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Autor: donkelmann

Mary Higgins Clark: Wintersturm

Mary Higgins Clark: Wintersturm

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Nancy Eldridge lebt seit sieben Jahren an der Ostküste der USA gegenüber von Cape Cod. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder, doch ob sie glücklich ist, ist nicht so leicht einzuschätzen. Denn dem Leser wird unmissverständlich klargemacht, dass Nancy hier an die Ostküste gezogen ist, weil sie vor sieben Jahren zwei Kinder verloren hat. Es war genau an ihrem Geburtstag, als ihre beiden Kinder spurlos verschwanden. Erst Wochen später wurden die Leichen aufgefunden und Nancy wurde in einem aufsehenerregenden Prozess des Mordes an ihren Kindern für schuldig gesprochen. Ihre Unschuldbeteuerungen hatte ihr keiner geglaubt. Dennoch kommt sie frei. Ein simpler Verfahrensfehler ist Grund dafür, dass sie auf freien Fuß gesetzt werden muss. Ihr Prozess hatte in den Medien hohe Wellen geschlagen. So verwundert es nicht, dass sie es nach diesem Prozess an der Westküste der USA nicht mehr aushält. Sie glaubt, mit ihrem Umzug an die Atlantikküste auch ihre Vergangenheit weit hinter sich lassen zu können. Da passiert an einem trüben Novembermorgen der schlimmste Albtraum für sie. Während Nancy oben im Haus die Betten macht, spielen die Kinder draußen im Garten. Als sie sie nach einer Viertelstunde hereinholen will, findet sie nur noch den Handschuh der kleinen Missy. Es scheint alles wieder von vorne zu beginnen.

Es beginnt das perverse Spiel eines Psychopathen, der die Kinder entführt hat und Nancy dafür büßen lassen möchte. Es scheint alles genauso abzulaufen wie vor sieben Jahren. Auch dieses Mal ist die Polizei der Ansicht, dass die Mutter ihre Kinder getötet hat. Hatte bislang keiner in diesem Örtchen gewusst um die Vergangenheit von Nancy, so wird diese jetzt schnell entdeckt. Die Leute reden über sie. Doch es gibt ganz wenige Menschen, die ihr nach wie vor zur Seite stehen.

In mehreren Parallelsträngen wird von den Ermittlungen genauso erzählt wie von den Machenschaften des Täters. Da zumindest der Leser jetzt weiß, dass Nancy dieses Mal nicht ihre Kinder entführt hat, mag er etwas Verständnis dafür aufbringen, dass sie vor sieben Jahren wohl recht gehabt hatte mit ihrer Unschuldsbehauptung. Ob dem aber wirklich so ist, wird sich herausstellen müssen.

In schnörkellosem Stil ist dieser Psychothriller geschrieben, mit dem sich die Schriftstellerin Mary Higgins Clark 1975 in die Bestenlisten hineinschrieb. Seitdem gilt sie nach wie vor als eine Meisterin des Psychothrillers. Oft sind typisch amerikanische Kleinstädte die Orte für ihre Romane.

Wintersturm liest sich schnell und bietet eine pure spannende Unterhaltung.

Higgens Clark, Mary
Wintersturm
Aus dem Amerikanischen von Heinz Rentmeister
Heyne, München
ISBN 9783453025103

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Jane Austen: Stolz und Vorurteil

Jane Austen: Stolz und Vorurteil

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Als Liebhaber von Südengland mag ich außer Reportagen fiktive Erzählungen aus und über diese Regionen. Jane Austen und die Brontë-Schwestern sind Schriftstellerinnen, an denen man nicht vorbei kommt. Deshalb bin ich erneut in das England des 18. Jahrhunderts eingetaucht.

Erzählt wird die Geschichte von Elizabeth Bennet, der zweitältesten von fünf Töchtern der Familie. Eines der wichtigsten sozialen Themen dieser Zeit ist die Einkommensicherung für die Kinder. Im Falle der Bennets, die nur weibliche Nachkommen haben, heißt das, die Töchter müssen möglichst gut verheiratet werden. Es dreht sich alles darum, die Mädels unter die Haube zu bringen. Das gestaltet sich mal mehr, mal weniger schwierig. Problematisch scheint es zu sein, die richtigen Männer zu finden. Denn auch diese sind in so manchem Fall auf eine gute Partie aus, weil sie selbst beispielsweise als Erstsohn alles Geld als Lebemann durchbringen oder als Drittsohn nicht viel von ihren Eltern erwarten können. Zwar steht Elizabeth im Fokus des Romans, doch viele unterschiedliche Varianten desselben Themas sind über deren Schwestern und Freundinnen erlesbar. Besonders schön an diesem Roman ist, dass Austen selbst in dieser Zeit gelebt hat und das Bild der Gesellschaft und des Leben auf dem Lande der leicht besser Begüterten kaum identischer sein kann.

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Auch der Stil, den die Übersetzerin der Originalversion entnommen hat, ist passend getroffen. Aber die Übersetzung und der Satz schmälern das Lesevergnügen. An einigen Stellen sind Wörter gänzlich falsch übersetzt und lassen den Leser den Zusammenhang erraten, oder eben nicht.
Wenn ein Verlag glaubt, er müsse bei E-Books nicht auf Satz achten, um das Lesen für den Leser angenehmer zu machen, der irrt. Wenn mich nicht die Geschichte gepackt hätte, hätte ich das Buch so manches Mal beiseitelegen wollen. Selbst für 99 Cent kann man seine Leser vergraulen. Schade.

Austen, Jane
Stolz und Vorurteil
aus dem Englischen von Karin von Schwab
hummingbooks
Kindle Version
Amazon-ID: B00K3P87ZM

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Minette Walters: Der Nachbar

Minette Walters: Der Nachbar

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Sicherlich, es war nur eine Frage der Zeit, bis ich einen Roman von Minette Wolters in den Händen halte. Bei meiner Englandaffinität muss schließlich ein solcher Roman von mir gelesen werden. Die britische Schriftstellerin ist dafür bekannt, dass ihre Krimis und Thriller einen starken britischen Charakter aufweisen. Ihr Roman „Der Nachbar“ erschien 2001 und verbindet auf hervorragende Weise die Kriminalermittlung um ein vermisstes Mädchen mit einem gänzlich anderen Thema.

Darum geht es in dem Roman: In der Sozialsiedlung Bassindale bei Southampton schlägt bei der Bevölkerung die Aufregung in Chaos um. Ein zehnjähriges Mädchen ist verschwunden. Die Leute sind besorgt. Da sickert dank einer Sozialarbeiterin durch, dass in der Siedlung ein Sexualstraftäter unter einer neuen Identität einquartiert worden war. Die Erregung der Leute um das Verschwinden des kleinen Mädchens schlägt um in Hass. In Demonstrationen wollen sie ihrer Wut freien Lauf lassen. Doch unter die Demonstranten mischen sich auch randalierende Jugendliche. Unter Alkohol- und Drogeneinfluss basteln sich die Jugendlichen Benzinbomben und wollen diese gegen den Kinderschänder, den sie für den Entführer des kleinen Mädchens halten, einsetzen. Das kleine Viertel verwandelt sich in einen Hexenkessel. Es gibt Tote und zahllose Verletzte. Während ein großes Polizeiaufgebot unter Zuhilfenahme eines Polizeihubschraubers versucht wird, der Lage in dem Viertel Herr zu werden, forciert eine kleine Einsatzgruppe der Polizei die Ermittlungen im Falle der verschwundenen Amy.

Die Autorin hat den Roman in zwei Parallelhandlungen aufgeteilt. Da ist zum einen der Strang um die Ausschreitungen in dem Sozialviertel und zum anderen die Jagd und Suche nach dem Mädchen und ihrem Entführer. Gespickt wird die Handlung immer wieder mit Protokollen von der Polizei, die dem Ganzen den Hauch einer Liveberichterstattung geben. Vom Polizeihubschrauber aus wird die ganze Szenerie beobachtet und immer wieder ein Überblick über die Randalierer gegeben. Als die Randalierer das Oberwasser gewinnen, geraten selbst die Initiatoren der Demonstrationen in das Fadenkreuz dieser Rowdys. Der erste Tote allerdings ist selbst einer von den Randalierern, der durch seine eigene Benzinbombe in Brand gerät. Die hilfsbereite Ärztin gerät in die Fänge des Sexualstraftäters und seines Vaters. Dieser ist polnischer Abstammung und geht wahrlich nicht zimperlich mit der Ärztin um. Auch das gesamte Chaos im Viertel ist bildhaft beschrieben und versetzt den Leser in eine chaotische Ausnahmesituation. Chronologisch parallel erfährt der Leser von der Suche nach den zehnjährigen Mädchen. Dabei kommt es immer wieder sporadisch zu Kontakten mit den Leuten im Ausnahmezustand. Informationen werden hin und her gegeben. Aber zu einem wirklichen Zusammenführung beider Stränge wird es nicht kommen. Beide Stränge sind aufregend und spannend. In beiden Handlungsverläufen werden die Ursache für das Verschwinden des Mädchens aufgezeigt.

Die Aufmachung des Taschenbuches ist ansprechend. Neben den Protokollen der Polizei ist gleich zu Beginn eine Karte des Stadtteils mit den Straßen abgebildet, auf die der Leser immer wieder zurückgreifen kann, wenn die Straßennamen in der Handlung beschrieben werden. Das Flair der englischen Stadt und der englischen Landschaften kommt ausreichend rüber. Darauf liegt sicherlich nicht das Hauptaugenmerk der Schriftstellerin, aber wer die Großstädte in England kennt, kann eine gute Vorstellung von dem Sozialviertel bekommen. Die südenglische Stadt Southampton macht darin keinen Unterschied.

Der Roman ist extrem lesenswert und bietet eine gute Unterhaltung.

Walters, Minette
Der Nachbar
Aus dem Englischen von Mechtild Sandberg-Ciletti
Goldmann, München
ISBN 9783442457151
© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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T. C. Boyle: Hart auf Hart

T. C. Boyle: Hart auf Hart

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T. C. Boyle ist bekannt für die großen Themen, die er anpackt. Mit seinem neuesten Roman beweist er dies ein weiteres Mal. Um es vorwegzunehmen: Dies ist für mich der beeindruckendste Roman seit „Drop City“. Er steht in der Tradition von „Drop City“ und „Grün ist die Hoffnung“. Sicherlich ist jedes Werk dieses Autors beeindruckend und auf seine Weise faszinierend. Mit „Hart auf Hart“ hat er aber einen Roman geschaffen, der einem Thriller nahekommt, nicht nur im Titel das Wort „hart“ verkraftet (im Original „The Harder They Come“) und dabei das große Thema „Freiheit“, so wie es Amerikaner verstehen, auf eine ungewöhnliche Weise aufgreift. Der absolute Freiheitsanspruch beinhaltet in den USA auch den Besitz von Waffen. Doch die Schattenseite dieses Freiheitsanspruches wird auch heute noch nicht von den meisten Amerikanern eingesehen.

Hauptperson ist der kranke Adam. Adam leidet an Verfolgungswahn. Er sieht überall Feinde, Chinesen und Aliens. Das ist kein Spaß. Schon als Kind hat er sich in der Schule (sein Vater war dort Direktor) völlig daneben benommen. Er musste die Schulen wechseln und seine Eltern versuchten, ihn in entsprechende Therapien zu bringen. Doch nichts hat geholfen. Schließlich gaben seine Eltern auf. Spätestens als die Hilfe des Vaters an den Datenschutzgesetzen – die Ärzte gaben ihm keine Auskunft um den wahren Gesundheitszustand seines Sohnes – scheiterte, wusste dieser nicht mehr, wie er an seinen Sohn herankommen sollte. Adam liebt seit seiner Kindheit die Geschichten um den Waldläufer Colter. Er nimmt sich diesen als Vorbild und identifiziert sich schließlich mit diesem. Von Leuten in seiner Umgebung, nicht zuletzt die Zufallsbekanntschaft Sara, erwartet er, dass sie ihn mit „Colter“ anstatt mit „Adam“ anreden. Und ganz wie Colter, der vor 200 Jahren lebte, beginnt Adam ein Leben im Wald, baut sich einen Rückzugsort inklusive Waffenlager.
Neben Adam sind seine Eltern Carolee und Sten sowie seine Freundin Sara tragende Figuren in diesem Roman. Der Vater Sten ist Vietnamveteran und wird entsprechend als amerikanischer Patriot gefeiert. Zumindest fühlt er sich so, besonders nachdem er bei einem Überfall in Costa Rica, welches er auf einem Kreuzfahrtschiff mit seiner Frau besuchte, die Banditen zur Strecke brachte. Sten verkörpert den amerikanischen Begriff von Freiheit. Freundin Sara hingegen ist eine Revoluzzerin der Neuzeit. Sie ist mit der aktuellen Politik und den Politikern unzufrieden, bezeichnet die Regierung als illegal und ihr widerstrebt jegliche Zusammenarbeit mit den Ordnungshütern des Landes. Bei einer Verkehrskontrolle verweigert sie das Vorzeigen des Führerscheins und geht dafür in den Knast. Auf Kaution freigekommen ignoriert sie den Gerichtstermin. „Ich habe mit Euch keinen Vertrag“, ist ihre Standardantwort gegenüber den Behörden.
Die Spannung des gesamten Romans liegt immer in der Frage, was mit den Leuten geschieht. Die anfängliche Konstellation legt zwar einen Amoklauf nahe, aber unter welchen Umständen und wie wichtig dabei das Beziehungsgeflecht der einzelnen Personen ist, wie sie zueinander stehen, zieht den Leser immer wieder in das Geschehen hinein. Wunderbar verflochten ist dabei die Geschichte um den Waldläufer Colter. Dessen Kämpfe mit Indianern und Verbrechern in seiner Zeit gehen dem Protagonisten immer wieder durch den Kopf. Es werden immer wieder Parallelen zwischen Colter damals und Colter heute (also Adam) aufgezeigt. Wer die Symbole in Adams Gedanken erkennt, wird daraus ableiten können, was Adam demnächst machen wird. Man kommt beim Lesen davon nicht los.

Wunderbar zu lesen ist der Stil des Autors. Es ist ein plaudernder Ton, nicht gerade vom Stammtisch, aber an manchen Stellen klingt es einfach, als würde man dem Autor beim Schreiben zuhören. Er sitzt an seinem Schreibtisch, seine Gedanken zur Geschichte fließen ihm zu und während er den Satz schreibt, fällt ihm dazu noch etwas ein, was er dann gleich hinten dran hängt. Das liest sich etwa so: „Und er hatte sich jede einzelne (Spielkarte) angesehen. Ja, wirklich. Und festgestellt, dass das Karo As fehlte – nicht das Pik As, sondern das Karo As -, und ob das etwas zu bedeuten hatte und wenn ja, was, wusste er nicht. Er war nicht abergläubisch. Oder vielleicht doch.“. Zugegeben, dies ist ein Zitat aus der deutschen Fassung des Romans, was aber hervorragend auf die Übersetzungskraft von Dirk van Gunsteren verweist, der es wie kaum ein anderer versteht, nicht nur Wörter und Sätze zu übersetzen, sondern ganze Situationen überträgt.

Boyle schafft es mit dem Roman, den Leser zu fesseln, obwohl kaum eine Figur, ausgenommen vielleicht Saras Freundin und Saras Hund, wirklich liebenswert ist. Als Leser mag man sich mit keiner Figur identifizieren, sie sind einfach nicht sympathisch genug. Dennoch üben sie alle einen großen Sog aus.

Boyle, Thomas C.
Hart auf Hart
aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren
Hanser Verlag, München
ISBN: 9783446247376

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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Philippe Pozzo di Borgo: Ziemlich beste Freunde

Philippe Pozzo di Borgo: Ziemlich beste Freunde

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Wie viel Leid kann ein Mensch ertragen? Wie viel Lebensmut und Optimismus muss er in sich tragen, um so humorvoll über das Leid seines Lebens schreiben und berichten zu können?

Ohne Dramaturgie schildert der Autor autobiografisch aus seinem Leben, angefangen von der Kindheit bis hin zur Gegenwart in dieser überarbeiteten Auflage nach den Dreharbeiten zur Verfilmung des Buches. Über dieses Buch zu sprechen führt automatisch hin zu einem Gespräch über diesen Menschen Pozzo di Borgo. Einen Menschen, den all sein Lebensmut auch nach schweren Tiefschlägen nicht verlassen hat, dessen Geschichte zwei Filmemacher aufgegriffen haben, weil sie unbedingt verfilmt werden musste.

Der Autor ist hineingeboren und aufgewachsen in eine reiche Familie, der Champagner-Familie Moët. Er verlebte die Kindheit eines reichen Schnösels mit seinen Geschwistern. Doch beim Studium lernte er wie auch andere 68er die Lehren von Marx und Engels kennen, die ihn an seinem schönen Leben zweifeln ließen. Zu dieser Zeit lernte er Beatrice kennen, mit der er jede Minute seines Lebens verbringen wollte. Er bekam hochdotierte Posten in den Konzernen seiner Familie, zu welcher auch die Marke „Louis Vuitton“ gehört. Er arbeitete sehr viel und heiratete irgendwann Beatrice. Es schien alles perfekt. Doch Beatrice bekam eine Fehlgeburt nach der anderen. Der Kinderwunsch beider wurde trotz des Geldes nicht gestillt. Bis sie schließlich Kinder adoptierten. Dann wurde bei Beatrice Krebs diagnostiziert. Auch hier halfen kein Geld der Welt und nicht die besten Kliniken. Philippe war stets an ihrer Seite. Seinen Job stellte er hinten an bzw. absolvierte er in weniger Zeit wesentlich intensiver. Als Ausgleich diente ihm Gleitschirmfliegen. Doch dann passierte 1993 der Unfall. Bis auf seinen Kopf und „etwas Leblosem zwischen seinen Lenden“ bewegte sich gar nichts mehr. Da trat Abdel in sein Leben. Abdel kannte bis zu diesem Zeitpunkt nur das Leben auf der Straße und lebte von Drogenhandel, Diebstahl und anderen Delikten. Pozzo di Borgo lernte nach Beatrice zum zweiten Mal einen Menschen kennen, dem er sich auf Gedeih und Verderb auslieferte, obwohl dieser aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht stammte.

Humorvoll und mit einer gehörigen Prise Sarkasmus und Ironie hat der Autor sein Leben niedergeschrieben. Der Leser spürt jede Depression, die der Autor bei einem Tiefschlag wie dem Tod seiner Frau, erleidet. Aber er will den Lesern nichts vorheulen und über das verpasste Leben klagen. Er will ihnen zeigen, dass es immer weiter geht, egal, was passiert. Dabei vergisst er sein Leid nicht, wie sollte er auch, wo er seinen Rollstuhl doch mit dem Mund bedienen muss. Das ist so geschickt in die humorvollen Szenen eingearbeitet, dass auch der Leser bei lauter Lachen immer wieder in die Realität des Autors zurückgeholt wird. Wenn das Buch auch nicht wie ein fiktiver Roman mit Dramaturgie aufgebaut ist, so ist es doch so interessant geschrieben, dass man unbedingt wissen möchte, wie das Leben dieses optimistischen Menschen weitergeht. Darin liegt ein besonderes Moment der Spannung. Und wer den Film vor dem Buch gesehen hat, darf sich auf ein ebenso schönes, aber anderes Ende freuen.

Pozzo di Borgo, Philippe
Ziemlich beste Freunde
aus dem Französischen von Dorit Gesa Engelhardt, Marion Ruß und Bettina Bach
FISCHER Taschenbuch, Frankfurt
ISBN 9783596513178
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Andreas Franz: Unsichtbare Spuren

Andreas Franz: Unsichtbare Spuren

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Durch Zufall habe ich dieses Buch in die Hand bekommen und verspürte Lust, es zu lesen. Andreas Franz war mir nicht unbekannt, habe ich doch vor einigen Jahren nahezu alle seine Krimis als Hörbuch konsumiert. Unsichtbare Spuren ist das erste von mir gelesene Werk.

Es ist Winter irgendwo in Norddeutschland. Am Straßenrand steht ein 17jähriges Mädchen. Sie ist gefrustet und möchte von Zuhause weglaufen. Dabei hat sie keinerlei Hemmungen, per Anhalter zu fahren und zu einem Fremden ins Auto zu steigen. Auch, als der Fahrer ihr Geld anbietet, um mit ihm schnellen Sex zu haben, hegt sie keinen Argwohn. Kurze Zeit später wird sie tot aufgefunden.

Doch was man jetzt vielleicht denken mag, tritt nicht ein. Der Fahrer wird schnell gefasst und wegen eines früheren Vergewaltigungsdeliktes ebenso schnell verurteilt. Lisa Santos aber, die Partnerin von Hauptkommissar Sören Henning, hat ihre Zweifel an der Schuld dieses Mannes. Erst fünf Jahre später soll sich das ganze Ausmaß der toten Siebzehnjährigen offenbaren und eine Sonderkommission nimmt ihre Arbeit auf.

Ich muss zugeben, ich kann gar nicht sagen, warum mir dieser Krimi besonders gut gefallen hat. Es war einfach die Atmosphäre, in die er mich als Leser hat eintauchen lassen. Eine klare, zeitgemäße Sprache, kontrastreiche Figuren, ein spannend durchstrukturierter Plot, glaubwürdige Dialoge. Dies sind am ehesten die Komponenten, die einen guten Eindruck bei mir hinterließen. In irgendeiner Weise erinnerte mich dieser Krimi auch an die Aktenzeichen-XY-Sendungen, wenn bei denen nach vermissten Anhalterinnen gesucht wird.

Wer gerne spannende Literatur liest, der ist bei diesem Krimi von Andreas Franz bestens aufgehoben.

Franz, Andreas
Unsichtbare Spuren
Knaur, München
ISBN 9783426635070
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David Daniel: Herzjagd

David Daniel: Herzjagd

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In dem dritten Roman um den Düsseldorfer Privatdetektiv Alexander Herz geht es erneut richtig zur Sache. Der ist nichts für zartbesaitete Leser.

Denn gleich zu Beginn wird, wie in Kriminalromanen oft üblich, jemand ermordet. Ermordet mag aber ein wenig untertrieben sein. Die Tierärztin und gleichzeitig engagierte Tierschützerin Anja Boberg, die in einem Schlachtbetrieb für die Überwachung der vorgeschriebenen Maßnahmen verantwortlich ist, wird in diesem Schlachthaus regelrecht abgeschlachtet, und schließlich wie ein Schwein an einen Haken gehängt in zwei Hälften zerteilt. Kommissar Lohmeyer von der Kripo ist zwar vom Dienst suspendiert, soll sich dennoch um die Aufklärung dieses Verbrechens bemühen. Er trifft im Umfeld der Toten auf viele Verdächtige. Es sind nicht wenige Menschen, die ein Motiv hätten, die Tierschützerin aus dem Weg zu räumen. Parallel zu diesem Geschehen bekommt Privatdetektiv und Ex-Kunsthändler Alexander Herz in seinen Aufträgen Probleme. Gestört wird er bei seinen Aufträgen von seinem alten Widersacher aus den vorhergehenden Romanen, dem schmierigen Kunsthändler Nicolas Narkov. Der hat Leute mit Gemälden betrogen und Herz geriet zwischen die Fronten. Kommissar Lohmeyer hilft seinem Bekannten Alexander Herz aus der Patsche. Dabei kommt ihm das erneute Zusammentreffen mit dem Privatdetektiv nicht ungelegen, denn er spannt den Detektiv sofort bei seinen Ermittlungen im Mordfall Anja Boberg ein. Herz lässt sich als verdeckter Ermittler in deren Tierschutzorganisation einschleusen, denn diese scheint eine wichtige Rolle im Mordfall zu spielen. Das Ganze entwickelt sich rasch zu einem brisanten Einsatz.

Wieder einmal hat es David Daniel geschafft, einen action-geladenen Krimi zu gestalten. Sicherlich können auch andere Kriminalautoren spannungsgeladene und rasante Krimis schreiben, aber Daniel schafft eine Atmosphäre für den Leser, die solch ein Gefühl von großem Kino aufkommen lässt. Schließlich schafft es die rasante Handlung, dass der Leser den Roman in kurzer Zeit absolvieren kann. Darüber hinaus gibt der Autor Einblicke in die Szene der Tierschützer genauso wie in eine wenig bekannte Szene, in welcher Menschen den Sex mit Tieren legalisieren wollen. Alles in allem bietet er aufschlussreiche Informationen verpackt in einem rasanten Ermittlungskrimi, der einem das Buch nicht aus der Hand legen lässt, bis man es durch hat. Dass der Roman zusätzlich noch in Düsseldorf beheimatet ist, ist für das Geschehen unwesentlich.

Wie schon die vorhergehenden Herz-Krimis kann ich auch Herzjagd bestens empfehlen.

Daniel, David
Herzjagd
KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN 9783954411870

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014
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Robert B. Parker: Tod im Hafen

Robert B. Parker: Tod im Hafen

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Mit der fünften von mir gelesenen deutschen Übersetzung eines Jesse-Stone-Romans geht es in einen tiefen Sumpf.

Im Hafen der Kleinstadt Paradise, in der Jesse Stone Polizeichef ist, wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Schnell findet Stone heraus, dass es sich um ein junges Mädchen aus Florida handelt. Florence war attraktiv, reich und hatte eine Vorliebe für außergewöhnliche Sexspiele. Keine gute Gemengelage, denn alles zusammen scheint ihr zum Verhängnis geworden zu sein.

In Paradise findet gerade eine Segelregatta statt. Der Hafen ist überfüllt mit Jachten. Auf einer von ihnen aus Fort Lauderdale wurde Florence zum letzten Mal lebend gesehen. Doch sowohl der Besitzer als auch die Mannschaft halten sich mit Auskünften und Informationen bedeckt. Auch die beiden Schwestern von Florence, blond und braungebrannt, hüllen sich eher in Schweigen, als dass sie der Polizei bei ihren Ermittlungen helfen. Die Vernehmung der Eltern ist ebenso erfolglos. Diese scheinen sehr unbeteiligt und uninteressiert an ihrer Tochter. Im Gegenteil, sie streiten sogar ab, eine Tochter namens Florence zu haben. Jesse Stone muss einem Wirrwarr aus Sex, Lügen und Verdrängung Herr werden.

In diesem Roman hat sich Parker einmal mehr neuen Figuren zugewandt, die eine wesentliche Rolle spielen. In den Hintergrund ist das Polizeiteam von Stone getreten, das in den anderen Romanen für unterschwellige Dialoge sorgte. Da es im vorliegenden Roman Verflechtungen mit Florida gibt, bekommt Jesse Stone Amtshilfe (inoffiziell) von einer Kollegin, die nicht unwesentlich an den Ermittlungen beteiligt ist. Auch sein Kollege Healy aus Boston unterstützt ihn tatkräftig.

Wohltuend beinahe ist, dass Stone den gesamten Roman über trocken (im Sinne von „abstinent“) ist. Er selbst verkündet auch manchmal stolz zu sein, elf Monate keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt zu haben. Dem Leser kann er so manches Mal leidtun, wenn seine Gesprächspartner ein Glas Wein oder einen Whiskey trinken und er sich mit Cola betrinkt. Dafür bekommt die Liebe zu seiner Ex-Frau Jenn eine neue Chance.

Ein Jesse-Stone-Roman, den man bis zur letzten Zeile nicht aus der Hand legt.

Parker, Robert B.
Tod im Hafen
Aus dem Amerikanischen von Bernd Gockel
Pendragon, Bielefeld
ISBN-10: 3865324169
ISBN-13: 9783865324160

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

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Martin Schüller: Kunstblut

Martin Schüller: Kunstblut

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„Kunstblut“ ist der Debütroman des Kölner Schriftstellers Martin Schüller. Dieser Roman wurde vom Verlag neu aufgelegt. Viel bekannter von Schüller sind mittlerweile seine Allgäu-Krimis, die in Garmisch-Patenkirchen beheimatet spielen, und nach dem Debüt entstanden sind. Zur Zeit des Entstehens dieses Romans hatte Schüller noch nicht das Allgäu für sich entdeckt.

„Kunstblut“ spielt in Düsseldorf, und wie der Name erahnen lässt, in der Szene der Künstler und Kunstakademie. Protagonist ist Jo Kant, der beste und eleganteste Privatdetektiv der Stadt. In dieser Funktion beschattet er einen Mann – vermeintlicher Ehebruch, lukrativ für Detektive – und sitzt in seinem Auto vor einem Bürokomplex. Dann wird er plötzlich von Schüssen und klirrendem Glas aus seinen Gedanken gerissen. Eins, zwei, haste nicht gesehen, hat sich ein Mann in sein Auto auf den Beifahrersitz gesetzt und hält ihm eine Knarre unter die Nase. Damit bewegt er Jo zu einer Fahrt nach Frankfurt und erfährt, dass dieser ihn beschattet hatte und deshalb nicht gerade zufällig vor dem Bürohaus stand, als er überfallen wurde. Rasant geht es durch Düsseldorf in Richtung Köln und daran vorbei. Jo Kant hatte eigentlich nichts Spektakuläres erwartet. Doch ihm war natürlich klar, dass sich der Mann auf der Flucht befand. Dessen Geschäftspartner ist ermordet worden. Kants Freunde bei der Polizei bleibt nicht verborgen, dass er mit dem vermeintlichen Täter zu tun hatte. Aber Kant kann sich nach dem Gespräch während der Autofahrt nicht vorstellen, dass sein Fahrgast der Mörder sein soll. Doch dann wird dieser in Frankfurt tot aufgefunden.

So rasant wie die Autofahrt geht es auch in diesem Krimi zur Sache. Ein Verdächtiger nach dem anderen wird präsentiert. Wichtige Figuren tragen die Eigenschaften einiger zeitgenössischer Persönlichkeiten aus Düsseldorfs Kunstszene. Und die japanische Mafia ist schließlich auch mit von der Partie.

Ein spannender und sehr unterhaltsamer Detektivroman, dem das Debüt nicht anzumerken ist. Mit Witz und Humor stupst Martin Schüller seine Leser in eine Szenerie, die möglicherweise auch nur mit einem zwinkernden Auge zu erfahren ist.

Schüller, Martin
Kunstblut
emons, Köln
ISBN 9783897052895

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014
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Robert B. Parker: Die Tote in Paradise

Robert B. Parker: Die Tote in Paradise

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!Diese Jesse-Stone-Roman verlief ganz anders als die drei zuvor von mir besprochenen Romane des amerikanischen, leider schon verstorbenen, Schriftstellers Robert B. Parker. Der Stil blieb natürlich unverändert, nur war das Tatgeschehen nicht parallel zu den Ermittlungen miterlebbar.

Dieses Mal ermittelt der alkoholabhängige Polizist, der in LA wegen seines Problems gefeuert worden war und an der Ostküste in einem kleinen Kaff namens Paradise den Job des Polizeichefs erhielt, in einem einzigen Handlungsstrang. Ein klassischer Ermittlerkrimi, bei dem der Schritt, den die Ganoven (meist) voraus sind, nicht mit einem Blick auf deren Szene gesehen werden kann. Dieser Stil bedeutet keines Falls, dass der Roman an Spannung verliert. Die Figur des Jesse Stone (in den Filmen von Tom Selleck gespielt) wird tiefer beleuchtet, die Frage, ob und wie er an den Täter gelangt, wird detailreicher geschildert.

Es wird die Leiche eines jungen Mädchens gefunden, eines Teenagers. Bereits bei der Feststellung ihrer Identität stößt Jesse mit seinem Team auf Ungereimtheiten. Das Mädchen war nicht mehr zur Schule gekommen, ein Gespräch mit ihren Eltern erfolgte ergebnislos, denn diese behaupteten, keine Tochter mit ihrem Namen zu haben. Die Ermittlungen führen zu den Geschwistern und schließlich zu einer Nonne, die sich in Boston, aus der das Opfer stammt, einem sozialen Projekt verschrieben hat. Sie möchte minderjährige Mädchen vor dem Absturz in die Prostitution bewahren.

Wie gewohnt sind die dienstlichen Belange eng mit dem Privatleben Jesse Stones verknüpft. Jesse lernt die Lehrerin des Opfers kennen. In amüsanter Weise flirten beide miteinander und nähern sich einander an. Lilly Summers ist nach einem ausgezehrten Leben endlich wieder in der Lage zu lieben. Als sie Jesse ihre Liebe gesteht, möchte er ihr diese Liebe nicht im gleichen Maße bestätigen. Wohl aber bietet er ihr eine feste Freundschaft an. Jesse hat immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben, seine Ex-Frau wieder zurückzuerobern. Schließlich trifft er sie auch in diesem Roman mehr als ein Mal.

Wer diesen Roman zur Hand nimmt, und das ist jedem zu empfehlen, der Krimis mag, der wird
• einen zweifelnden Ermittler erleben, dessen Privatleben betreffend, aber
• einen knallharten Cop, das dienstliche Geschehen betreffend,
• liebenswerte Polizeikollegen und andere Leute kennenlernen.

Jesse Stone ist eine höchst interessant gestaltete Figur von Robert B. Parker, der zuvor auch schon den in vielen Fernsehfolgen verfilmten Privatdetektiv Spenser (mit Robert Urich in der Titelrolle) geschaffen hatte. Ich frage mich nach diesem vierten Jesse-Stone-Roman immer noch: Was war zuerst da? Die fiktive Figur Jesse Stone? Oder der Schauspieler Tom Selleck, dem die Figur auf den Leib geschrieben scheint. Möglicherweise ist daran aber auch die deutsche Übersetzung schuld? Sie ist jedenfalls sehr gut gelungen.

Auch für diesen Roman ein „Daumen hoch!“.

Parker, Robert B.
Die Tote in Paradise
Aus dem Amerikanischen von Bernd Gockel
Pendragon, Bielefeld
ISBN 9783865323699
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