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Kategorie: Belletristik

Stefanie Kremser: Der Tag, an dem ich fliegen lernte

Stefanie Kremser: Der Tag, an dem ich fliegen lernte

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Hin und her …

Nach der ungewöhnlichen Geburt von Luisa macht sich ihre Mutter Aza davon und überlässt das weitere Gedeihen ihrer Tochter anderen. Ferguson, ein Engländer, rettet dieser auf ungewöhnliche Weise das Leben. Er zieht mit ihr zu Luisas Vater Paul in eine Münchner WG. Das Aufwachsen unter diesen Bedingungen verläuft für Luisa lustig bis chaotisch. Sie bekommt ihre Mahlzeiten und ihre Fürsorge von allen gleichzeitig. Doch auch in der WG geschehen merkwürdige Dinge. Irene dreht durch, Max geht nach England, und Paul findet eine Spur zu Luisas Mutter. Zusammen mit Luisa macht er sich auf nach Brasilien, wo er Aza zu finden hofft.

Man kann sich das Leben der WG lebhaft vorstellen und harrt der Dinge, die da kommen mögen! Der leicht lakonische Ton, die Charakterisierung der einzelnen WG Bewohner und ihr Gemeinschaftsleben bieten mannigfachen Anlass, sich das gemütlich-ungemütliche Leben dort auszumalen.

Nachdem die WG sich aufgelöst hat, ist Paul mit Luisa auf dem Weg nach Brasilien, und damit fangen die großen Abenteuer erst an. Sie reisen zuvor in das Dorf Hinterdingen in Bayern. Dort erfahren sie die seltsame Geschichte der Aus- und Rückwanderung der Dorfbewohner vor hundert Jahren nach Brasilien und zurück. Weit verzweigte Verwandtschaftsbeziehungen tun sich auf, und Paul und Luisa sind beflügelt, Luisas Mutter in Brasilien zu suchen und zu finden.

Fazit der Geschichte: Luisa entdeckt die Freiheit ihres Lebens, die sie in keine verwandtschaftlichen Zwänge, Vererbungstheorien oder dergleichen einbindet. Sie ist ein glückliches Kind, das zahlreiche Bindungen und Verbindungen pflegt und sich zuletzt aufmacht, ihr eigenes Leben nach selbst bestimmten Regeln zu leben. Die abenteuerliche Reise nach Brasilien bescherte Ferguson, der sich ihnen angeschlossen hatte, Paul und Luisa eine Vielzahl von beeindruckenden Abenteuern und Erlebnissen.

Stefanie Kremser ist eine muntere Erzählerin, deren skurriler Humor so manches Mal zum Schmunzeln einlädt.
Sie hat einen leichten, beschwingten und fantasiereichen Roman geschrieben, in dem es sich schön schmökern lässt. Keine Erdenschwere mit belastenden Erinnerungen zeichnet den Weg der Icherzählerin. Hier findet sich die Leichtigkeit des Seins mit glücklichen Fügungen und bereitet dem Leser einfach nur Vergnügen.

Stefanie Kremser
Der Tag, an dem ich fliegen lernte
304 Seiten, gebunden
Verlag: Kiepenheuer & Witsch, August 2014
ISBN-10: 3462047051
ISBN-13: 978-3462047059
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Jonathan Crown: Sirius

Jonathan Crown: Sirius

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Heimweh, Abenteuer und Neubeginn.

Das macht so schnell niemand diesem Autor nach: eine Geschichte zu erzählen mit dem ernsten Hintergrund der Vertreibung der Juden aus Nazideutschland gekoppelt an die komische Geschichte eines Foxterriers mit Namen Sirius!

Zuerst heißt dieser Hund noch Levi, und er gehört dem Professor Liliencron, einem jüdischen Wissenschaftler. Letzteren interessiert die große Politik nicht gar so sehr. Jeden Morgen zieht er seine Runden mit dem Hund durch die Berliner Straßen und ist froh.

Spätestens 1938, als in Berlin die Läden und Synagogen geschändet werden, ändert sich das. Polternde SS Schergen erobern jede Wohnung und verscheuchen die jüdischen Bewohner. In Haus der Liliencrons halten sie ein: der Hund kann seine Pfote zum Hitlergruß erheben! Das ist komisch und tragisch zugleich. Man hat damit die „Hitlerei“ im Hause der Liliencrons zu passender Gelegenheit veralbert!

Levi wird nach dem Sternbild des Sirius in „Sirius“ umbenannt und die ganze Familie mit Hund sucht einen Weg, aus dem Land zu kommen. Dabei zeigt sich, dass die Familie weitreichende Kontakte hat, die ihnen die Flucht nach Kalifornien ermöglichen. In Kalifornien geraten Carl und Rahel durch ihren Retter Peter Lorre, einer früheren Flamme von Rahel, in Schauspielerkreise und Sirius gleich mit ihnen.

Carl Liliencron bekommt einen Job als Chauffeur bei einem bekannten Filmschauspieler, und bald darauf wird Sirius als Akteur entdeckt. So ändern sich die Zeiten!

In einem rasanten Szenenwechsel rast die Erzählung durch die Weltgeschichte während des Zweiten Weltkriegs. Sirius denkt und handelt wie ein Mensch und kann daher auch die Geschichte beeinflussen! Ein Wunder!

Der Autor Jonathan Crown besteht darauf, dass er nur die Geschichte des Hundes Sirius protokolliert habe. Er sei gar nicht der Autor, sondern gäbe nur wieder, was ihm ein Nachfahre von Sirius erzählt habe.

Gekonnt aber fängt er die Atmosphäre im Hollywood der vierziger Jahre ein; die ausufernden Partys, Begegnung mit Schauspielern, die große Namen hatten und das ganze eitle Treiben der Filmschaffenden.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge liest man, wie schwer es die Menschen hatten, wenn sie aus allen bisherigen Bezügen, Profession und Heimat vertrieben wurden und zu einem kompletten Neubeginn gezwungen waren. Wer immer sich unter dem Namen Jonathan Crown verbergen mag: es ist ihm gelungen, den Ernst mit dem Scherz oder die Schwere und mit der Leichtigkeit des Seins zu verbinden.

Jonathan Crown
Sirius
288 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, August 2014
ISBN-10: 3462046780
ISBN-13: 978-346204678
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Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

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Werner und Marie-Laure sind zwei junge Menschen, die in unterschiedlichen Sphären und Gegenden aufwachsen. Der Hauptteil der Erzählung umfasst zehn Jahre ihres jungen Lebens und umschließt in großen Teilen den Zweiten Weltkrieg.

Einige Jahre vor diesem Krieg lebt Werner als Waisenjunge in einem Heim bei Essen in Deutschland. Er interessiert sich für Radiotechnik und kann früh schon ferne Nachrichten empfangen. Wie sich zeigen wird ist er mit dieser Neigung ein willkommenes Mitglied der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg.

Marie-Laure ist blind und wird von ihrem liebevollen Vater geprägt. Er verwaltet die Schlüssel zu verschiedenen Abteilungen eines naturkundlichen Museums in Paris. Anhand eines Miniaturbaus ihres Viertels in Paris lernt Laure tastend sich in den heimatlichen Strassen zurechtzufinden. Nach der Flucht vor den Nazis nach Saint-Malo in der Bretagne hört Marie-Laure von einem seltenen Schatz, einem besonderen Diamanten, der Glück und Unglück zu bringen vermag. Ihr Vater hält ihn versteckt.

Dann beginnt der Zweite Weltkrieg.

In wild wuchernden und mäandernden Bildern folgt man den Spuren der beiden Protagonisten.

Werners Weg führt ihn über eine Napola, einer Eliteschule für den Führer Adolf Hitler, zum Militär und bis nach Saint-Malo in Frankreich, wo er die kleine Marie-Laure kennen lernt. Man wartet auf eine längere Beziehung zwischen den beiden. Jedoch bleibt es bei einer kurzen aber inhaltsreichen Begegnung.

Der Zweite Weltkrieg mit allen seinen Schrecken bietet den äußeren Rahmen für eine Handlung, die geheimnisvoll und unerklärlich ist. Französisches Flair, deutsche Gründlichkeit und auch die kriegerischen Grausamkeiten setzen Marksteine, die man nicht vergisst.

Mut, Tapferkeit und das Geschick, sich irgendwie durchzuschlagen, spielen keine geringe Rolle in der Handlung.

Kunstvoll webt A. Doerr eine Geschichte, in der an zahlreichen Orten mit verwirrenden Begegnungen aufgewartet wird. Er findet den Ton und die rechte Spielart, das breit angelegte Drama abzuhandeln. Man bleibt der Erzählung mit ihren Figuren immer auf der Spur und hofft, dass sich das Leben unter den kriegerischen Bedingungen doch zum Guten wenden möge. Weit verzweigt spielt die Handlung in verschiedenen Zeitebenen und Gegenden. Frankreich bietet allerdings den örtlichen Schwerpunkt. Gebannt liest man, wie einzelne Figuren sich durch schwere Prüfungen bewähren müssen. Der Krieg markiert seine Spuren mit aller Grausamkeit.

Der Roman zeigt poetische und geheimnisvolle Seiten. Zuweilen haben die Geschichten etwas Träumerisches.

Ein gelungenes Epos ist dem amerikanischen Autor Anthony Doerr mit diesem Roman gelungen. Er ist für sein Werk vielfach ausgezeichnet worden.

Anthony Doerr
Alles Licht, das wir nicht sehen
519 Seiten, gebunden
C.H.Beck, Juli 2014
ISBN-10: 3406667511
ISBN-13: 978-3406667510
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Ulla-Lena Lundberg: Eis

Ulla-Lena Lundberg: Eis

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Mitte der 1940er Jahre kommt der Pfarrer Petter Kummel mit seiner Frau Mona und der kleinen Tochter Sanna auf die Örar-Inseln zwischen Finnland und Schweden. Das Ehepaar ist begeistert von der kargen Landschaft, ihrem neuen Zuhause auf der Kirchinsel und den Bewohnern, die ihnen durchweg freundlich gegenübertreten. Die Fischer und die Bauern auf ihren Höfen sind sofort fasziniert von dem junger charismatischen Pfarrer, der noch nichts weiß von den Konflikten zwischen den östlich und den westlich gelegenen Dörfern. Er begegnet allen Bewohnern unvoreingenommen und versucht so, die Gemeinschaft wieder zu stärken.

Petter und Mona wachsen in ihrem neuen Umfeld weiter zusammen. Dennoch wird ihre Ehe einer harten Prüfung unterzogen, denn der Pfarrer ist viel unterwegs und hat kaum Zeit für Gemeinsamkeiten. Die gesamte Haushaltsführung obliegt Mona. Jede Minute, die frei ist, genießt die kleine Familie deshalb doppelt. Ein weiteres Kind wird geboren. Traditionen und Kirchliches sorgen für Gemeinschaft zwischen den Höfen und bilden ein Rhythmus, nach dem gelebt wird. Die Pfarrersfamilie ist trotz der harten Arbeit glücklich. Aber mit dem Glück ist das so eine Sache. Man soll sich nie zu sicher fühlen. In der Abgeschiedenheit der wenig besiedelten Inseln mit ihren unwägbaren Wetterphänomenen, mit Stürmen, Eis und Schnee ist stets Vorsicht geboten. Doch lässt das der Pfarrer außer Acht.

Erzählt wird eine alltägliche Geschichte von Liebe, Glück und Leid. Das Leben der Familie Kummel wird beschrieben, mit allen Höhen und Tiefen, die der schwierige Alltag so mit sich bringt. Die Autorin stellt das auf eine sehr sensible Art und Weise dar, aber ohne zu beschönigen.
Es ist ein schwieriges entbehrungsreiches Leben und es ist ein Kampf ums Vorwärtskommen. Aber es ist auch voller glücklicher Momente, Hoffnungen und Pläne, die sich erfüllen, und deshalb hält die kleine Familie daran fest.
Als Leser wir man in die Lage versetzt, sich in das Geschehen hineinzuversetzen, mitzufühlen, ganz nah dran zu sein. Was ist wichtig im Leben? Was macht überhaupt ein Leben aus? Auch mit diesen Fragen setzt sich der Roman auseinander und auch damit wie zerbrechlich das Glück und wie verletzlich ein Mensch ist.

Rezension von Heike Rau

Ulla-Lena Lundberg
Eis
Übersetzt von Karl-Ludwig Wetzig
528 Seiten, gebunden
Mareverlag
ISBN-10: 386648206X
ISBN-13: 978-3866482067
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Elizabeth Strout: Bleib bei mir

Elizabeth Strout: Bleib bei mir

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Elizabeth Strout ist eine Meisterin von Sozialstudien über das Miteinander im Kleinstadtleben. In ihrem neuen Buch „Bleib bei mir“ beweist sie ihre Kunst grandios aufs Neue.

Pastor Tyler Caskey lebt mit seinen zwei kleinen Kindern in West Annett, einer kleinen Stadt in Maine hoch im Norden Amerikas. Seine Frau ist kürzlich verstorben.

Der Pastor kam zunächst gut an in seiner Gemeinde. Doch wo jeder jeden beobachtet, bleibt auch nicht die geringste Regung verborgen.

Als er mit seiner jungen Frau in die Stadt kam, war man des Lobes voll über ihn. Seine Frau wurde eher argwöhnisch beäugt. Sie war modebewusst und wirkte leicht überheblich. Sie blieb unter den Kleinbürgern der Stadt eine Außenseiterin.

Mißtrauisch beäugten die Gemeindemitglieder den Pastor nach dem Tod seiner Frau: den so bescheidenen wie liebenswerten Mann folgten nun die Blicke auf der Suche nach möglichem Fehlverhalten.

Wie geht er mit der kleinen, schwierigen Katherine um, wie begegnet er den Menschen, die Rat bei ihm suchen, und wie kommen seine Predigten an?

Er ist körperlich ein großer, starker Mann mit einer Neigung zur Melancholie.

Wie passte seine Frau überhaupt zu diesem zurückhaltenden und nachdenklichen Mann?

E. Strout bietet mit ihren gewohnt scharfen Blicken eine Studie, in der die menschlichen Unzulänglichkeiten der Gemeinde- und Familienmitglieder den gütigen Blicken des Pastors gegenüber stehen. Er ringt um seinen Glauben, in dem ihm Dietrich Bonhoeffer Stil und Richtung vorgibt.

Klatsch und Tratsch machen die Runde und bringen den ernsthaften Pastor um seine Reputation.

Ergreifend kann E. Strout die Entwicklung des Pastors zum Ausdruck bringen. Kein menschliches Gefühl ist ihm fremd. Er muss seinen Weg der Ehrlichkeit und seine Gläubigkeit in harten Prüfungen bestehen. Die Erzählung rührt an die Gefühle des Lesers. Sie vermittelt mit vielfarbigen Charakteren einen Eindruck von der menschlichen Niedertracht, der Reue, aber auch der Freundlichkeit und Güte bei der Suche nach dem rechten Weg. Die Bürger der Stadt haben alle mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten zu kämpfen. Dass das Leben als eine ständige Suche nach Wahrhaftigkeit auf dem Umweg über Irrwege verlaufen kann, wird glaubhaft dargestellt. Elizabeth Strout kann mit ihren Geschichten fesseln und überzeugen. Ihre Charaktere sind nur allzu menschlich, so dass man tief mit ihnen mitempfindet. Das Versöhnliche Element ist anrührend und gibt der Geschichte ihren besonderen Reiz.

E. Strout ist eine der großen amerikanischen Erzähltalente, was erneut aufs schönste mit diesem Roman bewiesen wird.

Elizabeth Strout
Bleib bei mir
336 Seiten, gebunden
Luchterhand Literaturverlag, Juli 2014
ISBN-10: 3630874452
ISBN-13: 978-3630874456
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Keine Angst, es ist nur Liebe. (Buchvorstellung)

Keine Angst, es ist nur Liebe. (Buchvorstellung)

Im Rahmen des FeuerWerke Verlags erscheinen ausgewählte Romane aus Leselupe-Kreisen als Taschenbuch und eBook. Den zweiten Roman möchten wir Ihnen hier vorstellen:

Anna hat Angst vor so ziemlich allem, besonders vor der Liebe. Dieser hat sie eigentlich bereits abgeschworen – sie hält nichts mehr von rosaroten Brillen, Bauchkribbeln oder schmachtenden Blicken. Bloß nicht! Doch plötzlich ist da Matts. Er vertraut auf sein Gefühl und bittet Anna, sieben erstaunliche Angstbewältigungsaufgaben zu lösen. Denn er vermutet, dass es nur die Angst ist, die ihr im Wege steht. Überraschenderweise ist Anna einverstanden und begibt sich mit kleinen Schritten, die von ganz alleine immer größer werden, auf die befreiende Suche nach sich selbst – und damit auch auf die Suche nach der Liebe ihres Lebens…

Begleiten Sie die tollpatschige & sarkastische, aber gerade deshalb irrsinnig liebenswerte & lustige Anna auf ihrer aufregenden Entdeckungsreise zurück zu sich selbst und hin zur Liebe. Die perfekte Sommerlektüre 2014 für heimliche Angsthasen und einfühlsame Superhelden jetzt bei Amazon.

„Warum muss ich, Anna Maria Elisabeth Rogner, nur immer so unglaublich oberangsthasenmäßig sein? Ich habe nämlich Angst vor so ziemlich allem – besonders vor der Liebe. Aber nun ist da Matts, der mein Leben ziemlich durcheinander wirbelt. Sieben erstaunliche Angstbewältigungsaufgaben hat er mir gestellt, mit denen ich mich auf die Suche nach mir selbst begebe – und letztendlich auch auf die Suche nach dem Mann, den ich liebe…“

Titel: “Keine Angst, es ist nur Liebe.”
Autor: Marlies Zebinger
Genre: Roman/Liebe/Humor
Verlag: FeuerWerke Verlag
Jahr: 2014
ISBN eBook: 978-3-945362-03-7
ISBN Taschenbuch: 978-3-945362-04-4
Leseprobe: PDF
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Stewart O’Nan: Die Chance

Stewart O’Nan: Die Chance

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Ehe auf Abwegen…

Unheilschwanger beginnt die Geschichte von Marion und Art Fowler.

Sie sind auf dem Weg zu den Niagarafällen in Wiederholung ihrer Hochzeitsreise vor dreißig Jahren. Bald schon merkt man, dass es um ihre Ehe nicht gut steht. Sie sind pleite und wollen sich einen letzten glücklichen Ausflug zusammen gönnen.

Unbeholfen versucht Art, um seine Frau zu werben, denn er war ihr nicht immer treu – sie auch ihm nicht, wie wir bald hören werden. Das hat Blessuren hinterlassen.

Dieser Abend in einem angesehenen Hotel verspricht wie die Ehe zur Pleite zu werden. Ihr letztes Geld wollen sie auf der Suche nach dem Glück verspielen. Wie wird das Abenteuer ausgehen?

Die Spannung zwischen den Eheleuten ist zum Greifen nahe. Beide haben ihre Verfassung nach dreißig Jahren Ehe satt. Wie ein unsichtbares Band zieht es sie von einander weg und wieder zusammen. Sie feiern, trinken, ergötzen sich am Schauspiel der Niagarafälle und erleben ihre Nähe und Distanz mit wehmütigen und kritischen Blicken. Kann Ehe so enden?

O’Nan ist einer dieser wunderbaren amerikanischen Erzähler, der seinen Figuren auf unnachahmlich Weise Leben einhaucht, so dass man sich mitten in ihrer Wirklichkeit als Teilnehmer fühlt.

Ohne Pause sieht man sich dem Sog der Geschichte verfallen, in der es um verlorenes und neu zu entdeckendes Glück, um Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft geht. Unauffällig führt uns Stewart O’Nan hinein in das Seelenleben seiner Figuren. Sie sehen sich ihren schwankenden Gefühlen ausgesetzt. Ihr Verhältnis wirkt zerbrechlich und nur noch von dünnen Stricken gehalten. Ob sie einen Neubeginn schaffen werden?

Der Leser kann sich ganz dem Paar widmen, da andere Figuren nur sehr am Rande mitwirken. Es ist ein Zwiegespräch mit unterschiedlichem Tenor. Tiefenscharf und einnehmend zeigt uns der Autor die innere Blöße und die Skrupel der beiden, die außerdem den eigenen Fantasien ausgeliefert sind.

O’Nan ist ein angesehener Autor. Seine Themen umkreisen das Innere seiner Figuren und liefern lebensnahe Eindrücke. Das gibt seinen Geschichten Glaubwürdigkeit und lässt einen tief eintauchen in das Geschehen. Sehr lesenswert!

Stewart O’Nan
Die Chance
224 Seiten, gebunden
Rowohlt, Juli 2014
ISBN-10: 3498050427
ISBN-13: 978-3498050429
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Jean Luc Seigle: Der Gedanke an das Glück und an das Ende

Jean Luc Seigle: Der Gedanke an das Glück und an das Ende

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In diesem Roman geht es um Erinnern und Durchhalten.

Dem Leser wird ein Blick in eine Familiengeschichte in Frankreich im Jahr 1961 gestattet. Die Familie Chassaing erwartet den ersten Fernseher im Dorf! Alle werden sich um das Gerät versammeln, um eine Reportage über die Soldaten im Algerienkrieg zu sehen. Der älteste Sohn von Suzanne und Albert ist als Soldat in diesem Krieg. Bei Albert weckt die Reportage Erinnerungen an seine eigene Kriegsgeschichte im Zweiten Weltkrieg.

Henri ist Suzannes Lieblingssohn, und er soll in dieser Sendung zu sehen sein. Das Paar hat noch einen jüngeren Sohn, der sich an der Grenze zur Pubertät befindet. Er ist ein Büchernarr und Einzelgänger.

Die Familie lebt in einem Industriegebiet. Das Land wurde früher von Bauern bewirtschaftet. Albert geht seiner Arbeit in einer Reifenfabrik nach, und Suzanne führt den Haushalt und kümmert sich um Alberts alte und demenzkranke Mutter. Freudige Ereignisse sind rar. Das Feuer in der Ehe von Suzanne und Albert ist schon lange erloschen. Suzanne ist hübsch und lebenslustig und verliebt sich in einen anderen.

In zahlreichen Szenen aus dem Alltag der Familie kristallisiert sich ihr tägliches Leben heraus. Albert findet mit seinem Sohn Gilles Kontakt zu dem pensionierten Lehrer Antoine, der in der Nachbarschaft wohnt und dem Jungen die Bücherwelt erschließt. Vielleicht kann er ihm auch bei seiner Rechtschreibschwäche helfen!

Nachdenklich und tiefschürfend geht Jean-Luc Seigle den Gedanken der Protagonisten nach, und man erfährt, wie es innerlich um sie bestellt ist. Der intime Umgang mit dem Körper seiner Mutter löst bei Albert eine besondere Traurigkeit aus“ sie erlaubte für den Bruchteil einer Sekunde den Schleier zu zerreißen, hinter dem sich eine Wahrheit versteckt, die uns zwingt, die kleine Welt um uns herum mit einem schonungslosen Blick zu betrachten“.

Alberts Traurigkeit überschattet das Ehe- und Familienleben. Er hat im Zweiten Weltkrieg viel gelitten. Seine Erfahrungen verdunkeln sein gesamtes Leben. Häufig denkt er an das „Schlussmachen“, und man muss besorgt sein um diesen Mann.

Es geht um das Glück und um das Ende derer, die im Leben schwer Fuss fassen.

Jean-Luc Seigle hat einen wunderbaren, leicht melancholischen Familienroman geschrieben. Das Ende überrascht, und war wohl ursprünglich nicht diesem Roman zugeordnet. Es verdeutlicht noch einmal den Zeitenwandel im Rückblick auf einen Krieg, den die Franzosen nicht gewinnen konnten. Das Trauma des Verlierens bleibt bei jenen, die diesen Krieg überlebt haben.

Jean Luc Seigle
Der Gedanke an das Glück und an das Ende
224 Seiten, gebunden
C.H.Beck, 2014
ISBN-10: 3406667554
ISBN-13: 978-3406667558
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Marie Velden: Sommer in Sepia

Marie Velden: Sommer in Sepia

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Liebe, Glück und Leid!

Dieser leicht beschwingte und zugleich melancholische Ehe- und Liebesroman lässt keine Wünsche offen, was die Gültigkeit der beschriebenen Gefühle anbelangt.

Thomas und Veronika haben die besten Jahre ihrer Ehe schon hinter sich. Beide sind Mitte vierzig mit Haus und Garten, Sohn und Tochter, die sich beide auf dem Absprung aus dem Elternhaus befinden. Die Zeiten, “in deren Glücksgehalt das Herz erwärmt“, wenn denn die Kinder sich noch rein und unschuldig ganz in die Geborgenheit ihrer elterlichen Obhut befinden, sind vorbei. Die Phasen elterlichen Glücks „rann einem wie Sand durch die Finger. Nüchtern betrachtet war es mit dem ersten Schultag vorbei.“ Wie wahr!

Nun, was macht diesen Roman so lesenswert?

Es ist die Mischung aus Gegenwart und Vergangenheit. Aus der innigen Liebe der ersten Jahre ersprießt mit der Zeit Gewöhnung, Langeweile und Überdruss. Thomas müsste wissen, was ihnen da geschieht, denn er ist Therapeut in eigener Praxis. Doch wie immer können Therapeuten sich selten selber aus dem Geflecht ihrer wirren Gefühlswelten befreien! Was Wunder, dass ihm in einem Baumarkt plötzlich im Angesicht von Florentine, einer Floristin, die Augen übergehen, und er sich heftig in sie verliebt!

In der Folge erleben wir die Protagonisten in ihren Ambivalenzen als wahr und betroffen. Eine Entwicklungsgeschichte nimmt ihren Lauf, in der es um Liebe, Glück, Vergänglichkeit und die Bewältigung von unerwarteten Schicksalsschlägen geht. Die Erzählung rührt an Gefühle, die nicht ganz ohne sentimentale Passagen auskommt.

Begleitet wird die Erzählung von der Musik von Michael Jackson, der 2009 unerwartet verstarb! Die achtziger Jahre erfüllten die Diskos mit seiner Musik, und Thomas erinnert sich wehmütig, wie gut und schön sie es früher mit einander hatten!

Was am Ende bleibt? Man lese und staune, wie die Wege des Menschen in ganz unterschiedlichen Formen verlaufen!

Marie Velden
Sommer in Sepia
344 Seiten
Deutscher Taschenbuch Verlag, Juli 2014
ISBN-10: 3423215186
ISBN-13: 978-3423215183
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Rax Rinnekangas: Der Mond flieht

Rax Rinnekangas: Der Mond flieht

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Sommer, Sonne und das Grauen.

Wenn man liest, dass die vorliegende Geschichte auch als „Sommergeschichte“ bezeichnet wird, könnte man zu falschen Schlüssen kommen. Es ist eine Sommergeschichte: allerdings eine der besonderen Art.

Hoch oben im Norden Finnlands lebt eine kleine Gemeinde bigotter und spartanisch orientierter Menschen. Lauri verbringt dort seine Sommerferien bei seinem Onkel und der Tante auf dem Hof Latvala. Dort fühlt er sich im Wald und Feld und am Fluss wie zu Hause.

Sein Cousin Leo und die Cousine Sonja sind eine eingeschworene Zweiergemeinschaft, in die sie Lauri bald mit einbeziehen.

Nach einer langen Einleitung, in der man viel von der herben und trüb-frommen Lebensweise der Bewohner dieser nördlichen Gefilde erfährt, nähert man sich dem eigentlichen Gegenstand der Erzählung: drei pubertierenden Jugendliche im Alter von 13 – 14 Jahren. Sie öden sich in der langweiligen Gegenwart und bauen sich eine eigene fantastische Welt. In ihr spukt es von verschwundenen Seelen und der Freiheit des Fliegens und des Geistes. Sie erklimmen eine sehr hohe Fichte und simulieren sich eine himmlische Welt, in der sie frei und ungebunden ihr eigenes Leben gestalten können. Eingebunden sind die Ereignisse in das Flimmern sommerlicher Hitze, Erntewagen, Regen und Sonnenschein.

In einer Mischung aus Fantasie und realen Vorstellungen versteigen sich die drei Jugendlichen Sonja, Leo und Lauri zu sexuellen Handlungen, die sie, angeführt von Sonja, verwirrt und erschreckt. Heimlichkeiten erhöhen noch den Genuss des Verbotenen.

Onkel und Tante sind des Sonntags im Gottesdienst und ahnen nichts von der geheimen Welt der Kinder.

Man wird nach und nach in den Sog einer unheimlichen Geschichte hineingezogen, in der sich die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischen. Archaische Denkweisen sind Teil der bäuerlichen Einwohner in der Region, in deren Tagesablauf strenge Lebensregeln gelten.

Die Dramaturgie der Geschichte ist perfekt in der Steigerung einer Handlung, die immer dramatischer und düsterer anmutet.

Die einzelnen Charaktere der Erwachsenen sind einzigartig in ihrer Verbohrtheit und Unzugänglichkeit. Die Atmosphäre von Schuld und Sühne gekoppelt an die Unbeschwertheit einer nach Identität suchenden Jugend ist gekonnt eingefangen.

Rax Rinnekangas ist ein begnadeter Erzähler, Filmemacher und Künstler, dem man die Geschichte als wahre Begebenheit abnehmen könnte.

Dramatisch, düster und faszinierend sind seine Figuren gezeichnet.

Dass sich die Geschichte zu einem Horror ausweitet, tut der literarischen Qualität keinen Abbruch. Ein spannendes und abstruses Szenario tut sich am Ende auf!

Rax Rinnekangas
Der Mond flieht
160 Seiten
Graf Verlag, Juni 2014
ISBN-10: 3862200345
ISBN-13: 978-3862200344
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