Gabriele Rittig und Gabriel Cortina: Die Geschwister Flederzisch und der Nachtkristall

Gabriele Rittig und Gabriel Cortina: Die Geschwister Flederzisch und der Nachtkristall

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Familie Flederzisch lebt im Schattenreich. Schon seit Generationen ist sie für die Verteilung der Post zuständig, vom Vampir bis zum Werwolf. Das Erstaunen ist groß, als Fürst Drullala alle Familienmitglieder in seine Gruft bestellt, denn das hat es noch nie gegeben. Was der Herr des Schattenreiches wohl will? Möglicherweise hat er zu seinem fünfhundertsten Bisstagsfest viele Einladungen zu verschicken, denken sich die Geschwister Oskar, Poldi und Hanni. Aber darum geht es nicht, sondern um einen gefährlichen Botenflug. Es wird befürchtet, dass der Brief von dunklen Mächten abgefangen werden könnte.

Ausgerechnet Oskar soll den Brief überbringen. Dabei ist Poldi doch viel stärker, während Hanni schneller ist. Aber Graf Drullala braucht den schlausten Boten. Oskar und Hanni sollen ihren Bruder aber begleiten. Das hört sich nach einem gefährlichen Abenteuer an, zumal nach überbrachter Botschaft ein Paket zurückgebracht werden muss, dessen Inhalt wichtig ist für das Fortbestehen des Schattenreiches. Es muss noch vor der Bisstagsfeier eintreffen. Vater und Mutter Flederzisch sind ein bisschen beunruhigt. Aber die Kinder nehmen die Herausforderung an. Und so machen sie sich auf zur Wetterhexe Gundula Grausam, die in den Nebelsümpfen wohnt.

Was für eine spannende und etwas unheimliche Geschichte! Ich bin begeistert vom fantasievollen Schreibstil der Autorin. Ja, das Buch macht nicht nur Kindern Spaß, sondern auch der vorlesenden Person. Für Erstleser ist es perfekt, denn der Text lässt sich gut lesen und es gibt viele Bilder, die filmreif sind, und oftmals eine ganze Buchseite ausfüllen.

Das Schattenreich mit seinem Gruselschloss Krummturm ist perfekt als Kulisse. Dass man die Sonne hier kaum sieht, verstärkt die unheimliche Atmosphäre. Damit sich niemand zu sehr gruseln muss und das Gänsehautgefühl auch mal kurz vergeht, gibt es viele lustige Szenen. Und natürlich werden bei der Wortwahl, den Vorstellungen entsprechend, einige gängige Klischees bedient.

Die Figuren sind ebenfalls perfekt ausgesucht. Wir begegnen nicht nur Graf Drullala, der der Bruder von Graf Dracula ist, und Wetterhexe Gundula, sondern beispielsweise auch Ritter Kunibert Kopflos. Die Fledermauskinder Oskar, Poldi und Hanni sind ein tolles Team, aber ob sie diesem Auftrag gewachsen sind, muss sich erst noch zeigen. Und so geht es in diesem Kinderbuch auch um Mut, Geschick, Vertrauen und Zusammenhalt.

Rezension von Heike Rau

Gabriele Rittig und Gabriel Cortina
Die Geschwister Flederzisch und der Nachtkristall
64 Seiten, ab 7 Jahren
‎G&G Verlag, September 2025
ISBN-10: 3707426890
ISBN-13: 978-3707426892
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Klaus Brinkbäumer: Zeit der Abschiede

Klaus Brinkbäumer: Zeit der Abschiede

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Klaus Brinkbäumer begibt sich in seinem vorliegenden Buch auf eine Reise in die eigene Vergangenheit.
Es wird eine Zeit der Reflexionen, des Nachdenkens und der Assoziationen über all‘ das Vergangene werden. Er schont sich nicht und gibt Gefühle aus seinem innersten Seelenleben preis.

Nach New York ist er gezogen, um den ihn sehr erschütternden Abschied, den Tod von seiner Mutter zu bewältigen. So sind die Jahreszahlen auch mit der Anzahl der Jahre des Abschieds beziffert. Seine Frau Samiha und der kleine Sohn Alexej sind bei ihm. Letzterer wurde in New York geboren. In New York hat er schon einmal Zeit verbracht. Es gibt Erinnerungen und gute Freunde.

Ihn quält die Trauer über den Verlust der Mutter sehr. Sie starb, ohne dass er bei ihr sein konnte.
Das verwindet er kaum. Da ersteht die Kindheit und die offensichtlich geliebte Mutter im Verhältnis zum recht stoischen Vater. Urlaube und Kindheitsfreuden, Erinnerungen an den eigenen Lebensweg und immer wieder Trennungen und Veränderungen.

Wie geht es uns als Kinder? Welche Träume und Visionen haben wir, und wie neugierig sind wir, was uns beim Aufbruch in das selbstständige Leben erwartet? Im Laufe des Wachsens verändern sich die Erwartungen und erste Frustrationen werden wahrgenommen. K. Brinkbäumer sinniert über Abschiede und Verluste, die ja zum Leben gehören. Alle Erkundungen führen auf den Weg zurück in Kindheit, Jugend und die herrliche Zeit, als die Zukunft noch unbekannt war.

Brinkbäumer stammte aus einem kleinen Ort in der Nähe von Münster. Die Eltern blieben dort haften, boten offensichtlich eine behütende Kindheit und ließen ihre Kinder in die Welt ziehen. Vergessen hat der Autor sie dort nicht! Die Düfte und Feste des Jahres werden lebendig. Hat er Proust gelesen? Sicher doch, denn er zitiert aus manch‘ anderem Werk, dass sich mit Erinnerungen, Verlusten und Trauer befasst.

Mit wachem Gemüt und leicht melancholischem Blick schaut K. Brinkbäumer auf die langen Jahre, in denen er berufliche Erfolge hatte, in denen er Freundschaften schloss, und auch auf Verluste, die zuweilen recht unerwartet kamen.

Immer wieder tröstlich ist für ihn das Zusammensein mit seinem kleinen Sohn.

K. Brinkbäumer kann sich gut in die Gefühle anderer hineinversetzen, vor allem natürlich in jene von ihm nahestehenden Menschen. In diesem Buch aber kreisen die Gedanken vor allem um vergangenes Erleben, und wie man alles verarbeitet, wo man Trost findet und immer wieder auch, wie man sich abfindet.

Dass K. Brinkbäumer in illustren Kreisen verkehrte, ist ein Nebeneffekt dieser Aufzeichnungen. Immerhin gehörte Paul Auster mit seiner Frau Siri Hustvedt zu den intellektuellen Stars in der New Yorker Literaturszene. Auch ihnen war er begegnet.

Was bleibt von dieser Lektüre?
Dass wir alle uns nicht dem Tod und der Vergänglichkeit entziehen können.

Im Anhang kann man jene Werke aufgeführt finden, aus denen Brinkbäumer zitiert. Es sind viele! So manches dieser zitierten Bücher könnte auch für den Leser von Interesse sein. Denn jeder findet andere Worte im Umgang mit Verlusten und Trauer.

Melancholie schwebt über den Aufzeichnungen und bleibt als Letztes haften; und seine Dankbarkeit den Eltern gegenüber!

Klaus Brinkbäumer lebt mit seiner Frau und dem Sohn in Leipzig. Er ist weiterhin in verschiedenen Medien aktiv.

Klaus Brinkbäumer
Zeit der Abschiede
208 Seiten
C.H.Beck, September 2025
ISBN-10: 3406830005
ISBN-13: ‏378-3406830006
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Harriet Rix: Geniale Bäume – Wie sie seit Jahrtausenden das Leben auf der Erde bestimmen

Harriet Rix: Geniale Bäume – Wie sie seit Jahrtausenden das Leben auf der Erde bestimmen

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Wir wissen, dass Bäume wichtig für uns sind, ja unverzichtbar. Ein Waldspaziergang wird mit Lebensfreude und Wohlbefinden verbunden, jedoch fällt auf, dass viele Bäume krank sind. Dabei bieten sie Tieren Lebensraum und auch anderen Pflanzen. Sie wirken dem Klimawandel entgegen, filtern Staub und stabilisieren mit ihren Wurzeln den Boden. Und sie liefern neben Holz weitere wertvolle Rohstoffe. All das und mehr macht sie unersetzlich.

Doch wie genau gestalten sie die Umwelt? Was können sie bewirken? Darum geht es im Buch. Die Biochemikerin Harriet Rix blickt in der erdgeschichtlichen Zeit zurück. Die geologische Zeitskala hinten im Buch ist praktisch der rote Faden.

Ich bin überrascht, wie leicht sich dieses Buch lesen lässt, obwohl es mit wissenschaftlichen Erkenntnissen vollgepackt ist. Es ist alles sehr gut erklärt und über schwierige Sachverhalte lässt sich entspannt hinweglesen. Harriet Rix schlägt einen erzählenden und unterhaltsamen Ton an. Sie nimmt uns auf spannende Exkursionen in verschiedenste Regionen auf der ganzen Welt mit, um zu zeigen, was Bäumen möglich ist. So ist auch der Bildteil in der Mitte des Buches sehr aufschlussreich. Bis heute lässt sich jedoch nicht alles erklären, doch gibt es Vermutungen. Ich finde es spannend, an den Beobachtungen und Überlegungen der Autorin teilhaben zu können.

Bäume gestalten unsere Umwelt und nehmen mehr Einfluss, als wir vielleicht denken. Sie haben Tricks entwickelt und wenden diese an. Dazu gibt es überraschende Fakten im Buch. Es ist interessant zu lesen, wie sie Lebensräume schaffen, sich anpassen und Tiere dazu bringen, ihre Samen zu verbreiten. Sie sind sozusagen sehr erfinderisch darin, sich zu verbreiten.

Obwohl sie scheinbar so angepasst sind, müssen wir uns jedoch Sorgen machen. Denn die Gesundheit der Bäume ist durch den Klimawandel bedroht. Und so ist im Buch beispielsweise auch zu lesen, was passieren kann, wenn Wälder großflächig gerodet werden, die Artenvielfalt leidet oder wenn mit ungeeigneten Baumarten aufgeforstet wird. Es sind also auch viele Erkenntnisse eingeflossen, die jetzt wichtig sind und zum Nachdenken anregen sollen.

Rezension von Heike Rau

Harriet Rix
Geniale Bäume – Wie sie seit Jahrtausenden das Leben auf der Erde bestimmen
Aus dem Englischen von Elisabeth Liebl
368 Seiten, gebunden
dtv Verlagsgesellschaft, August 2025
ISBN-10: 3423285001
ISBN-13: 978-3423285001
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Barbara Trapido: Fliegender Wechsel

Barbara Trapido: Fliegender Wechsel

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In dem 1982 zum ersten Mal erschienenen Roman von Barbara Trapido geht es hoch her.

Katherine ist die Hauptprotagonistin in einem an Erfahrungen und Wachsen reichen Lebens. Sie ist die Tochter einer armen Vorstadtwitwe in England. Die prüde Mutter muss alleine mit der intelligenten und recht rebellischen Tochter fertig werden.

Katherine zieht es zur Universität. Frech und unbeschwert bemüht sie sich um einen Platz an der philosophischen Fakultät in Oxford.
Wie es der Zufall will, lernt sie den künstlerischen und gutmütigen Philosophieprofessor Jacob Goldmann kennen und findet Eingang in dessen achtköpfige Familie. Jane, Jacobs Frau, bekommt das sechste Kind, während die ältesten gerade ihr eigenes Leben beginnen.

Diese jüdische Mittelschichtfamilie ist offen und bar aller Tabus im verbalen Umgang miteinander. Es sprüht nur so vor sexuellen Anspielungen, gegenseitigen Neckereien und Spötteleien. Jacob ist hingerissen von seiner Frau und liebt seine Kinder je auf seine Weise. Sie beleben das offene Haus, und Jane und Jacob verbreiten eine herzliche und einladende Atmosphäre.

Man ist gebildet aber nicht im herkömmlichen Sinne kultiviert. Das liberale Klima im Haus wird von der Autorin hinreißend geschildert.
Die ältesten Söhne Roger und Jonathan sind begeistert von der hübschen und anziehenden Katherine. Sie wird Rogers große Liebe, die sie zuweilen zu Unterwürfigkeit verleitet. Die Autorin gibt der prickelnden Beziehung die richtigen Worte.

Roger ist intelligent, brilliant und gelegentlich sadistisch zu der noch schüchternen Katherine. Im Roman verfolgt man die Entwicklung der Kinder aus dieser amüsanten und von englischem Humor strotzenden Familie. Ob die Autorin Anleihen an ihre eigene Kindheit genommen hat?
Katherine muss Enttäuschungen verkraften und fasst nach Jahren den Entschluss, nach Rom zu gehen, wo sie zehn Jahre als Deutschlehrerin ihr Brot verdient.
Immer wieder tauchen exzentrische Figuren auf, die das Geschehen mitbestimmen.
Als Katherine nach England zurückkehrt, ist Jacob gealtert und die ganze Kinderschar erwachsen geworden.

Wie es mit Roger, Jonathan und Katherine weitergegangen ist, soll hier nicht verraten werden. Es bleibt spannend und neugierig folgt man diesem Entwicklungsroman der besonderen Art.

Die Autorin hat mit Fantasie und Gespür für das Besondere im menschlichen Charakter eine Familiengeschichte ersonnen, die faszinierend ist. Vielseitig, leicht ironisch, immer amüsant und mit seltener Feinfühligkeit kann sie ihre Charaktere entwickeln. Keine Figur gleicht der anderen, doch alle leben in einem einzigartigen und letztlich auch harmonischen Miteinander. Man wäre gerne dabei!

Barbara Trapido ist in Südafrika geboren und später nach England gezogen. Sie lebt heute in Oxford.

Barbara Trapido
Fliegender Wechsel
Dörlemann, Juli 2025
320 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3038201731
ISBN-13: 978-3038201731
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Katalina Brause: Abenteuer in Müffel-Büffel – Hier stinkt’s gewaltig

Katalina Brause: Abenteuer in Müffel-Büffel – Hier stinkt’s gewaltig

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Chili und Chayenne sind beste Freundinnen. Da wo sie leben, in dem kleinen Ort Müffel-Büffel, gibt es nur Cowboys. Und so wären die beiden gerne Cowgirls. Pferde haben sie bereits: Schnaubelt und Hufi. Außerdem können die Mädchen richtig gut mit ihren Wasserpistolen umgehen. Wobei sie mit denen wahrscheinlich nichts gegen den frechen Dieb, der Müffel-Büffel unsicher macht und Rinder klaut, ausrichten können.

Doch wissen wollen sie alles über die Sache und so sind sie auch da, als die Cowboys sich auf dem Platz vor dem Saloon versammeln, um zu hören, was Bürgermeister Old Amsterdam zu sagen hat. Da sie eigentlich in der Schule sein müssten, fallen sie natürlich auf. Doch gelingt es ihnen, sich aus der Affäre zu ziehen, sodass sie mitbekommen, dass der Bürgermeister zwei Leute sucht, die nachts auf die Rinder aufpassen, damit der Dieb nicht wieder zuschlagen kann.

Keiner der Cowboys hat dazu Lust. Und als sie hören, wer möglicherweise der Dieb sein könnte, sind sie vor lauter Angst ganz raus. So muss Old Amsterdam schließlich die Mädchen beauftragen, die sich auf das Abenteuer sehr freuen und sich entsprechend vorbereiten.

Ein spannendes und humorvolles Buch für Kinder ab 7 zum Vorlesen und Selberlesen!

Es ist ein schöner Einstieg, dass Chili und Chayenne zuerst einmal vorgestellt werden. Die beiden sind lustig, mutig und trauen sich einiges zu. Auch neugierig sind sie und gerne dabei, wenn in Müffel-Büffel was los ist. Sie wollen es sich nicht entgehen lassen, einmal Cowboys zu sein, und nutzen dafür die erste Gelegenheit. Das lässt sich gut nachvollziehen. Wobei sich eigentlich sofort die Frage stellt, ob sie nicht zu viel wagen. Das Abenteuer gestaltet sich dann auch anders als gedacht und so steigt die Spannung.

Schon lustig, in welche Situationen die beiden geraten und wie sie Probleme mit viel Einfallsreichtum und Fantasie lösen. Da ist auch ein bisschen Nervenkitzel dabei. Für Kinder ist das die ideale Mischung.

Die bunten Zeichnungen ergänzen die Geschichte perfekt. Sie sind wunderbar stimmig und fantasievoll. So ist es viel leichter, dem Text zu folgen und sich bestimmte Situationen vorzustellen. Sehr gut gefällt auch das kleine Bilderwörterbuch im Vor- und Nachsatz. Besonders für Leseanfänger ist das schön.

Rezension von Heike Rau

Katalina Brause
Abenteuer in Müffel-Büffel – Hier stinkt’s gewaltig
Mit Bildern von Ariane Camus
64 Seiten, gebunden
ab 7 Jahren
Beltz & Gelberg, August 2025
ISBN-10: 3407752873
ISBN-13: 978-3407752871
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Tilmann Lahme: Thomas Mann – Ein Leben

Tilmann Lahme: Thomas Mann – Ein Leben

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In dieser opulenten Biographie über Tomas Mann lernen wir ihn von einer
Seite kennen, die bisher öffentlich wenig diskutiert wurde.

Er gilt als DAS literarische Genie des 20. Jahrhunderts. Früh schon mit dem Literaturnobelpreis (1929) ausgezeichnet, zeugen seine Romane und Erzählungen von ausgesprochener Formulierkunst und beeindruckendem Ideenreichtum. Psychologisch ausgefeilt und tiefschürfend spielen in fast allen seinen Werken Familienbeziehungen und die Liebe eine zentrale Rolle. Politik und gesellschaftliche Strömungen bieten das Zeitcolorit.

Angefangen von der Schulzeit über den Weg nach München und sein Werben um Katia Pringsheim erzählt Tilmann Lahme über Manns Leben.
Dass T. Mann ein schlechter Schüler war und nie studiert hat, lassen den Leser umso mehr über sein meisterhaftes Lebenswerk staunen.

Was unterscheidet diese Biographie von all den anderen, die zuvor schon erschienen sind?
Lahme sucht in seinem Werk Parallelen zwischen T. Manns Schriften und den schwierigen und belastenden Aspekten seines Lebens.
Zum ersten Mal wird hier detailliert auf einen lebenslangen Kampf hingewiesen, mit dem T. Mann gegen seine homoerotischen Neigungen angegangen ist. In aller Ausführlichkeit geht Lahme auf die Männer ein, zu denen er sich hingezogen fühlte.

Der Autor muss sich sehr intensiv in die Tagebuchaufzeichnungen T. Manns eingelesen haben. Darin hat Mann seine Qualen beschrieben, mit denen er sich der unbezwingbaren fleischlichen Begierden zu seinen männlichen Liebesobjekten zu erwehren trachtete. Hier offenbart sich ein leidender Mensch, der nach außen ein bürgerliches Ideal lebt, das seiner inneren Zerrissenheit nicht entsprach. Strikte Tageseinteilung und konsequente Arbeitszeiten boten ihm Halt.

Sein einziger wirklicher Freund bleibt lebenslänglich Katia, seine Frau. Sie war ihm sein nächster und wichtigster Gesprächspartner und hat sich seinem Wohl verschrieben, ohne die eigenen seelischen Defizite zu beachten. Häufige psychosomatisch bedingte Aufenthalte in den damals gängigen Sanatorien sind die Folge. Aus den Besuchen bei ihr zieht T. Mann neuen Stoff für seine Romane (z.B. Zauberberg).

Katia hat wie gewünscht eine große Familie bekommen, ohne jedoch sexuelle Erfüllung zu erfahren. Ihr Mann war den Kindern nicht nah außer seinem Lieblingskind Elisabeth, der jüngsten Tochter. Zahlreiche Fotoaufnahmen zeigen Familien- und Freundesbilder.

Thomas Mann war ein ernster Mann. Man kann ihn sich schwer vorstellen als einen heiteren und unbeschwerten Gesprächspartner.

Mit dieser Biographie im Gedenken am Thomas Manns 150. Geburtstag rundet sich das Bild über den genialen Schriftsteller.

Tilmann Lahme ist Literaturhistoriker und hat bereits zahlreiche Biographien über die Familie Mann und einzelne Familienmitglieder geschrieben.

Tilmann Lahme
Thomas Mann – Ein Leben
dtv Verlagsgesellschaft, 4. Auflage Mai 2025
592 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3423284455
ISBN-13: 978-3423284455
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Julia R. Kelly: Das Geschenk des Meeres

Julia R. Kelly: Das Geschenk des Meeres

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Als Joseph das Kind, das er am Strand gefunden hat, in das schottische Fischerdorf Skerry trägt, trauen die Bewohner ihren Augen nicht. Besonders für Dorothy ist dieser Augenblick unwirklich, hat sie doch vor vielen Jahren ihr Kind an das Meer verloren. Und nun, im Winter 1900, wird dieser kleine Junge nach einem Sturm angeschwemmt, der ihrem Sohn so ähnlich sieht. Es ist, als würde sie ihn zurückbekommen.

Dorothy lebt allein in ihrem Haus am Meer, ist Lehrerin. Es mag passend erscheinen, dass sie vom Pfarrer gebeten wird, sich um das Kind zu kümmern, bis man herausgefunden hat, wohin es gehört. Natürlich erklärt sie sich bereit, obwohl sie eine Ahnung davon hat, was es in ihr auslösen wird. Was ist in der Nacht geschehen, in der Moses verschwand?

Auch Joseph wird schmerzlich wieder bewusst, dass die Gegenwart mit der Vergangenheit zu tun hat, und mit dem, was noch kommt. Dorothy und Joseph sind füreinander bestimmt, damals wie heute, das spürt man sofort. Doch das Leben geht hier eigene Wege, und so wird, was als Liebesgeschichte beginnen will, eine ganz andere. Dorothy ist geprägt von einer lieblosen Erziehung und den moralischen Vorstellungen ihrer Mutter. Es gelingt ihr nicht, sich als erwachsene Frau dem zu entziehen.

Aus der Stadt zu kommen und in einem Dorf einen Neuanfang zu wagen als alleinstehende Frau, ist nicht einfach. Die Blicke folgen ihr, der Tratsch, der Aberglaube. Längst interessiert sich eine andere für Joseph, doch er hat nur Augen für Dorothy. Man kann sich denken, dass das nicht gut gehen kann.

Die Autorin hat eine berührende Geschichte geschrieben. Ich möchte aber auch den wunderbaren Schreibstil herausstreichen. Denn ich glaube, dass diese emotionale Tiefe, die sie auszeichnet, nur in Zusammenhang mit dieser einfühlsamen Art zu schreiben möglich ist. Es entsteht eine ganz besondere Atmosphäre, die Emotionen nachfühlbar macht. Dorothy und Joseph: Die Geschichte lebt insbesondere von den inneren Monologen und Gedanken der beiden, von Missverständnissen und einer Sehnsucht, die schmerzhaft ist und nicht vergeht. Und sie hat zudem etwas Geheimnisvolles, nicht Greifbares, dass erst nach und nach im Laufe der Geschichte offenbart wird.

Rezension von Heike Rau

Julia R. Kelly
Das Geschenk des Meeres
Aus dem Englischen von Claudia Feldmann
352 Seiten, gebunden
Mareverlag, Juni 2025
ISBN-10: 3866487487
ISBN-13: 978-3866487482
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Henning Sussebach: Anna oder: Was von einem Leben bleibt

Henning Sussebach: Anna oder: Was von einem Leben bleibt

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Henning Sussebach widmet sich in seinem vorliegenden Buch dem Gedanken, was eigentlich von uns Menschen nach dem Tod bleibt.

Vorrausschickend beschreibt er, wie es herkömmlich ist: zuerst trauern nahestehende Menschen, vielleicht erstreckt ich das Interesse noch auf die nächste Generation; doch bald ist es vorbei. Dann mögen sich nur noch Menschen mit historischen oder besonderen familiären Interessen der Verstorbenen erinnern.

Am Beispiel seiner Urgroßmutter Anna zeigt er auf, wie deren Leben im letzten Drittel des 19.Jahrhunderts ausgesehen habe könnte. In eine arme kinderreiche Familie hineingeboren wird sie 1878 auf dem Weg nach Cobberode gesichtet. Sie war nach dem frühen Tod des Vaters mit vielen anderen Katholiken in die Niederlande geschickt worden, wo sie ihre Jugendjahre in einem Kloster verbrachte. Ihr Schicksal führt sie später in das Dorf
Cobbenrode in Westfalen. Dort wird sie als Lehrerin arbeiten.

Punktuell erzählt der Autor, wie man als Frau überhaupt zu der Zeit mit einem Beruf leben konnte. Erziehungsmethoden werden ebenso gestreift wie die Rolle der Frau in der Gesellschaft.

Anhand jeweiliger Jahreszahlen erzählt Sussebach, was wann wo geschah: Kriege, Gesetze, Entwicklung von Telefon und Autoindustrie, der Beginn der Frauenbewegung, Wahlrecht, gesellschaftlicher Wandel und die Vergabe eines Nobelpreises an Berta von Suttner 1905 spielen dabei eine Rolle. Über das Schicksal der Urgroßmutter entwickelt sich eine Sozialstudie über eine Zeit, in der bekanntermaßen Frauen wenig Rechte hatten und nur untergeordnet leben konnten.

Diese Urgroßmutter hatte allerdings ein besonderes Leben, das keinesfalls den damaligen Normen entsprach. Erst mit 37 Jahren heiratete sie 1903 ihren vier Jahre jüngeren Mann Clemens. 15 Jahre hatten sie heimlich aufeinander gewartet. Clemens‘ Vater wollte die unvermögende Frau nicht akzeptieren. Nach seinem Tod wurde die Heirat möglich.

Clemens starb bei einem Unglück nur 90 Tage nach der Hochzeit. Sechs Monate später bekam Anna einen Sohn, den sie Clemens nannte.
Als Alleinerbin wird sie Großunternehmerin. Sie schmeißt den Gasthof mit Bauernwirtschaft und zahlreichen Angestellten und Arbeitern. Zugleich leitet sie die Postagentur.

Sussebach sucht sich aus Zeitzeugnissen ein Bild zu machen, wie das praktische Leben der Urgroßmutter ausgesehen haben könnte. Er findet schriftliche Spuren in Form von Poesiealben, seltenen Kartengrüßen, Kirchenbucheintragungen etc. Wenige Fotos geben Aufschluss, dass Anna eine selbstbewusste Frau geworden sein muss.
So selbstbewusst, dass sie sechs Jahre nach der ersten Eheschließung noch einmal vor den Traualtar schreitet: niemand anderes als der neue Junglehrer, 19 Jahre jünger als sie, wird ihr zweiter Ehemann. Unerwartet wird sie mit 45 Jahren noch einmal Mutter. Eine Tochter Maria erblickt das Licht der Welt. Der Erste Weltkrieg beginnt, und weiter geht das Leben in den gewohnten Bahnen.

Annas Krankheit und Tod im Jahr 1932 wird ebenfalls genau recherchiert. Der medizinische Standard lag weit unter dem heutigen, so dass Anna sehr leiden musste.

Die Mischung aus sachlicher Information und dazu gedachten Beschreibungen des realen Lebens, geben diesem Buch einen besonderen Status: Zeitgeschichte ist hier vereint mit authentischer Biographie.

Ein sehr zu empfehlender ernsthafter Versuch, Vergangenheit zum Leben zu erwecken.

Henning Sussebach
Anna oder: was von einem Leben bleibt
C.H.Beck, 10. Juli 2025
205 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3406836267
ISBN-13: 978-3406836268
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Kerstin Holzer: Thomas Mann macht Ferien

Kerstin Holzer: Thomas Mann macht Ferien

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Unter der Vielzahl der Neuerscheinungen, Dokumentationen und Kommentare zu Thomas Mann und seiner Familie in diesem Jubiläumsjahr ragt Kerstin Holzer mit ihrem Buch „Thomas Mann macht Ferien“ in besonderer Weise hervor. Versteht sie doch, das Familienleben so bildhaft und authentisch zu gestalten, dass man fast meint, dabei zu sein.

Die Familie zieht im Sommer 1918 in den Sommerferien von München an den Tegernsee. Dass das ein größerer Umzug wird, sieht man gleich. Fünf Kinder, ein Hund und Hauspersonal müssen per Bahn und Schiff in die gemietete Villa transportiert werden. Die 14 jährige Erika wird samt Hauspersonal und Gepäck als Vorhut in die gemieteten Villa geschickt.

Als alle dann versammelt sind, hält die Routine der Ferien Einzug. Wie immer gibt der Pater Familias den Ton an. Spaziergänge, Mahlzeiten, Geselligkeit und Arbeit strukturieren den Tag. Man bekommt als Leser einen spürbaren Eindruck, wie das Leben dort abläuft.

Während Katia im letzten Kriegsjahr 1918 häufig auf der Suche nach Lebensmitteln ist, setzen die Kinder, insbesondere die ältesten Erika und Klaus, ihre eigenen Akzente. Regentage häufen sich. Die Kinder sind voller Aktivität und Kreativität und tragen zur Unterhaltung und zum Amüsement der Eltern bei. Draußen treiben sie ihre eigenen Spiele. Man lässt ihnen volle Freiheit und setzt keine strengen Grenzen. Hier kommt das Künstlerpaar zur Geltung, das ihre Kinder in ihrer Entfaltung nicht einschränken will.

Thomas Mann liebt lange Spaziergänge mit seinem Hund, was die Autorin zu hinreißenden Landschaftsbeschreibungen bewegt. Der Tegernsee übt allgemein einen besonderen Reiz auf Feriengäste aus. Der eine oder andere Freund aus München erscheint zu Besuch. Geselligkeit und Ruhe wechseln sich ab.

Das Verhältnis der Eheleute ist liebe- und respektvoll. Man achtet einander und führt gerne einvernehmliche und anspruchsvolle Gespräche. Ohne auf die Schwierigkeiten dieser Ehe einzugehen, bietet uns die Autorin einen lebhaften Eindruck der Familie zwischen Bürgerlichkeit und Boheme. Sie sind wahrlich nicht unter einer Rubrik einzuordnen.

Die Erzählung strahlt eine große Friedlichkeit, ja fast Heiterkeit, aus, und man ist geneigt, einer heilen Welt zu begegnen. Dass dem nicht so ist, kann man in vielen Dokumentationen und literarischen Biographien über einzelne der Familienmitglieder nachlesen. Hier finden wir einen Ausschnitt unter vielen aus dem Leben der Familie Mann.

Kerstin Holzers Geschichte ist einfach nur zu genießen! Detaillierter und tiefschürfender sind die Ausführungen von Tilmann Lahme mit seiner auch jetzt erschienenen Biographie „Thomas Mann“ ein Leben.

Kerstin Holzer
Thomas Mann macht Ferien
208 Seiten
Kiepenheuer & Witsch, April 2025, 4. Auflage
ISBN-10: 3462006711
ISBN-13: 978-3462006711
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Steffen Barth: Die REHA-Revolution – Schmerzen verstehen und sich selbst davon befreien

Steffen Barth: Die REHA-Revolution – Schmerzen verstehen und sich selbst davon befreien

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Bei Schmerzen wird oft eine Tablette eingeworfen. Doch wenn die Beschwerden länger anhalten, geht es in die hausärztliche Praxis, um nach den Ursachen zu schauen. Sollte ein Besuch beim Facharzt nötig werden oder in der Physiotherapie, kann es unter Umständen etwas dauern bis zum Termin. Hier setzt das Buch an. Es wird erklärt, was Schmerzen verursacht und wie man sich selbst helfen kann.

Es geht in diesem Ratgeber um Schmerzen, die akut sind oder chronisch geworden und um Beschwerden, die nach Verletzungen oder Operationen auftreten können. Und hier lohnt es sich, diese nicht einfach hinzunehmen, sondern nachzuforschen, wo sie herkommen. Manchmal ist es offensichtlich, aber oftmals eben nicht. Sind Fehlbelastungen die Ursache, Verspannungen oder ein Mangel an Bewegung? Hier setzt das ganzheitliche SB-01-Konzept für zu Hause an, bei dem es um die Förderung der Gesundheit geht, die ja nachhaltig über unser Wohlbefinden bestimmt. Es werden Verhaltensregeln vermittelt, die bei akuten und chronischen Beschwerden zu beachten sind, damit sich die Situation nicht verschlimmert, was ich sehr wichtig finde. Und es werden direkt Übungen vorgestellt, die sich bewährt haben. Außerdem werden bestimmte TCM-Punkte aktiviert, die Blockaden lösen und den Energiefluss harmonisieren. Das ist eine interessante Kombination.

So, jetzt muss geschaut werden. Ich habe das ganze Buch von vorn bis hinten gelesen, aber es ist natürlich auch möglich, direkt das Kapitel mit den Beschwerden aufzuschlagen, von denen man geplagt wird. Andererseits kann man selbst nicht unbedingt überblicken, wo der Schmerz seine Ursache hat. Tut die Hand weh, kann das beispielsweise auch an Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich liegen. Diese Zusammenhänge werden verständlich vermittelt und der Sinn der ganzheitlichen Bewegungstherapie wird deutlich. Es fällt schnell auf, dass viele Übungen immer wieder abgedruckt sind, obwohl es um verschiedene Beschwerden geht. Auf ein voriges Kapitel wird nicht verwiesen, sodass man sich das Blättern sparen kann. Das Buch hat dadurch ein paar Seiten mehr, ist aber übersichtlicher.

Der Autor turnt selbst vor, was ich sehr sympathisch finde. So stelle ich mir einen guten Physiotherapeuten vor! Wer mag, kann bei YouTube vorbeischauen, die entsprechenden QR-Codes finden sich am Ende des Buches. Es werden Übungen gezeigt, die dehnen, die Durchblutung fördern und die Koordination verbessern sollen. Auch kräftigende Zeitlupen-Übungen sind darunter, die leicht aussehen, es aber in sich haben, wie ich festgestellt habe. Es wird aber ausschließlich im beschwerdefreien Bereich trainiert. Kombiniert wird das Training mit dem Ziehen der Meridiane bzw. der Aktivierung bestimmter TCM-Punkte. Diese Reiztherapie im SB-01-Konzept soll Beschwerden ebenfalls entgegenwirken.

Das Buch ist perfekt aufgebaut. Mir gefällt der motivierende Schreibstil und dass man, nachdem man sich das nötige Wissen angeeignet hat, sofort beginnen kann, etwas gegen seine Beschwerden zu tun.

Rezension von Heike Rau

Steffen Barth
Die REHA-Revolution – Schmerzen verstehen und sich selbst davon befreien
320 Seiten, Klappenbroschur
Knaur MensSana, Juni 2025
ISBN-10: 3426562545
ISBN-13: 978-3426562543
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