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Nachtlicht

Nachtlicht

J. Pierpont Morgan, 22 Jahre alt, lässt seine Erinnerungen an einen Aufenthalt auf dem Luxusdampfer Titanic aufleben. Vier Tage an denen die Titanic unaufhaltsam einer Katastrophe entgegenfährt. Besonderes Augenmerk wird auf die Personen der 1.Klasse gelenkt, denen er begegnet ist. Da ist zum Beispiel Scurra, der Jurist, Mediziner oder auch Zeitungsverleger sein könnte. Ein rätselhafter Mann. Er hat eine beeindruckende Narbe an seiner Lippe, die zu wilden Spekulationen Anlass gibt. Aber egal, ob sie nur von einem Papageienbiss stammt, von der Teilnahme an einem Duell oder ob er sich an einem Gewehr verletzt hat, dieser Mann wagt es, Morgan ins Gesicht zu sagen, dass seine Freunde nicht in einer normalen Welt leben und gewissenlos sind. Das macht Eindruck auf Morgan. Doch schon bald wird ihm Scurra äußerst unsympathisch, verführt er doch die Frau, auf die Morgan selbst ein Auge geworfen hat, Wallis Ellery. Von da an beginnt er seine Oberflächlichkeit abzuwerfen und beginnt ernsthaft über seine Zukunft nachzudenken.

Die Autorin beschreibt in ihrem Buch die Lebensart der wohlhabenden Gesellschaft um 1912. Diese wirkt besonders oberflächlich und flüchtig, grade weil der Leser weiß, was passieren wird. Die Stunden rinnen dahin, sind gezählt. Und auf dem Luxusdampfer wird die Zeit mit Belanglosigkeiten totgeschlagen. Beim Lesen kommen Gefühle wie Unruhe, Beklemmung und Fassungslosigkeit auf, die Autorin spart nicht mit Spott und Ironie. Durch ihren zielgerichteten, unbeirrbaren Blick auf die Passagiere, den schonungslosen Blick hinter die Fassade, gerät die eigentliche Katastrophe, der Untergang der Titanic, absichtlich in den Hintergrund.

Rezension von Heike Rau

Beryl Bainbridge
Nachtlicht
Aus dem Englischen von Charlotte Breuer
239 Seiten, broschiert
Europa Verlag Hamburg
ISBN: 3-203-85091-5

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