inhalt. Die Unterlagen waren ohne Zweifel echt.
Narda nahm ihm nach einiger Zeit die Mappe aus der schlaffen Hand und fragte sanft, ob er einverstanden sei. Feris nickte nur und Narda verabschiedete sich. Die Würfel waren gefallen und sie musste verschwinden, wenn der Plan aufgehen sollte.
Narda konnte und wollte nicht mehr zurück. Ab sofort würde sich ihr Leben grundlegend ändern und sie freute sich darauf.
 

sternsucher

Mitglied
Eigentlich habe ich momentan garkeine Zeit dafür, doch die Sache ließ mir keine Ruhe.
Mindestens die halbe Geschichte ist nun völlig abgeändert und der Rest angepasst. Bin gespannt!

Schöne Grüße, sternsucher

PS. FrankK, dein Vergleich mit der Autoreise war ja sehr aufbauend. Vielleicht sollte ich mir ein anderes Navi anschaffen? ;)
 

FrankK

Mitglied
Spontan angemerkt:
Wäre dies die erste Version deiner Geschichte gewesen, hätte ich mir keine Gedanken darüber gemacht.

Der Einstieg ist schwerfällig, ein endloser, langatmiger Dialog, dem die Würze fehlt. Es baut sich keine Spannung auf, erweckt keine Lust, weiter zu lesen.
Narda und Mara könnten ebensogut irgendwo in einem Cafe sitzen und leise darüber plaudern.

Tut mir leid, ich muß diese massive Veränderung erst einmal innerlich Verarbeiten, bevor ich detailiert etwas dazu sagen kann.

Vergessen ist Narda aber mit Sicherheit nicht!

Bis bald

Frank
 

sternsucher

Mitglied
Hallo FrankK,

gib dir keine Mühe. Die letzte Version ist nicht das, was ich schreiben wollte. (von der Qualität mal abgesehen) Nämlich eine Kurzgeschichte mit Narda, wo ihre (verschiedenen) Seiten sichtbar werden.
Ich bin zwischen euren wohlmeinenden Ratschläge hin und her getaumelt und habe das eigentliche Ziel aus den Augen verloren.
Ich brauche jetzt ersteinmal 3-4 Tage Abstand und schreibe das ganze Ding nochmal (fast) komplett um. Wenn du dann nochmal reinschaust, würde ich mich freuen.

Schöne Grüße, sternsucher

PS. Kann man die zuletzt eingestellte Version eigentlich selbst löschen?
 

FrankK

Mitglied
Hallo sternsucher

Ich glaube nicht, daß du als einfacher User nur die letzte Version löschen kannst, wenn, dann wird das ganze Werk bis auf die Kommentare gelöscht.
Ist doch aber auch nicht schlimm. Sobald du deine Geschichte neu einstellst, verschwindet diese Version im "Archiv", kan zwar noch aufgerufen werden (direkt unterhalb der Story findest du den Versionsverlauf), das machen aber, glaube ich, sowieso nicht die meißten.

Ich wünsche dir viel Erfolg bei der nächsten Variante, bin schon gespannt. Aber lass dir nur ruhig Zeit, hier drängt dich niemand.

Viele Grüße

Frank
 

sternsucher

Mitglied
Narda von Kronor

Die einsame Gestalt mitten in der Wüste war kaum zu sehen. Der großzügig bemessene, sandfarbene Umhang war eine perfekte Tarnung. Erst als der jetzt aufkommende Wind den dünnen Stoff anhob, wurde eine blaue Pilotenkombination sichtbar.
Narda Kadesch schob das Cape zur Seite und blinzelte in das grelle Licht des untergehenden Saridanus. Das helle Braun ihrer Haut wurde eine Spur dunkler, als der Abendwind endlich etwas Erfrischung brachte.
Ihre Aufmerksamkeit war jedoch nur kurz abgelenkt, denn es gab wichtigeres, als die Betrachtung des Sonnenuntergangs. Narda musterte aufmerksam die Silhouette einer Stadt, die einige Kilometer entfernt lag.
Die Gegend war nicht ungefährlich. Die Militärregierung auf Kronor ließ verdächtige Personen ohne Nachfrage festnehmen, oder, wenn Gegenwehr erfolgte, auch erschießen. Narda durfte sich auf keinen Fall erwischen lassen, denn wenn die Begleiterin von Feris Baldet, dem einflussreichen Direktor der vereinten Zulieferer, in der Ruinenstadt Kabairo aufgegriffen wurde, waren ihre ganzen bisherigen Bemühungen umsonst. Doch sie hatte allen Grund zu handeln.
Allmählich wurde sie unruhig. Narda warf das Cape ab und stand auf. Schon überlegte sie, ob sie verschwinden sollte, als in der jetzt schnell hereinbrechenden Dunkelheit ein Licht aufblinkte. Das ersehnte Zeichen.
„Wurde auch Zeit!“, brummte Narda.
Sie zog das Cape aus dem Sand und warf es sich über. Dabei kam ein Sandsurfer zum Vorschein, der gut abgedeckt auf der Seite lag. Sie richtete das Fahrzeug auf und jagte wenig später fast lautlos über die dunkle Sandebene auf ihr Ziel zu.
Der erste Mond ging gerade auf, als Narda Kabairo erreichte. Die Stadt stammte noch aus den Zeiten, als ein normales Leben an der Oberfläche möglich war. Doch seit Krieg und Klimawandel das Leben auf Kronor bedrohte, waren die meisten oberirdischen Gebäude verfallen. Die Stadt bestand nur noch aus aneinander gereihten Ruinen, in deren Kellern und Gewölben Menschen hausten, die nicht das Glück hatten, zu den wenigen Privilegierten zu gehören, die das Leben noch genießen konnten. Militärposten durchstreiften ständig die Gassen, immer auf der Suche nach angeblich aufsässigen Menschen, die nach Gutdünken kontrolliert, eingesperrt oder sogar ermordet wurden.
Narda versteckte ihr Gefährt außerhalb der Stadt und schlich durch Strassen, die diesen Namen nicht mehr verdienten, bis sie an eine verfallende Hütte kam. An der Tür gab sie leise Klopfzeichen.
Ebenso leise raunte eine Stimme hinter dem Eingang: „Wer?“
„Kadesch, mach auf. Hier draußen ist es nicht geheuer.“
Die Pforte ging auf und Narda wurde ins Dunkel gezogen. Nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war, hielt ihr jemand eine Waffe unters Kinn. Ein Licht flammte auf und blendete sie. Narda zögerte keinen Augenblick.
Gedankenschnell schlug sie zu. Gleichzeitig packte sie die Waffe und ging in die Hocke. Die Lampe klapperte zu Boden und der Besitzer lag stöhnend daneben.
„Verdammt!“, ächzte er. „Bist du übergeschnappt?“
„Palderas? - Warum hältst du mir eine Knarre an den Kopf? So was vertrage ich nicht sonderlich gut.“
„Wir müssen vorsichtig sein, die Regierungstruppen patrouillieren wieder verstärkt.“
„Wenn von denen einer vor der Tür gestanden hätte, wärst du schon erledigt gewesen. Wo ist Mari?“
Palderas schickte Narda in die Kellerräume, während er wieder seinen Wachposten besetzte. Narda betrat einen Raum, in dem etwa 40 magere Gestalten kauerten. Leises Wimmern war zu hören, doch niemand achtete darauf. Sie fand ihre Freundin damit beschäftigt, einem Kind Flüssigkeit einzuflössen. Mari sah auf und winkte ihr, zu warten.
Einige Minuten später begrüßten sie sich herzlich. Dann saßen sie zusammen und Mari sagte: „Schön dich mal wieder hier zu sehen. Mit dir habe ich noch gar nicht gerechnet. Wie geht es dir?“
„Noch gut. Aber mein Feris verliert scheinbar die Lust. Er ist mir nicht mehr so hörig wie früher, deshalb muss ich etwas unternehmen.“
„Der Mann wagt es tatsächlich, sich Narda Kadesch zu widersetzen?“, lachte Mari. „Er kennt dich doch jetzt schon ziemlich lange und müsste wissen, was es heißt, dich zu provozieren.“
„Oh, bisher war ich immer nur das schnurrende Kätzchen, das nur auf sein liebes Herrchen wartet. Auf diese Art bekomme ich fast alles von dem Typen. Das siehst du schon daran, dass ich die Fliegerschule besuchen darf. So etwas haben seine früheren Frauenzimmer nicht geschafft.“
„Wollten sie wahrscheinlich auch nicht. Auf solche Ideen kommst nur du.“
„Jedenfalls besucht er immer öfter die Huren in den Kasinos. Soll mir nur recht sein, dann lässt er mich wenigstens in Ruhe. Aber es sind deutliche Anzeichen.“
„Verstehe.“
„Hast du die Unterlagen deponiert?“, fragte Narda, während sie die heruntergekommenen Menschen betrachtete, die auf dem Boden hockten und teilnahmslos ins Leere starrten.
Mari nickte. „Klar. Eine Kopie vom Fall Azuba für dich im üblichen Versteck. Die anderen Papiere werden nach deinem Zeichen an Ort und Stelle sein. Bist du eigentlich sicher, dass diese Erpressungsgeschichte bei dem Mann funktioniert? Schließlich ist Baldet kein Schulleiter, sondern Direktor bei dem Verein.“
„Gerade deshalb wird es funktionieren. Er ist so verdammt selbstsicher, dass er nie auf den Gedanken kommen würde, dass tief unter ihm stehende Menschen, dazu gehöre auch ich, etwas anderes tun, als ihm ganz tief in den Arsch zu kriechen. Es wird ein Schock für ihn sein.“
„Das wird deinem geliebten Feris nicht gefallen.“
„Mir umso mehr“, grinste Narda. „Was ist mit diesen Leuten hier?“
„Das Übliche. Halb verhungert und verfolgt von dem Soldatenpack. Sammy hat sie hierher geführt und sie haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt und sind gleich hier geblieben. Ich muss sehen, dass ich sie woanders unterbringen kann, weil wir inzwischen als Feinde des Systems gelten und sie nicht mit uns zusammen gesehen werden sollten. Apropos Schopf. Einen schicken Pferdeschwanz hast du. Ist das jetzt Mode bei den Herrschaften?“
„Feris mag das. Ich soll sogar rothaarig werden, aber das konnte ich bisher verhindern.“
„Sag ihm einfach: Schwarze Haare, die bis zum Hintern gehen, können nicht rot gefärbt werden. - Was ist los?“ Die Frage war an Palderas gerichtet, der herein kam und das Licht löschte.
„Soldaten! Sie kriechen in der ganzen Gegend herum. Scheinbar suchen sie etwas.“
„Verflucht! Bist du verfolgt worden, Narda?“
„Kann eigentlich nicht sein. Als Sammy mir das Zeichen gab, bin ich auf dem üblichen Weg hierher gekommen. Hätte man mich verfolgt, hätte ich das gemerkt.“
„Sammy? Wie kommst du auf Sammy? Er ist doch gar nicht hier.“
„Wer hat denn das Zeichen gegeben, dass ich mit ihm vereinbart hatte?“
„Keine Ahnung. Ich habe mich sowieso gewundert, dass du ohne Anmeldung hierher kommst.“
Narda sah Mari überrascht an. „Weißt du, was das bedeutet? Sie haben Sammy geschnappt und zum plaudern gezwungen.“
„Ja, oder er hat den leichten Weg gewählt und ist übergelaufen.“
„Sammy? Unmöglich!“
„Du hast keine Ahnung was hier in den letzten Wochen abgelaufen ist. Viele haben die Seiten gewechselt, obwohl jeder weiß, dass das Militär mit den überlaufenden Hungerleidern auch nicht gerade sanft umspringt. Aber, der Hunger zerquetscht jeden klaren Gedanken.“
„Könnt ihr euer Kaffeekränzchen woanders veranstalten?“, unterbrach Palderas die Frauen, während er an der Tür horchte. „Wenn die Soldaten wirklich Bescheid wissen, werden sie gleich hier auftauchen. Wir müssen weg.“
Mari nickte. „Du hast Recht.“ Sie drehte sich um und aktivierte einen verborgenen Mechanismus. Sofort schob sich ein Stück der Mauer knirschend zur Seite und ein dunkler Gang wurde sichtbar. „Diesen Fluchtweg haben wir erst kürzlich fertig gestellt. Ich hätte nicht gedacht, dass wir ihn so schnell brauchen.“
„Sammy kennt diesen Gang doch sicherlich auch?“, fragte Narda.
„Natürlich. Er hat … verdammt!“
„Wo führt er hin?“
„In die Katakomben vom alten Kraftwerk.“
„Gut. Dort kriegen sie uns nie. Vorausgesetzt, sie haben nicht alle Ausgänge besetzt, was ich mir nicht vorstellen kann. Ich glaube auch nicht, dass sie in die Katakomben eindringen. Das Risiko gehen sie wohl nicht ein.“
„Wir haben keine Wahl. Palderas, ich gehe mit Narda vor. Du bleibst im Gang sitzen und passt auf. Wenn die Soldaten den Gang kennen und eindringen sollten, kommst du sofort hinterher und versteckst dich in den Katakomben. – Und ihr Leute“, wandte sich Mari an die verängstigen Menschen, „solltet in eurem eigenen Interesse nicht erwähnen, dass ihr uns kennt oder dass wir hier waren. Komm, Narda!“
Die beiden Frauen zwängten sich durch das enge Loch und krochen eilig durch den staubigen Gang, bis sie zu einem riesigen Gewölbe kamen. Es war still. Narda horchte angestrengt in die Dunkelheit. Sie kannte sich in diesen Katakomben aus. Schon als Kind war sie in allen Ecken herum gekrochen, bis sie selbst im Dunkeln jeden Stein wieder fand.
„Scheint niemand hier zu sein“, flüsterte Mari.
„Mag sein. Lass uns links am Brunnen vorbei durch die frühere Kühlwasserschlange gehen. Das ist der kürzeste Weg.“
Sie schlichen vorsichtig weiter, bis Narda plötzlich stehen blieb. „Sie sind hier!“, raunte sie Mari zu, während sie einige Schritte zurück wich und Mari mit sich zog.
„Wie kommst du darauf?“
„Es ist nicht völlig dunkel da vorn. Wahrscheinlich haben sie Glimmersteine zur Orientierung mitgebracht. Idioten! Als ob man das nicht sehen kann.“
„Na, ich sehe jedenfalls nichts.“
„Wenn wir noch ein paar Meter weiter gegangen wären, hättest du es gesehen. Sie uns allerdings auch.“
„Was jetzt?“
„Habt ihr keinen Notfallplan?“
„Das hier ist der Notfallplan.“
„Fantastisch. Wahrscheinlich hat Sammy die ganze Sache von langer Hand vorbereitet und ich laufe auch noch mit in diese Falle.“
„Tut mir leid“, fauchte Mari. „Wenn ich gewusst hätte, dass du heute schon kommst, hätte ich die Soldaten natürlich gebeten, sich bis morgen zu gedulden, bevor sie uns umbringen.“
„Schon gut“, versuchte Narda die aufgebrachte Frau zu beruhigen.
„Gut? Nichts ist gut! Du kommst, wenn du was brauchst. Dass wir kaum unsere eigenen Probleme bewältigen können, interessiert dich einen Dreck.“ Mari wurde immer lauter.
„Sei ruhig, die Soldaten könnten uns hören.“
Es dauerte eine Weile, bis Mari leiser antwortete: „Verdammt. Jetzt lasse ich meinen Frust schon an dir aus. Aber nachdem keine Lieferungen mehr ankamen, wurden Stimmen laut, die dich als Überläufer und Schlimmeres bezeichneten. Niemand weiß genau, wo du stehst.“
„Was soll das? Ich habe die Lieferungen nie eingestellt. Sie sind unregelmäßiger geworden, denn es wird immer schwieriger, etwas abzuzweigen. Darüber weißt du aber doch Bescheid?“
„Nichts weiß ich. Allerdings ist der größte Teil der Informationen über Sammy gelaufen und …“
Narda hielt ihrer Freundin plötzlich den Mund zu und flüsterte: „Da kommt jemand.“
Angespannt warteten die Zwei. Es war völlig dunkel, doch Narda konnte sich auf ihr Gespür verlassen. Ein kaum spürbarer Hauch, doch Narda wusste woran sie war. Da schlich sich jemand an. Vielleicht Palderas, doch der hätte sich schon zu erkennen gegeben. Ein Soldat? Unwahrscheinlich. Die kannten sich hier unten nicht so aus, als dass sie sich ohne Licht zurecht finden würden.
Jetzt bemerkte Narda Schweißgeruch und wusste sofort woran sie war. Direkt hinter ihr befand sich Sammy, der es nicht für nötig hielt, sich gelegentlich zu waschen und entsprechende Ausdünstungen von sich gab.
„Mari“, raunte Narda leise, aber so laut, dass Sammy es hören musste. „Wir gehen zurück. Hier kommen wir nicht weiter.“
„Wir können nicht zurück. Wenn …“
„Glaub mir einfach“, unterbrach Narda die ahnungslose Mari. „Lass uns umkehren.“
Sie schob die Frau zurück und tat, als würde sie ihr folgen, doch sie blieb stehen, drehte sich um und packte zu. Ihre rechte Hand bekam ein Ohr zu fassen. Sofort griff sie mit beiden Händen nach und krallte sich am Hals des Gegners fest. Ein erstickter Laut. Strampeln. Narda riss ihr Knie hoch und gleichzeitig den Kopf des Lauschers nach unten. Leises Knirschen und das plötzliche Zusammensacken ihres Opfers zeigte ihr, dass sie getroffen hatte.
„Narda? Was machst du da?“ Mari war stehen geblieben, als sie die Geräusche gehört hatte.
„Komm her und hilf mir. Ich habe einen neugierigen Schleicher gefunden. Den müssen wir hier wegschaffen.“
Mari gab einen überraschten Laut von sich, sagte aber nichts. Sie trugen den Mann in einen eingestürzten Tunnel, wo sie etwas Licht machen konnten, fesselten und knebelten ihn. Narda kontrollierte kurz die Umgebung und setzte sich dann zu ihm, während Mari am Eingang aufpasste.
Es dauerte nicht lange und der Mann kam zu sich. Sofort riss er wild an den Fesseln. Narda leuchtete ihm mit einer kleinen Lampe ins Gesicht. Blut lief ihm aus der Nase. Scheinbar war sie gebrochen. Sein Blick irrte kurz umher. Schließlich schloss er die Augen und blieb still liegen.
„Na, hast du Sehnsucht nach mir gehabt, Sammy?“, höhnte Narda. „Du hättest ruhig zum Treffpunkt kommen sollen, anstatt hier im Dunkeln herum zu schleichen.“
Sammy rührte sich nicht.
„Du weißt, was einen Verräter erwartet, oder? Ich überlege nur noch, ob ich dich hier erwürge oder dich lieber zum trocknen in die Sonne hänge.“
Jetzt schlug der Mann die Augen auf und blitzte Narda wütend an, wobei er undeutliche Worte von sich gab.
„Ich werde dir jetzt den Knebel abnehmen. Höre ich ein lautes Wort, schneide ich dir deine Stimmbänder mit allem was Drumherum ist durch. Klar?“
Narda nahm ihr Messer und setzte es Sammy an die Kehle. Dann entfernte sie den Knebel. Er atmete tief ein, ließ aber die Luft nur langsam entweichen, als die Schneide des Messers seine Haut ritzte.
„Du sprichst von Verrat?“, sagte er schließlich. „Ausgerechnet du? Wir wissen nicht ob wir den morgigen Tag überleben und du entspannst dich währenddessen im Bett eines dieser besser gestellten Säcke.“
Narda zwang sich zur Besonnenheit. „Es hindert dich keiner, dir auch einen solchen Sack zu suchen. Allerdings müsstest du dich dann erst einmal waschen. Jetzt halt die Klappe und hör mir zu, du erbärmlicher Heuchler. Ich habe weder Zeit noch Lust mit dir über mein Leben zu reden. Dass du die Menschen hier hintergehst und sie ans Militär auslieferst, kannst du gleich mit eben diesen Menschen diskutieren. Sie werden dir die passende Antwort geben. Ich will von dir nur eins wissen. Warum schleichst du hier herum? Spionierst du für die Soldaten?“
„Ich, ich wollte von ihnen weg“, stotterte Sammy kläglich. „Sie nutzen mich aus und wollen nichts dafür tun.“
„Das tut mir aber leid.“ Narda packte ihn am Hals, drückte zu und schlug mit der Lampe gegen seine blutende Nase.
Sammy bäumte sich vor Schmerzen auf. Hasserfüllt blitze er Narda an. Sie ließ jetzt langsam los und strich mit dem Messer über seinen Hals.
„Wenn du mich noch mal so schlecht belügst, schneide ich dir ein Loch in deine trügerische Zunge. Also?“
„Verdammtes Miststück! Glaubst du etwa, ich hätte Angst vor deinem Messer? In wenigen Minuten wimmelt es hier von Soldaten und dann werden wir sehen, wer wem ein Loch in die Zunge schneidet.“
„Ich hatte also recht. Du spionierst die Gänge für die Soldaten aus. Dabei kannst du froh sein, wenn du abends deinen armseligen Unterschlupf wieder findest.“
„Ach ja?“ Sammy schäumte vor Wut. „Durch mich wissen die Soldaten, dass es nicht nur zwei Ausgänge aus diesem Labyrinth gibt, sondern drei. – Ja, da guckst du, was? Hast du etwa geglaubt, nur du kennst den dritten Ausgang?“ Sammy sah Narda triumphierend ins Gesicht.
„Und sie haben alle drei Ausgänge besetzt?“, tat Narda bestürzt.
„Natürlich, was denkst du? Ich sag dir was. Ihr kommt hier ohne mich nicht lebend raus. Aber wenn du mich jetzt los machst, rede ich mit den Soldaten.“
„Und sie hören auf dich?“ Narda spielte die Niedergeschlagene.
„Sicher. Komm, binde mich los, dann können wir zum Haupttrupp gehen. Dort kenne ich den Kommandierenden sehr gut.“
„Die sind doch sicher am Haupteingang?“
„Aber nein. Sie vertrauen mir und ich habe ihnen gesagt, dass ich zum südlichen Tor kommen werde.“
Sammy schlug einen verschwörerischen Ton an. Er war davon überzeugt, dass Narda eingesehen hatte, dass Entkommen unmöglich war und es nur durch ihn eine Überlebenschance gab.
Narda lächelte ihn jedoch freundlich an, band ihm den Knebel wieder um und zog ihn auf die Beine. „Mann, ich wusste immer schon dass du dämlich bist, doch dass du gleich so übertreiben musst. Gehen wir!“
Sie schob den verdutzten Mann vor sich her und flüsterte Mari zu: „Wir kommen hier raus, keine Sorge. Komm mir nach.“
Sie nahmen Sammy zwischen sich und tappten durch dunkle Gänge bis Narda stehen blieb und Mari auf eine Stelle aufmerksam machte, die etwas heller war als die Umgebung.
„Siehst du das?“, fragte Narda. Dort geht es raus.“
„Woher willst du wissen, dass dort keine Soldaten sind?“
„Oh, diesen Ausgang kenne nur ich. Außerdem war Sammy war so freundlich und hat mir gesagt, dass er nur drei Ausgänge kennt. Den vierten hat er übersehen und konnte ihn daher nicht verraten. Nicht wahr, Sammy?“
Narda schaltete die Lampe ein und leuchtete dem Mann ins Gesicht. Seine Züge waren verzerrt, die Augen traten fast aus den Höhlen, als er versuchte, einen Fluch auszustoßen. Narda schlug ihm auf die Schulter und meinte leutselig: „Nun reg dich nicht künstlich auf, dummer Verräter. Du bekommst schon noch die Möglichkeit, ein Gebet zu sprechen. Benimm dich anständig. Ich verspreche dir auch, dass ich dich nicht umbringen werde.“
Sie stieß ihn zur Seite, so dass er stolperte und zu Boden stürzte. Dann fragte sie leise: „Mari, weiß dieser Kerl was wir mit den Unterlagen vorhaben?“ Narda deutete auf Sammy.
„Nein. Er hat nur die Botendienste übernommen. Er kennt auch den Inhalt nicht.“
„Gut. Trotzdem muss ich davon ausgehen, dass er irgendwas erzählt hat. Ich habe also keine Zeit mehr, sondern muss die Sache jetzt durchziehen.“
„Narda, ich weiß wohl, dass du, seid deine Eltern umgebracht worden sind, meist auf dich alleine gestellt warst und dich entsprechend durchschlagen kannst, doch sei vorsichtig. Die Regierung greift immer härter durch. Als du noch hier gelebt hast, hat man den Untergrund noch als einfache Lebensmittelbeschaffer für die ganz armen Schweine angesehen, heute gilt er schon als hochgefährliche Randgruppe. Du weißt was das heißt.“
„Mach dir keine Gedanken. Übrigens, ich bemühe mich weiter Lebensmittel abzuzweigen, aber ohne meine Position zu verraten, ist es einfach immer seltener möglich.“
„Das dachte ich mir schon. Ich war eben nur etwas …“
„Schon in Ordnung. Konntet ihr inzwischen Waffen bekommen?“
„Was glaubst du, wie wir ausgestattet sind? Selbst für meinen alten Revolver habe ich nur wenige Kugeln.“
„Da fällt mir etwas ein.“ Narda bückte sich und durchsuchte Sammy nach Waffen. Sie fand eine Pistole mit zwei Magazinen und steckte sie Mari zu. „Hier nimm die und gib mir deine Waffe. Du brauchst sie wahrscheinlich nötiger als ich. - Könnte es sein, wenn Sammy sich nicht mehr meldet, dass die Soldaten abziehen?“
„Vergiss es“, winkte Mari ab, wobei sie die Pistole verstaute. „Sie werden nicht ohne Führer in den Katakomben herum kriechen, aber abziehen werden sie garantiert nicht.“
„Wir lenken sie ab. Wenn wir uns außerhalb mit unserem Gast sehen lassen, werden sie denken, dass der Plan schief gegangen ist oder unser Sammy dummes Zeug erzählt hat.“
„Du darfst nicht in Erscheinung treten. Wenn man dich hier erwischt, hast du nicht nur deine Position bei Baldet verspielt. Dein Ziel, mit diesem ominösen Auswandererschiff von Kronor weg zu kommen, könntest du vergessen.“
„Du hast recht. Aber mich wird man nicht sehen, sondern nur Sammy.“
„Der dich dann verrät.“
„Hältst du mich für schwachsinnig? Der wird nichts sagen, glaub mir.“
Mari nickte widerstrebend. Es war kein Platz für Recht in ihrer Gesellschaft. Das war schon vor langer Zeit verloren gegangen und seitdem verrohten die Menschen immer mehr. Selbst Narda, die als Jugendliche jedem helfen wollte, hatte seid dem gewaltsamen Tod ihrer Eltern nur noch ein Ziel, dass sie unerbittlich verfolgte: Weg von hier. Auf Kronor waren die Verhältnisse überall die Selben, daher hatte sie sich schon früh in den Kopf gesetzt, bei einem geheimen Vorhaben der Regierung mitmachen zu können. Ein Raumschiff, welches die Elite der Wissenschaft auf einen anderen Planeten bringen sollte. Das Ziel, dort als Pilotin eingesetzt zu werden, hatte sie fast erreicht.
„He, träumst du?“, fragte Narda und gab Mari einen leichten Stoß. „Ich sagte eben, dass ich die Soldaten ablenken werde. Den Rest musst du selber erledigen. Ich bin schon viel zu lange hier und habe keine Zeit zu verlieren. Zu den Unterlagen. Ich brauche nur den verschlüsselten Comruf abschicken, wenn es soweit ist?“
„Richtig. Genau wie bei Azuba damals.“
Die Frauen verabschiedeten sich. Narda packte Sammy beim Kragen und schubste ihn durch den schmalen Ausgang. Er wehrte sich, doch ein kräftiger Nasenstüber ließ ihn ruhig werden. Narda versteckte sich in einiger Entfernung und wartete, bis eine der unvermeidlichen Militärpatrouillen vorbei kam.
Dann nahm sie Sammy Knebel und Fessel ab. Ohne Nachzudenken rannte er sofort schreiend auf die Soldaten zu. Narda schüttelte den Kopf, bei soviel Unvernunft. Sie nahm den Revolver und schoss aus ihrer Deckung einen der Soldaten nieder. Sofort eröffneten die gut bewaffneten Männer das Feuer und Sammy starb im Lichtgewitter der Lasergewehre.
„Dummer Mensch!“, brummte Narda vor sich hin. „Ich habe doch gesagt, dass ich dich nicht umbringen werde.“
Narda flüchtete durch die Kloaken der dunklen Gassen. Sie kannte sich hier aus, deshalb hatte sie keine Angst um sich. Doch da war die Sorge um ihre Freunde. Das Militär kannte keine Gnade, wenn sich ausgehungerte Gestalten gegen sie auflehnten. Zumindest waren die Soldaten abgelenkt und wenn sie heraus fanden, dass es ihr Spion war, den sie da erschossen hatten, würden sie sich, mit etwas Glück, von den Katakomben zurück ziehen.
Aber es war zu spät, um darüber nachzudenken. Sie rannte zum Treffpunkt, holte die Unterlagen aus dem Versteck und kehrte zu ihrem Sandsurfer zurück. Wenig später war sie nicht mehr zu sehen.

Einige Tage später stand sie hinter ihrem Gönner und massierte ihm die feisten Schultern. Der Mann grunzte dabei wollüstig vor sich hin, doch Narda achtete nicht darauf. Sie war immer bestrebt, sich nicht mehr als nötig mit dem Kerl zu beschäftigen, doch er hatte irgendetwas gesagt und erwartete eine Antwort, die Narda nicht gab. Deshalb wandte er sich, so weit es ihm möglich war, um und schielte zu Narda hoch.
„He, was ist los?“, brummte er. „Hörst du nicht zu, wenn dein Traummann dir was sagt?“
„Entschuldige, Feris. Ich war mit meinen Gedanken woanders.“
„Genau, und das in der letzten Zeit ziemlich oft. Ich habe dich gefragt, ob du von dem erschossenen Soldaten in Kabairo gehört hast.“
„In Kabairo? Nein, was war denn los?“
„Versuch nicht, mich für dumm zu verkaufen. Ich weiß, dass du trotz meines Verbots, immer noch Kontakt mit deinen Freunden dort hast.“
„Wie kommst du nur darauf?“ Narda war alarmiert, doch noch war nichts verloren.
Feris erhob sich ächzend und schlenderte zum Bad hinüber, wobei er es nicht lassen konnte, sich im Vorbeigehen in einem übergroßen Spiegel zu bewundern. Narda schüttelte sich, als sie sah, wie liebevoll er seine Fettwülste streichelte und selbstverliebt an sich herunter sah.
„Du kannst mir glauben“, rief sie hinter ihm her. „Ich mache mir nur Gedanken darüber, wie ich dich zufrieden stellen kann“, rief sie ihm hinterher, wobei sie ein hämisches Grinsen nicht vermeiden konnte.
„Das ist doch selbstverständlich. Aber es reicht jetzt. Ich wollte es dir eigentlich erst in ein paar Tagen sagen, aber mir fällt gerade ein, dass du deine Nachfolgerin in meine Vorzüge und Vorlieben einweisen kannst. Das erspart mir langwierige Erklärungen. Also, du musst auf mich verzichten. Ab morgen wird eine andere Frau deinen Platz einnehmen und du verschwindest, sobald du ihr alles erklärt und gezeigt hast.“
„Hör zu, Schatz!“, sagte Narda mit sanfter Stimme, wobei sie aber wütend die Fäuste ballte. „Du kannst mich nicht einfach ausbooten. So läuft das nicht.“
„So? Kann ich nicht? Ist schon passiert“, tönte seine Stimme aus dem Bad. „War eine schöne Zeit mit dir, ganz ehrlich, doch nun“, Baldet kam ins Zimmer zurück, „ist es vorbei.“
„Feris!“
„Nichts da. Ich habe weder Zeit noch Lust mit dir herum zu diskutieren. Die treuen Blicke deiner blauen Augen werden dir jetzt auch nicht mehr helfen. Ich werde jetzt alles in die Wege leiten. Wenn ich zurückkomme, hast du deine Sachen gepackt, oder …“
„Oder was? Hör mal gut zu, Bursche!“ Narda baute sich vor dem Mann auf. Die Entscheidung war gefallen und es wurde Zeit, dass Baldet die Realität kennen lernte. „Bisher habe ich dein Machogehabe ertragen, weil du mir nützlich warst. Doch wenn du mit solchen Sprüchen kommst, musst du leider meine andere Seite kennen lernen. Ein Wicht wie du, kann mich nicht einfach vor die Tür setzen. Oder glaubst du etwa, ich würde mich mit einem schmierigen Typen wie dir einlassen, ohne gewisse Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen? Für wie blöd hältst du mich?“
„Wie bitte! Was fällt dir ein?“
„Bei deinem Anblick fällt mir so einiges ein. Setz dich.“
Feris starrte mit offenem Mund zu Narda herüber. So etwas war ihm noch nie passiert.
„Aber Narda“, entgegnete er mehr erstaunt als ärgerlich, wobei er einige Schritte zurück wich. „Was sollen solche Reden? Mein Kätzchen …“
Narda machte einen Schritt auf ihn zu und hatte plötzlich ein Messer in der Hand. „Noch ein Wort und du brauchst die nächsten Wochen keine Rasur mehr.“
„Narda, sei vernünftig.“ Feris starrte die Waffe wie hypnotisiert an.
„Oh, ich bin vernünftig. Wie vernünftig, wirst du noch sehr unangenehm zu spüren bekommen. Setz dich da hin und hör genau zu.“
„Jetzt hör aber mal …“
„Mach deine schleimigen Sprechwerkzeuge gar nicht erst auf. Kommt sowieso nur faules Zeug raus. Ich werde versuchen, dir etwas in den hohlen Schädel zu quetschen. Wenn du das nicht kapieren willst, prügle ich es dir rein. Klar?“
„Aber Narda, was soll denn dieser Ton?“, wimmerte Baldet verschreckt. „So kenne ich dich ja gar nicht.“
„Nein. So kennst du mich nicht. Aber du wirst mich noch kennen lernen, wenn du jetzt nicht die Klappe hältst und zuhörst. Pass auf! Du willst mich raus werfen? Tu das. Nur wirst du dann ab morgen deine geliebte Arbeit verlieren. Dein schönes, bequemes Leben ist dann beendet, weil sie dich in den Knast stecken werden. Dort kannst du dich dann mit netten Unterweltlern vergelüstigen. Na ja, vielleicht ist es auch umgekehrt. Sind das nicht schöne Aussichten?“
Feris sah mit offenem Mund zu Narda hoch. Er begriff überhaupt nicht, wovon die schwarzhaarige Schönheit mit der sanften Stimme da sprach. Für ihn war es nur eine Affäre, wie schon viele andere vorher. Die Frauen aus den Slums waren immer sehr gefügig gewesen, ohne nur den geringsten Zweifel seiner Autorität aufkommen zu lassen. Und jetzt redete diese Frau in einer verwahrlosten Sprache, die er sich streng verbeten hatte, völlig unsinniges Zeug. Doch vielleicht hatte sich nur ihr Verstand getrübt, als sie begriff, dass es vorbei war.
„Narda“, begann er vorsichtig, „du weißt nicht was du redest. Beruhige dich erst einmal. Wenn du willst, kannst du auch noch ein paar Wochen auf die Schule gehen. Das wäre doch was, oder? Du wirst sehen, morgen …“
„Mensch, tust du nur so dämlich oder verstehst du wirklich nichts?“, unterbrach Narda den Mann. „Ich rede kein wirres Zeug. Morgen früh, wenn du im Büro wie gewohnt den armen Frauen mit deinem sülzigen Gelaber auf die Nerven gehst, wird dich dein Boss rufen. Er wird dich dem Sicherheitsdienst übergeben. - Was steht auf Mord?“ Narda begann damit, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Mord ist auch bei den höher gestellten Leuten, zumindest offiziell, höchst verächtlich. Kannst du dir vorstellen was passiert, wenn sie dich eines Mordes überführen?“
„Mord… überführen… ich habe nicht… ich meine…“, stotterte Baldet.
„Ich – wohlgemerkt – ich weiß das. Dazu bist du viel zu dumm und feige. Doch ab morgen werden erdrückende Beweise gegen dich vorliegen. Ja, und dann – auf Wiedersehen, Feris.“
„Unmöglich!“ Baldet sprang auf. Er begriff allmählich, was Narda ihm sagen wollte. „Wo sollten solche Beweise herkommen?“
„Woher? Mann, du hast wirklich keine Ahnung.“ Narda blieb vor dem leichenblassen Nervenbündel stehen. „Was glaubst du, ist letztes Jahr mit eurem Oberguru aus der Fliegerschule passiert?“ Sie gab Baldet einen Stoß, dass er zurück in den Sessel fiel. „Er hatte eine kleine Beziehung zu einer Bekannten von mir aufgebaut. Nun, er glaubte, so wie du jetzt, seine Bettgenossin mal eben zurück in die Slams von Kabairo abzuschieben, wäre das normalste der Welt. Leider, leider.“ Narda bückte sich und sah Feris direkt in die wässrigen Augen. Sie hatte den Mann so weit.
„Azuba hat gar nicht … ich meine, er hat diese Frau gar nicht umgebracht? Aber die Beweise waren eindeutig.“
„Du hast Recht. Eindeutig und unwiderlegbar. Schlimme Sache, nicht?“
„Was willst du?“
„Endlich wirst du vernünftig. Besorg mir einen Platz auf dem Auswandererschiff. Dann bist du mich los.“
Baldet starrte Narda mit weit aufgerissenen Augen an. Er glaubte sich verhört zu haben, doch ihr Gesichtsausdruck ließ keine Zweifel aufkommen. Sie meinte es völlig ernst.
„Du willst auf die Free World? Das geht nicht! Woher weißt du überhaupt von diesem Projekt? Es ist völlig geheim.“
„Geheim? Das ich nicht lache. Also, was ist nun?“
„Wie soll ich das machen? Ich habe keinerlei Verfügungsgewalt über die Personalpolitik der Station und erst recht nicht über die Besatzung des Raumschiffs. Wie stellst du dir das vor?“
„Ganz einfach. Du berichtest dem korrupten Pack, welches du Freunde nennst, dass du einen Herzenswunsch hast. Nämlich, dass die beste Pilotin des Planeten auf dieses Schiff gehört.“
Narda setzte sich gemütlich in einen Sessel, schüttete sich Kaffee ein und schaute über den Rand der Tasse zu Baldet herüber. Er saß, das Gesicht in die Hände gedrückt, immer noch auf seinem Platz und regte sich nicht. Doch er wollte noch nicht aufgeben. Er stand langsam auf.
„Ich werde jetzt die Sicherheit rufen.“
„Du wirst nichts dergleichen tun!“ Narda stand ebenfalls auf und hob das Messer. Noch bevor Baldet reagieren konnte, fühlte er schon das kalte Metall an seiner Kehle. „Feris, mein Schatz. Sprich nicht von solchen Sachen, wenn du weiter leben willst. Du hast Einfluss genug, um Überwachungskameras in deinem privaten Umfeld zu vermeiden. Also kannst du nicht beweisen, was hier geschieht. Denk nach!“
Baldet stand wie erstarrt und sah Narda mit tränennassen Augen an. Er kannte den Fall des ehemaligen Leiters der Fliegerschule. War es wirklich möglich, dass ihm der Mord an einer Beschäftigten der Schule nur angehängt worden war? Es erschien ihm immer noch undenkbar, doch Narda sprach sehr überzeugend. Bei genauem Nachdenken, kamen ihm auch einige Ungereimtheiten des Mordfalls in den Sinn.
„Kannst du beweisen, dass der Mordfall Azuba vorgetäuscht war?“ Baldet versuchte bei dieser Frage seine Kehle aus der unmittelbaren Gefahrenzone des Messers zu bekommen.
„Natürlich kann ich das“, lächelte Narda, während sie einen Ordner, der unter einer Schublade versteckt war, hervor holte und Feris vor die Füße warf. „Das sind Kopien der geheimen Unterlagen, die damals dafür gesorgt haben, dass Azuba angeklagt wurde. Wo kommen die wohl her?“
Narda stieß Baldet wieder zurück in den Sessel. Er war jetzt empfänglich für ihre Forderungen. Sie wartete noch einen Moment, bis er sich etwas beruhigt hatte.
Schließlich sagte sie: „Bevor du irgendwas ausheckst. Als Sofortmassnahme werde ich gleich meine Freunde bitten, in deinem Schreibtisch im Büro der GABA einige Unterlagen zu deponieren, die klar belegen, dass du mich umgebracht hast. Da ich offiziell in der Fliegerschule bin, kann darüber nicht einfach hinweg gegangen werden. Es wird eine Untersuchung geben. Dabei wird heraus kommen, dass du meine Leiche im Kraftwerk entsorgt hast. Wie gefällt dir das?“
„Unmöglich!“
Narda lächelte und gab das verabredete Signal in ihr Kommunikationsgerät ein. „Wenn du meinst, bitte. Die Unterlagen werden jedenfalls in einigen Minuten in deinem Schreibtisch liegen. Du kannst sie morgen prüfen und vernichten. Allerdings nur, wenn wir uns jetzt einig werden. Natürlich liegen die gleichen Unterlagen, nur mit einer anderen Leiche, auch woanders aus. Den Ort bekommst du, sobald ich mit dem Schiff da oben weg bin. Noch Fragen?“
Baldet sackte zusammen. Ihm war klar, dass er, wenn Narda die Wahrheit sagte, keine Chance hatte. Das Militär fackelte nicht lange, wenn es um solche Dinge ging. Unter den wachsamen Augen Nardas nahm er den Ordner und prüfte die Akten. Die Unterlagen schienen tatsächlich echt zu sein.
Narda nahm ihm nach einiger Zeit die Mappe aus der schlaffen Hand und fragte sanft, ob er einverstanden sei. Er nickte nur und sie streichelte ihm sanft über die schweißnassen Haare.
„Nimm es nicht so tragisch Feris. Du hast keinen Verlust durch die Sache. Den kleinen Gefallen werden deine Kumpels dir gerne tun und dann hörst du nie wieder etwas von mir.“
„Hoffentlich. Wie soll ich dir Bescheid geben? Ich denke, du wirst nicht bleiben?“
„Ich lasse dir dieses Comgerät hier. Wenn es soweit ist, brauchst du mich nur anzufunken. Ich melde mich dann auf der Station. Und Feris, du brauchst keinen Gedanken an eine Schlechtigkeit verschwenden. Falls du Unfug machst und es irgendwie schaffen solltest, meinen Plan zu durchkreuzen, werden meine Freunde dich finden und mit Begeisterung im Sand vergraben. Kannst du dir vorstellen, wie es ist, wenn in der Mittagsglut ganz langsam die Gehirnzellen vor sich hin kochen?“
Feris starrte Narda betroffen an. Er selbst war nicht abgeneigt, andere Menschen zu quälen, doch solche gewalttätigen Drohungen erschütterten seinen Glauben an den Status der besseren Bürger von Kronor.
Narda verabschiedete sich freundlich. Die Würfel waren gefallen und sie musste verschwinden, wenn der Plan aufgehen sollte. Es gab kein Zurück. Schon bald würde sie zu den Auserwählten des Planeten gehören und auf eine lange Reise gehen.
 

sternsucher

Mitglied
Hallo FrankK und Jon

ich habe jetzt eine neue Version eingestellt und hoffe, dass sie lesbar ist.
Ich bin mehr auf die Hintergründe eingegangen, aber ohne zu tief einzutauchen. Außerdem gibt es ein wenig mehr Aktion.

Schöne Grüße, sternsucher
 

FrankK

Mitglied
Hallo sternsucher

Glaube mir, "Aktion" war nie das Problem.

Werde mich heute Abend etwas näher mit der neuen Version auseinander setzen. Nach der ersten Lesung kann ich nur sagen:
Schon deutlich besser.

Obwohl mir (wieder mal) kleine Stolperstellen schon jetzt aufgefallen sind.

Details kommen später.

Viele Grüße

Frank
 

FrankK

Mitglied
Hallo sternsucher
Hier, wie versprochen, mein „Gemecker“. ;)

„Siehst du das?“, fragte Narda. Dort geht es raus.“
Hinter Narda fehlen Anführungszeichen.

Außerdem war Sammy war so freundlich und hat mir gesagt...
Das zweite „war“ ist über.

Narda, ich weiß wohl, dass du, seid deine Eltern umgebracht worden sind, meist auf dich alleine gestellt warst und dich entsprechend durchschlagen kannst, doch sei vorsichtig.
Diesen „holprigen“ Schachtelsatz solltest du besser etwas entflechten.

Über den gewaltsamen Tod der Eltern grübelt Mari später noch einmal nach. Dort ist die bessere Position für derartige Informationen, nicht in diesem Schachtelsatz.

Wenig später war sie nicht mehr zu sehen.

Einige Tage später stand sie hinter ihrem Gönner und massierte ihm die feisten Schultern.
Wiederholtes „Später“.

Im Vergleich zur vorletzten Version eine deutliche Verbesserung.
Die letzte Version lassen wir mal einfach aussen vor. :)
Allerdings kann ich nicht mehr neutral einschätzen, wie „rund“ die Geschichte jetzt ist, das sollte sich jon vielleicht nochmal antun.
Mein Kopfkino läuft rund, wäre es aber auch mit weniger „Action“.
Ich kenne den Anfang des Romans und fülle im Kopf gewisse Lücken auf.

Im logischen Ablauf der Story ist mir nur eine Sache aufgefallen:
Sammy als Verräter, allerdings merkwürdig im Verhalten.
1.Sammy gibt Narda Lichtzeichen. Wieso lauern ihr nicht sofort ein paar Soldaten auf?
2.Sammy kennt das Versteck. Wieso führt er die Soldaten nicht direkt dorthin?
3.Wie kann Narda sicher sein, das Sammy ihren Namen nicht schon gegenüber den Wachen erwähnt hat?

Nicht verzweifeln, deine Geschichte „lebt“. :)

Übrigens:
Mir ist aufgefallen, dass Narda nur noch einen Zopf hat. :)

Viele Grüße

Frank
 

sternsucher

Mitglied
Hallo FrankK,

dein ‚Gemecker’ fällt ja sehr human aus. Aber du hast schon recht, es ist sehr schwierig eine Geschichte, die im Kopf schon längst läuft, ohne gewisse Fehler zu schreiben.
Was die Aktion betrifft, ich habe sie nicht um der Aktion willen eingefügt, sondern um Informationen (hauptsächlich über Narda) möglichst unauffällig unterzubringen, was hoffentlich mehr oder weniger gelungen ist.

Was den logischen Ablauf betrifft:

1.Sammy gibt Narda Lichtzeichen. Wieso lauern ihr nicht sofort ein paar Soldaten auf?
2.Sammy kennt das Versteck. Wieso führt er die Soldaten nicht direkt dorthin?
3.Wie kann Narda sicher sein, das Sammy ihren Namen nicht schon gegenüber den Wachen erwähnt hat?
Die ersten beiden Punkte: Ich habe wohl nicht deutlich genug gemacht, dass die Soldaten alle zusammen in die Falle locken wollten und dass sie ja auch in das Versteck eingedrungen sind. Nur in die weitläufigen Katakomben gehen sie nicht alleine. Zu gefährlich. Also werden nur die Eingänge umstellt.
Der dritte Punkt ist schwierig. Sammy ist nur ‚Botenjunge’, doch er kennt Narda und müsste auch wissen was sie tut. Hm, da muss was passieren.

Das mit Nardas Zopf ist übrigens deine ‚Schuld’. Ich habe mir noch mal deine Worte durch den Kopf gehen lassen. Ein Pferdeschwanz ist praktischer denke ich. Man kann ihn schnell binden und auch zusammen knoten. Außerdem könnten falschen Vorstellungen das Bild von Narda verzerren. (Von wegen Sommersprossen) ;)

Jedenfalls erstmal danke für deine Hinweise.

Schöne Grüße, sternsucher
 

sternsucher

Mitglied
Narda von Kronor

Die einsame Gestalt mitten in der Wüste war kaum zu sehen. Der großzügig bemessene, sandfarbene Umhang war eine perfekte Tarnung. Erst als der jetzt aufkommende Wind den dünnen Stoff anhob, wurde eine blaue Pilotenkombination sichtbar.
Narda Kadesch schob das Cape zur Seite und blinzelte in das grelle Licht des untergehenden Saridanus. Das helle Braun ihrer Haut wurde eine Spur dunkler, als der Abendwind endlich etwas Erfrischung brachte.
Ihre Aufmerksamkeit war jedoch nur kurz abgelenkt, denn es gab wichtigeres, als die Betrachtung des Sonnenuntergangs. Narda musterte aufmerksam die Silhouette einer Stadt, die einige Kilometer entfernt lag.
Die Gegend war nicht ungefährlich. Die Militärregierung auf Kronor ließ verdächtige Personen ohne Nachfrage festnehmen, oder, wenn Gegenwehr erfolgte, auch erschießen. Narda durfte sich auf keinen Fall erwischen lassen, denn die Begleiterin von Feris Baldet, dem einflussreichen Direktor der vereinten Zulieferer, hatte in der verrufenen Ruinenstadt Kabairo nichts zu suchen. Sollte sie hier aufgegriffen werden, waren ihre ganzen bisherigen Bemühungen umsonst. Doch sie hatte allen Grund zu handeln.
Narda wurde langsam unruhig. Sie warf das Cape ab, stand auf und überlegte, ob sie verschwinden sollte. Doch in der schnell hereinbrechenden Dunkelheit blitzte jetzt ein Licht auf. Das ersehnte Zeichen.
„Wurde auch Zeit!“, brummte Narda.
Sie zog das Cape aus dem Sand und warf es sich über. Dabei kam ein Sandsurfer zum Vorschein, der gut abgedeckt auf der Seite lag. Sie richtete das Fahrzeug auf und jagte wenig später fast lautlos über die dunkle Sandebene auf ihr Ziel zu.
Der erste Mond ging gerade auf, als Narda die von Sandverwehungen fast zugeschütteten Randbezirke von Kabairo erreichte. Die Stadt stammte noch aus den Zeiten, als ein normales Leben an der Oberfläche möglich war. Doch seit Krieg und Klimawandel das Leben auf Kronor bedrohte, waren die meisten oberirdischen Gebäude verfallen. Die Stadt bestand nur noch aus aneinander gereihten Ruinen, in deren Kellern und Gewölben Menschen hausten, die nicht das Glück hatten, zu den Privilegierten zu gehören, die das Leben noch genießen konnten. Militärposten durchstreiften ständig die Gassen, immer auf der Suche nach angeblich aufsässigen Menschen, die nach Gutdünken kontrolliert, eingesperrt oder sogar ermordet wurden.
Narda versteckte ihr Gefährt und schlich dann durch Strassen, die diesen Namen nicht mehr verdienten, bis sie an eine verfallende Hütte kam. An der Tür gab sie leise Klopfzeichen.
Ebenso leise raunte eine Stimme hinter dem Eingang: „Wer?“
„Kadesch, mach auf. Hier draußen ist es nicht geheuer.“
Die Pforte ging auf, Narda wurde ins Dunkel gezogen und die Tür wieder geschlossen. Plötzlich hielt ihr jemand eine Waffe unters Kinn. Ein Licht flammte auf und blendete sie. Narda zögerte keinen Augenblick.
Gedankenschnell schlug sie zu. Gleichzeitig packte sie die Waffe und ging in die Hocke. Die Lampe klapperte zu Boden und der Besitzer lag stöhnend daneben.
„Verdammt!“, ächzte er. „Bist du übergeschnappt?“
„Palderas? - Bist du lebensmüde? Warum hältst du mir eine Knarre an den Kopf?“
„Wir müssen vorsichtig sein, die Regierungstruppen patrouillieren wieder verstärkt.“
„Wenn die vor der Tür gestanden hätten, wärst du schon erledigt gewesen. Wo ist Mari?“
Palderas schickte Narda in die Kellerräume, während er wieder seinen Wachposten besetzte. Narda betrat einen Raum, in dem etwa 40 magere Gestalten kauerten. Leises Wimmern war zu hören, doch niemand achtete darauf. Sie fand ihre Freundin damit beschäftigt, einem Kind Flüssigkeit einzuflössen. Mari sah auf und winkte ihr, zu warten.
Einige Minuten später begrüßten sie sich herzlich. Dann saßen sie zusammen und Mari sagte: „Schön dich mal wieder hier zu sehen. Mit dir habe ich noch gar nicht gerechnet. Wie geht es dir?“
„Noch gut. Aber mein Gönner verliert scheinbar die Lust. Er ist mir nicht mehr so hörig wie früher, deshalb muss ich etwas unternehmen.“
„Der Mann wagt es tatsächlich, sich Narda Kadesch zu widersetzen?“, lachte Mari. „Er kennt dich doch jetzt schon ziemlich lange und müsste wissen, was es heißt, dich zu provozieren.“
„Oh, bisher war ich immer nur das schnurrende Kätzchen, das nur auf sein liebes Herrchen wartet. Auf diese Art bekomme ich fast alles von dem Typen. Das siehst du schon daran, dass ich die Fliegerschule besuchen darf. So etwas haben seine früheren Frauenzimmer nicht geschafft.“
„Wollten sie wahrscheinlich auch nicht. Auf solche Ideen kommst nur du.“
„Jedenfalls besucht er immer öfter die Huren in den Kasinos. Soll mir nur recht sein, dann lässt er mich wenigstens in Ruhe. Aber es sind deutliche Anzeichen.“
„Verstehe.“
„Sind die Unterlagen an Ort und Stelle?“, fragte Narda, während sie die heruntergekommenen Menschen betrachtete, die auf dem Boden hockten und teilnahmslos ins Leere starrten.
Mari nickte. „Klar. Eine Kopie vom Fall Azuba für dich im üblichen Versteck. Die anderen Papiere werden nach deinem Zeichen an den entsprechenden Orten abgelegt. Bist du eigentlich sicher, dass diese Erpressungsgeschichte bei dem Mann funktioniert? Wie ich jetzt weiß, ist Baldet kein kleiner Schulleiter, wie Azuba, sondern erster Direktor bei dem Verein.“
„Gerade deshalb wird es funktionieren. Er ist so verdammt selbstsicher, dass er nie auf den Gedanken kommen würde, dass tief unter ihm stehende Menschen, dazu gehöre auch ich, etwas anderes tun, als ihm ganz tief in den Arsch zu kriechen. Es wird ein Schock für ihn sein.“
„Das wird dem Herrn nicht gefallen.“
„Mir umso mehr“, grinste Narda. „Was ist mit diesen Leuten hier?“
„Das Übliche. Halb verhungert und meist verfolgt von dem Soldatenpack. Sammy hat sie hierher geführt und sie haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt und sind gleich hier geblieben, weil sie glauben, wir hätten noch genügend Lebensmittel. Ich muss sehen, dass ich sie woanders unterbringe, weil wir inzwischen als Feinde des Systems gelten und sie nicht mit uns zusammen gesehen werden sollten. Apropos Schopf. Einen schicken Pferdeschwanz hast du. Ist das jetzt Mode bei den Herrschaften?“
„Feris mag das neuerdings. Ist auch praktischer als das offene Haar. Ich soll sogar rothaarig werden, aber das konnte ich bisher verhindern.“
„Sag ihm einfach: Schwarze Haare, die bis zum Hintern gehen, können nicht rot gefärbt werden. - Was ist los?“ Die Frage war an Palderas gerichtet, der herein kam und das Licht löschte.
„Soldaten! Sie kriechen in der ganzen Gegend herum. Scheinbar suchen sie etwas.“
„Verflucht! Bist du verfolgt worden, Narda?“
„Als Sammy mir das Zeichen gab, bin ich auf dem üblichen Umweg hierher gekommen. Hätte man mich verfolgt, hätte ich das gemerkt.“
„Sammy? Wie kommst du auf Sammy? Er ist doch gar nicht hier.“
„Wer hat denn das Zeichen gegeben, dass ich mit ihm vereinbart hatte?“
„Jedenfalls nicht Sammy. Er ist unterwegs und will einen Transport des Militärs auskundschaften. Ich habe mich sowieso gewundert, dass du ohne Anmeldung hierher kommst.“
Narda sah Mari überrascht an. „Weißt du, was das bedeutet? Sie haben Sammy geschnappt und zum plaudern gezwungen.“
„Ja, oder er hat den leichten Weg gewählt und ist übergelaufen.“
„Sammy? Unmöglich!“
„Du hast keine Ahnung was hier in den letzten Wochen abgelaufen ist. Viele haben die Seiten gewechselt, obwohl jeder weiß, dass das Militär mit den überlaufenden Hungerleidern auch nicht gerade sanft umspringt. Aber, der Hunger zerquetscht jeden klaren Gedanken.“
„Könnt ihr euer Kaffeekränzchen woanders veranstalten?“, unterbrach Palderas die Frauen, während er an der Tür horchte. „Sie haben gerade die Tür oben aufgebrochen und werden gleich hier auftauchen. Wir müssen weg.“
Mari nickte. „Du hast Recht.“ Sie drehte sich um und aktivierte einen verborgenen Mechanismus. Sofort schob sich ein Stück der Mauer knirschend zur Seite und ein dunkler Gang wurde sichtbar. „Diesen Fluchtweg haben wir erst kürzlich fertig gestellt. Ich hätte nicht gedacht, dass wir ihn so schnell brauchen.“
„Sammy kennt diesen Gang doch sicherlich auch?“, fragte Narda.
„Natürlich. Er hat … verdammt!“
„Wo führt er hin?“
„In die Katakomben vom alten Kraftwerk.“
„Gut. Dort kriegen sie uns nie. Vorausgesetzt, sie haben nicht alle Ausgänge besetzt, was ich mir nicht vorstellen kann. Ich glaube auch nicht, dass sie in die Katakomben eindringen. Das Risiko gehen sie wohl nicht ein.“
„Wir haben keine Wahl. Palderas, ich gehe mit Narda vor. Du führst die Leute hier in die Katakomben. Verteilt euch da und versteckt euch. Solange die Soldaten nicht die Gänge stürmen, kann euch nichts geschehen. Wir werden versuchen, sie von den Ausgängen weg zu locken, damit ihr raus könnt. – Und ihr Leute“, wandte sich Mari an die verängstigen Menschen, „wenn man euch schnappen sollte, ist es in eurem eigenen Interesse wenn ihr uns nicht kennt. Komm, Narda!“
Die beiden Frauen zwängten sich durch das enge Loch und krochen eilig durch den staubigen Gang, bis sie zu einem riesigen Gewölbe kamen. Es war still. Narda horchte angestrengt in die Dunkelheit. Sie kannte sich in diesen Katakomben aus. Schon als Kind war sie in allen Ecken herum gekrochen, bis sie selbst im Dunkeln jeden Stein wieder fand.
„Scheint niemand hier zu sein“, flüsterte Mari.
„Mag sein. Lass uns links am Brunnen vorbei durch die frühere Kühlwasserschlange gehen. Das ist der kürzeste Weg.“
Sie schlichen vorsichtig weiter, bis Narda plötzlich stehen blieb. „Sie sind da und haben die Ausgänge besetzt!“, raunte sie Mari zu, während sie einige Schritte zurück wich und Mari mit sich zog.
„Wie kommst du darauf?“
„Es ist nicht völlig dunkel am Ausgang und das liegt nicht am Mondlicht. Wahrscheinlich haben sie Glimmersteine zur Orientierung mitgebracht. Idioten! Als ob man das nicht sehen würde.“
„Na, ich sehe jedenfalls nichts.“
„Wenn wir noch ein paar Meter weiter gegangen wären, hättest du es gesehen. Sie uns allerdings auch.“
„Was jetzt?“
„Habt ihr keinen Notfallplan?“
„Das hier ist der Notfallplan.“
„Fantastisch. Wahrscheinlich hat Sammy die ganze Sache von langer Hand vorbereitet und ich laufe auch noch mit in diese Falle.“
„Tut mir leid“, fauchte Mari. „Wenn ich gewusst hätte, dass du heute schon kommst, hätte ich die Soldaten natürlich gebeten, sich bis morgen zu gedulden, bevor sie uns umbringen.“
„Schon gut“, versuchte Narda die aufgebrachte Frau zu beruhigen.
„Gut? Nichts ist gut! Du kommst, wenn du was brauchst. Dass wir kaum unsere eigenen Probleme bewältigen können, interessiert dich einen Dreck.“ Mari wurde immer lauter.
„Sei ruhig, die Soldaten könnten uns hören.“
Es dauerte eine Weile, bis Mari leiser antwortete: „Verdammt. Jetzt lasse ich meinen Frust schon an dir aus. Aber da keiner genau weiß, wo du dich herum treibst und nachdem dann auch noch die Lieferungen ausblieben, wurden Stimmen laut, die dich als Überläufer und Schlimmeres bezeichneten. Niemand weiß genau, wo du stehst.“
„Was soll das? Ich habe die Lieferungen nie eingestellt. Sie sind unregelmäßiger geworden, denn es wird immer schwieriger, etwas abzuzweigen. Darüber weißt du aber doch Bescheid?“
„Nichts weiß ich. Allerdings ist der größte Teil der Informationen über Sammy gelaufen und …“
Narda hielt ihrer Freundin plötzlich den Mund zu und flüsterte: „Da kommt jemand.“
Angespannt warteten die Zwei. Es war völlig dunkel, doch Narda konnte sich auf ihr Gespür verlassen. Ein kaum spürbarer Hauch, doch Narda wusste woran sie war. Da schlich sich jemand an. Vielleicht Palderas, doch der hätte sich zu erkennen gegeben. Soldaten? Unwahrscheinlich. Die kannten sich hier unten nicht so aus, als dass sie sich ohne Licht zurecht finden würden.
Jetzt bemerkte Narda Schweißgeruch und wusste sofort woran sie war. Direkt hinter ihr befand sich Sammy, der es nicht für nötig hielt, sich gelegentlich zu waschen und entsprechende Ausdünstungen von sich gab.
„Mari“, raunte Narda leise, aber doch so laut, dass der Lauscher es hören musste. „Wir gehen zurück. Hier kommen wir nicht weiter.“
„Wir können nicht zurück. Wenn …“
„Glaub mir einfach“, unterbrach Narda die ahnungslose Mari. „Lass uns umkehren.“
Sie schob die Frau zurück und tat, als würde sie ihr folgen, doch sie blieb stehen, drehte sich um und packte zu. Ihre rechte Hand bekam ein Ohr zu fassen. Sofort griff sie mit beiden Händen nach und krallte sich am Hals des Gegners fest. Ein erstickter Laut. Strampeln. Narda riss ihr Knie hoch und gleichzeitig den Kopf des Lauschers nach unten. Leises Knirschen und das plötzliche Zusammensacken ihres Opfers zeigte ihr, dass sie getroffen hatte.
„Narda? Was machst du da?“ Mari war stehen geblieben, als sie die Geräusche gehört hatte.
„Komm her und hilf mir. Ich habe einen neugierigen Schleicher gefunden. Den müssen wir hier wegschaffen.“
Mari gab einen überraschten Laut von sich, sagte aber nichts. Sie trugen den Mann in einen eingestürzten Tunnel, wo sie etwas Licht machen konnten, fesselten und knebelten ihn. Narda kontrollierte kurz die Umgebung und setzte sich dann zu ihm, während Mari am Eingang aufpasste.
Es dauerte nicht lange und der Mann kam zu sich. Sofort riss er wild an den Fesseln. Narda leuchtete ihm mit einer kleinen Lampe ins Gesicht. Blut lief ihm aus der Nase. Scheinbar war sie gebrochen. Sein Blick irrte kurz umher. Schließlich schloss er die Augen und blieb still liegen.
„Na, hast du Sehnsucht nach mir gehabt, Sammy?“, höhnte Narda. „Du hättest ruhig mit uns einen Kaffee trinken sollen, anstatt hier im Dunkeln herum zu schleichen.“
Sammy rührte sich nicht.
„Du weißt, was einen Verräter erwartet, oder? Ich überlege nur noch, ob ich dich hier zertrete wie einen Sandkäfer oder dich den Viechern zum Fraß vorwerfe.“
Jetzt schlug der Mann die Augen auf und blitzte Narda wütend an, wobei er undeutliche Worte von sich gab.
„Ich werde dir jetzt den Knebel abnehmen. Höre ich ein lautes Wort, schneide ich dir deine Stimmbänder mit allem was Drumherum ist durch. Klar?“
Narda nahm ihr Messer und setzte es Sammy an die Kehle. Dann entfernte sie den Knebel. Er atmete tief ein, ließ aber die Luft nur langsam entweichen, als die Schneide des Messers seine Haut ritzte.
„Du sprichst von Verrat?“, sagte er schließlich. „Ausgerechnet du? Wir wissen nicht ob wir den morgigen Tag überleben und du entspannst dich währenddessen im Bett eines dieser besser gestellten Säcke.“
Narda zwang sich zur Besonnenheit. „Es hindert dich keiner, dir auch einen solchen Sack zu suchen. Allerdings müsstest du dich dann erst einmal waschen. Jetzt halt die Klappe und hör mir zu, du erbärmlicher Heuchler. Ich habe weder Zeit noch Lust mit dir über mein Leben zu reden. Dass du die Menschen hier hintergehst und sie ans Militär auslieferst, kannst du gleich mit eben diesen Menschen diskutieren. Sie werden dir die passende Antwort geben. Ich will von dir nur folgendes wissen. Warum schleichst du hier herum und was bekommst du dafür, dass du für die Soldaten spionierst?“
„Ich, ich wollte von ihnen weg“, stotterte Sammy kläglich. „Sie haben versprochen, mir Lebensmittel für uns alle zu geben. Doch sie nutzen mich nur aus und wollen nichts dafür tun.“
„Das tut mir aber leid.“ Narda packte ihn am Hals, drückte zu und schlug gegen seine blutende Nase.
Sammy bäumte sich vor Schmerzen auf. Hasserfüllt funkelte er Narda an. Sie ließ jetzt langsam los und strich mit der Messerschneide über seinen Hals.
„Wenn du mich noch mal so schlecht belügst, schneide ich dir ein Loch in deine trügerische Zunge. Also?“
„Verdammtes Miststück! Glaubst du etwa, ich hätte Angst vor deinem Messer? In wenigen Minuten wimmelt es hier von Soldaten und dann werden wir sehen, wer wem ein Loch in die Zunge schneidet.“
„Ich hatte also recht. Du spionierst die Gänge für die Soldaten aus. Dabei kannst du froh sein, wenn du abends deinen armseligen Unterschlupf wieder findest.“
„Ach ja?“ Sammy schäumte vor Wut. „Durch mich wissen die Soldaten, dass es nicht nur zwei Ausgänge aus diesem Labyrinth gibt, sondern drei. – Ja, da guckst du, was? Hast du etwa geglaubt, nur du kennst den dritten Ausgang?“ Sammy lachte triumphierend auf.
„Und sie haben alle drei Ausgänge besetzt?“, tat Narda bestürzt.
„Natürlich, was denkst du? Die Ausgänge und auch beide Zugänge, die wir von den Häusern aus gegraben haben. - Ich sag dir was. Ihr kommt hier ohne mich nicht lebend raus. Aber wenn du mich jetzt los machst, rede ich mit den Soldaten.“
„Und sie hören auf dich?“ Narda spielte die Niedergeschlagene.
„Sicher. Komm, binde mich los, dann können wir zum Haupttrupp gehen. Dort kenne ich den Kommandierenden sehr gut.“
„Die sind doch sicher am Haupteingang?“
„Aber nein. Sie vertrauen mir und ich habe ihnen gesagt, dass ich zum südlichen Tor kommen werde.“ Sammy schlug einen verschwörerischen Ton an. Er war davon überzeugt, dass Narda eingesehen hatte, dass Entkommen unmöglich war und es nur durch ihn eine Überlebenschance gab. „Wenn du mich frei lässt, hast du nichts zu befürchten.“
„Warum hast du mich eigentlich in diese Falle gelockt? Hast du einen Auftrag dafür oder ist dir das selber eingefallen? Schließlich bin ich schon seit Monaten nicht mehr hier gewesen.“
„Die Planung war schon fertig, als du dich gemeldet hast. Ich habe mir nichts dabei gedacht und dich kurzerhand in den Plan aufgenommen. Aber dafür helfe ich dir auch wieder raus.“
Narda lächelte ihn freundlich an, band ihm den Knebel wieder um und zog ihn auf die Beine. „Mann, ich wusste immer schon dass du dämlich bist, doch dass du glaubst, ich wäre genauso dumm wie du - unglaublich. Gehen wir!“
Sie schob den verdutzten Mann vor sich her und flüsterte Mari zu: „Wir kommen hier raus, keine Sorge. Komm mir nach.“
Sie nahmen Sammy zwischen sich und tappten durch dunkle Gänge bis Narda stehen blieb und Mari auf eine Stelle aufmerksam machte, die etwas heller war als die Umgebung.
„Siehst du das?“, fragte Narda. „Dort geht es raus.“
„Woher willst du wissen, dass dort keine Soldaten sind?“
„Oh, diesen Ausgang kenne nur ich. Außerdem war Sammy so freundlich und hat mir gesagt, dass er nur drei Ausgänge kennt. Den vierten hat er übersehen und konnte ihn daher nicht verraten. Nicht wahr, Sammy?“
Narda schaltete die Lampe ein und leuchtete dem Mann ins Gesicht. Seine Züge waren verzerrt, die Augen traten fast aus den Höhlen, als er versuchte, einen Fluch auszustoßen. Narda schlug ihm auf die Schulter und meinte leutselig: „Nun reg dich nicht künstlich auf, mein verräterischer Freund. Du bekommst schon noch die Möglichkeit, ein Gebet zu sprechen. Benimm dich anständig. Ich verspreche dir auch, dass ich dich nicht umbringen werde.“
Sie stieß ihn zur Seite, so dass er stolperte und zu Boden stürzte. Dann fragte sie leise: „Mari, was weiß dieser Kerl von den Unterlagen?“ Narda deutete auf Sammy.
„Nichts. Er hat die Botendienste übernommen, doch die Unterlagen hat er nie gesehen. Er kennt weder Inhalt, noch Zweck.“
„Kennt er denn meinen Baldet?“
„Woher sollte er? Wo du dich aufhältst, weiß selbst ich erst, seit ich die Unterlagen besorgen musste.“
Narda meinte einen Vorwurf heraus zu hören. „Man kann niemandem vertrauen“, sagte sie deshalb. „Doch glaub mir, wenn ich jemandem vertrauen muss, dann bist du es.“
„Also bin ich nur der Notnagel. Sehr schmeichelhaft.“ Mari lächelte bei diesen Worten.
„Trotzdem muss ich davon ausgehen, dass er irgendwas erzählt hat, weil er mich mit in diese Falle gelockt hat. Ich habe also keine Zeit mehr, sondern muss die Sache jetzt durchziehen.
„Narda, ich weiß dass du dich durchschlagen kannst, doch sei vorsichtig. Die Regierung greift immer härter durch. Als du noch hier gelebt hast, hat man den Untergrund noch als einfache Lebensmittelbeschaffer für die ganz armen Schweine angesehen, heute gilt er schon als hochgefährliche Randgruppe. Du weißt was das heißt.“
„Mach dir keine Gedanken. Übrigens, ich bemühe mich weiter Lebensmittel abzuzweigen, aber ohne meine Position zu verraten, ist es einfach immer seltener möglich.“
„Das dachte ich mir schon. Ich war eben nur etwas …“
„Schon in Ordnung. Konntet ihr inzwischen an Waffen kommen?“
„Was glaubst du, wie wir ausgestattet sind? Selbst für meinen alten Revolver habe ich nur wenige Patronen.“
„Da fällt mir etwas ein.“ Narda bückte sich und durchsuchte Sammy nach Waffen. Sie fand eine Pistole mit zwei Magazinen und steckte sie Mari zu. „Hier, nimm die und gib mir deine Waffe. Du brauchst sie nötiger als ich. - Könnte es sein, wenn Sammy sich nicht mehr meldet, dass die Soldaten abziehen?“
„Vergiss es“, winkte Mari ab, wobei sie die Pistole verstaute. „Sie werden nicht ohne Führer in den Katakomben herum kriechen, aber abziehen werden sie garantiert nicht.“
„Wir lenken sie ab. Wenn wir uns außerhalb mit unserem Gast sehen lassen, werden sie denken, dass der Plan schief gegangen ist oder unser Sammy dummes Zeug erzählt hat.“
„Du darfst nicht in Erscheinung treten. Wenn man dich hier erwischt, hast du nicht nur deine Position bei Baldet verspielt. Dein Ziel, mit diesem ominösen Auswandererschiff von Kronor weg zu kommen, könntest du vergessen.“
„Du hast recht. Aber mich wird man nicht sehen, sondern nur Sammy.“
„Der dich dann verrät.“
„Hältst du mich für schwachsinnig? Der wird nichts sagen, glaub mir.“
Mari nickte widerstrebend. Es war kein Platz für Recht in ihrer Gesellschaft. Das war schon vor langer Zeit verloren gegangen und seitdem verrohten die Menschen immer mehr. Selbst Narda, die früher jedem helfen wollte und dabei mit ihrer Jugendfreundin Mari oft genug in Schwierigkeiten gekommen war, hatte seid dem gewaltsamen Tod ihrer Eltern nur noch ein Ziel, dass sie unerbittlich verfolgte: Weg von hier. Auf Kronor waren die Verhältnisse überall die Selben, daher hatte sie sich schon früh in den Kopf gesetzt, bei einem geheimen Vorhaben der Regierung mitmachen zu können. Ein Raumschiff, welches die Elite der Wissenschaft auf einen anderen Planeten bringen sollte. Das Ziel, dort als Pilotin eingesetzt zu werden, hatte sie fast erreicht.
„He, träumst du?“, fragte Narda und gab Mari einen leichten Stoß. „Ich sagte eben, dass ich Sammy benutze, um die Soldaten abzulenken. Den Rest müsst ihr selber erledigen. Du kennst jetzt diesen Ausgang. Halte ihn möglichst geheim. Ich bin schon viel zu lange hier und habe keine Zeit zu verlieren. Sobald wir da draußen auf eine Patrouille treffen, werden sie uns anhalten wollen. Dann fliehen wir in verschiedene Richtungen. Sieh zu, dass sie dich nicht schnappen. - Zu den Unterlagen. Ich brauche nur den verschlüsselten Comruf abschicken, wenn es soweit ist?“
„Richtig. Genau wie bei Azuba damals.“
Die Frauen verabschiedeten sich schon jetzt, da später keine Zeit mehr sein würde. Narda packte Sammy beim Kragen und schubste ihn durch den schmalen Ausgang. Er wehrte sich, doch ein kräftiger Nasenstüber ließ ihn ruhig werden. Sie versteckten sich in einiger Entfernung und warteten, bis eine der unvermeidlichen Militärpatrouillen vorbei kam.
Dann nahmen sie Sammy Knebel und Fessel ab. Ohne Nachzudenken rannte er sofort schreiend auf die Soldaten zu. Narda schüttelte den Kopf, bei soviel Unvernunft. Jetzt flüchtete Mari in eine andere Richtung. Die Soldaten waren einen Moment verwirrt. Das nutzte Narda, nahm den Revolver und schoss aus ihrer Deckung einen der Soldaten nieder. Sofort eröffneten die gut bewaffneten Männer das Feuer und Sammy starb im Lichtgewitter der Lasergewehre.
„Dummer Mensch!“, brummte Narda vor sich hin. „Ich habe doch gesagt, dass ich dich nicht umbringen werde.“
Narda flüchtete ebenfalls durch die Kloaken der dunklen Gassen. Sie kannte sich hier aus, deshalb hatte sie keine Angst um sich. Doch da war die Sorge um ihre Freunde. Das Militär kannte keine Gnade, wenn sich ausgehungerte Gestalten gegen sie auflehnten. Doch zumindest waren die Soldaten abgelenkt. Wenn sie herausfanden, dass es ihr Spion war, den sie da erschossen hatten, würden sie sich denken, dass die Leute aus den Katakomben entkommen konnten und die Ausgänge frei geben. So konnte der vierte Ausgang vielleicht weiterhin geheim bleiben.
Aber es nützte nichts, darüber nachzudenken. Narda hatte keine Zeit. Sie rannte zum Treffpunkt, holte die Unterlagen aus dem Versteck und kehrte zu ihrem Sandsurfer zurück. Kurz darauf war sie nicht mehr zu sehen.

Einige Tage später stand sie hinter ihrem Gönner und massierte ihm die feisten Schultern. Der Mann grunzte dabei vor sich hin, doch Narda achtete nicht darauf. Sie war immer bestrebt, sich nicht mehr als nötig mit dem Mensch zu beschäftigen, doch er hatte irgendetwas gesagt und erwartete eine Antwort, die Narda nicht gab. Deshalb wandte er sich, so weit es ihm möglich war, um und schielte zu Narda hoch.
„He, was ist los?“, brummte er. „Hörst du nicht zu, wenn dein Traummann dir was sagt?“
„Entschuldige, Feris. Ich war mit meinen Gedanken woanders.“
„Genau, und das in der letzten Zeit ziemlich oft. Ich habe dich gefragt, ob du von dem erschossenen Soldaten in Kabairo gehört hast.“
„In Kabairo? Nein, was war denn los?“
„Versuch nicht, mich für dumm zu verkaufen. Ich weiß, dass du trotz meines Verbots, immer noch Kontakt mit deinen Freunden dort hast.“
„Wie kommst du nur darauf?“ Narda war alarmiert, doch noch war nichts verloren.
Feris erhob sich ächzend und schlenderte zum Bad hinüber, wobei er es nicht lassen konnte, sich im Vorbeigehen in einem übergroßen Spiegel zu bewundern. Narda schüttelte sich, als sie sah, wie liebevoll er seine Fettwülste streichelte und selbstverliebt an sich herunter sah.
„Du kannst mir glauben“, rief sie hinter ihm her. „Ich mache mir nur Gedanken darüber, wie ich dich zufrieden stellen kann“, rief sie ihm hinterher, wobei sie ein hämisches Grinsen nicht vermeiden konnte.
„Das ist doch selbstverständlich. Aber es reicht jetzt. Ich wollte es dir eigentlich erst in ein paar Tagen sagen, aber mir fällt gerade ein, dass du deine Nachfolgerin in meine Vorzüge und Vorlieben einweisen kannst. Das erspart mir langwierige Erklärungen. Also, du musst auf mich verzichten. Ab morgen wird eine andere Frau deinen Platz einnehmen und du verschwindest, sobald du ihr alles erklärt und gezeigt hast.“
„Hör zu, Schatz!“, sagte Narda mit sanfter Stimme, wobei sie aber wütend die Fäuste ballte. „Du kannst mich nicht einfach ausbooten. So läuft das nicht.“
„So? Kann ich nicht? Ist schon passiert“, tönte seine Stimme aus dem Bad. „War eine schöne Zeit mit dir, ganz ehrlich, doch nun“, Baldet kam ins Zimmer zurück, „ist es vorbei.“
„Feris!“
„Nichts da. Ich habe weder Zeit noch Lust mit dir herum zu diskutieren. Die treuen Blicke deiner blauen Augen werden dir jetzt auch nicht mehr helfen. Ich werde alles in die Wege leiten. Wenn ich zurückkomme, hast du deine Sachen gepackt, oder …“
„Oder was? Hör mal gut zu, Bursche!“ Narda baute sich vor dem Mann auf. Die Entscheidung war gefallen und es wurde Zeit, dass Baldet die Realität kennen lernte. „Bisher habe ich dein Machogehabe ertragen, weil du mir nützlich warst. Doch wenn du mit solchen Sprüchen kommst, musst du leider meine andere Seite kennen lernen. Ein Wicht wie du, kann mich nicht einfach vor die Tür setzen. Oder glaubst du etwa, ich würde mich mit einem schmierigen Typen wie dir einlassen, ohne gewisse Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen? Für wie blöd hältst du mich?“
„Wie bitte! Was fällt dir ein?“
„Bei deinem Anblick fällt mir so einiges ein. Setz dich.“
Feris starrte mit offenem Mund zu Narda herüber. So etwas war ihm noch nie passiert.
„Aber Narda“, entgegnete er mehr erstaunt als ärgerlich, wobei er einige Schritte zurück wich. „Was sollen solche Reden? Mein Kätzchen …“
Narda machte einen Schritt auf ihn zu und hatte plötzlich ein Messer in der Hand. „Noch ein Wort und du brauchst die nächsten Wochen keine Rasur mehr.“
„Narda, sei vernünftig.“ Feris starrte die Waffe wie hypnotisiert an.
„Oh, ich bin vernünftig. Wie vernünftig, wirst du noch sehr unangenehm zu spüren bekommen. Setz dich da hin und hör genau zu.“
„Jetzt hör aber mal …“
„Mach deine schleimigen Sprechwerkzeuge gar nicht erst auf. Kommt sowieso nur faules Zeug raus. Ich werde versuchen, dir etwas in den hohlen Schädel zu quetschen. Wenn du das nicht kapieren willst, prügle ich es dir rein. Klar?“
„Aber Narda, was soll denn dieser Ton?“, wimmerte Baldet verschreckt. „So kenne ich dich ja gar nicht.“
„Nein. So kennst du mich nicht. Aber du wirst mich noch kennen lernen, wenn du jetzt nicht die Klappe hältst und zuhörst. Pass auf! Du willst mich raus werfen? Tu das. Nur wirst du dann ab morgen deine geliebte Arbeit verlieren. Dein schönes, bequemes Leben ist dann beendet, weil sie dich in den Knast stecken werden. Dort kannst du dich dann mit netten Unterweltlern vergelüstigen. Na ja, vielleicht ist es auch umgekehrt. Sind das nicht schöne Aussichten?“
Feris sah mit offenem Mund zu Narda hoch. Er begriff überhaupt nicht, wovon die schwarzhaarige Schönheit mit der sanften Stimme da sprach. Für ihn war es nur eine Affäre, wie schon viele andere vorher. Die Frauen aus den Slums waren immer sehr gefügig gewesen, ohne nur den geringsten Zweifel seiner Autorität aufkommen zu lassen. Und jetzt redete diese Frau in einer verwahrlosten Sprache, die er sich streng verbeten hatte, völlig unsinniges Zeug. Doch vielleicht hatte sich nur ihr Verstand getrübt, als sie begriff, dass es vorbei war.
„Narda“, begann er vorsichtig, „du weißt nicht was du redest. Beruhige dich erst einmal. Wenn du willst, kannst du auch noch ein paar Wochen auf die Schule gehen. Das wäre doch was, oder? Du wirst sehen, morgen …“
„Mensch, tust du nur so dämlich oder verstehst du wirklich nichts?“, unterbrach Narda den Mann. „Ich rede kein wirres Zeug. Morgen früh, wenn du im Büro wie gewohnt den armen Frauen mit deinem sülzigen Gelaber auf die Nerven gehst, wird dich dein Boss rufen. Er wird dich dem Sicherheitsdienst übergeben. - Was steht auf Mord?“ Narda begann damit, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Mord ist auch bei den höher gestellten Leuten, zumindest offiziell, höchst verächtlich. Kannst du dir vorstellen was passiert, wenn sie dich eines Mordes überführen?“
„Mord… überführen… ich habe nicht… ich meine…“, stotterte Baldet.
„Ich – wohlgemerkt – ich weiß das. Dazu bist du viel zu dumm und feige. Doch ab morgen werden erdrückende Beweise gegen dich vorliegen. Ja, und dann – auf Wiedersehen, Feris.“
„Unmöglich!“ Baldet sprang auf. Er begriff allmählich, was Narda ihm sagen wollte. „Wo sollten solche Beweise herkommen?“
„Woher? Mann, du hast wirklich keine Ahnung.“ Narda blieb vor dem leichenblassen Nervenbündel stehen. „Was glaubst du, ist letztes Jahr mit eurem Oberguru aus der Fliegerschule passiert?“ Sie gab Baldet einen Stoß, dass er zurück in den Sessel fiel. „Er hatte eine kleine Beziehung zu einer Bekannten von mir aufgebaut. Nun, er glaubte, so wie du jetzt, seine Bettgenossin mal eben zurück in die Slams von Kabairo abzuschieben, wäre das normalste der Welt. Leider, leider.“ Narda bückte sich und sah Feris direkt in die wässrigen Augen. Sie hatte den Mann so weit.
„Azuba hat gar nicht … ich meine, er hat diese Frau gar nicht umgebracht? Aber die Beweise waren eindeutig.“
„Du hast Recht. Eindeutig und unwiderlegbar. Schlimme Sache, nicht?“
„Was willst du?“
„Endlich wirst du vernünftig. Besorg mir einen Platz auf dem Auswandererschiff. Dann bist du mich los.“
Baldet starrte Narda mit weit aufgerissenen Augen an. Er glaubte sich verhört zu haben, doch ihr Gesichtsausdruck ließ keine Zweifel aufkommen. Sie meinte es völlig ernst.
„Du willst auf die Free World? Das geht nicht! Woher weißt du überhaupt von diesem Projekt? Es ist völlig geheim.“
„Geheim? Das ich nicht lache. Also, was ist nun?“
„Wie soll ich das machen? Ich habe keinerlei Verfügungsgewalt über die Personalpolitik der Station und erst recht nicht über die Besatzung des Raumschiffs. Wie stellst du dir das vor?“
„Ganz einfach. Du berichtest dem korrupten Pack, welches du Freunde nennst, dass du einen Herzenswunsch hast. Nämlich, dass die beste Pilotin des Planeten auf dieses Schiff gehört.“
Narda setzte sich gemütlich in einen Sessel, schüttete sich Kaffee ein und schaute über den Rand der Tasse zu Baldet herüber. Er saß, das Gesicht in die Hände gedrückt, immer noch auf seinem Platz und regte sich nicht. Doch er wollte noch nicht aufgeben und stand langsam auf.
„Ich werde jetzt die Sicherheit rufen.“
„Du wirst nichts dergleichen tun!“ Narda stand ebenfalls auf und hob das Messer. Noch bevor Baldet reagieren konnte, fühlte er schon das kalte Metall an seiner Kehle. „Feris, mein Schatz. Sprich nicht von solchen Sachen, wenn du weiter leben willst. Du hast Einfluss genug, um Überwachungskameras in deinem privaten Umfeld zu vermeiden. Also kannst du nicht beweisen, was hier geschieht. Denk nach!“
Baldet stand wie erstarrt und sah Narda mit tränennassen Augen an. Er kannte den Fall des ehemaligen Leiters der Fliegerschule. War es wirklich möglich, dass ihm der Mord an einer Beschäftigten der Schule nur angehängt worden war? Es erschien ihm immer noch undenkbar, doch Narda sprach sehr überzeugend. Bei genauem Nachdenken, kamen ihm auch einige Ungereimtheiten des Mordfalls in den Sinn.
„Kannst du beweisen, dass der Mordfall Azuba vorgetäuscht war?“ Baldet versuchte bei dieser Frage seine Kehle aus der unmittelbaren Gefahrenzone des Messers zu bekommen.
„Natürlich kann ich das“, lächelte Narda, während sie einen Ordner, der unter einer Schublade versteckt war, hervor holte und Feris vor die Füße warf. „Das sind Kopien der geheimen Unterlagen, die damals dafür gesorgt haben, dass Azuba angeklagt wurde. Wo kommen die wohl her?“
Narda stieß Baldet wieder zurück in den Sessel. Er war jetzt empfänglich für ihre Forderungen. Sie wartete noch einen Moment, bis er sich etwas beruhigt hatte.
Schließlich sagte sie: „Bevor du irgendwas ausheckst. Als Sofortmassnahme werde ich gleich meine Freunde bitten, in deinem Schreibtisch im Büro der GABA einige Unterlagen zu deponieren, die klar belegen, dass du mich umgebracht hast. Da ich offiziell in der Fliegerschule bin, kann darüber nicht einfach hinweg gegangen werden. Es wird eine Untersuchung geben. Dabei wird heraus kommen, dass du meine Leiche im Kraftwerk entsorgt hast. Wie gefällt dir das?“
„Unmöglich!“
Narda lächelte und gab das verabredete Signal in ihr Kommunikationsgerät ein. „Wenn du meinst, bitte. Die Unterlagen werden jedenfalls in einigen Minuten in deinem Schreibtisch liegen. Du kannst sie morgen prüfen und vernichten. Allerdings nur, wenn wir uns jetzt einig werden. Natürlich liegen die gleichen Unterlagen, nur mit einer anderen Leiche, auch woanders aus. Den Ort bekommst du, sobald ich mit dem Schiff da oben weg bin. Noch Fragen?“
Baldet sackte zusammen. Ihm war klar, dass er, wenn Narda die Wahrheit sagte, keine Chance hatte. Das Militär fackelte nicht lange, wenn es um solche Dinge ging. Unter den wachsamen Augen Nardas nahm er den Ordner und prüfte die Akten. Die Unterlagen schienen tatsächlich echt zu sein.
Narda nahm ihm nach einiger Zeit die Mappe aus der schlaffen Hand und fragte sanft, ob er einverstanden sei. Er nickte nur und sie streichelte ihm sanft über die schweißnassen Haare.
„Nimm es nicht so tragisch Feris. Du hast keinen Verlust durch die Sache. Den kleinen Gefallen werden deine Kumpels dir gerne tun und dann hörst du nie wieder etwas von mir.“
„Hoffentlich. Wie soll ich dir Bescheid geben? Ich denke, du wirst nicht bleiben?“
„Ich lasse dir dieses Comgerät hier. Wenn es soweit ist, brauchst du mich nur anzufunken. Ich melde mich dann auf der Station. Und Feris, du brauchst keinen Gedanken an eine Schlechtigkeit verschwenden. Falls du Unfug machst und es irgendwie schaffen solltest, meinen Plan zu durchkreuzen, werden meine Freunde dich finden und mit Begeisterung im Sand vergraben. Kannst du dir vorstellen, wie es ist, wenn in der Mittagsglut ganz langsam die Gehirnzellen vor sich hin kochen?“
Feris starrte Narda betroffen an. Er selbst war nicht abgeneigt, andere Menschen zu quälen, doch solche gewalttätigen Drohungen erschütterten seinen Glauben an den Status der besseren Bürger von Kronor.
Narda verabschiedete sich freundlich. Die Würfel waren gefallen und sie musste verschwinden, wenn der Plan aufgehen sollte. Es gab kein Zurück. Schon bald würde sie zu den Auserwählten des Planeten gehören und auf eine lange Reise gehen.
 

sternsucher

Mitglied
Ich habe jetzt die unklaren Sachen deutlicher und (hoffentlich) logischer gemacht.
Natürlich auch die Fehler, die du, Frank, bemerkt hast.

Schöne Grüße, sternsucher
 



 
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