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Schlagwort: Irland

Colm Tóibín: Long Island

Colm Tóibín: Long Island

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Der bekannte irische Autor Colm Tóibín hat eine hinreißende Liebesgeschichte erfunden.

In Fortsetzung seines Romans „Brooklyn“ lebt die gebürtige Irin Eilis in Long Island mit ihrem Mann und zwei wohl geratenen heranwachsenden Kindern.

Alles scheint glücklich und zufrieden bis Eilis erfährt, dass ihr Mann Toni mit einer Kundin ein Kind gezeugt hat. Er ist Installateur. Seine italienischstämmige Familie mit Geschwistern und Schwiegermutter lebt im Umkreis, so dass Eilis sich von der Familie umgeben weiß. Diese verlangt von ihr, das Kind der anderen im Familienkreis aufzunehmen.
Ihre irische Familie und eine große Liebe hat sie vor zwanzig Jahren in Irland zurückgelassen.
Jetzt packt sie entschlossen ihre Koffer, um ihre alte Mutter in Irland zu besuchen, denn sie hat nicht die Absicht, sich um ein fremdes Kind zu kümmern.

Tóibín baut eine lange Geschichte auf, in deren Verlauf man hineingezogen wird in das irische Leben in einer kleinen Stadt. Mit Spannung erlebt man die verschiedenen Verbindungen, in denen sich die einzelnen Protagonisten befinden. Es ergeben sich so allerhand Verwicklungen dabei.

Hin- und hergerissen ist Eilis zwischen ihrer amerikanischen Familie und Irland, wo sie eher in das enge dörfliche Leben eintaucht.

Intrigen und Klatsch zwischen scheuen Kontakten beherrschen das Geschehen.

Wunderbar spürt man die spröde irische Landschaft, das kalte Meer und die Stimmung zu den verschiedenen Jahreszeiten. Dazwischen die aufwühlenden Gefühle zwischen den Liebenden Eilis und Jim, die zu keinem wirklichen Entschluss für ein weiteres Leben zu zweit finden können.

Mit psychologischem Feingefühl und tiefem Verstehen für die anstehenden Konflikte führt uns der Autor zu den Lebenswegen der verschiedenen Hauptfiguren. Auch die Nebenfiguren aber sind zur Charakteristik der Situation wichtig. Sie scheinen dem wahren Leben entnommen. Fragen tun sich auf, die keine Antworten erfahren. Auf diese Weise bleibt Neugier gepaart mit weiteren Fragen. Das macht den Reiz der Erzählung aus: dass Fragen offenbleiben! Dadurch bekommt das, was wichtig ist, ein größeres Gewicht.

Dass es starke und schwache Charaktere sind, die uns begegnen, ist eklatant. Alles ereignet sich so, wie es im richtigen Leben sein könnte.

Unterschwellig neben allen Schilderungen des Lebens bleibt die Frage: wird Eilis wieder mit Jim zusammenfinden?

Die heimlichen Treffen, die heimlichen Absprachen: alles bleibt in der Schwebe. Der Leser wird stark auf die Folter gespannt und bleibt es bis zum Schluss, dessen Ende hier nicht verraten werden soll.

Der gleichbleibende Fluss der Erzählung beschert dem Leser ein ungetrübtes Lesevergnügen.

Ein gelungeneres Buch habe ich lange nicht gelesen. Familiengeschichte, Liebesgeschichte und Ländergeschichte: es ist alles enthalten und Spannung pur, wenngleich die Gefühle immer verhalten bleiben.

Colm Tóibín kann man durchaus als Meister seines Fachs bezeichnen.

Colm Tóibín
Long Island
Carl Hanser Verlag, 13. Mai 2024
320 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3446279474
ISBN-13: 978-3446279476
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Keira Brennan: Die Herren der grünen Insel

Keira Brennan: Die Herren der grünen Insel

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Mit sechs Jahren erfährt Ascall, wie grausam die Welt und das Leben sind. Er beschließt, sich von ihnen nicht kleinkriegen zu lassen. Um als junger Herrscher, nachdem er seinen Vater und seine Mutter getötet hat, mehr Ansehen zu erlangen, bittet er um die Hand der Tochter Caitlín von Tadc O’Bjolan. Doch dieser Stammeskönig weist ihn zurück. Ascall schwört Rache. Das gelingt ihm schließlich im Alter von zwanzig Jahren. Er hat unzählige Kämpfe gefochten und Schlachten geführt. Ascall wird inzwischen von vielen Männern gefürchtet. Nach dem Tode Tadc O’Bjolans führt Riacán die O’Bjolan-Sippe an. Nun steht Ascall mit seinen Männern vor der Burg Riacáns, um sich dessen Schwester Caitlín zu holen und zu versklaven. Ascall ist ein brutaler, skrupelloser Herrscher geworden.

Die österreichische Autorin mit dem Pseudonym Keira Brennan hat ein Epos um die Macht auf der grünen Insel Irland geschrieben. Dabei erzählt sie auf nicht ganz tausend Seiten in verschiedenen Handlungsbögen die Machtkämpfe entlang der Schicksale verschiedener Hauptfiguren. Dazu gehören z. B. Riacán O’Bjolan, seine Schwester Caitlín, Ascall von Toora, der Waffenhändler Pól und einige mehr. Letzterer schmiedet so manche Ränke, nur um seine Waffen an den Mann bringen zu können. Außerdem erweist er sich als Lehrmeister in Sachen Intrigen. So wird die Geschichte von vier Familien während sechs langer Jahre voller Schlachten und Kriege erzählt. Der Leser lernt nicht nur die grüne Landschaft der Insel kennen, sondern auch, dass das Grün blutdurchtränkt ist. Brutal und brachial geht es zu im Irland des Mittelalters. Obwohl diese Zeit die Herrschaft der Männer bekräftigt, wird der Leser auch Frauen kennenlernen, die sich nicht unterdrücken lassen wollen.

Der Roman ist langer Lesestoff, in den der Leser sehr tief eintauchen kann, um das ganze Wochenende daraus nicht hervorzuschauen. Sowohl Landschaften, als auch Figuren sind facettenreich beschrieben. Kaum eine Beschreibung, die nicht mit passenden Metaphern oder Vergleichen die richtigen Bilder im Kopf erzeugt. Die Figuren lernen der Leser durch deren Worte und deren Handeln kennen. Er kann mit ihnen fühlen, er kann sie lieben oder hassen. Die Namen der Figuren entstammen dem irisch-gälischen Wortschatz, wie auch viele Bezeichnungen und Ortsangaben davon abstammen. Dadurch wirken sie leicht exotisch und erinnern an ein Fantasy-Epos. Die Autorin hat bei ihren Recherchen viele Mythen und Sagen zutage gefördert und auf interessante Weise in die Handlungen eingebunden. Als besonderes Stilmittel wurden die Gedanken der gerade agierenden Figuren besonders leserfreundlich in separaten Absätzen kursiv dargestellt. Die Gewalt des Mittelalters wird durch grobe und derbe Vergleiche und entsprechender Wortwahl überzeugend herübergebracht. Nahezu auf jeder Seite trieft es vor Dreck und Blut, Schwerter und Dolche kommen kaum zur Ruhe.

Ein großartiger Roman für alle, die George R. R. Martin, Diana Gabaldon oder Rebecca Gablé mögen. Ein Roman um Ehre, Stolz, Wut, Leidenschaft, Rache und Intrigen, ein Roman um Macht und Herrschaft, ein Spiel um den irischen Thron. Schade nur, dass Romane, die besonders gut gefallen, immer zu kurz sind. Selbst mit tausend Seiten.

Brennan, Keira
Die Herren der grünen Insel
Blanvalet Verlag
ISBN 9783764505592

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016
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