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Schlagwort: Donna Tartt

Der kleine Freund

Der kleine Freund

Harriet war noch ein Baby als ihr Bruder Robin auf mysteriöse Weise ermordet wurde. 12 Jahre später ist der Täter noch nicht gefasst. Es entsteht sogar der Eindruck, dass nie richtig nach ihm gesucht wurde. Die Familie schweigt und verdrängt. Harriets Mutter Charlotte hat sich nach Robins Tod sehr verändert. Die geschäftige, gescheite Frau ist melancholisch geworden, überlässt die Erziehung Harriets und ihrer Schwester Allison der Haushälterin Ida. Einen Freund findet Harriet in Hely, einem Nachbarsjungen, dem sie sich anvertrauen kann. Mit ihm gemeinsam will sie nach dem Mörder suchen und sich rächen. Doch ihre Phantasie nimmt überhand und bringt sie und ihren Freund in Gefahr.

Das vorliegende Buch ist aber kein herkömmlicher Krimi. Die Suche nach dem Mörder spielt wohl eher eine untergeordnete Rolle. Vielmehr wird über das Leben einer Großfamilie in den 70er Jahren erzählt, einer Familie, die in Alexandria, einer kleinen Stadt in den Südstaaten lebt und unter einem Schicksalsschlag zu leiden hat, über den sie nicht hinwegkommt.
Beschrieben wird auch die asoziale Familie des vermeintlichen Mörders: drogenabhängige Brüder, die von einer schwerkranken Großmutter mehr oder weniger versorgt werden.

768 Seiten dick ist das Buch und damit eine Herausforderung für den Leser. Doch schon auf den ersten Seiten wird klar, dass man einen guten Griff getan hat. Die Autorin erzählt sehr bildhaft und ausführlich mit Sinn für Details. Die Szenen sind so gut geschrieben, dass man den Eindruck gewinnt, das Geschehen mit eigenen Augen zu verfolgen. Es ist unglaublich, wie die Autorin Angstsituationen, aber auch ganz banale Dinge beschreibt. Teilweise gipfelt die Spannung in einen unerträglichen Bereich. Zudem wurde jeder einzelne Charakter mit Sorgfalt entwickelt. Harriets Familie ebenso wie die Familie des vermeintlichen Mörders.

Rezension von Heike Rau

Donna Tartt
Der kleine Freund
Aus dem Amerikanischen von Rainer Schmidt
768 Seiten, gebunden
Wilhelm Goldmann Verlag, München
ISBN: 3-442-30668-X

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