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Schlagwort: Korruption

A. D. Milier: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

A. D. Milier: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

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Mütterchen Russland ist gar nicht so lieb, wie es sich anhört!

Rasant, flott und äußerst spannend kommt ein Roman daher, dessen Handlung in Moskau im nachkommunistischen Russland angesiedelt ist.

Nick, ein englischer Anwalt, arbeitet in einer Dependance seiner Kanzlei in Moskau. Diese beschäftigt sich mit internationalen Geldgeschäften.
Er ist schon etwas älter, und ihn haben die Abenteuerlust und der Heimatfrust in die Fremde verschlagen.
Hier in der aufstrebenden russischen Gesellschaft mit ihren zahlreichen mafiösen Strukturen hat ihn die Liebe erwischt. Doch kann man den beiden Schwestern Mascha, seiner vermeintlich großen Liebe, und Katja trauen?

Unheimlich ist der Kosak, ein verschlagener und windiger Typ, der immer zur rechten Zeit auftaucht, um Nick aus der Patsche zu helfen oder den Eintritt in einen besonderen Nachtclub zu ermöglichen. Er führt nichts Gutes im Schilde!

Nick gerät unschuldig und naiv in ein Verbrechen, das nur in diesem Land und in dieser Stadt so vorstellbar ist. Mascha und Katja mit einer Tante, die keine ist, sind die Drahtzieherinnen in einem dubiosen Korruptionsdrama.

Anhand der Geschichte von Nick wird einmal mehr erfahrbar, wohin Korruption, Machthunger, Armut und materielle Gier ohne staatliche und gesetzliche Kotrollen führen können. Russland mit all’ seinem Charme, seinen anarchistischen Lebenswelten und dem Leben als Glücksspiel mit Wodka, Mord und Totschlag erfährt in dieser Geschichte eine adäquate Darstellung.
Fast könnte man Mitleid bekommen mit Nick, der so naiv wie einfältig ist und nicht ahnt, welchen Intrigen er aufsitzt in dieser undurchsichtigen und rücksichtslosen Gesellschaft.

Mit eindringlichen Bildern beschreibt Milier das Klima, die Wohnungen, die Begegnungen und die äußeren Charaktere seiner Figuren. Man meint den eisigen Winter und das prickelnde Feuer kalter Luft auf der Haut zu spüren. Die Dunkelheit und die verstaubten Reste ärmlicher Wohnunterbringungen tun ein Übriges, um den Leser ganz in die Atmosphäre des russischen Winters eintauchen zu lassen.

Millier schreibt packend, einfühlsam, drastisch und warmherzig, wie es einem Ausländer in Russland ergehen kann, einem Land, in dem so ganz andere Regeln herrschen als in dem vergleichsweise biederen London oder dem verhältnismäßig angepassten Bürgertum der westlichen Welt.

Großartig gelungen ist das Debüt des jungen englischen Schriftstellers A.D. Milier, der für verschiedene angesehene Buchpreise, u.a. Booker-Preis, vorgeschlagen war.

A.D.Milier
Die eiskalte Jahreszeit der Liebe
288 Seiten, gebunden
S. Fischer Verlag, August 2012
ISBN-10: 3100490193
ISBN-13: 978-3100490193
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Ceridwen Dovey: Der Koch, der Maler und der Barbier

Ceridwen Dovey: Der Koch, der Maler und der Barbier


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Über Rebellionen, das Leben mit dem Putsch und die Lebensumstände in Ländern mit Diktaturen.

In ihrem Debütroman erzählt Ceridwen Dovey  wie es in Diktaturen zugehen kann, und welche irrwitzigen Auswirkungen ständige politische Richtungswechsel mit sich bringen.

Hier findet in einem unbekannten südamerikanischen Staat wie so häufig wieder einmal ein Putsch statt. Der Koch, der Maler und der Barbier des Präsidenten werden auf seine Sommerresidenz verbracht, wo sie nunmehr den neuen Kommandanten bedienen sollen.

Einer nach dem anderen kommen im Wechsel zu Wort, und jeder erzählt die Geschichte aus einem anderen Blickwinkel.

Jeder hatte ein anderes Motiv, das zum Dienst am Präsidenten geführt hat. Der eine will seinen Bruder rächen, der andere hat eine geliebte Frau, die ihm verloren scheint,–und was will die Tochter des Kochs mit der neuen Regierung?

Fast jeder gerät in den  Verdacht der Korruption oder zeigt sich mit wechselnder Dienerschaft als Verräter.

Angedeutet, hingetupft und einmal näher dann wieder fern im Blick des Fokus entsteht das Bild einer verlorenen Gesellschaft, in der keiner dem anderen traut. Brüder werden zu Verrätern, Mütter bevorzugen einen Sohn vor dem anderen, und Frauen können keine rechte Treue halten. Unheimlich, verzweifelt und geheimnisumwittert vollziehen sich Wandlungen, die nach und nach alle mit in den Abgrund zu reißen drohen.

Sehen die Folgen, die Verrohungen und die Lebensbedingungen unter Diktaturen so aus?

Auf dem südamerikanischen Kontinent haben fast alle Staaten mit den heftigsten politischen Rebellionen und wechselnden Tyranneien zu kämpfen. Einen kleinen Eindruck davon vermittelt diese Studie, die eindringlich von unheimlichen Praktiken, Angst und Frucht durchsetzt ist. Die Berufung des Barbiers, des Malers und des Kochs bieten allen dreien Möglichkeiten zum Mord oder zur Gefolgschaft. Wie werden sie entscheiden?

Geschickt und aufmerksam leitet die Autorin das Interesse in verschiedene Richtungen, so dass der Leser verunsichert nach dem Platz sucht, wo er seine Parteilichkeit hinlenken könnte.

Er findet diesen Platz nicht. Symbolisch spiegelt er damit wieder, was die Menschen in der Region umtreibt.

Der Debütroman der jungen Ceridwen Dovey ist gelungen, und zahlreiche Preise winkten ihr. Sie erhielt schließlich  den Sunday Times Fiction Prize 2008.

Ceridwen Dovey
Der Koch, der Maler und der Barbier
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Verlag: Luchterhand Literaturverlag
ISBN-10: 363087309X
ISBN-13: 978-3630873091