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Kategorie: Krimi und Thriller

Georg M. Oswald: Unter Feinden

Georg M. Oswald: Unter Feinden

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Spurensuche mit fraglichem Erfolg.

In diesem ungewöhnlichen Krimi spielen die Ermittler die Hauptrolle.

Schreckliches ist passiert: Kessler, einer der Ermittler in einem Observierungsfall, hat einen Unfall verursacht. Absicht oder Zufall?  Mit seinem Kollegen Diller beobachtete er von einem Auto aus ein Fenster, ohne dass sie zu einem Ziel gekommen sind.

Unten auf der Strasse aber spielte die Musik: „Arabs“ spielen Basketball. Kessler, das merkt der Leser schnell, ist selber drogensüchtig. Er steigt aus dem Wagen, um einen heiß ersehnten „Schuss“ bei den jungen Dealern arabischer Herkunft zu ergattern. Keine gute Voraussetzung für einen Polizisten, in seinem Job zu reüssieren!

Die beiden verdeckten Ermittler geraten danach in eine sehr missliche Lage, die sie ihren Job kosten könnte.

Die ganze Geschichte spielt in München, wo demnächst eine Sicherheitskonferenz stattfinden soll.

Mit Spannung wartet man darauf, wie sich Kessler und Diller, die durch die obigen Vorfälle in einen unheimlichen Verdacht geraten sind, aus der Zielgruppe der Verdächtigen retten wollen. Daneben geht es in der Geschichte um Terroristen, um Araber, um Täuschungen und Lügen, in denen sich ein ganzes Netz von Kriminellen vereint finden. Mitten im Geschehen agieren immer wieder Diller und Kessler. Sie sind über eine lange Jahre zurückliegende Straftat mit einander verbunden, die tief in ihr Privatleben reicht.

Georg Oswald kennt sich aus. Er hat einen Thriller von hohem Niveau geschrieben. Man liest die Geschichte wie einen Film und verliert zuweilen fast den Faden. Das Milieu und die Handlung wirken echt und überzeugend, denn Gerechtigkeit und Aufklärung sind nicht immer zu finden. Mit Spannung wartet man auf den Schluss, der überraschend und verblüffend ist.

Oswald ist selber Anwalt und hat sich als Autor mit gesellschaftskritischen Geschichten und Essays hervorgetan. Subtil, gewitzt und anspruchsvoll kommt sein Krimi daher und erfüllt alle Erwartungen an einen diffizilen und tiefgründigen Thriller.

Georg M. Oswald
Unter Feinden
256 Seiten, gebunden
Piper, 2. Auflage, Januar 2012
ISBN-10: 3492053831
ISBN-13: 978-3492053839
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Franziska Franke: Sherlock Holmes und die Katakomben von Paris

Franziska Franke: Sherlock Holmes und die Katakomben von Paris

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Zwar bereits im letzten Jahr erschienen, aber deshalb nicht weniger spannend.

Während die Kriminalautorin Franziska Franke an ihrem nächsten Sherlock-Holmes-Roman strickt, der zum 125-jährigen Jubiläum von Sherlock Holmes noch in diesem Jahr erscheinen soll, lese ich derweil den dritten Band. Dieses Mal wird nicht in Florenz ermittelt, sondern es geht nach Frankreich. Zunächst nach Montpellier, anschließend ins mondäne Paris. Leser der Sherlock-Holmes-Bücher wissen bereits, dass sich der große Meisterdetektiv auf der Flucht vor seinem erbitterten Gegner Professor Moriarty befindet, bzw. sich vor diesem versteckt hält. Aus diesem Grund hält sich Holmes außerhalb Englands auf und gibt sich als Norweger namens Sigerson. Seit längerem verbindet ihn eine Freundschaft mit dem englischen Buchhändler David Tristram, der ihm bei seinen Ermittlungen gerne zur Seite steht und ein ebensolches Bild wie Dr. Watson abgibt. Tristram ist es übrigens auch, der den eigenartigen Fall, der mit Holmes und dessen Großmutter zu tun hat, in dem vorliegenden Roman erzählt.

Tristram besucht seinen Freund Holmes, der sich im südfranzösischen Montpellier aufhält und sich um seine Bienen kümmert und sich chemischen Experimenten widmet. Holmes wurde das Tagebuch seiner aus Frankreich stammenden Großmutter zum Kauf angeboten. Der Anbieter ist ein Antiquar aus Nimes. Homes und Tristram begeben sich dort hin, denn selbstverständlich muss Holmes dieses Tagebuch haben. Doch der Verkäufer des Tagebuchs, der den Antiquar lediglich zur Vermittlung eingeschaltet hatte, erscheint nicht zum vereinbarten Zeitpunkt. Einen Tag später erfahren die beiden, dass der Verkäufer, ein Anwalt, in Paris tot aufgefunden wurde. Aller Wahrscheinlichkeit nach Mord, die Pariser Kriminalpolizei vermutet einen Serienverbrecher, der seit geraumer Zeit in Paris sein Unwesen treibt. Doch die Spur zum Tagebuch scheint abhandengekommen zu sein. Aber sie bringen in Erfahrung, dass darin der Ort eines Versteckes zu einem Schatz enthalten sein kann, den Marie Antoinette vor ihrem Gang zur Guillotine bewerkstelligte.

Sprachgewandt im Stile der klassischen Sherlock-Holmes-Bücher erzählt Franziska Franke äußerst spannend von den Ermittlungen in Paris, die bis in die Katakomben unterhalb der Riesenmetropole führen. Für den klassischen Holmes-Liebhaber ist das Buch einfach ein Muss. Neben dem kriminalistischen Spürsinn beim Rätseln und Spekulieren erfährt der Leser Altbekanntes und auch Neues aus dem Leben des Meisterdetektivs, was von akribischer Recherchearbeit und tiefes Wissen um Sherlock Holmes seitens der Autorin zeugt.
Empfehlenswert in jedem Fall, besonders aber für Liebhaber dieses speziellen Subgenres.

Franke, Franziska
Sherlock Holmes und die Katakomben von Paris
360 Seiten, broschiert
KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN-10: 3942446197
ISBN-13: 978-3942446198

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Viveca Sten: Die Toten von Sandhamn

Viveca Sten: Die Toten von Sandhamn

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Dieses ist bereits der dritte Fall von Thomas Andreasson. Schon die beiden ersten Bände dieser Krimireihe von Viveca Sten lösten Begeisterung aus.

Dieses Mal wird der Kommissar zu einem Fundort mit Leichenteilen, genauer gesagt: einem abgetrennten Arm, gerufen. Es scheint sich um die zwanzigjährige tote Lena zu handeln, Tochter der Roséns, die seit vier Monaten vermisst wird.

Einzelheiten über die Bewohner der Insel Sandhamn spielen wie immer eine wichtige Rolle. So erfahren wir, wie es mit der Ehe von Nora und Henrik weiterging, einem Paar, das schon lange in einer zerrütteten Ehe gelebt hat. Die Kinder der Paare und ihre Freunde sind wichtige Protagonisten; über sie erfährt man etwas von dem gemütlichen Leben auf der Insel. Es sind neben den Alteingesessenen die begüterten Bürger, die hier ihre Sommerhäuser besitzen. Nora ist aus Wut über die Untreue ihres Mannes gerade jetzt im Winter auf die Insel geflüchtet. Doch auch diese Jahreszeit besitzt ihre Reize. Nur fanden leider ihr Söhne Adam und Simon die Leichenteile! Was für ein Schock!

Parallel verläuft die Geschichte von Gottfrid und Vendela fast hundert Jahre früher. Sie sind ein zerrüttetes Ehepaar mit dem unsympathischen Sohn Thorwald, einem verstockten und eingeschüchtertem Kind, und der von Gottfrid heiß geliebten Tochter Kristina. Wie diese Familie mit den Ereignissen auf Sandhamn im Jahr 2007 verzahnt wird , das ist die Kunst der hervorragenden Krimiautorin Viveca Sten. Sie verzaubert mit herausragenden Milieubeschreibungen, die sich am Wetter, dem Himmel und dem Klima festmachen. Düstere Familiengeheimnisse, grausamer Erziehungsmissbrauch und ein ungerechter, cholerischer Vater bestimmen die Handlung um 1920. Nun, im Jahr 2007, fügt sich alles zu einem Krimi zusammen, der es in sich hat.

Hoffentlich gesundet der während einer Verfolgungsjagd schwer unterkühlte Thomas Andreasson, damit wir noch in vielen weiteren Krimis von seinen Taten hören dürfen!

Viveca Sten schreibt packend und weckt Neugierde, so dass man ihre Bücher nicht aus der Hand legen mag!

Viveca Sten
Die Toten von Sandhamn
352 Seiten, broschiert
Kiepenheuer & Witsch, Mai 2012
ISBN-10: 3462043889
ISBN-13: 978-3462043884
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Rebecca Michéle: Die Tote von Higher Barton – Ein Cornwall-Krimi

Rebecca Michéle: Die Tote von Higher Barton – Ein Cornwall-Krimi

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Der Untertitel ist Programm. Wie sollte es auch anders sein? Ein spannender Krimi mit überraschenden Wendungen in einem Mix aus: Rosamunde Pilcher (diverse Romane), Agatha Christie (Miss Marple) und Caroline Graham (Inspector Barnaby-Romane).

Nach vierzig Jahren hat Mable auf die Einladung ihrer damaligen Freundin reagiert. Sie hat sich ins Auto gesetzt, um den alten Zwist aus dem Weg zu räumen und zum Geburtstag von Abigail nach Higher Barton in Cornwall zu reisen. Seit den Vorfällen von damals ist Mable zu einer Londonerin geworden. So muss sie sich kurz vor der Ankunft am Ziel eingestehen, dass sie sich bei dem Unwetter verfahren hat und zudem kein Benzin mehr im Tank ist. Die Wege, die ihr damals so vertraut waren, sahen nun irgendwie anders aus. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünscht sie sich ein Handy, mit dem sie wenigsten Hilfe hätte holen können. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als in ihrem Corsa mitten auf der schmalen Straße zu übernachten.

Am nächsten Morgen wird sie von einem alten Kauz geweckt, der an ihrem Wagen nicht vorbei kann. Er hilft Mable, den Wagen in eine Straßenbucht zu schieben und bringt sie anschließend nach Higher Barton. Es ist früh am Morgen. Mable möchte die Anwohner nicht stören, die nach der gestern verpassten Party sicher alle noch schliefen. Doch die morgendliche Kühle hält sie nicht davon ab, durch die offen stehende Terrassentür die Bibliothek des Hauses zu betreten. Während sich ihre Gedanken der Vergangenheit zuwenden, entdeckt sie vor dem Kamin die Leiche einer jungen Frau. Als pensionierte Krankenschwester erkennt sie sofort, dass jede Hilfe zwecklos wäre. Sie stürmt in die Küche, wo sie das Hausmeisterehepaar beim Frühstück trifft. Als sie hocherregt mit denen zurück in die Bibliothek kehrt, ist die Leiche verschwunden.

Als Autor von Reisebeschreibungen über Südengland hat es mich in besonderem Maße interessiert, einen in diesem Landstrich spielenden Krimi zu lesen. Meine Erwartungshaltung, damit Erinnerungen an Menschen, Dörfer, Kleinstädte, Pubs und Landschaften zu aktivieren und dabei gleichzeitig an spannenden Ermittlungen teilzuhaben, ist mit diesem Buch voll erfüllt worden. Die Beschreibungen im Stile einer Agatha Christie, die an der englischen Riviera geboren wurde, einer Rosamunde Pilcher, die unendlich viele Geschichten in diesem Landstrich spielen ließ oder einer Caroline Graham, die für ihren Inspector Barnaby extra einen kornischen Landstrich Midsommer schuf, rufen beim Lesen ein Gefühl des Reisens hervor. Der Krimi ist eine sehr gut gemachte Geschichte, der demjenigen, der Ähnliches wie ich erwartet, eine unterhaltsame und spannende Lektüre sein wird. An einem Manko, welches ich keinesfalls Rebecca Michéle anlaste, komme ich allerdings nicht vorbei. Das Buch hat kein Lektorat erfahren. Die Seiten, die fehlerfrei sind, können an den Fingern einer Hand abgezählt werden, ganz so, als wäre lediglich eine automatische Rechtschreibkontrolle drüber gelaufen. Schade, dass die wunderschöne Geschichte der Autorin damit verhackstückt wurde.

Mein Gesamtfazit fällt trotzdem positiv aus, da ich die Mängel nicht der Autorin anrechne und das Gefühl beim Lesen der Geschichte nicht schöner sein kann. Also: sehr empfehlenswert!

Rebecca Michéle
Die Tote von Higher Barton
Goldfinch Verlag
356 Seiten, broschiert
ISBN-10: 3940258148
ISBN-13: 978-3940258144

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Marlies Ferber: Null-Null-Siebzig – Operation Eaglehurst

Marlies Ferber: Null-Null-Siebzig – Operation Eaglehurst

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James Gerald, ehemaliger Geheimagent beim SIS, ist längst im Ruhestand. In das Seniorenheim Eaglehurst in Hastings ist er aufgrund seines Alters aber nicht eingezogen. Er ist noch ganz gut in Schuss, auch wenn er nach einer schweren, aber nun überstanden Grippe in diesem Winter noch ein wenig wacklig auf den Beinen ist und einen Arm als Stütze benötigt.

Gleich am ersten Tag seines Aufenthalts stirbt Thomas Maddison beim Bingo. Er folgt damit William Morat nach, der vor drei Wochen auch ganz plötzlich starb. Wegen ihm ist James hier. Er glaubt nicht an einen natürlichen Tod, sondern nimmt an, dass sein Freund vergiftet wurde. Aber es gibt noch mehr Ungereimtheiten. William Morats Tochter wusste nicht einmal, dass ihr Vater sich in ein Seniorenheim zurückgezogen hatte. Was hatte William also vor?
Die Obduktion, die James veranlasst hat, ergibt, dass William zu viel seines Herzmedikaments genommen hatte. James glaubt nicht, dass William die Tabletten doppelt genommen haben könnte.

Das Auskundschaften des Altenheimes ist nicht so einfach, wenn man auf Hilfe angewiesen ist. Als Mrs Sheila Humphrey, James Nachbarin aus London und ehemalige Kollegin, endlich den Rollator bringt, ändert sich das. Das Gefährt ist zudem mit Navigationsgerät und einer Vorrichtung ausgestattet, die es möglich macht, Reizgas zu versprühen.
Die Ermittlungsarbeiten gestalten sich schwieriger als gedacht. Doch nach und nach kommt James einer Sache auf die Spur, die er kaum glauben kann.

Ein 70-jähriger Ex-Agent mit Rollator geht in diesem Buch auf Verbrecherjagd.
Man kann sich leicht ausrechnen, dass der Krimi ein wenig anders ist, als andere. Der Schreibstil der Autorin gefällt gut und erinnert an alte englische Kriminalfälle. James Gerald als Figur hat etwas von Miss Marple, aber auch etwas von James Bond. Hilfe, wenn auch manchmal ungebetene, erhält er von der unwesentlich jüngeren und sehr resoluten Mrs Sheila Humphrey. Die beiden bilden ein kurioses Team. Und ein Seniorenheim, in dem es mehr als gemütlich zugeht, und eigentlich nie irgendwas passiert, ist auch mal etwas anderes. Es sind besonders die lebendigen Details, die diese Kulisse wirken lassen wie ein Bühnenbild.

Es ist ein Vergnügen, diesen Krimi zu lesen. Er ist spannend, und durch diesen immer wieder einfließenden trockenen Humor auch sehr amüsant. Man wird gut unterhalten. Der Fall ist zudem viel komplexer, als zunächst angenommen, so dass sich James Gerald ganz schön ins Zeug legen muss. Gute Detektivarbeit ist hier gefragt. Besonders schön zu lesen, sind hier seine Streitgespräche mit Sheila Humphrey. Es gibt viele spannende Wendungen und das Ende ist eine echte Überraschung.

Rezension von Heike Rau

Marlies Ferber
Null-Null-Siebzig – Operation Eaglehurst
Kriminalroman
272 Seiten, broschiert
Dtv – Deutscher Taschenbuchverlag
ISBN-10: 3423213450
ISBN-13: 978-3423213455
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Tanja Weber: Sommersaat

Tanja Weber: Sommersaat

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Brandenburgische Atmosphäre wird geatmet, wenn man sich in dieses Buch vertieft. Es macht Spaß, eine Landschaft, einen Landstrich zu spüren, wenn man liest. Die von Tanja Weber erzeugten Bilder schaffen es, die Leser auf eine Reise zu schicken. Dabei scheint die Reise nicht nur an einen anderen Ort, sondern auch in eine andere Zeit zu gehen. Denn man mag kaum glauben, eine solche dörfliche Idylle noch heute anzutreffen. Aber das mögen Leute beurteilen, die nicht in einer Großstadt leben. Aber nicht nur die atmosphärischen Bilder sind überzeigend, auch die Brutalität der Täter wird in drastischen Farben gemalt.

In dem kleinen Dorf Brandenburgs mit dem Namen Germerow gibt es diese Idylle vor den Toren Berlins anscheinend noch. Der Postbote Johannes Stifter, der schon seit Jahren an seiner Dissertation in Philosophie arbeitet, wohnt in diesem beschaulichen Örtchen, in welchem es eine Kleingartenanlage und neben vielen Einfamilienhäusern einen Plattenbau gibt, und trägt hier tagein, tagaus die Briefe aus. Er kennt jeden der Empfänger, weiß, wie sie ticken, seine Nachbarn, wer mit wem kann und wer nicht. Sein größtes Interesse aber gilt einer Frau, die vier Kinder hat, von „aus dem Haus“ bis „noch beim Stillen“. Der Vater der beiden jüngsten, Micha, ist ein Taugenichts und selten bei der Familie. Annika Strelski verzichtet gerne auf ihn. Doch eines Tages findet der Briefträger ihn im nahegelegenen Wald tot auf, der Schädel zertrümmert. Stifter gerät in Verdacht. Die Kommissare, ein in der Gegend geborener Mann mittleren Alters und ein Bayer, der schon fünfzehn Jahre im Osten Deutschlands lebt und immer noch hinzulernt, sind ein skurriles Ermittlerduo. Aus ihnen erwächst eine eigenartige Komik und viele nette Episoden entstehen, wenn sich z. B. der alte Bayer über die Musikleidenschaft seines jüngeren Kollegen wundert.
Tanja Weber schafft es verblüffend gut, die Geschichte aus den Perspektiven der verschiedenen Figuren heraus zu erzählen. Besser gesagt, der Erzähler eignet sich in den einzelnen Szenen jeweils die Sichtweise einer der handelnden Figuren an. Dabei greift er die Sprache der jeweiligen Person auf und während er beim neunjährigen Adam noch sagen würde: das ist jetzt aber voll doof, kommt solch ein Satz in Zusammenhang mit einer erwachsenen Figur niemals vor.

Da die Autorin sehr früh den Täter präsentiert, fragt man sich als Leser zu diesem Zeitpunkt, was denn da noch kommen mag. Aber wer das Buch dann aus der Hand legt, wird nie erfahren, wie Spannung nach einem Finale funktioniert. Einfach nur packend und überraschend.

Man darf auf weitere Romane von Tanja Weber gespannt sein. Dieses Buch empfehle ich gerne. Und wer den allerersten Hit von Nina Hagen noch kennt, der wird beim Lesen nicht umhin kommen, das Lied mitzuträllern.

Tanja Weber
Sommersaat
350 Seiten, gebunden
Aufbau Verlag, Berlin
ISBN-10: 3351033613
ISBN-13: 978-3351033613

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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John Harvey: Pass auf dich auf

John Harvey: Pass auf dich auf

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Es trifft Detective Inspector Charlie Resnick hart, als seine Freundin Lynn Kellogg, ebenfalls bei der Polizei, bei einer Rangelei unter Jugendbanden angeschossen wird. Sie verdankt es der kugelsicheren Weste, noch am Leben zu sein. Auch die 16-jährige Kelly Brent wird angeschossen. Sie überlebt nicht. So wird die Sache zu einem Mordfall.

Den Fall übernimmt Detective Superintendent Bill Berry. Als zweiten Mann holt er sich Charlie Resnick dazu, der das Außenteam anleiteten soll.
Man weiß keineswegs, wer der Mörder ist. Er war in dem Trubel angeblich nicht auszumachen. Die Zeugen geben sich zudem bedeckt. Dazu kommt, dass Kelly Brents Vater, Lynn Kellogg vorwirft, seine Tochter als Schutzschild benutzt zu haben. Das bringt Charlie Resnick auf die Palme.

Lynn ist zwar im Moment krankgeschrieben, aber sie muss sich auf einen Prozess vorbereiten, der ihr Kopfzerbrechen bereitet. Es geht um die Anklage gegen Viktor Zoukas. Er hatte eines der Mädchen, Nina Simic, in seinem Massagesalon umgebracht, behauptet aber, ein Kunde wäre dafür verantwortlich. Es gibt eine Zeugin, die Rumänin Andrea Florescu. Doch ob sie aussagen wird, ist ungewiss. Sie hat zu viel Angst.

Der Krimi ist sehr komplex und dennoch relativ leicht zu lesen. Die Spannung wird sehr geschickt aufgebaut und gut gehalten. Im Vordergrund stehen Charlie Resnick und seine Freundin Lynn Kellog. Auch ihr Privatleben wird nicht ausgespart, so dass man einiges über die Beziehung der beiden erfährt und auch ihre privaten Überlegungen mitbekommt. Das ein oder andere Geheimnis, die Ermittlungsarbeiten betreffend, wird geteilt, noch bevor es offiziell wird. Das ist für den Leser sehr spannend.

Es ist ein harter und vor allem gefährlicher Job, den die beiden hier machen. Dass sie stets mit einem Bein im Grab stehen, wird überaus deutlich gemacht. Der Krimi ist dadurch sehr ernst und zeitweise von überaus trauriger Stimmung durchsetzt, dies vor allem im privaten Bereich, Charlie Resnick betreffend.

Die Polizeiarbeit wird in allen Einzelheiten und von verschiedenen Perspektiven aus dargestellt. Der Krimi entwickelt sich langsam. Überraschend ist, wie ein kleiner Hinweis, ein kleiner Stein im Puzzle, eine Lawine ins Rollen bringen kann und dann Zusammenhänge, die man nicht für möglich gehalten hätte, klar werden. Ein wirklich guter Krimi!

Rezension von Heike Rau

John Harvey
Pass auf dich auf
Ein Fall für Charlie Resnick
Deutsch von Sophie Kreutzfeldt
432 Seiten, broschiert
ISBN-10: 3423213469
ISBN-13: 978-3423213462
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Jean-Luc Bannalec: Bretonische Verhältnisse

Jean-Luc Bannalec: Bretonische Verhältnisse

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Mord, Familienfehden und ein kostbares Bild von Gauguin bilden den Plot um den ersten Fall des Kommissars Dupin. Diesem Roman von Jean-Luc Bannalec sollen noch weitere folgen.

Das Geschehen spielt in Pont-Aven, einem bretonischen Künstlerdorf an der Atlantikküste. Bald schon soll der Tourismus dort erblühen. Im alteingesessenen Hotel Central wurde der 91-jährige  Besitzer Pierre-Louis Pennec ermordet. Wer könnte an seinem Tod Interesse gehabt haben?

Wie sich herausstellt, war er schwer herzkrank und hätte jeden Moment sterben können. Immerhin konnte Kommissar Dupin so viel schon herausfinden. Er ist aus Paris in die Bretagne zwangsversetzt worden. Doch so richtig wohl fühlt er sich in der Provinz als Großstädter nicht. Mühsam gestalten sich alle Nachforschungen nach einem Mörder, von dem man noch nicht einmal weiß, welche Motive ihn zu dem Mord verleitet haben könnten.

Nach vielerlei Hin und Her, Fragen hier und dort kommt Kommissar Dupin nur allmählich der Lösung seiner Aufgabe näher. Die Bretagne mit dem herben Reiz der Meeresluft kommt voll zur Geltung. Dupin sucht und forscht überall mit gelegentlichen Aufenthalten in den Restaurants und deren guter Küche. Er telefoniert, konferiert und unterhält zahlreiche Gespräche mit Verwandten, Nachbarn und Freunden. Da es neben den Morden um ein verstecktes und sehr teures Bild von Gauguin geht, darf auch eine einschlägig bekannte Kunstkennerin in der Figur der Marie Morgane Cassel mit ihren Recherchen nicht fehlen. Dass sich allmählich eine Familientragödie abzeichnet, macht den Fall spannend und menschlich verständlich. Geiz und Gier, Liebe und Abneigung: der Fall weist alles auf, was zu einem spannenden Thriller gehört. Man wird es nicht bereuen, ihn gelesen zu haben!

Jean-Luc Bannalec
Bretonische Verhältnisse
308 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, März 2012
ISBN-10: 3462044060
ISBN-13: 978-3462044065
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Jussi Adler-Olsen: Das Alphabethaus

Jussi Adler-Olsen: Das Alphabethaus

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In der Nähe von Naundorf stürzt das Flugzeug ab. Er ist eiskalt, der Winter des Jahres 1944. Die beiden britischen Piloten werden entdeckt, können ihren Verfolgern aber entkommen. Sie springen auf einen Lazarettzug auf. Um zu überleben, müssen zwei der Kranken von ihrem Lager verschwinden. Und wenig später liegen James und Bryan in ihren Betten. Die beiden müssen vor allem schweigen. Ihre Sprache würde sie sofort verraten. Aber immerhin versteht James ein wenig Deutsch. James und Bryan wissen nicht, welche Krankheit sie vortäuschen müssen, aber bald stellen sie fest, dass die Patienten im Waggon geistesgestört sind. Und so teilnahmslos wie sie wirken, sind sie wohl ruhiggestellt worden.

Ziel der Reise ist ein Sanatorium bei Freiburg im Breisgau, das Alphabethaus. Weiterhin werden die Patienten, SS-Offiziere, mit stark wirksamen Medikamenten ruhiggestellt, bekommen Elektroschockbehandlungen. Während James sich nicht gegen die Behandlung wehren kann, versucht Bryan um die Tabletteneinnahme zu kommen. Ist er klar genug im Kopf, schmiedet er Fluchtpläne.
Was James schon viel eher bemerkt als Bryan ist, dass sich noch andere Simulanten im Raum befinden. Aber er hat keine Möglichkeit Bryan zu warnen, obwohl von den anderen die meiste Gefahr ausgeht. Sie sind bereit ihre Identität um jeden Preis zu schützen.

Von Anfang an ist die Handlung sehr spannend, auch wenn der Autor etwas langatmig erzählt. Bald tauchen auch erste Zweifel an den Geschehnissen auf. Zu viele Zufälle spielen hier rein. Ungereimtheiten, die sich nicht klären lassen. Es verstärkt sich der Eindruck, dass sich die Geschichte so nicht abgespielt haben kann. Darüber muss man hinweglesen können, sonst wird es nichts mit dem Buch.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert. Einmal der erste Teil, der vor allem im Sanatorium spielt. Weiter geht es dann fast 30 Jahre später. Bryan intensiviert hier die Suche nach seinem Freund James, dem damals im Gegensatz zu ihm nicht die Flucht gelungen ist. Es ist unglaublich, aber tatsächlich begegnet er in Deutschland seinen alten Feinden wieder, die Angst haben, dass ihre Geheimnisse nun nicht mehr sicher sind. Und so wird Bryan, der eigentlich nur seinen alten Freund sucht, zum Gejagten.

Auch dieser Teil will sich nicht so ganz erschließen. Der Krimi, der sich nun entwickelt, wirkt gezwungen. Das heißt nicht, dass das Buch nicht fesselt oder uninteressant wäre. Aber auch hier hat man Mühe, zu glauben, was der Autor erzählt. So wirkt auch das Ende sehr konstruiert.

Rezension von Heike Rau

Jussi Adler-Olsen
Das Alphabethaus
Aus dem Dänischen von Hannes Thiess und Marieke Heimburger
592 Seiten, Klappenbroschur
Dtv – Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423248947
ISBN-13: 978-3423248945
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Megan Abbott: Das Ende der Unschuld

Megan Abbott: Das Ende der Unschuld

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Zwei Freundinnen und ein Unfall mit bitteren Folgen.

Lizzie und Evie sind zwei dreizehnjährige Mädchen, die Spaß am Leben haben und alle Freuden und Leiden mit einander teilen.

Doch eines Tages nach Schulschluss schaut Lizzie nach Evie, die jedoch plötzlich verschwunden ist.

Eine dramatische Suche beginnt, die zunächst jedoch viele Fragen aufwirft. Lizzie meint einen rotbraunen Wagen mehrfach gesehen zu haben, der Mr. Harold Shaw, einem Familienvater aus der Nachbarschaft, gehört. Hat der Mann Evie etwa entführt?

Lizzie ist eine Hauptperson bei der Suche nach einem möglichen Entführer. Ihr fallen alle die lustigen Dinge ein, die sie mit Evie verbunden hat: Scherze, Geheimnisse und die Beobachtung von Nachbarn und Freundinnen bei diversen Unternehmungen, unter ihnen auch Evies Schwester Dusty. Doch plötzlich ist die Welt stehen geblieben und zeigt sich verändert. Mit Schrecken suchen die Angehörigen und Polizeikräfte nach der verschwundenen Evie.

Megan Abbott hat einen spannenden Krimi geschrieben. In ihm geht es um erste Liebeserfahrungen und um die Verirrungen, mit denen die Phantasie den jungen Mädchen Streiche spielt. Aus Spaß wird Ernst und Lizzie merkt, dass sie gar nicht soviel von ihrer Freundin wusste, wie sie glaubte. Sie fühlt sich ihrerseits unwiderstehlich von Mr. Verver angezogen, dem Vater des verschwundenen Mädchens.

Erotische Spannung baut sich auf, und bei der Suche nach der verlorenen Freundin begegnet Lizzie so mancher Eigenart im Wesen von Nachbarn und Geschwistern, die sie bisher übersehen hatte.

Das Hockeyspiel ist das entspannende Bindeglied zwischen den einzelnen Handelssträngen.

Subtil erdacht und mit zahlreichen Facetten ausgestattet entwickelt die Autorin bunte Mosaiksteine, mit denen der Übergang von der Kindheit zum Heranwachsenden für die notwendigen psychologischen Details sorgt.

Der Krimi bietet ein unterhaltsames Lesevergnügen, das sich auch für Jugendliche eignet.

Megan Abbott stammt aus Detroit. Sie wurde mit hohen Buchpreisen ausgezeichnet, und der vorliegende Roman ist als erster ins Deutsche übersetzt worden.

Megan Abbott
Das Ende der Unschuld
290 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2012
ISBN-10: 3462043900
ISBN-13: 978-3462043907
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