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Udo Jürgens: Spiel des Lebens

Udo Jürgens: Spiel des Lebens

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Ja, dass das Leben ein Spiel sei, wie im Titel angedeutet, mag wohl angehen, zumal wenn einer mit jugendlichen Elan seiner inneren Stimme folgt. Aber in den nun folgenden Geschichten von Udo Jürgens, die er zusammen mit seiner Lebensgefährtin Michaela Moritz verfasst hat, merkt man sehr schnell, dass es auch Mühsal und Plage sein kann.

Es geht ganz einfach um Beobachtungen von Menschen, die im Alter unerwartet großen Ruhm erlangten; es geht um Betrachtungen über Vergänglichkeit und wesentliche Lebensveränderungen, und es zeigt einmal mehr die nachdenkliche und melancholische Mentalität des Sängers, Entertainers und Chansoniers Udo Jürgens. Eigene Lebenserinnerungen mischen sich mit solchen, die nichts mit seinem Leben zu tun haben.

Im Gegensatz zu den möglichen Erwartungen des Lesers sind die Betrachtungen und Erfahrungsberichte nicht oberflächlich oder nichtig. Die zwei ersten Erzählungen tragen autobiographische Züge und wirken daher echt.
Sei es plötzlicher Ruhm und Erfolg mit den materiellen Möglichkeiten, die diesen Erfolg begleiten, oder sei es eine Wiederbegegnung wie die zwischen dem erfolgreichen Maler und den vor Jahren schon in Berlin in der Paris Bar erlebten Kellner: hier wird Atmosphäre vermittelt, die man unmittelbar nachempfinden kann.
Die Erzählungen erheben allerdings sicher nicht den Anspruch hochwertiger Literatur.

Die folgenden Geschichten aber wirken weit hergeholt und können dem angestrebten Anspruch nicht gerecht werden. Sie sind schlichtweg langweilig.

Der hoch gepriesene Sänger hatte es nicht nötig, sich auch noch ein literarisches Denkmal zu setzen. Insofern nur als leichte Lektüre zu empfehlen.

Udo Jürgens
Spiel des Lebens
224 Seiten, gebunden
S. FISCHER, August 2019
ISBN-10: 3100024354
ISBN-13: 978-3100024350
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Marion Brasch: Ab jetzt ist Ruhe

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Familienleben im Dunstkreis einer einseitigen Ideologie.

In einem lockeren, leichten und teilweise selbstironischen Ton hat Marion Brasch einen einnehmenden Familienroman über ihre Familie verfasst.

Ihr Vater ist als jüdischer Junge mit einem Kindertransport vor den Nazis nach Großbritannien geschickt worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte er ausgerechnet zurück nach Ostdeutschland. Aus dem gläubigen Katholiken mit jüdischen Wurzeln war ein überzeugter Kommunist geworden. Die Mutter stammte aus Wien, wo man zum jüdischen Großbürgertum gehörte. Ihre Familie hat in England den Weltkrieg überlebt. Über die Heirat mit dem Kommunisten war Marions Mutter, die elegante Erscheinung der „Oma London“, nicht gerade begeistert.

Marion Brasch war ein Nachzüglerkind. Die drei älteren Brüder sind früh schon wach und kritisch dem kommunistischen System gegenüber. Zwei von ihnen wurden bekannte Schriftsteller, einer Schauspieler. Der älteste verließ die DDR und brachte den Vater damit in ernste Schwierigkeiten.

Marion tummelt sich zwischen den von ihr bewunderten Brüdern und einem Vater, der zermürbt von den schwierigen politischen Balanceakten und dem frühen Tod von Marions Mutter einen cholerischen und autoritären Eindruck abgibt. Er hatte verschiedene hohe Ämter in der DDR inne, die ihm Privilegien brachten. Doch wirklich glücklich war er mit dem Sozialismus, wie er dort praktiziert wurde, wohl nicht.

Die Autorin schreibt mit trockenen Humor über lakonische Einsichten und wurschtelt sich durchs Leben. Sie versucht weitgehend, es dem Vater recht zu machen und geht zunächst den Weg einer angepassten, sozialistischen Arbeiterin. Innerlich spürt man ihre kritischen Reflexionen über ein System, das auch ihr nicht geheuer erscheint. Weitgehend auf sich selbst gestellt ist sie mit sechzehn Jahren eine Halbwaise, die sich Freunde und Freundinnen sucht, mit denen sie altersgemäße Vergnügungen teilt. Eindrucksvoll ergeht sie sich in den Beschreibungen des sozialistischen Alltags und in Betrachtungen des chaotischen Familienlebens, in dem viel Streit und Zoff herrschte. Die Brüder waren begabte Künstler, die als starke Persönlichkeiten beschrieben werden. Über dem Leben aller aber lag die Dunstglocke eines vertrackten Systems, in dem Terror, Einseitigkeit und Bevormundung herrschte.

Mit Spannung folgt man den Jahren des Umbruchs in der ehemaligen DDR und bekommt Einblicke in das Leben dieser jungen Frau, die eigensinnig ihren Weg sucht. Gegen Ende der Erzählung hin werden ihre Worte knapper. Sie sind klar und ruhig. Der Satz, mit dem sich die Mutter am Abend von den Kindern verabschiedete, „ab jetzt ist Ruhe“ klingt lange nach. Über ihn findet die Autorin versöhnliche Worte zu ihren Brüdern, die sie doch lebenslänglich als kleine Schwester behandelt hatten, die man eh’ nicht so ernst nahm.

Ein gelungenes, äußerst differenziert und feinfühlig beschriebenes Familienleben finden wir in dieser Geschichte, die in ihrem Gesamteindruck noch lange nachhallt.

Marion Brasch
Ab jetzt ist Ruhe
398 Seiten, gebunden
S. Fischer, Februar 2012
ISBN-10: 3100044207
ISBN-13: 978-3100044204
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