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Schlagwort: Alaska

Rosamund Lupton: Lautlose Nacht

Rosamund Lupton: Lautlose Nacht

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Yasmin, eine britische Physikerin, glaubt nicht, dass ihr Mann ums Leben gekommen ist. Matt hält sich in Alaska auf, um einen Dokumentarfilm zu drehen. Es hat einen tragischen Unglücksfall gegeben. Das Dorf, indem er zu der Zeit gelebt hat, ist abgebrannt. Man hat die Leichen der Dorfbewohner und einer weiteren Person gefunden. Das muss Matt sein, denn sein Handy und sein Ehering waren am Unglücksort. Yasmin glaubt allerdings, dass er unterwegs war, um zu filmen und nun auf Hilfe wartet. Aber die Polizei ist nicht bereit, zu suchen.
So macht Yasmin sich auf den Weg. Ihre zehnjährige Tochter Ruby nimmt sie mit sich. Es ist im Grunde unmöglich, an den abgelegenen Unglücksort zu kommen. Aber Yasmin ist eine selbstbewusste Frau und ihre taube Tochter eine gute Beobachterin. Beide wollen Matt nicht im Stich lassen. Die Reise wird zum Abenteuer und bald auch lebensgefährlich, denn jemand folgt Mutter und Tochter, der ihre Suche um jeden Preis beenden will.

Der Roman ist von der ersten bis zur letzen Seite äußerst spannend. Yasmin und ihre Tochter sind ein geniales Team. Beiden ist der Zusammenhalt ihrer Familie wichtig. Rosamund Lupton ist eine fantastische Erzählerin, die viel Wert auf Details legt. Als Leser weiß man also genau, was die beiden Hauptakteure bewegt und motiviert. So kommen die beiden dann auch einem unglaublichen Komplott auf die Spur. Die ganze Situation läuft aus dem Ruder. Es ist letztendlich nicht zu fassen, was hinter der ganzen Sache steckt.
Dazu kommt, dass die Atmosphäre in Alaska sehr gut beschrieben ist. Es gibt nichts außer Schnee, Eis, Dunkelheit und extreme Kälte.
Nicht zuletzt ist es auch eine Liebesgeschichte. Die Beziehung von Yasmin und Matt ist in der Krise. Aber es gibt einige Dinge, die Yasmin nun, wo sie selbst Alaska kennen lernt, anders sieht. Ihr Verständnis für die Arbeit ihres Mannes wird größer.
Das alles zusammen, so perfekt eingebunden in die Geschichte, macht den Roman zu einem Leseerlebnis, das man nicht so schnell vergisst.

Rezension von Heike Rau

Rosamund Lupton
Lautlose Nacht
Deutsch von Christine Blum
384 Seiten, Klappenbroschur
ISBN-10: 3423261218
ISBN-13: 978-3423261210
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T. C. Boyle: Drop City

T. C. Boyle: Drop City

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Wer diesen Roman zur Hand nimmt, was gleich vorneweg sehr zu empfehlen ist, der wird sich zunächst auf zwei Geschichten einlassen müssen, die im ersten Moment nichts miteinander zu tun haben. In den sechs Teilen, in denen das Buch untergliedert ist, wird im Wechsel zunächst die Geschichte von einer Hippie-Kommune irgendwo in Kalifornien berichtet.

Dabei stehen nicht nur die zwei Personen Star und Ronnie (genannt Pan) im Vordergrund, die den Auftakt bilden. Sondern mit einem detailgetreuen Wissen um die Abläufe in solch einem Mikrokosmos, was eine Kommune ursprünglich auch darstellen sollte, gibt der Ex-Hippie Thomas C. Boyle vielen Figuren Raum in dieser Geschichte. Vielleicht ist aber gerade das der Grund, warum die Geschichte so detailliert und authentisch wirkt. So gibt es Norm und seine Frau, dem das Grundstück gehört, auf dem die Kommune lebt, der dadurch in eine Anführerrolle gerutscht ist, die er gar nicht gewollt hat. Es gibt Alfredo, den Möchte-gern-Chef der Gruppe, mit seiner Familie, es gibt die Clique der Schwarzen um Lester, denen unterstellt wird, dass sie zwar von der Kommune leben, ihr aber nichts beisteuern wollen.

Jeder Tag im sonnigen Kalifornien läuft wie der vorhergehende, und wenn die Kleinkinder mal zu lästig werden, dann werden sie mit LSD im Orangensaft ruhig gestellt. Ein Drink, der eigentlich nur für die Erwachsenen gemixt wurde. Aufregendes, abgesehen von den alltäglichen Problemchen sowie den Klagen der Nachbarn über diese verlausten Nichtsnutze oder gar eine Vergewaltigung innerhalb der Kommune, passiert nicht.

In der Parallelhandlung der anderen Teile im Buch geht es um Sess Harder, ein Mann, der für sich herausgefunden hat, dass ein Leben als einsamer Fallensteller in einer Blockhütte in Alaska das Leben ist, was für ihn nur in Frage kommt. Doch er weiß, dass es sich mit einer Frau an der Seite in der Einsamkeit auch sehr gut anfühlen kann und ist umso mehr überrascht, dass sich Pamela für ihn interessiert. Ursprünglich wollte Pamela nicht ihn, sie kannte ihn da noch nicht, sondern Joe Bosky besuchen. Der jedoch nimmt es seinem Nachbarn später übel, Pamela geheiratet zu haben.
Die Liebesgeschichte um Pamela, Sess und Joe könnte sicherlich auch alleine als spannender Roman funktionieren, wenn Norm, der Chef von Drop City, nicht die Schnauze voll von den Behörden und kein Grundstück in Alaska geerbt hätte. Er setzt allen den Floh ins Ohr, dass sie als Kommune in Alaska ein phantastisches Leben vor sich hätten, ein Leben in völliger Freiheit und Natur, unbelästigt von dem ganzen spießigen Kleinbürgertum.

Man ahnt es: an dieser Stelle werden die beiden Handlungsstränge ineinander geführt. Die Wege von Norm, Ronnie, Star und Sess kreuzen sich und das Desaster nimmt seinen Lauf. Die Hippies treffen in Alaska auf ein Umfeld, mit dem sie nicht gerechnet hatten, so hatten sie dieses Land in ihren Vorstellungen und Träumen nicht gesehen. Es kommt zu einer Vermischung mit den Einwohnern und sie werden in deren Probleme hineingezogen. Die Unterschiede zwischen einer Kommune im ewig sonnigen Kalifornien und einer in einem sechs Monate lang bei Temperaturen weit unterhalb von Null liegendem Alaska sind so gravierend, dass das Auseinanderbrechen der Gemeinschaft zwangläufig sein muss.

Dass in der Kommune nicht viel passiert, ist natürlich weit untertrieben. Die detailgenaue Phantasie Boyles schafft genügend spannende Momente, die den Leser die Zeilen verschlingen lassen. Aber in der Phantasie des Autors mag zwar die Handlung in der Natur Alaskas gelegen haben, das detailreiche Wissen darüber verdankt er seinen Recherchen. Außerdem ist Boyle eines seit seiner Hippie-Zeit geblieben: die Liebe zur Natur. Auch heute noch wandert er tagelang durch abgeschiedene Landschaften.

Boyle ist ein großes Epos über ein als alternativ möglich gesehenes Gesellschaftsmodell, welches mit dem heutigen Abstand auch in seinen Augen als gescheitert anzusehen ist, gelungen. Er schreibt von Menschen, die davon reden, im Einklang mit der Natur zu leben (wie die Hippies) und von solchen, die es tatsächlich tun (wie die Einsiedler in Alaska). Boyle schreibt von Menschen, deren Naivität schier grenzenlos zu sein scheint, die damit aber nichts anderes als das blanke Chaos hervorrufen. Der Zusammenbruch der Gemeinschaft wird schließlich dadurch symbolisiert, dass die Hippies plötzlich ihre Namen auf das Geschirr kratzen, wo bis dato doch allen alles gehörte.
Ein Buch, welches unbedingt gelesen werden sollte.

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T. C. Boyle
Drop City
528 Seiten, gebunden
Hanser Verlag
ISBN-10: 3446203486
ISBN-13: 978-3446203488
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© Detlef Knut, Düsseldorf 2010
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