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Schlagwort: Polizei

Frank Goldammer: Roter Rabe

Frank Goldammer: Roter Rabe

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Gleich nach dem Ostseeurlaub fährt Oberkommissar Hellers Frau Karin in den Westen. Sie hat überraschend die Erlaubnis bekommen, Sohn Erwin zu besuchen. Heller hat unterdessen einen schwierigen Fall zu lösen. Dabei muss er sich auch um den Haushalt und Pflegekind Anni kümmern. Auch Frau Marquart, in dessen Haus er mit seiner Familie lebt, hat immer größere Probleme mit ihrem Gedächtnis. Dass nun auch noch eine weitläufige Verwandte von Frau Marquart aufgenommen wird, passt ihm nicht. Diese Edeltraud Hermann macht ihn misstrauisch.

Zwei Männer, Zeugen Jehovas, sollen Selbstmord in ihren Gefängniszellen begangen haben. Dabei wäre eine Vernehmung äußerst wichtig gewesen, schließlich standen sie unter Spionageverdacht. Bei diesen nicht nachvollziehbaren Todesfällen bleibt es nicht. Die Explosion in einem Kraftwerk lässt für Heller nur eine Schlussfolgerung zu. Doch wer ist der Drahtzieher? Heller stößt auf Zeitungen, mit denen offenbar Nachrichten übermittelt werden. Doch diese zu entschlüsseln, ist schwierig.

Das Buch ist gut geschrieben. Das Alltagsleben am Anfang der 50-er Jahre ist gut eingefangen. Frank Goldammer Krimis um Max Heller sind immer auch spannende Ausflüge in die Geschichte, hier mit Blick auf die politische und gesellschaftliche Situation in der Anfangszeit der DDR. Die einzelnen Figuren, Hellers Familie und seine Kollegen, hier insbesondere Oldenbusch und der neue Unterkommissar Salbach, sind wie gewohnt gut ausgearbeitet.

Der Fall ist interessant, aber auch sehr undurchsichtig. Heller versucht mit Härte durchzugreifen. Er riskiert nicht selten sein Leben. Karin fehlt ihm und er hat Sorge, dass sie im Westen bleibt, zumal eine erwartete Nachricht ausbleibt. Auch das hat Einfluss auf sein Verhalten. Er muss sich eingestehen, dass er nicht genug Zeit hat, um sich um Anni zu kümmern. Erst jetzt merkt er, was alles an Karin hängen geblieben ist.

Es geht im Buch um Spionage. Und so taucht Alexej Saizev, ein alter Bekannter, wieder auf, der nun für den MGB arbeitet, und dem Raben auf die Spur kommen will. Er behindert Hellers Ermittlungsarbeiten, so wie auch Hellers Chef Niesbach. So überschlagen sich zum Ende hin die Ereignisse und enden in einer Überraschung.

Rezension von Heike Rau

Frank Goldammer
Roter Rabe
Kriminalroman
384 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262095
ISBN-13: 978-3423262095
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James Lee Burke: Mississippi Jam

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Dave Robicheaux ist Cop im Iberia Parish Sheriff’s Department von New Iberia in Louisiana. Neben diesem Job betreibt er einen kleinen Boots- und Angelverleih. Als passionierter Taucher bekommt er den Auftrag, nach einem deutschen U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg zu suchen. Sein Auftraggeber, ein Jude namens Hippo Bimstein, möchte das Boot bergen und daraus ein Casino machen. Dave hat eigentlich keinen Bock auf diesen Auftrag und gibt Hippo einen Korb. Doch da wird plötzlich sein Angestellter Batist festgenommen von einem Polizeikollegen aus dem NOPD, mit dem Dave noch eine Rechnung offen hat. Dave Robicheaux fühlt sich verantwortlich für Batist, will ihn auf Kaution herausholen und einen Anwalt stellen. Dafür braucht er Geld. Also nimmt er doch den Tauchauftrag an. Doch so einfach geht das nicht. Denn ein weiterer Ganove betritt die Bühne und verdoppelt das Angebot betreffend die Suche nach dem U-Boot. Außerdem soll Dave damit den ersten Auftraggeber fallen lassen, weil das ein Jude sei. Drehte sich bislang alles um sein Hobby und Freizeitvergnügen wird es mit dem Auftauchen von Leichen zunehmend dienstlicher für Dave.

Burke schreibt knallharte Krimis mit umfassend gezeichneten Figuren und detailgetreuen Milieustudien. In winzigen Anmerkungen versteht er es, die Gesellschaft im Louisiana der letzten Jahre mit allen ihren Ressentiments und Widersprüchlichkeiten abzubilden. Obwohl schwarze und weiße Amerikaner heute schon nebenher leben, wird der Rassismus immer wieder deutlich. Das bekommt z. B. der Protagonist, ein Weißer, dadurch zu spüren, weil er mit einer Schwarzen verheiratet ist und er Schwarze beschäftigt. Die Frauenfeindlichkeit und das Machogehabe der Männer hat auch etwas mit der Hautfarbe zu tun. Der Protagonist Robicheaux, den Burke für diese Reihe entwickelt hat, ist eine ungewöhnliche Krimifigur, nicht nur wegen des damaligen Alkoholproblems. Robicheaux verwirklicht seine eigenen Ansichten von Recht und Gesetz. Unterstützt wird er dabei von seinem Freund Clete Purcel, der immer gut genug für eine Leiche im eigenen Keller ist, und von seiner Familie. Mit dieser Figur ist James Lee Burke sehr gut beim Pendragon Verlag aufgehoben, denn auch der Ermittler Jessse Stone von dem Schriftsteller Robert B. Parker, dessen Romane dort erscheinen, hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Dave Robicheaux.
Die Feingliedrigkeit von Robicheauxs Ansichten lassen ihn sympathisch werden, auch wenn er als knallharter Typ nicht davor zurückschreckt, einen Verbrecher abzuknallen.

Meine Empfehlung: höchst lesenswert! Nicht zuletzt wegen der sehr gut stimmigen Übersetzung von Jürgen Bürger. Danke an den Pendragon für die Herausgabe dieser deutschen Erstausgabe. Knallhartes Lesefutter für alle, die den Nervenkitzel mögen.

Burke, James Lee
Mississippi Jam
aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger
Pendragon, Bielefeld
ISBN 9783865325273

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016
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Judith Winter: Sterbegeld

Judith Winter: Sterbegeld

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Die Polizei kommt zu spät. Der kleine Junge, der die Polizei angerufen hat, ist tot. Auch seine Schwester und die Eltern leben nicht mehr. Fassungslosigkeit macht sich breit. Bald gibt es einen Verdächtigen. Doch sind es nur Indizien, die auf Armin Bormann s Schuld verweisen. Ein Motiv fehlt.

Diesen Fall bekommen acht Monate später Emilia Capelli und Mai Zhou auf den Tisch. Die Ermittlungen sollen ihnen Rückendeckung geben für eine ganz andere Sache. Seit Kollege Thorsten Mohr, Mitglied einer Spezialeinheit, bei einer Razzia getötet worden ist, gilt es als erwiesen, dass sich ein Maulwurf in den Reihen der Polizeibeamten befindet.

Es ist das dritte Buch um Emilia Capelli und Mai Zhou. Auch „Siebenschön“ und „Lotusblut“ habe ich gelesen, fand diese beiden Bücher aber sehr viel spannender. Ich habe nicht auf Anhieb in den Krimi hineingefunden. Emilia Capelli und Mai Zhou gehen eigene Wege und ergänzen sich nicht mehr ganz so perfekt. Der Ton scheint rauer geworden zu sein. Aber das ist der ganzen Situation geschuldet, die die beiden Ermittlerinnen stresst.

Der Fall um die Ermordung der Familie Svensson ist erschütternd und hier wollen sich die die Puzzleteile einfach nicht zusammenfügen. Pflichtverteidiger Karel Schubert, eine sehr starke Figur, nimmt seine Sache sehr ernst und legt sich ins Zeug für den des Mordes angeklagten Armin Bormann, auf den alles deutet, sich aber nicht wasserdicht festmachen lässt. Das ist alles sehr interessant beschrieben. Aber eben auch sehr verworren. Perfekt aufgelöst wird dieser Fall meiner Meinung nach auch nicht.

Die Sache mit dem Maulwurf hat Priorität und geht den Ermittlerinnen an die Nieren. Zumal ein weiterer gefährlicher Einsatz ansteht, der nun eigentlich abgesagt werden müsste. Hier zeigt Emilia Capelli, in gewohnter Weise, was sie kann. Während Mai Zhou, dies sich eher darum kümmert, Armin Bormann festzunageln, hier im Hintergrund bleibt, was schade ist.

Die letzten 50 Seiten sind es, die zu gewohnter Spannung auflaufen, sodass man dann doch ganz zufrieden aus dem Krimi geht.

Rezension von Heike Rau

Judith Winter
Sterbegeld
Emilia Capelli und Mai Zhou ermitteln
464 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423216166
ISBN-14: 978-3423216166
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John Harvey: Pass auf dich auf

John Harvey: Pass auf dich auf

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Es trifft Detective Inspector Charlie Resnick hart, als seine Freundin Lynn Kellogg, ebenfalls bei der Polizei, bei einer Rangelei unter Jugendbanden angeschossen wird. Sie verdankt es der kugelsicheren Weste, noch am Leben zu sein. Auch die 16-jährige Kelly Brent wird angeschossen. Sie überlebt nicht. So wird die Sache zu einem Mordfall.

Den Fall übernimmt Detective Superintendent Bill Berry. Als zweiten Mann holt er sich Charlie Resnick dazu, der das Außenteam anleiteten soll.
Man weiß keineswegs, wer der Mörder ist. Er war in dem Trubel angeblich nicht auszumachen. Die Zeugen geben sich zudem bedeckt. Dazu kommt, dass Kelly Brents Vater, Lynn Kellogg vorwirft, seine Tochter als Schutzschild benutzt zu haben. Das bringt Charlie Resnick auf die Palme.

Lynn ist zwar im Moment krankgeschrieben, aber sie muss sich auf einen Prozess vorbereiten, der ihr Kopfzerbrechen bereitet. Es geht um die Anklage gegen Viktor Zoukas. Er hatte eines der Mädchen, Nina Simic, in seinem Massagesalon umgebracht, behauptet aber, ein Kunde wäre dafür verantwortlich. Es gibt eine Zeugin, die Rumänin Andrea Florescu. Doch ob sie aussagen wird, ist ungewiss. Sie hat zu viel Angst.

Der Krimi ist sehr komplex und dennoch relativ leicht zu lesen. Die Spannung wird sehr geschickt aufgebaut und gut gehalten. Im Vordergrund stehen Charlie Resnick und seine Freundin Lynn Kellog. Auch ihr Privatleben wird nicht ausgespart, so dass man einiges über die Beziehung der beiden erfährt und auch ihre privaten Überlegungen mitbekommt. Das ein oder andere Geheimnis, die Ermittlungsarbeiten betreffend, wird geteilt, noch bevor es offiziell wird. Das ist für den Leser sehr spannend.

Es ist ein harter und vor allem gefährlicher Job, den die beiden hier machen. Dass sie stets mit einem Bein im Grab stehen, wird überaus deutlich gemacht. Der Krimi ist dadurch sehr ernst und zeitweise von überaus trauriger Stimmung durchsetzt, dies vor allem im privaten Bereich, Charlie Resnick betreffend.

Die Polizeiarbeit wird in allen Einzelheiten und von verschiedenen Perspektiven aus dargestellt. Der Krimi entwickelt sich langsam. Überraschend ist, wie ein kleiner Hinweis, ein kleiner Stein im Puzzle, eine Lawine ins Rollen bringen kann und dann Zusammenhänge, die man nicht für möglich gehalten hätte, klar werden. Ein wirklich guter Krimi!

Rezension von Heike Rau

John Harvey
Pass auf dich auf
Ein Fall für Charlie Resnick
Deutsch von Sophie Kreutzfeldt
432 Seiten, broschiert
ISBN-10: 3423213469
ISBN-13: 978-3423213462
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Horst Eckert: Schwarzer Schwan

Horst Eckert: Schwarzer Schwan

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Gerne wird der Kriminalschriftsteller Horst Eckert von den Medien in und um Düsseldorf als regionaler Autor oder Autor von Düsseldorf-Krimis tituliert. Doch solch eine Bezeichnung wird ihm nicht gerecht. Tatsache ist, dass ein Krimi nun mal irgendwo spielen muss. Bei Donna Leon ist es Venedig, bei Henning Mankell Ystad und bei Horst Eckert ist es (zumeist) Düsseldorf. Das heißt noch lange nicht, dass es sich um einen Regionalkrimi handelt, wie er langläufig definiert wird. Selbst, wenn ein Düsseldorfer Oberbürgermeister eine wichtige Rolle darin spielt („Königsallee“). Eckert beweist erneut in dem soeben erschienenen Krimi „Schwarzer Schwan“, dass es sich um einen hochbrisanten, alarmierend aktuellen Politthriller handelt, der überall in Deutschland spielen könnte.

Vor dem Hintergrund des Bankencrashes im Jahre 2008, der sich in Wirklichkeit als Gelddruckmaschine für die Banken herausstellte, über den Atomausstieg der jetzigen Bundesregierung bis hin zur Griechenlandpleite wird in einem Mordfall und einem Entführungsfall ermittelt. Dass es sich um zwei voneinander losgelöste Fälle handelt, mag der Leser bald nicht mehr wahr haben. Dass die beiden Verbrechen ein beinahe banales Motiv haben, ebenso wenig. Schnell wird klar, dass die Motivlage in einem Gewirr aus Bankern, Wirtschaftsbossen, Lobbyisten und Politikern verborgen liegt. Selbst die Bundeskanzlerin bekommt eine Rolle in diesem Stück. In vielen parallelen Handlungen, die in Düsseldorf genauso wie in Berlin spielen, taucht der Leser in das schwer durchschaubare Geflecht ein.

Die Bankerin Hanna, deren Millionendeal auf höchster Vorstandsebene zum Schaden der eigenen Bank gekippt wird, zweifelt am Sinn des Lebens und erkennt nicht, dass sie nur wie ein kleiner Hamster in einem Rädchen strampelt. Erst als der Polizist Dominik in ihrer Wohnung Abhörwanzen entdeckt, wird ihr das ganze Ausmaß von dem, was ihr schon längst Bauchschmerzen verursachte, bewusst. Dann verschwindet auch noch ihre Nichte. Zwischen der Entführung Leonies und dem in Düsseldorf verübten Mord an der Lobbyistin Paula, die ebenfalls aus dem Politrummel aussteigen wollte, gibt es einen Zusammenhang: ein alter, weißer Golf II.
Eckert schafft in diesem Thriller eine erschreckende Nähe zum aktuellen Tagesgeschehen. Gespräche aus den Polittalkshows werden sofort präsent. Als Leser steht man mittendrin. Trotz der vielen Namen und Figuren macht es keine Mühe, der Handlung zu folgen. herausgehoben und von etwas mehr Ruhe begleitet wird ein Handlungsstrang aus der Sicht der entführten Leonie, deren Szenen aus der Perspektive dieses Mädchens erzählt werden. In diesen Passagen verzichtet Eckert auf Tempo, umso mehr gehen sie in die Tiefe und lassen den Leser mitfühlen.

Ein handwerklich sehr gut gemachter Krimi, der einen Adler-Olsen nicht fürchten muss und von solch einer Brisanz ist, dass er alle anderen Krimis auf hintere Plätze verweist. Herzlichen Glückwunsch für den Dortmunder Grafit-Verlag, solch einen hochkarätigen Krimiautor in seinem Programm zu haben.

Eckert, Horst
Schwarzer Schwan
352 Seiten, gebunden
Grafit Verlag, Dortmund
ISBN-10: 3894256672
ISBN-13: 978-3894256678

© Detlef Knut, Düsseldorf 2011
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Jussi Adler-Olsen: Erlösung

Jussi Adler-Olsen: Erlösung

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Carl Mørck bekommt von seinem Chef Marcus Jacob eine Flaschenpost in Scherben und deren Inhalt überreicht. Die damals noch intakte Flasche wurde bereits 2002 vor der Küste Schottlands gefunden, war dann aber durch bestimmte Umstände in Vergessenheit geraten. Der Zettel darin ist zum größten Teil unleserlich. Aber es scheint ein Hilferuf zu sein. Carl ist davon allerdings nicht überzeugt. Möglicherweise handelt es sich hier um einen Streich. Obwohl andere Fälle warten, beginnt er mit seinen Assistenten Assad und Rose den Brief zu entziffern.

Kollege Tomas Laursen, ehemaliger Polizeitechniker, gibt entscheidende Hinweise. Er findet einen Holzsplitter und eine Fischschuppe. Er kann außerdem einschätzen unter welchen Bedingungen der Brief geschrieben wurde. Er glaubt nicht, dass sich damit jemand einen Spaß erlaubt hat. Auch findet er nach seiner Analyse noch weitere Buchstaben. Demnach stammt die Flaschenpost aus dem Jahr 1996.

Carl muss die Sache also ernst nehmen. Es geht nur langsam voran. Andere Arbeiten müssen erledigt werden. Die Arbeitsbedingungen unten im Keller des Bürogebäudes sind alles andere als ideal zumal man hier eine Asbestbelastung festgestellt hat. Dann kommt Rose nicht mehr zur Arbeit und schickt stattdessen ihre Schwester. Außerdem hat Carl an einem alten Fall zu knabbern. Mit seinen Nerven steht es nicht zum Besten. Von seinem Privatleben ganz zu schweigen.
Und doch kommt das Team Schritt für Schritt weiter. Bis ein Hinweis die ganze Sachlage ändert.

Man weiß als Leser von Anfang an, was Sache ist, auch wenn man die Lage in der Gesamtheit sicher nicht einschätzen kann. Während Carl noch in aller Gemütlichkeit vor sich hinarbeitet, weiß man aber, dass Eile geboten ist. Es geht um einen Serienkiller, der Kinder entführt, um Lösegeld zu erpressen, der skrupellos tötet, um die Familien zum Schweigen zu bringen. Die ganzen Jahre über, die keiner sich der Flaschenpost angenommen hat.

Es ist ein sehr tragischer Fall, den Carl Mørck hier mit seinem Assistenten Assad nachgehen muss. Das kratzt ordentlich an den Nerven. Aber nicht so extrem schockierend wie in „Erlösung“, dem 2. Fall für Carl Mørck.
Etwas ruhigere Szenen, manchmal sind diese sogar witzig, sorgen dafür, dass man auch zwischendurch einmal aufatmen kann.

Die Handlung ist eingebettet in die übliche Polizeiarbeit. Man hört also auch noch von anderen, ebenfalls sehr spannenden Fällen.
Die Charaktere im Buch bleiben weiter rätselhaft. Assad offenbart interessante Fähigkeiten, die ihn noch undurchschaubarer machen. Rose, die durch ihre Schwester ersetzt wird, spielt eine äußerst merkwürdige Rolle und kommt damit auch noch durch. Und Carl scheint irgendwie auch noch ein paar Leichen im Keller zu haben.

Trotz aller scheinbaren Unvollkommenheit, oder gerade deshalb, kommt dieses Team von Sonderdezernat Q einem kaltblütigen und raffinierten Täter auf die Spur. Aber es wird ein Spiel auf Leben oder Tod.

Rezension von Heike Rau

Jussi Adler-Olsen
Erlösung
Der dritte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q
Thriller
Aus dem Dänischen von Hannes Thiess
592 Seiten, Klappenbroschur
Dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423248521
ISBN-13: 978-3423248525
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Markus Bötefür: Morde an Fronleichnam

Markus Bötefür: Morde an Fronleichnam

In Oberhausen wird die Leiche eines Verlegers aufgefunden. Sie befindet sich in ungewöhnlicher Position. Sein Verlag publiziert neonazistische und rechtsradikale Schriften. Betraut mit den Ermittlungen zu diesem Fall wird Thi Fischer, deutsche Kommissarin mit vietnamesischer Abstammung. Mit dem Tod des Verlegers ist seine Assistentin spurlos verschwunden. Es ist gerade die Sterkrader Kirmes, auf der sich die Kommissarin von ihrer überaus starken Erkältung und der Trennung von ihrem Freund ablenken möchte. Da gerät sie in eine Schlägerei zwischen jungen Neonazis und Türken. Während der Ermittlungen sowohl im Mordfall als auch in Sachen Schlägerei geht ein Notruf ein. Auf der Kirmes wäre an einem Fahrgeschäft die Gondel abgerissen und es gäbe drei Tote, allesamt Obdachlose, die in dieser Gondel saßen.

Das sind der Toten zunächst einmal genug. Die Polizei hat hinreichend zu tun. Der Autor beschreibt im insgesamt dritten Fall seiner Oberhausener Ermittlerin das Milieu der Schausteller mit Witz und Detailtreue. Die darüber hinaus auch das Neonazi-Milieu streifende Handlung gibt dem Leser jede Menge Rätsel auf. Nicht zuletzt auch deshalb, weil erste Ermittlungen zu dem Schluss führen, dass der von Neonazis verprügelte Türke schwul wäre, und sein Freund der prominenteste Autor des Verlages ist. Hiermit werden so viele Löcher aufgerissen, dass es schier hoffnungslos wirkt, sie wieder stopfen zu wollen. Doch das sei schon mal vorweg genommen: natürlich schafft es der Autor, den Knoten für die Leser zu entwirren.

Plötzlich werden die Leichen der Obdachlosen geraubt, nach ihrem Auffinden aber stellt die Kripo eine Leichenschändung fest. Die Frage, ob dies etwas mit dem toten Verleger oder der Schlägerei zu tun hat steht immer noch im Raum. Doch die Kommissarin braucht sich keine Sorgen machen. Eigentlich hat sie immer sofort einen Täter: ihren alten „Freund“ Dieter Brom, ein liebenswerter Spinner, dem nichts lieber ist, als von der Polizei für jedes Verbrechen in der Stadt als Schuldiger festgenommen zu werden. Und bei ihren Treffen mit ihm, die mal in der Kneipe, mal auf der Kriminalwache stattfinden, hat Thi Fischer selten Skrupel, ihn wie einen solchen zu behandeln. Hilfreich ist ihr diese Bekanntschaft mit dem Spinner oft genug, seine Recherchen, um sich als Schuldiger zu präsentieren liefern zumindest handfeste Indizien.

In ein besonderes Licht setzt sich der neonazistische Sachbuchautor, als er beim Begräbnis seines Verlegers einen vollgeladenen Revolver auf den Sarg in der Grube leer schießt, sich bei der anschließenden Vernehmung jedoch stur stellt und behauptet, nichts mit dessen Tod zu tun zu haben. Dass er auf freien Fuß gesetzt werden muss, weil sich heraus stellt, in die Neonaziszene als V-Mann des Verfassungsschutzes eingeschleust worden zu sein, ist ein herber Rückschlag für die Kriminalistin.

Der Autor verstrickt den Leser in immer weiteren und konfuser werdenden Handlungen. Ähnlich einem Labyrinth macht das Lesen dennoch oder gerade deshalb Spaß. Schließlich wird er mitgenommen vom Autor und nicht mit offenen Enden stehen gelassen. Obwohl schon nach kurzer Lesezeit klar ist, dass man hier mit ständigen Wechseln rechnen muss, wird der Handlungsstrang nicht unüberschaubar. Wiedererkennbare Eckpunkte sind zu jeder Zeit erreichbar, ob es sich um den dienstlichen Partner der Kommissarin, dem psychologischen Berater, dem liebenswerten Spinner oder der heilpraktizierenden Freundin handelt. Ein solcher Eckpunkt ist aber leider auch eine Eigenschaft der Kommissarin, die meines Erachtens zu weit hergeholt scheint: sie trinkt. Es vergeht kein einziger Tag, an welchem sie keinen Alkohol zu sich nimmt. Dieser Charakterzug der ungewöhnlichen und durchaus interessanten Romanfigur passt nicht unbedingt ins Bild und wirkt an manchen Stellen deplatziert, nimmt der Handlung jedoch nichts von ihrer Spannung. Ebenso unpassend ist die Wahl der Nachnamen. Zugegeben, es gibt sehr außergewöhnliche Namen, aber alle zusammen in einem einzigen Buch scheint einfach zu viel des Guten und wirkt eher gekünstelt.

Trotz der kleinen Kritikpunkte ein überaus kurzweiliges und empfehlenswertes Buch. Es ist vom Umfang her nicht zu stark und passt in nahezu jede Tasche, bereitet immer Spaß und Spannung für Zwischendurch.

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Markus Bötefür
Fronleichnam
211 Seiten, broschiert
KBV Verlag
ISBN: 978-3-940077-53-0

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© Detlef Knut, Düsseldorf 2009