Der Lügner von Umbrien

Der Lügner von Umbrien

1348. Obwohl in Florenz die Beulenpest wütet, zieht Giuseppe Pagamino mit seinem Wäglein in die Stadt, um heimlich zu plündern. Ganz unbeobachtet bleibt er jedoch nicht. In einem der Häuser ist noch jemand am Leben. Ein Junge, genannt Aturo. Dieser schließt sich Giuseppe an, der weiter zur Kathedrale nach Lucca will. Giuseppe erzählt Aturo von seinem geheimen Vorhaben. Denn dort in Lucca soll sich ein Traum erfüllen. Nur eine Zutat fehlt ihm noch zu einem Elixier, das ewiges Leben schenkt: ein Stück von Luzifers Fingernagel. Es geht die Kunde, dass der Bischof von Lucca, der heilige Vater Agostino, in einem Kerker eine Mutter und ihren Sohn gefangen hält. Der Junge stammt nicht von ihrem Ehemann, er ist vielmehr Luzifers Sohn, heißt es.

Giuseppe offenbart sich dem Henker del Sarto. Ein schwerer Fehler, denn noch ehe Giuseppe sich versieht, sitzt er ebenfalls im Kerker. Nach vier Tagen wird der Junge geholt und Giuseppe ist fortan allein. Später bei einem Verhör bereut er sein gotteslästerliches Verhalten. Doch wieder findet er nicht die rechten Worte, tappt in die Falle und beweist, dass er ein Ketzer ist. Auf Gnade braucht er nicht mehr zu hoffen. Und doch ist ihm das Schicksal gewogen. Giuseppe wird auf unerklärliche Weise zur Flucht verholfen. Als er später erfährt, dass der Sohn Satans möglicherweise doch noch lebt, erwacht sein Eifer wieder, das Lebenselixier doch noch herstellen zu können. Aber del Sarto ist ihm dicht auf den Fersen. Ein Entkommen scheint auf Dauer unmöglich.

Die spannende Geschichte wird vor allem von der Hauptfigur Giuseppe Pagamino getragen, einem gierigen Leichenfledderer, der so unglaublich geistreich lügt und hochtrabende Geschichten über seine Herkunft erfindet. Ständig bedauert er sich, zerfließt fast vor Selbstmitleid, simuliert Erschöpfungszustände und Wehwehchen der Bequemlichkeit zuliebe. Er lügt und nörgelt sich durchs Leben, biegt die Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit zurecht und folgt seiner eigenen Logik. Immer wieder gerät er in Rage, redet sich um Kopf und Kragen. Giuseppe steht, im wahrsten Sinne des Wortes, stets mit einem Bein im Grab. Die Dialoge sind einzigartig und einfach köstlich, egal ob mit dem von ihm unterschätzen Aturo oder seiner streitbaren inneren Stimme. Damit ist die Geschichte höchst unterhaltsam und sehr abwechslungsreich. Der Autor versteht es, den Leser mit seiner Fantasie immer wieder zu verblüffen. Auch am Ende. Denn erst hier erfährt der Leser, was tatsächlich aus Giuseppes Traum vom Lebenselixier geworden ist. Unbedingt Lesen!

Über den Autor:
Bjarne Reuter wurde 1950 in Dänemark geboren. Er ist bekannt geworden durch seine Kinderbücher und psychologischen Spannungsromane. Dabei erhielt der Autor so gut wie alle dänischen Literaturpreise und außerdem zahlreiche internationale Auszeichnungen. Viele seiner Bücher wurden zudem verfilmt.

Rezension von Heike Rau

Bjarne Reuter
Der Lügner von Umbrien
Aus dem Dänischen von Knut Krüger
507 Seiten, gebunden
Wilhelm Heyne Verlag, München
ISBN: 3-453-01206-2
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