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Kategorie: Krimi und Thriller

Judith Winter: Siebenschön

Judith Winter: Siebenschön

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Als Christine Höffgen diesen Brief erhält, ist sie seltsam alarmiert. Das merkwürdig formulierte Schreiben ohne Absender macht ihr Angst. Und eigentlich kann sie es gar nicht auf sich beziehen. Von einer Jennifer ist die Rede. Eine Adresse ist angegeben. Christine Höffgen kennt keine Jennifer. Warum also sollte sie sich beeilen, zu dieser Adresse zu kommen, auch wenn ihr das im Brief nahegelegt wird?
Zusammen mit ihrem Mann macht sie sich dann doch auf den Weg. Bei der Adresse handelt es sich um ein heruntergekommenes Lagerhaus in einem nicht gerade Vertrauen erweckenden Gewerbegebiet. Das Ehepaar ist angespannt. Ein unheilvolles Gefühl macht sich breit. Nicht zu Unrecht, denn die beiden entdecken schließlich eine Leiche in einer Gefriertruhe.

Betraut wird mit dem Fall die Abteilung für Kapitaldelikte der Zentralen Kriminaldirektion Frankfurt am Main. Es ermitteln die beiden Kommissarinnen Emilia Capelli und Mai Zhou, die neu in der Abteilung ist. Die beiden müssen sich erst aneinander gewöhnen. Dabei steht Capelli ihrer Kollegin nicht sehr wohlwollend gegenüber. Sie hatte einen Kollegen als neuen Partner im Blick gehabt.
Dass die beiden in einer Mordserie ermitteln, wird schnell klar. Der Täter inszeniert einen Mord nach dem anderen, geht geplant und systematisch vor, nur ist ein Zusammenhang für die Ermittlerinnen zunächst nicht ersichtlich. Was haben die Opfer gemeinsam? Und wieso wirkt jeder Mord wie eine Inszenierung und was will der Mörder damit sagen?

Der Thriller ist ausgesprochen spannend, die Fall gut ausgedacht. Die Spannungskurve stimmt und als Leser wird man neugierig gehalten. Nur ganz langsam, Stück für Stück, werden die Beweggründe des Mörders für seine Taten offengelegt. Es ist interessant zu sehen, wie scheinbar nicht zusammengehörende Details dann doch miteinander verstrickt sind und hier keineswegs nur Zufälle eine Rolle spielen. Alles ist wohldurchdacht und stimmig. Aber zunächst hat eben nur der Mörder den Überblick.

Es ist keine leichte Aufgabe für die beiden überaus ehrgeizigen Ermittlerinnen Licht ins Dunkel zu bringen. Ihr anfängliches Misstrauen gegeneinander haben sie schnell im Griff. Dabei hätte sich hier noch Stoff für den einen oder anderen Schlagabtausch ergeben können. Doch ihre unterschiedlichen Charaktere ergänzen sich gut.

Man darf gespannt sein auf weitere Fälle mit den beiden Kommissarinnen. „Siebenschön“ ist schon mal ein wirklich guter Auftakt.

Rezension von Heike Rau

Judith Winter
Siebenschön
432 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214899
ISBN-13: 978-3423214896
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Annelie Wendeberg: Teufelsgrinsen

Annelie Wendeberg: Teufelsgrinsen

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Atmosphärisch dicht und gut nachempfunden befindet man sich in London zu einer Zeit, als die Hygiene noch im Argen lag und vielfältige Krankheiten der Bevölkerung zu schaffen machten. Anna Kronberg ist Bakteriologin und Epidemiologin und untersucht Leichen auf ihre Todesarten hin. Sie wird ungewollt in eine Handlung mit Bakterien und deren Anwendung in krimineller Absicht hineingezogen.

Ihre Doppelrolle als Frau und als Mann steigert die Spannung, mit der man dem unheimlichen Geschehen im ausgehenden 19. Jahrhundert folgt. Die Straßen und Gassen, die Armut und Rechtlosigkeit der Armen machen einen gut’ Teil der Handlung aus. Der Schauplatz ist das feuchte und nebelige London. Das Klima trägt zu den Erkrankungen bei. Die ärztliche Wissenschaft mit ihren kriminellen Vertretern beherrscht das Treiben. Man sucht Opfer, die sich zu Medizinversuchen eignen. Auch Anton (Anna) erliegt der Versuchung, sich an derlei Experimenten zu beteiligen wenn auch in lauterer Absicht. Die gruseligen Details sind fein ausgedacht.

Sherlock Holmes ist Annas stiller Helfer, als es darum geht, den Ärzten mit ihren bösen Absichten auf die Spur zu kommen. Die beiden verbindet mehr als nur eine gute Freundschaft!

Ein rundum gelungener Krimi, bei dem es neben der kriminellen Handlung auch um die gelungen dargestellte Atmosphäre und die geheimnisvollen Absichten aller Beteiligten geht.

Annelie Wendeberg
Teufelsgrinsen
240 Seiten, broschiert
KiWi-Paperback, Februar 2014
ISBN-10: 3462046438
ISBN-13: 978-3462046434
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Jacques Berndorf: Eifel-Krieg

Jacques Berndorf: Eifel-Krieg

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Der im vorigen Herbst erschienene Berndorf-Krimi aus der Eifel ist wieder ein klassischer „Berndorf“ und widmet sich dem Thema der rechten Szene. Etwa zehn Stunden Hörmaterial mit der faszinierend dunklen Stimme des Autors selbst.

Mit einem Toten in der Eifel beginnt auch dieser Roman. Siggi Baumeister, der ermittelnde Journalist, bekommt was auf die Mütze noch ehe der Roman so richtig begonnen hat. Kurze Zeit später wird sein Freund Hauptkommissar Rodenstock nach einem sehr schweren Überfall im Krankenhaus ins Koma gelegt. Seine Überlebenschancen sind extrem gering. Währenddessen ist Rodenstocks Frau Emma mit einer Tante aus Australien in Polen unterwegs. Die Tante ist auf der Suche nach ihren Wurzeln (und nicht abgeneigt, sich bei ihren Verwandten in der Eifel einzunisten).

Schützenhilfe bei den Ermittlungen gibt die Staatsanwältin Tessa. Alle Ermittlungsansätze scheinen auf einem Bauernhof, genannt der Eulenhof, zusammenzulaufen. Von außen betrachtet wird er als Hotel für Geschäftsleute und Jagdgemeinschaften betrieben. Doch die Leute in der Gegend glauben, dass es sich bei den Betreibern um Neo-Nazis handelt. So manch ein Nachbar berichtet von unliebsamen Begegnungen. Die blutige Nase, die sich Baumeister dort geholt hat, zeugt auch nicht gerade von guten Manieren. Die auf dem Hof aufwachsenden Mädchen und Jungen sind brutal und schlagen gerne mit einem Baseball-Schläger auf Schulkameraden ein. Aus dem Hinterhalt wird auf Jäger geschossen. Die Kripo und Baumeister sind sich einig: Ein Sniper läuft durch die Eifel. Die Zeit beginnt zu laufen, denn einen weiteren Toten wünscht sich keiner. Doch wird das so einfach sein?

Berndorf hat erneut viele Fährten ausgelegt, die man zunächst nur mühsam zusammenhalten kann. Das organisierte Verbrechen taucht dieses Mal in Form der Neo-Nazis auf, die auf vielfältige Weise an Geld herankommen müssen. Kein Wunder, dass leichte Hiebe auf den NSU-Prozess ausgeteilt werden. Doch weisen einzelne Ermittlungsphasen immer wieder in das private Milieu mancher Figuren. Das macht den Roman spannend und lässt dem Hörer/Leser Freiraum zum „eigenen“ Ermitteln. Das Hörbuch besticht aber nicht nur durch seine spannende Handlung, sondern auch durch den Vortrag des Schriftstellers selbst. Es gibt diverse Hörbücher zu den Berndorf-Romanen mit unterschiedlichen Sprechern. Doch die Stimme Berndorfs selbst ist die angenehmste von allen.

Gehört zum Jahreswechsel hat es mir viele schöne Stunden bereitet. Ich kann dieses Hörbuch sehr empfehlen. Wiederholungstäter wissen, was sie an Berndorf haben. Und wer bislang noch nicht auf (oder in) die Eifel gekommen ist, kann sich hiermit ein kleines Bild davon machen. Nur geschossen wird nicht so häufig in der Realität.

Jacques Berndorf
Eifel-Krieg
KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN-10: 3942446979
ISBN-13: 9783954411429

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014
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Ole Kristiansen: Das Feuer bringt den Tod

Ole Kristiansen: Das Feuer bringt den Tod

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Die Journalistin Katja Jakobs interessiert sich für die Schließung des Atomkraftwerkes in Güstrin. Sie beabsichtigt eine Reportage darüber zu schreiben und auch ihrem Onkel Frieder, der hier zu Hause ist und im Atomkraftwerkt gearbeitet hat, einen Besuch abzustatten.
Bei ihrer Ankunft wird der tote Onkel gerade aus dem Haus getragen. Es hat einen Brand gegeben. Doch es war kein Unfall. Frieder Jakobs ist, bevor er verbrannt wurde, gefoltert worden. Es war also Mord. Und bei diesem einen Fall bleibt es nicht. Der Blick richtet sich aber auch in die Vergangenheit, denn ein weiterer Freund und Kollege des Onkels ist kürzlich ums Leben gekommen. Der Unfall könnte ebenfalls ein getarnter Mord gewesen sein. Katja legt ihre Reportage auf Eis. Sie will wissen, wer ihren Onkel auf dem Gewissen hat und aus welchem Grund. Dabei gerät sie mit dem leitenden Ermittler aneinander. Hauptkommissar Lukas Möhrs verbittet sich jede Einmischung. Doch Katja denkt gar nicht daran. Unterstützung erhält sie von ihrem Patenonkel Bernd Bauer, der mit angereist ist, um als Fotograf die eigentlich geplante Reportage zu unterstützen. Die beiden sind „Hirschhof“ bei Veronika Möllner unterkommen. Von hier aus beginnt Katja mit ihren Nachforschungen und dringt immer weiter ein in einen Freundeskreis aus Männern, die ein unfassbares Geheimnis haben.

Durch den Tod ihres Onkels kann Katja Jakobs ihrem Plan, über das stillgelegte Atomkraftwerk zu schreiben, nicht mehr nachkommen. Als Journalistin hat sie aber das Gespür, für nicht stimmige Situationen. So gelingt es ihr sehr viel schneller als der Polizei, ein mögliches Tatmotiv auszumachen. Dass die ländliche Idylle trügt, ist ihr schnell klar. Und als Leser folgt man gerne ihren Gedankengängen und Ideen, spürt die wage unterschwellige Gefahr, die aber erst sehr spät derart gesteigert wird, dass man von einem Thriller sprechen kann.
Was der Krimi drauf hat, ist im ersten Drittel also nicht ersichtlich. Auf eine überzeugende Art und Weise in den Fall oder vielmehr in die Fälle hineinzuführen, ist dem Autor nicht gelungen. Die Spannungskurve geht erst später hoch und nach und nach wird offenbart, was und wer hinter den Morden stecken könnte. Und da erst wird das Buch wirklich interessant und die Spannung wird bis zum Ende gehalten, auch weil der Leser manche Überraschung erlebt. Es lohnt sich also, die anfängliche Durststrecke zu überwinden.

Rezension von Heike Rau

Ole Kristiansen
Das Feuer bringt den Tod
Thriller
464 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214929
ISBN-13: 978-3423214926
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Susanne Goga: Mord in Babelsberg

Susanne Goga: Mord in Babelsberg

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Kommissar Leo Wechsler hat die junge Frau gekannt, die da ermordet im Innenhof von Riemers Hofgarten in Berlin-Kreuzberg liegt. Vor einigen Jahren war er mit ihr befreundet gewesen, hat sie seitdem aber nicht wieder gesehen. Damit müsste er den Fall eigentlich abgeben, aber ihm liegt daran, den Mörder selbst zu finden. Wie betroffen er ist, versucht er sich nicht anzumerken zu lassen, aber das gelingt ihm nur schlecht. Er arbeitet in einem Team, dessen Kollegen, insbesondere Jakob Sonnenschein und Robert Walther, sich auch persönlich nahe stehen.

Der Name ist, wie den Ausweispapieren in der Handtasche zu entnehmen ist, Marlene Dornow. Die Mordwaffe befindet sich am Tatort. Es ist eine rote Glasscherbe, die, wenn Leo Wechsler sich nicht täuscht, ein Hinweis auf das Tatmotiv geben könnte.

Die Ermittlungsarbeiten beginnen im Umfeld. Die junge Frau, die die Ermordete gefunden hat, die Hausmeisterin und Anwohner werden befragt. Schnell wird klar, dass Marlene Dornow ein Faible für reiche Männer hatte und von ihnen lebte. Es gibt Hinweise darauf, dass auch der Abgeordnete Eduard Hellwig dazu gehörte.

Der nächste Mord, mit ähnlicher Tatwaffe ausgeführt, lässt nicht lange auf sich warten. Es handelt sich um den bekannten Stummfilm-Regisseur Viktor König. Einen Zusammenhang herzustellen, fällt allerdings schwer. Denn Marlene Dornow hatte keinen Kontakt zum Filmgeschäft.

Die Autorin führt mit ihrem Krimi ins Berlin des Jahres 1926. Die Kulisse ist sehr stimmig gehalten und mit einem Blick für Details und Zeitgeschichtliches ausgeschmückt. Das gefällt sehr gut. Das Privatleben des Kommissars Leo Wechsler ist ein weiterer Punkt, der dem Krimi überaus authentisch erscheinen lässt. Der Krimi wirkt also sehr realistisch, was Morde und Ermittlungsarbeiten betrifft.

Verschiedene Szenen, die nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, werden langsam zusammengeführt und so entsteht nach und nach ein Bild der Vorgänge, die zu dem Morden führten. Was aber nicht heißt, dass der Mörder mit seinem Motiv schnell ausfindig gemacht wird. Es ist ein Puzzlespiel und die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist auch für einen Ermittler wie Leo Wechsler nicht einfach.

Rezension von Heike Rau

Susanne Goga
Mord in Babelsberg
Kriminalroman
320 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214864
ISBN-13: 978-3423214865
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Joël Dicker: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Joël Dicker: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

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Wenn man dieses Buch liest, dann liest man, wie es entsteht. Das ist eine äußerst interessante Konstellation. Dies aber reichte dem Autor nicht. Er machte die Entstehung eines Buches auch noch extrem spannend. Kein Wunder, wenn es in unzähligen Rezensionen heißt: Es liest sich wie ein Krimi, aber es ist weitaus mehr.

Der Schriftsteller Marcus Goldman hatte durchschlagenden Erfolg mit seinem ersten Roman. Er war mit diesem Erfolg ein Jahr lang Stammgast auf allen roten Teppichen. Doch sein Verlag drängt, die Leser erwarten den Folgeroman von Goldman. Doch der kommt nur schwer in Schwung und hat keine Idee für den nächsten Roman. Er hat eine totale Blockade. Um diese zu lösen, begibt er sich in den kleinen Ort Aurora, wo er seinen großen Lehrmeister Harry Quebert weiß. Quebert ist selbst ein hochangesehener Schriftsteller, der vor 33 Jahren einen Riesenerfolg hatte und seitdem als Dozent für kreatives Schreiben an einer Uni tätig ist. An dieser Uni haben sich Goldman und Quebert kennengelernt und angefreundet. Der ältere Quebert wird väterlicher Freund und Coach für Goldman. Mit Goldmans Erfolg war die Verbindung zwischen beiden gerissen. Goldman war zu sehr mit seinem Erfolg beschäftig. Doch nun erinnert er sich an seinen Freund und Mentor, geht zu ihm, um sich Ratschläge gegen seine Blockade zu holen. Da wird eine Leiche im Garten von Quebert gefunden. Es ist die Leiche von Nola, die als fünfzehnjähriges Mädchen spurlos verschwunden war. Bei der Toten wurde das Manuskript von Harry Queberts Erfolgsroman von 1975 gefunden. Es stellt sich heraus, dass der damals bereits erwachsene Quebert ein Verhältnis mit der Minderjährigen hatte. Für die Leute ist klar: Quebert ist der Mörder von Nola. Seine Aussichten auf den Literaturnobelpreis lösen sich im Nirwana auf. Nur sein Schüler Marcus Goldman hält zu ihm und ist nicht davon überzeugt, dass Quebert der Mörder ist. Er nimmt zusammen mit einem Polizisten die Ermittlungen auf, um die Unschuld Queberts zu beweisen. Gleichzeitig damit entwickelt sich der Fall Harry Quebert zu einer Idee und einem Stoff für seinen zweiten Roman. Dieser Roman schließlich ist der vorliegende Roman, den man gerade liest.

Dieser Roman erzeugte ein großes „Wow“ bei mir bereits auf den ersten Seiten. Dabei war ich mir gerade am Beginn nicht sicher, warum. Es war ein ganz unbestimmtes Gefühl, dass dies ein ganz besonderer Roman ist. Da die Protagonisten Schriftsteller sind und die Handlung auch das Milieu der Verlagsbranche tangiert, weckte auch dies mein Interesse und ich war erfreut über die zahlreichen „Lebensweisheiten“ für Autorinnen und Autoren. Jedem Kapitel ist ein Gespräch zwischen Schüler und Mentor vorangestellt, in welchem der Mentor den Schüler helfen möchte, die „Schriftstellerkrankheit“ zu bekämpfen. Das Besondere an den Kapiteln: Sie sind rückwärts nummeriert. Da die Protagonisten gelegentlich mit den Ratschlägen durcheinander kommen, klären sie manches Mal im Gespräch, mit welchem Kapitel es gerade weitergeht. Eine nette, humorige Note. Da sich die Ermittlungen auf Vorgänge vor über dreißig Jahren beziehen, wird in dem Roman mit sehr vielen Rückblenden gearbeitet. Es gibt Rückblenden in die Zeit des Heranwachsens von Marcus Goldman, in die Zeit des Verhältnisses Queberts mit Nola, die Zeit ihres Verschwindens, aber auch Rückblenden in die Zeit davor, das Verhältnis von Nolas Eltern untereinander. Trotz dieser zahlreichen Zeitsprünge verliert man aber nie den Überblick und weiß immer, wo man sich in der Handlung befindet und welche Neuigkeiten diese oder jene Rückblende für die aktuelle Handlung bereithält. Das ist eine ganz besondere Note dieses Romans. Schließlich nicht zu vergessen die ungeheure Spannung. Mit jedem Satz, den man liest, wird einem das bisher Geschehene immer klarer und plausibler. Man kann alles sehr gut nachvollziehen. Doch dann passiert etwas derart Unerwartetes, so dass alles bisherige wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Als Leser muss man erst Mal Luft holen, bevor man weiterliest. Doch Joël Dicker wäre kein guter Schriftsteller, wenn er den Leser jetzt alleine lassen würde. Es werden Begründungen und Argumente geliefert, so dass man alles wieder auf die Reihe bekommt. Bis zur nächsten Wendung …

Gelesen zum Jahreswechsel legt dieser Roman die Latte sehr, sehr hoch für das Rezensionsjahr 2014. Den Roman kann man ohne Bedenken mehrmals lesen.

Joël Dicker
Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
736 Seiten, gebunden
Übersetzt von: Carina von Enzenberg
Piper, München
ISBN-10: 3492056008
ISBN-13: 978-3492056007

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014
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Ian McEwan: Honig

Ian McEwan: Honig

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Ian McEwan hat einen Agententhriller der feinsten Art vorgelegt.

Serena Frome ist eine Mathematikabsolventin der Universität Cambridge mit nicht besonders aussichtsreichen Prognosen für eine verdienstvolle Anstellung in der Zukunft. Ihre Leidenschaft gilt der Literatur, in der sie sich bestens auskennt. Literatur und Schriftsteller werden auch einen Teil der Handlung dominieren. Wir schreiben das Jahr 1972 in England.

Durch einen ihrer ersten Liebhaber wird sie mit einem Professor bekannt gemacht, der ihr zu einer Anstellung im Geheimdienst, dem MI5, verhilft. Sie liebt den Professor, aber sie hat zunächst nur untergeordnete Tätigkeiten zu verrichten, die nicht ihrem Ausbildungsniveau entsprechen.

Ian McEwan baut seine Geschichte langsam auf. Sie wird bestimmt von den Liebeserlebnissen seiner Protagonistin, die jedoch bei ihren geheimdienstlichen Tätigkeiten schon bald an ihre Grenzen stößt. Serena ist hübsch, klug und sehr anziehend, so dass es ihr auch nach ersten Enttäuschungen nicht schwer fällt, sich immer wieder neu zu verlieben. Sie bleibt bei den sie umspielenden Intrigen naiv, reizend, sehr liebenswert und gelegentlich fast arglos, wenn sie auch den Ernst einer Lage zuweilen messerscharf erkennt.

McEwan besticht mit seiner Erzählung, die auf verschlungenen Wegen von dem politischen Klima der siebziger Jahre bestimmt wird und in einem verdeckten Spiel die englischen Geheimdienste aufs Korn nimmt.

Die psychologischen Seiten zeigen sinnfällig, dass man es mit Menschen zu tun hat, die nicht so abgebrüht sind, wie es für die Arbeit beim Geheimdienst vielleicht erforderlich wäre. Serena gerät in Turbulenzen, die sie an den Rand des für sie Erträglichen führen.

Die Mischung aus verdeckter und kontrollierter Arbeit, Liebe, Kränkung, Hass, Täuschung und geheimnisvoller Ranküne machte die Lektüre zu einem für mich spannenden Abenteuer. Man sieht sehr wohl den subtilen Beobachter Ian McEwan, wie wir ihn aus seinen früheren Romanen wie „Saturday“ oder „Am Strand“ kennen.

Seine Liebeszenen sind anrührend bis dramatisch. Die verwinkelten Stränge bis zum Ende der Erzählung, das mit einer Überraschung aufwartet, sind fein ausgedacht und hintersinnig komponiert. Zahlreiche Nebencharaktere zeigen allemal die Vielfalt menschlicher Verhaltensweisen von der Eifersucht über die Bösartigkeit bis hin zu hinterhältigem Gebaren, so dass der Thrillerliebhaber voll auf seine Kosten kommt.

Ein absoluter Hit unter den Neuerscheinungen des Herbstes 2013!

Ian McEwan
Honig
448 Seiten, gebunden
Diogenes, September 2013
ISBN-10: 3257068743
ISBN-13: 978-3257068740
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Annegret Koerdt: BrandHeiß

Annegret Koerdt: BrandHeiß

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Mord, Medien, Merckel – so das Motto der in Düsseldorf spielenden Kriminalromane von Annegret Koerdt. Nach FeuerRot folgte nun BrandHeiß und die reizende Privatdetektivin mit dem unverwechselbaren Namen Angela Merckel – mit „ck“ wohlgemerkt – hat wieder Grund genug, sich in die knallharten Ermittlungen der Polizei einzumischen.
Nach einem Fernsehinterview mit dem bundesweit bekannten Werbemenschen Hartwig von der Agentur P&S wird die TV-Moderatorin Babette Freudentaler in dem sehr renommierten Düsseldorfer Luxushotel Breidenburger Tor tot aufgefunden. Die Kriminalpolizei beginnt zu ermitteln. Etwa zur gleichen Zeit bekommt die Privatdetektei von Angela Merckel und ihrem Lebensgefährten Jan einen Auftrag von dem Geschäftspartner Hartwigs. Es wird in der Agentur spioniert. Wichtige Informationen über laufende Vergabewettbewerbe gelangen an die Konkurrenz. Ela und Jan sollen den Spion in der Agentur aufdecken. Dafür heuert sie undercover als Praktikantin in der Agentur an. Hier läuft sie allerdings einem Freund der Familie über den Weg. Tom ist bei der Kripo und ermittelt in Sachen Freudentaler. Beide kennen sich über Jan, der vor seiner Zeit als Privatermittler auch bei der Kriminalpolizei gearbeitet hat. Für Ela ist ein Mordfall wesentlich interessanter als ein Fall von Firmenspionage. Deshalb muss sich der Leser nicht wundern, dass sich die Privatdetektivin in die Mordermittlungen einmischt.

Annegret Koerdt hat einen leichten, lockeren, schnell zu konsumierenden Krimi zu einem tiefernsten Thema geschrieben, der es bei aller Lockerheit nicht an Spannung und Action vermissen lässt. Das meist aus der Werbebranche stammende Vokabular wird nicht überstrapaziert und selbst der Unbedarfte kommt mit, worüber die „Werbefuzzis“ reden. Real existierende Personen oder Institutionen haben einen fiktiven Namen erhalten, damit keine Rückschlüsse gezogen werden können. Von Beginn an wird der Leser in das Geschehen hineingezogen. Dennoch wird es im Verlaufe der Handlung zunehmend rasanter und die Wendungen kommen jedes Mal wie ein unerlaubter Tiefschlag beim Boxen. Da der Leser gerne mitermittelt oder eher spekuliert, wird er mit der einen oder anderen Sackgasse rechnen müssen, bevor er zum Schluss mit der Auflösung konfrontiert wird.

Ein Kriminalroman, der Spaß macht, deren Figuren einem ans Herz wachsen – die Guten natürlich nur – und der einigen Lokalkolorit rüberbringt, obwohl er als Kriminalroman natürlich auch in der anderen Großstadt spielen könnte. Dafür gebe ich gerne die volle Punktzahl.

Koerdt, Annegret
BrandHeiß
320 Seiten, broschiert
ars vivendi, Cardolzburg
ISBN-10: 3869132787
ISBN-13: 978-3869132785

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014
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Christa Bernuth: Das Falsche in mir

Christa Bernuth: Das Falsche in mir

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Lukas Salfeld führt ein ganz normales Leben mit seiner Frau und den zwei Töchtern. Zumindest hat es den Anschein. Tatsächlich hatte er sich dreißig Jahre lang gut im Griff. Was davor war, weiß seine Frau nicht. Sie ahnt nicht, dass er als Jugendlicher einen Mord begangen hat, dass er seine damalige Freundin Marion umgebracht hat.
Doch dann kehrt die Erinnerung zurück und lässt sich nicht mehr in Schach halten. Seine Fantasie nimmt überhand.
Als ein Mädchen ermordet aufgefunden wird, die auf dieselbe Art wie Marion damals zu Tode gekommen ist, kommt die Polizei sofort auf Lukas Salfeld. Hauptkommissar Benedikt Gronberg kann sich noch gut an den alten Fall erinnern.
Lukas Salfeld ist sich jedoch gar nicht sicher, das Mädchen ermordet zu haben. Er glaubt, von der Tat wissen zu müssen. Er hat sich doch im Griff! Er hat es unter Kontrolle. Er ist jetzt ein anderer. Als Hauptkommissarin Sina Rastegar mit ihrem Kollegen Gronberg ihn zur Rede stellen und seiner Ehefrau offenbaren, wer er wirklich ist, flieht er.
So einfach lässt er sich nicht als Mörder abstempeln. Jemand anderer muss die Tat begangen haben und den gilt es ausfindig zu machen.

Als Leser wird man sehr schnell in ein Netz aus Lügen und Manipulation hineingezogen. Der Krimi ist sehr intelligent ausgedacht und es ist nicht zu durchschauen, was gespielt wird. Lukas Salfeld ist ein Mann, der schwer einzuschätzen ist. Psychisch scheint er nicht stabil. Er könnte der Mörder sein oder auch nicht.
So wird man immer wieder überrascht durch nicht vorhersehbare Wendungen und Erkenntnisse. Und vor allem auch durch Zusammenhänge, die zögerlich offenbart werden.
Die Autorin lässt durch ihren Schreibstil wenig an Emotionen erkennen. Sie überlässt dem Leser seinen Fantasien und wie er sich auf das Buch einlassen will. Das ist interessant gemacht und tut auch dem Spannungsbogen gut.
Immer weiter geht es hinein in ein Dickicht, das unglaublich dornenreich ist. Die Ermittler, insbesondere Hauptkommissarin Sina Rastegar, kommen an ihre Grenzen, denn der Fall schlägt bald viel höhere Wellen, als vermutet. So ist auch das Ende sehr überraschend.

Rezension von Heike Rau

Christa Bernuth
Das Falsche in mir
352 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423249927
ISBN-13: 978-3423249928
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Oliver Buslau: Schatten über Sanssouci

Oliver Buslau: Schatten über Sanssouci

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Wer es als Krimiliebhaber gerne historisch mag, der kann sich ruhigen Gewissens diesen Kriminalroman zu Gemüte führen, der im Umfeld des sich für schöne Künste interessierenden Preußenkönigs Friedrich spielt. Obwohl Friedrich der Große auch Kriege führt und seine Soldaten einem harten Drill unterzieht, möchte er gerne als Künstler, oder zumindest Kunstliebhaber, und Philosoph geachtet sein. Das Spiel auf der Querflöte hat es ihm angetan. So gelangte der Musiker Quantz an den Hof nach Potsdam und wurde Kammermusiker und Flötenlehrer von Friedrich. Neben dem Komponieren und Musizieren baut er außerdem Flöten für den König. Quantz hadert mit sich selbst. Ihm scheinen die Ideen für neue Stücke und Konzerte auszugehen, von denen er nahezu wöchentlich ein neues liefern muss. Doch dann kommen die Noten eines Konzertes abhanden. Zusätzlich verschwindet ein Lakai. Eigentlich eine unbedeutende Person, aber es scheint ein Zusammenhang zu bestehen. Friedrich, der dabei ist, eine Kriminalpolizei nach französischen Vorbild aufzubauen, beauftragt seine „Polizei in Zivil“, das Verschwinden aufzudecken. Doch der auf Karriere bedachte Weyhe hat nichts Besseres zu tun, den Musikus Quantz zu verdächtigen und ihm nicht nur das Verschwinden der Noten sondern auch den Mord an dem inzwischen tot aufgefundenen Lakaien anzuhängen. Auch Friedrich wendet sich von seinem Hofmusiker ab. Nur in dem französischen Philosophen La Mettrie findet Quantz einen Gefährten, der ihn zu unterstützen vorgibt.

Oliver Buslau hält sein Wissen rund um die Musik und das Leben am Hofe des Preußenkönigs nicht zurück. Eingebettet in eine mit dem Fortgang des Lesens immer spannender werdende Geschichte vermittelt er viel von den Personen am Hofe. Er erzählt Anekdoten über Bach, Friedrichs Schwester Amalie und anderen Leuten, die ebenso unterhaltsam sind wie der Kriminalfall selbst. Gut recherchiert und filigran ausgearbeitet wird über die mathematischen Möglichkeiten einer Komposition philosophiert. Eine real existierende Komponiermaschine scheint Gestalt anzunehmen. Die Musik versteht Buslau so bildhaft wiederzugeben, dass man meint, sie beim Lesen zu hören. Genauso wie man ständig die straffen Schritte der Wachen und Patrouillen auf dem Pflaster der Garnisonsstadt Potsdam zu hören glaubt. Der Leser leidet mit, wenn Quantz an seiner Ideenlosigkeit verzagt und möchte ihm gerne Hilfestellung geben, wenn er es doch könnte.
Oliver Buslau hat einen ungeheuer interessanten und spannenden Krimi geschrieben, der den Leser in eine Epoche Deutschlands abtauchen lässt, die noch gar nicht so lange her ist und die beinahe eine Grundlage des deutschen Charakters liefert, wenn man an die darauffolgenden Sicherheitsbehörden der deutschen Staaten denkt. Spannung und Story, verbunden mit hoher Plausibilität bilden die Grundlage für eine volle Punktzahl.

Buslau, Oliver
Schatten über Sanssoucie
415 Seiten, broschiert
emons, Köln
ISBN-10: 3897058545
ISBN-13: 9783897058545

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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