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Ralf Kramp (Hg.): Tatort Eifel 3

Ralf Kramp (Hg.): Tatort Eifel 3

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Alle zwei Jahre findet in der Vulkaneifel das Kriminalfestival und der Fachkongress “Tatort Eifel” statt, der für alle Kriminalschaffenden aus Film, Fernsehen und Literatur ein Muss ist. Neben den Workshops und Veranstaltungen mit der Vergabe des ROLAND als Höhepunkt ist der Kurzkrimiwettbewerb und die Veröffentlichung der prämierten Gewinner in einer Krimianthologie “Tatort Eifel” des KBV-Verlages ein weiterer Höhepunkt. Während alle anderen Höhepunkte nur in Notizen, Videos und Fotos festgehalten werden, kann man das Buch mit den amüsanten und spannenden Kurzkrimis auch noch Jahre später genüsslich konsumieren.
Ein großer Teil der AutorInnen hat bereits Krimis beim Hillesheimer Krimiverlag veröffentlicht und wird vielen bekannt sein. Andere Teilnehmer des Kurzgeschichtenwettbewerbs, deren Geschichte lesenswert und veröffentlichungsreif waren, werden sicherlich demnächst in diesem Genre bekannt werden.

Zu den drei Preisträgern des Wettbewerbs, dessen Grundprinzip ist, dass alle Geschichten in der Eifel spielen müssen, gehören Melanie Raabe mit ihrer ultrakurzen Geschichte “Die: Zahnfee”. In ungewöhnlicher Weise wird hier die Geschichte eines Mordes und wie es dazu gekommen ist auf knapp drei Seiten in vier Kapiteln erzählt. Zu Recht hab es für dieses spannende und gelungene Experiment den ersten Preis.
Kurz dahinter folgen dann Malte Landsberger mit seiner “Ortsrandlage” und Wolfgang Quest mit “Die Doppelfalle”. Im Tagebuchstil wird extrem humorvoll erzählt, wie jemand den Geräuschen in seinem neuen Wochenenddomizil in Ortsrandlage, die ihn und seine Frau nicht schlafen lassen, nachgeht. In klassischer Krimimanier mit richtiger Irreführung und überraschendem Ende lässt Quest einen Regieassistenten die Ermordung des Regisseurs planen, doch dann läuft alles anders.

Neben den drei Preisträgern des Wettbewerbs kommen aber viele weitere Wettbewerbsteilnehmer in dieser Anthologie zu Wort. So erzählt die Eifel-Queen of crime Carola Clasen “Schritt für Schritt” von einem Ehemann, der sich so sehr um seine Lauftrainerin bemüht. Männer: es kommen harte Zeiten auf Euch zu! Der Krimi-Cop Klaus Stickelbroeck bringt einen Mord mit “Scharfer Kante” ins Gespräch. Am liebsten aber mordet Tanja Kruse. So makaber schon der Titel ihrer Geschichte ist (“Das fröhliche Meisburger Massenschlachten”), so makaber erzählt sie vom Massenmord in der Eifel, denn kaum ein Ort in der Eifel wird verschont. Überall wird eine oder mehrere Leichen gefunden. Diese amüsante Szenerie kann nur augenzwinkernd durchgehalten werden. Marta und Jürgen Alberts übten sich in Sachen “Seitensprung im Krimihotel” und bringen es zu einem unterhaltsamen Porträt des Hillesheimer Mottohotels. Aquarienfreunde gibt es wie Sand am Meer, spleenig sind sie meist zudem, aber wenn man einen unheimlichen kennenlernen möchte, dann führt kein Weg an “Jonas” von Paul Pfeffer vorbei. Der Altmeister des Eifelkrimis, Jacques Berndorf, hält es für bemerkenswert, was so alles in “Einer guten Stunde” in der Eifel passiert. Mit rasantem Erzähltempo und kurzen Schnitten wird in Daun ein Mädel entführt. Entführt wird in der Eifel viel! Allerdings haben es die beiden trotteligen Entführer bei Stephan Everling in “Tot überm Gartenzaun” etwas schwer, sich mit ihrer Geisel zu verbergen. Die Protagonistin von Elke Pistor wollte eigentlich nur “Sein Bestes”. Doch unverhofft kommt oft. Die Lieblingsfernsehsendung des Krimiautors Carsten Sebastian Henn ist unverkennbar: “Bauer sucht Traumfrau”. Noch dazu, wenn die Moderatorin Tinka Brause nicht gerade den optimalen Kandidaten für ihre Dokusoap gefunden hat. In der Geschichte “Es fährt ein Zug nach Gerolstein” gibt der Herausgeber dieser Anthologie, Ralf Kramp, einen kurzen, satirischen Abriss der wichtigsten Lebensstationen des Schlagerstars Rico Diamond. Doch so geht es nicht mehr weiter. Brigitte Glaser dann lässt zum “Buuredanz” aufspielen und lässt den Leser über die ungewöhnliche Fracht im Kofferraum des Autos eines Alleinunterhalters auf Eifeler Familenfesten staunen. Andrea Revers hat sehr “Schlechte Gewohnheiten”: Sie monologisiert mit dem Leser und zieht dabei eine unauslöschliche Blutspur hinter sich her. Guido M. Breuer spielt den “Dauntown Blues” mit Totschlag, bei dem den Lesern die Musik von Miles Davis und John Coltrane nicht aus den Ohren geht. Die ungewöhnliche Botschaft einer unscheinbaren Frau an eine Anwältin lässt die Autorin Martina Kempf nur zu einem Schluss kommen: “Meerfeld sehen und sterben”. Uwe Voehl setzt in “Der letzte Tango in Michelbach” eine Ehefrau mit einem Knäuel Wolle auf die Terasse. Die “Magische Eifel” führt oft nicht nur in dieser Geschichte von Lothar Wirtz zu einer Diskussion von Umwelt- und Naturschutz im Verhältnis zur Tourismuswirtschaft. Für Erika Kroell ist alles “Eine Frage des guten Tons”. Besonders, wenn zwei Hamburger mit süddeutschem Dialekt auf einem lustigen Töpferkurs mit einem tötlich glücklichen Ausgang anzutreffen sind. Gabriele Keiser lässt in “Der Tote im Wasserfall” das Verschwinden eines desertierten Soldaten des Zweiten Weltkrieges auflösen. “Mit Pauken und Trompeten” lässt Rudi Jagusch Ocean´s Eleven in einem Dauner Musikalienladen ablaufen.

Alles in allem ein äußerst kurzweiliges Bändchen mit den unterschiedlichsten Kriminalgeschichte, die mal spannend, mal lustig, mal klassisch, mal lehrreich sind. Sie lassen sich extrem gut zwischendurch lesen und passen in jede Jackentasche.

Kramp, Ralf (Hg.)
Tatort Eifel 3
200 Seiten, broschiert
KBV-Verlag
ISBN-10:3942446200
ISBN-13: 978-3942446204

© Detlef Knut, Düsseldorf 2011
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Ulrike Blatter: Der Mann, der niemals töten wollte

Ulrike Blatter: Der Mann, der niemals töten wollte

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Ein sechsjähriges Kind wird vermisst gemeldet. Doch dies ist zunächst kein Fall für die Polizei. Der Entführer ist ein Bosnier, der sich von dem kleinen Mädchen mit „Vater“ anreden lässt.

An dieser Stelle kommt ein gesellschaftliches Thema ins Spiel, welches von der Autorin geschickt in eine spannende Handlung gekleidet wird. Krieg und Flucht aus Ex-Jugoslawien, Aufnahme in unserer westlichen Gesellschaft, Umgang mit ausländischen Mitbürgern. Haarklein werden die Verhältnisse eine Flüchtlingsfamilie in der deutsch-schweizer Gegend um Konstanz und den Bodensee herum geschildert.

Dass sich die Konstanter Kripo nicht um den Entführungsfall kümmert, hat seinen Grund: Sie hat wegen eines Toten, der erstochen in einer Badewanne gefunden wurde, genug zu tun. Das ohnehin schon große Team wird immer wieder durch weitere Experten vergrößert. Noch während die Ermittlungen auf Hochtouren laufen, gibt es einen zweiten Toten, der Ähnlichkeiten zu dem Tötungsdelikt des ersten Toten aufweist. Dieses Mal wurde der Leiter des Jugendamtes bestialisch erstochen und in einem Park abgelegt.

Geschickt sind die Ermittlungen um die Ermordeten mit der Entführung des Mädchens in einer parallelen Handlung verflochten. Die bluttriefenden Details bei der Leichenschau hätten auch ohne diese Konkretheit ihre Wirkung gezeigt, wie auch viele weitere kriminaltechnische Details passend in den Text eingeflossen sind und den Eindruck von Expertenwissen erwecken.

Als angenehm habe ich das Sprechen der handelnden Figuren empfunden, die teilweise im Dialekt oder mit osteuropäischem Akzent ihre Sätze hervorbrachten. Schade, dass dieser Stil nicht konsequent an jeder Stelle umgesetzt wurde.

Während die Ermittlungen der Kripo durchweg interessant und spannend sind, ist die Handlung um die Entführung ein wenig zähfließend. Es steht zwar immer die Frage nach dem „Warum“ im Raum, aber leider ändert sich dies über alle betroffenen Kapitel nicht. Im Ablauf der Entführung gibt es kaum eine überraschende Wendung, kein kleinerer Spannungsbogen, der den Leser bis zum nächsten (Entführungs-) Kapitel gefangen hält. Außerdem wirkt die Sichtweise des Kindes konstruiert, aus dessen Perspektive die Entführung geschildert wird. Es ist offensichtlich die eines Erwachsenen, der glaubt, dass ein Kind so denkt. Das hat nichts mit der realen Denkweise eines Kindes zu tun.

Auf das Thema des Buches ist bereits hingewiesen worden, aber die besondere Herangehensweise an die Problematik des Balkankrieges, an die Schicksale der Flüchtlinge, an die Schilderung der Kriegsleiden bosnischer Soldaten ist ein ausdrückliches Lob wert. Dadurch wird der Krimi einer, der auch zum Nachdenken anregt.

Blatter, Ulrike
Der Mann, der niemals töten wollte
332 Seiten, broschiert
KBV Verlag, Hillesheim
ISBN-10: 3940077968
ISBN-13: 978-3940077967

© Detlef Knut, Düsseldorf 2011
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