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Kategorie: Krimi und Thriller

Ellen Berg: Der ist für die Tonne – (K)ein Männer-Roman

Ellen Berg: Der ist für die Tonne – (K)ein Männer-Roman

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Hannah ist ein professioneller Coach fürs Ausmisten. In dieser Funktion soll sie dem neuen Freund ihrer Freundin Tess auf die Beine helfen. Er wohnt in einer zugemüllten Villa und sein Kleiderstil lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Pascal mag eigenwillig sein, doch Hannah gefällt er irgendwie. Er hat so einen grantigen Charme. Das ist ein Widerspruch, der sie reizt. Aber das spielt keine Rolle. Wirklich nicht! Keinesfalls! Hannah hat sich im Griff! Sie würde nie ihre Freundin hintergehen.

Als sie eine Leiche auf Pascals Dachboden findet, beginnt das Chaos. Fast wird Hannah verhaftet, doch Pascal gelingt es, das mit einer haarsträubenden Lügengeschichte zu vermeiden. Er drängt sie in eine Rolle, die sie nie spielen wollte. Das hat Folgen und verursacht ein emotionales Chaos, zumal die Polizei bald aus gutem Grund eine Theorie entwickelt, die beiden gefährlich werden könnte.

Die Freundschaft zwischen Hannah und Tess kippelt, zumal auch Pascal einige Änderungswünsche seine neue Freundin betreffend hat. Wie soll Hannah sich da länger raushalten? Wie soll sie wieder Ordnung in ihrem Leben schaffen? Vielleicht kann Ex-Ehemann Dennis dabei helfen, der ihr ohne hin neuerlich wieder Avancen macht.

Der Roman unterhält sehr gut. Auch wenn die Handlung chaotisch ist, so ist sie doch witzig und spannend. Hannah liefert sich die eine oder andere amüsante Diskussion mit Pascal und man lacht darüber, wie schlagfertig beide sind und wie sie sich immer mehr im Gefühlschaos verstricken.
Sämtliche Charaktere haben ihre Eigenheiten und sind teilweise äußerst speziell. Die Autorin bringt viel Wortwitz, Zweideutigkeiten und flotte Sprüche im Buch mit ein, untermalt mit einigen psychologisch wertvollen Lebensweisheiten. Sie schreibt in einem lockeren und leicht zu lesendem Stil.
Klar, werden hier Klischees bedient und die Handlung wirkt einigermaßen überzogen, aber man wird wunderbar abgelenkt und es macht Spaß, dem Krimi zu folgen, auch wenn der Mordfall immer mal wieder etwas in den Hintergrund gerät!

Rezension von Heike Rau

Ellen Berg
Der ist für die Tonne – (K)ein Männer-Roman
320 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 3746635861
ISBN-13: 978-3746635866
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Rita Falk: Gugelhupfgeschwader – Der zehnte Fall für den Eberhofer

Rita Falk: Gugelhupfgeschwader – Der zehnte Fall für den Eberhofer

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Auch in diesem Krimi herrscht das alltägliche Chaos. Kommissar Franz Eberhofer stellt sich als viel beschäftigter Mann dar. Dauernd muss er sich mit privaten Dingen herumschlagen und dann auch noch in Niederkaltenkirchen für Ordnung sorgen. Seine Arbeit erledigt schon aus Zeitgründen gern nebenbei und schafft es dennoch, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Der Fall, um den es im Buch geht, ist allerdings ziemlich spektakulär. Der Lotto-Otto ist spielsüchtig. Die Schuldeneintreiber sind ihm auf den Fersen. Spaß verstehen sie nicht. Eberhofer muss eingreifen. Sein Kriseninterventionsplan ist jedoch nicht durchdacht und funktioniert leider nur bedingt oder eigentlich überhaupt nicht. Den Anschlag auf den Lotto-Laden konnte er auch nicht voraussehen. Die Lage spitzt sich unangenehm zu! Ein bisschen Arbeit könnte der Eberhofer auf den Birkenberger Rudi abschieben. So wie immer. Aber der hat wenig Interesse und ist seltsam komisch drauf. Sein Blick ist auf eine junge Frau gerichtet, die ihn sehr zu beeindrucken scheint. Es kracht heftig zwischen den langjährigen Freunden. Der Birkenberger macht schließlich Schluss per WhatsApp! Und der Eberhofer steht erst mal alleine da. Dabei handelt es sich hier sage und schreibe um den 10. Fall!

Dorfpolizist Eberhofer ist immer wieder für eine Überraschung gut, weil er so sprunghaft und unkontrolliert handelt. Sein Familienleben, er hat es mittlerweile halbwegs im Griff, und das der Leben der Dorfgemeinschaft bieten viel Stoff für Alltäglichkeiten, Auseinandersetzungen und urkomische Dialoge. Als Leser kennt man mittlerweile die wichtigsten Charaktere samt ihren Eigenheiten und begegnet ihnen gern wieder. Auch die Oma ist wieder mit dabei. Sie verrät im Buch ihr legendäres Gugelhupf-Rezept!

Auch dieser 10. Eberhofer-Krimi ist, wie er ist, wie er schon immer war und wie es zu erwarten ist. Unterhaltsam, schräg und herrlich amüsant! Eine kurzweilige Lektüre also, bei der man sich keinen Kopf machen muss. Ich lese die Bücher zwischendurch gern!

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Gugelhupfgeschwader
Ein Provinzkrimi
Der zehnte Fall für den Eberhofer
320 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262311
ISBN-13: 978-3423262316
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Garry Disher: Kaltes Licht

Garry Disher: Kaltes Licht

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Nicht jeder ist davon begeistert, dass Sergeant Alan Auhl aus der Pensionierung zurückgekommen ist und nun die unbeliebten Altfälle bearbeiten soll. Die jungen Kollegen machen ihre Witze, die Auhl jedoch an sich abprallen lässt. Jemand muss sich um diese Fälle kümmern. Möglicherweise hat sich mittlerweile etwas ergeben, dem man nachgehen kann!

Einer dieser ungeklärten Fälle drängt sich in den Vordergrund, als ein Schlangenfänger ein Skelett unter einer alten Betonplatte findet. Die Bewohner des daneben gelegenen Hauses hatten ihn gerufen. Von dem Toten hatte man angenommen, dass er ein Mörder ist, der sich aus dem Staub gemacht hat. Aber scheinbar ist auch er ein Opfer. Die Befragungen beginnen erneut. Aber viel Zeit ist vergangen und kaum einer der Zeugen kann oder will sich erinnern.

Zeitgleich wird ein weiterer Fall untersucht, auf den nach einem erneuten unerklärlichen Vorfall ebenfalls ein anderes Licht fällt. Auhl beißt sich fest. Aakribisch recherchiert er Details, um einen mutmaßlichen Mörder festsetzen zu können. Dabei hat er auch private Probleme am Hals, die ihn sehr beschäftigen.

Sergeant Alan Auhl wird als empathischer Mensch beschrieben. Er erträgt es nicht, wenn ein Täter davonkommt, weil ihm nichts nachzuweisen ist. Seine eigene Überzeugung reicht ihm aus. Er glaubt, das Offensichtliche erkennen und in menschliche Abgründe hineinzusehen zu können. Als Leser kann man ihm da gut folgen und seine Denkweisen, die der Autor sehr ausführlich beschreibt, nachvollziehen.

Unvermittelt, man hält es nicht für möglich, überschreitet Auhl jedoch eine Grenze in seiner polizeilichen Arbeit. Nicht, dass er eine Wahl gehabt hätte! Er hat sich zu weit vorgewagt und sich den Rückweg verbaut. Und nun ist auch der Leser in einem Dilemma. Lässt man das dem Sergeant durchgehen oder verliert er an Sympathie?

Der Krimi ist gut geschrieben! Er ist sehr spannend durch seine plötzlichen Wendungen und die äußerst fragwürdige Hauptperson, die der Autor da geschaffen hat.

Rezension von Heike Rau

Garry Disher
Kaltes Licht
Aus dem Englischen von Peter Torberg
Kriminalroman
320 Seiten, gebunden
Unionsverlag
ISBN-10: 3293005500
ISBN-13: 978-3293005501
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Romy Hausmann: Liebes Kind

Romy Hausmann: Liebes Kind

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Sie wird von ihm Lena genannt, auch wenn sie nicht so heißt. Die Kinder Hannah und Jonathan sagen Mama zu ihr, auch wenn sie nicht ihre Mutter ist. Der Mann, es ist nicht ihr Mann, aber der Vater der Kinder, verlangt, dass sie in jeder Hinsicht tut, was er sagt. Sie hat keine Wahl in dieser Hütte in der Einsamkeit des Waldes. Er ist der Stärkere, er hat die Macht und zeigt das auch.

Ohne den Zirkulationsapparat, die Fenster sind dichtgemacht, würde man im Haus ersticken. Sie kann nicht sagen, ob draußen Tag oder Nacht ist. Alles ist geregelt und folgt einem genauen Zeitplan. Widersetzt sie sich, wird sie hart bestraft. Er tut alles, damit es seiner Familie gut geht. Er sorgt für Essen und Schutz vor der Außenwelt. Sie spielt mit, weil sie muss und hofft auf eine Möglichkeit zur Flucht.

Die Polizei hat einen Vermisstenfall, der 14 Jahre zurückliegt, aufgegeben. Die Eltern glauben kaum noch daran, dass ihre Tochter jemals gefunden wird. Bis sie eines Tages doch noch den ersehnten Anruf bekommen.

Mehr möchte ich nicht verraten, sonst geht ein Teil der Spannung verloren. Der Krimi ist systematisch aufgebaut und entwickelt rasch eine Sogwirkung. Man wird hineingezogen in diese Geschichte. Dem Leser wird ein großer Einblick gewährt, ohne das er den Durchblick hat, auch wenn das für eine Weile so scheint. Es sind Einzelheiten, die erst nach und nach enthüllt werden, und die zeigen, das sich weit mehr abgespielt hat. Trotzdem ist das noch immer nicht die ganze Wahrheit. Man liest das Buch, immer verfolgt von bösen Ahnungen.

Der Thriller ist so was von extrem spannend! Die Autorin zeigt eine Geschichte auf, die jenseits jeder Vorstellung liegt. Dabei gibt es keine Person, an die man sich halten kann. Fast jeder handelt irgendwie irrational, versinkt in seiner eigenen Welt oder macht sich anderweitig verdächtig. Trotzdem ist der Verlauf des Buches relativ glaubhaft, denn wie man später merkt, steckt einfach mehr dahinter. Das Ende ist unvorhersehbar und dementsprechend überraschend.

Rezension von Heike Rau

Romy Hausmann
Liebes Kind
432 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 342326229X
ISBN-13: 978-3423262293
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Judith Winter: Finsterwald – (4. Buch mit Emilia Capelli und Mai Zhou)

Judith Winter: Finsterwald – (4. Buch mit Emilia Capelli und Mai Zhou)

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Niemand sollte sie finden! Der Mörder hatte sein Opfer gut im Wald versteckt. Doch ein Tierschützer hat hier einen Beobachtungspunkt. Kurz nachdem er die Leiche entdeckt hat, läuft er Kommissarin Emilia Capelli vors Auto und bringt sie zum Anhalten. Die Autopsie ergibt Schreckliches. Eine monatelange Gefangenschaft muss der Tat vorausgegangen sein. Einige Zeit später wird eine Lehrerin ermordet in ihrem Haus aufgefunden. Der Täter hat sie in eine seltsame Position gebracht. So unwahrscheinlich es auch klingt, Emilia Capelli und ihre Kollegin Mai Zhou sehen trotz des ungleichen Tathergangs einen Zusammenhang zwischen den beiden Taten. Sie müssen davon ausgehen, dass ein weiterer Mord geplant ist.

Eine andere Perspektive schildert die unglaublichen Strapazen, die eine Frau, die in einem Kellerverlies gefangen gehalten wird, erdulden muss. Es ist stockdunkel hier, sodass sie, was Raum und Zeit betrifft, völlig orientierungslos ist. Und sie weiß, dass sie so schnell niemand vermissen wird. Sie versucht dennoch einen Plan zu entwickeln, erkennt schließlich eine Möglichkeit und bewahrt sich damit einen Rest Hoffnung.

Emilia Capelli Kollegin Mai Zhou müssen diesen Serienkiller stoppen. Es gibt erschreckend deutliche Parallelen zu einem alten Fall, das ist ein wichtiger Hinweis. Doch der Täter ist in Sicherheitsverwahrung im Kronenhof. Er hat keine Möglichkeit, die Klinik zu verlassen oder Kontakte zu knüpfen. Doch er verfügt über Wissen, das er nicht haben dürfte. Geschickt spielt er seine Karten aus, und treibt damit die Ermittlerinnen in den spürbar Wahnsinn.

Der Krimi ist extrem spannend. Die Autorin lässt Capelli und Zhou Hand in Hand arbeiten, auch wenn sie sich wie bei jedem neuen Fall, nicht immer einig sind. Ihre verschiedenen Sichtweisen und Herangehensweisen sorgen für Abwechslung und regen zu eigenen Spekulationen an. Es bringt die beiden voran, sich auf den anderen einzulassen, Gedanken aufzugreifen und weiterzudenken. Was zunächst abwegig erscheint, wird irgendwann greifbar. Dennoch bleibt die Spur zum Täter unerträglich dünn. Die beiden Ermittlerinnen stehen unglaublich unter Druck. Es fehlt an Zeit. So fühlt man sich auch als Leser gehetzt. Dazu kommen die Szenen aus dem Kellerverlies, die nervenzerreißend sind. Kein Wunder also, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

Rezension von Heike Rau

Judith Winter
Finsterwald – (4. Buch mit Emilia Capelli und Mai Zhou)
496 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423217480
ISBN-13: 978-3423217484
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Franzobel: Rechtswalzer

Franzobel: Rechtswalzer

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Malte Dinger, Getränkehändler und Besitzer einer Bar, könnte zufrieden sein mit seinem Leben. Er ist glücklich mit Frau und Kind. Dass die Politik im Land einen ungünstigen Verlauf nimmt, muss ihn nicht interessieren.

Doch als er beim Schwarzfahren erwischt wird, wendet sich sein Leben. Dabei hat er eigentlich einen gültigen Fahrschein. Doch seine Frau Elvira hat vergessen, ihm seine Monatskarte zurückzugeben. Solche Ausreden kennen die Kontrolleure. Das lassen sie nicht gelten. Malte kann die Strafe nicht bezahlen, ihm fehlen drei Euro, die sich auch nicht auf die Schnelle beschaffen lassen. Auch hat er, wie sich herausstellt, falsche Personalangaben gemacht. So wird ihm mit einer Anzeige wegen Betrug gedroht. Doch auf die Wachstube will er nicht. Er setzt sich zur Wehr, tritt um sich und verletzt einen Polizisten. Das bringt ihn schließlich ins Gefängnis. Und da bleibt er.

Kommissar Groschen interessieren solche kleinen Fälle nicht. Er ist mit einem Mord beschäftigt. Scheinbar ist dieser ominöse Branko, man nennt solche Typen Witwentröster, beim Ausleben fragwürdiger sexueller Vorlieben ums Leben gekommen. Was für ein Anblick! Aber kann man das glauben? Die Ermittlungsarbeiten bringen jedenfalls etwas anderes ans Licht.

Der Krimi spielt in der nahen Zukunft im Jahre 2024. Österreich wird von einer neuen rechtsnationalen Regierung angeführt. LIMES will ein Schutzwall sein, nicht nur gegen illegale Einwanderung. Die wirklichen Ziele lassen sich nicht so einfach durchschauen. Aber Kommissar Groschen kommt diesen im Zuge seiner Ermittlungsarbeiten nach und nach auf die Spur.

Es ist schon absurd, was da geschieht! Es entwickelt sich eine Gesellschaftssatire, die extrem irrwitzig und überzeichnet ist, im Kern wohl aber eine Warnung.

Das Buch ist nicht einfach zu lesen. Der Autor hat es vollgepackt und treibt den Irrsinn mit Schwung voran. Ich hatte Mühe, da mitzukommen und mich hineinzudenken. Es gibt nichts, woran man sich festhalten kann. Und auch keine der agierenden Personen wirkt sympathisch. Das Szenario, das der Autor entwickelt, mag absichtlich abwegig sein, aber es ist vielmehr haarsträubend. Da werden Fäden gesponnen und zu irgendwas zusammengefügt, das für mich nicht passen will.

Rezension von Heike Rau

Franzobel
Rechtswalzer
Kriminalroman
416 Seiten, Klappenbroschur
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552059229
ISBN-13: 978-3552059221
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Linus Geschke: Tannenstein

Linus Geschke: Tannenstein

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Keiner kann sagen, warum der Wanderer in der Dorfkneipe von Tannenstein elf Menschen umgebracht hat. Nur der Wirt wurde verschont. Es ist kein Motiv ersichtlich. Doch als der Killer seine Kollegin und Freundin Lydia Wollstedt während der Ermittlungsarbeiten ermordet, wird der Ex-Polizist Alexander Born munter. Kaum aus dem Knast entlassen, er saß hier drei Jahre wegen Veruntreuung und Drogendelikten, macht er es sich zur Aufgabe, dem bisher nicht abgeschlossenen Fall noch einmal nachzugehen und den Wanderer aufzuspüren. Er will Rache. Als Ex-Polizist hat er weitaus bessere Möglichkeiten.

Born muss von vorne beginnen und herauszufinden, was Lydia entdeckt hat. Er nutzt dafür seine alten Kontakte und gibt sich provokant. Offiziell ist Polizeioberkommissarin Norah Bernsen an dem Fall dran. Sie agiert pflichtbewusst nach Vorschrift, muss aber einsehen, dass sie damit nicht weit kommt. Vielleicht kann man gemeinsam mehr erreichen.

Der Autor legt ein ordentliches Tempo vor. Die Spannung, die aufgebaut wird, ist extrem. Dazu kommt, dass die Perspektive immer wieder wechselt. Damit erhält der Leser Hintergrundwissen. Ihm ist die Gefahr also sehr viel deutlicher bewusst, als Alexander Born oder Norah Bernsen. Beide sind nicht unbedingt positiv besetzt. Insbesondere Born übt Selbstjustiz ohne genaue Kenntnis der Fakten und Bernsen hindert ihn nicht daran. Moralisch einwandfrei ist das nicht. Aber gut nachvollziehbar. Die Gegenseite ist schließlich kriminell, kennt keine Grenzen und geht über Leichen. Krasse, brutale Gewaltszenen verdeutlichen das. Zum Glück beschreibt der Autor diese auf eine kaltschnäuzige, emotionslose und direkte Art. Lässt man die eigene Fantasie nicht anspringen, kann man ganz gut über diese Szenen hinweg lesen. Ich finde das gut! Wer mag, kann natürlich das Kopfkino anlaufen lassen.

Alexander Born ist echt gut! Die Handlung ist stimmig und realistisch, auch wenn mich wundert, wie viel Glück Born manchmal hat! Besonders am Ende des Buches wird das deutlich.

Rezension von Heike Rau

Linus Geschke
Tannenstein
Thriller
384 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262184
ISBN-13: 978-3423262187
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Paul Grote: Pinot Grigio stand nicht im Testament

Paul Grote: Pinot Grigio stand nicht im Testament

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Der Fotograf Frank Gatow ist in Südtirol unterwegs, um Weingüter für einen Fotoband zu fotografieren. Werner Kannegießer, ein Winzer, hat ihn dazu eingeladen. Doch vor Ort eingetroffen, muss Gatow feststellen, dass der Kannegießer tot ist. Er soll in der Karibik bei einem Tauchunfall ums Leben gekommen sein. Kannengießers Tochter Theresa glaubt aber, dass es Mord war. Beweise dafür fehlen ihr allerdings. Sie schafft es aber immerhin, Gatows Misstrauen zu wecken.

Bald wird der Fotograf von allen möglichen Leuten angesprochen, in deren Angelegenheit hineingezogen und manipuliert. Offenbar herrscht großer Unfrieden in der Familie. Das zu erwartete Erbe ist Anlass für die extremen Streitigkeiten. Es gibt also ein Motiv. So erhärtet sich der Mordverdacht. Gatow sollte sich besser nicht weiter einmischen. Doch er verpasst den Moment, sich zurückzuziehen, und so steckt er bald mit drin im Intrigenspiel. Die Polizei ist zunächst keine große Hilfe. Sie stützt den Mordverdacht nicht.

Durch den Anfang des Buches muss man erst mal durch. Viel zu langwierig wird in den Krimi hineingeführt. Es geht einfach nicht vorwärts. Doch das Blatt wendet sich. Die Spannung steigt etwas, auch wenn der Autor immer wieder zu Weinproben, Landschaftsbeschreibungen oder politischen Erklärungen abschweift. Natürlich gibt es auch Interessantes zum Thema Wein zu erfahren. Auch wecken die Beschreibungen der Weingüter, die es tatsächlich gibt, Neugier.

Der Fall selbst ist interessant, wenn auch sehr verwickelt. Es ist eine große Aufgabe für Frank Gatow, der ja kein Privatdetektiv ist, hier einen Durchblick zu bekommen. Es geht schließlich um 22 Millionen Euro! Gatow handelt bald auch aus eigenem Interesse, weil er den Nervenkitzel liebt. Den bekommt er auch, als er seine Nachforschungen gegenüber den falschen Leuten bekannt macht.

Rezension von Heike Rau

Paul Grote
Pinot Grigio stand nicht im Testament
448 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423217405
ISBN-13: 978-3423217408
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Frank Goldammer: Roter Rabe

Frank Goldammer: Roter Rabe

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Gleich nach dem Ostseeurlaub fährt Oberkommissar Hellers Frau Karin in den Westen. Sie hat überraschend die Erlaubnis bekommen, Sohn Erwin zu besuchen. Heller hat unterdessen einen schwierigen Fall zu lösen. Dabei muss er sich auch um den Haushalt und Pflegekind Anni kümmern. Auch Frau Marquart, in dessen Haus er mit seiner Familie lebt, hat immer größere Probleme mit ihrem Gedächtnis. Dass nun auch noch eine weitläufige Verwandte von Frau Marquart aufgenommen wird, passt ihm nicht. Diese Edeltraud Hermann macht ihn misstrauisch.

Zwei Männer, Zeugen Jehovas, sollen Selbstmord in ihren Gefängniszellen begangen haben. Dabei wäre eine Vernehmung äußerst wichtig gewesen, schließlich standen sie unter Spionageverdacht. Bei diesen nicht nachvollziehbaren Todesfällen bleibt es nicht. Die Explosion in einem Kraftwerk lässt für Heller nur eine Schlussfolgerung zu. Doch wer ist der Drahtzieher? Heller stößt auf Zeitungen, mit denen offenbar Nachrichten übermittelt werden. Doch diese zu entschlüsseln, ist schwierig.

Das Buch ist gut geschrieben. Das Alltagsleben am Anfang der 50-er Jahre ist gut eingefangen. Frank Goldammer Krimis um Max Heller sind immer auch spannende Ausflüge in die Geschichte, hier mit Blick auf die politische und gesellschaftliche Situation in der Anfangszeit der DDR. Die einzelnen Figuren, Hellers Familie und seine Kollegen, hier insbesondere Oldenbusch und der neue Unterkommissar Salbach, sind wie gewohnt gut ausgearbeitet.

Der Fall ist interessant, aber auch sehr undurchsichtig. Heller versucht mit Härte durchzugreifen. Er riskiert nicht selten sein Leben. Karin fehlt ihm und er hat Sorge, dass sie im Westen bleibt, zumal eine erwartete Nachricht ausbleibt. Auch das hat Einfluss auf sein Verhalten. Er muss sich eingestehen, dass er nicht genug Zeit hat, um sich um Anni zu kümmern. Erst jetzt merkt er, was alles an Karin hängen geblieben ist.

Es geht im Buch um Spionage. Und so taucht Alexej Saizev, ein alter Bekannter, wieder auf, der nun für den MGB arbeitet, und dem Raben auf die Spur kommen will. Er behindert Hellers Ermittlungsarbeiten, so wie auch Hellers Chef Niesbach. So überschlagen sich zum Ende hin die Ereignisse und enden in einer Überraschung.

Rezension von Heike Rau

Frank Goldammer
Roter Rabe
Kriminalroman
384 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262095
ISBN-13: 978-3423262095
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Emmanule Carrère: Der Widersacher

Emmanule Carrère: Der Widersacher

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Emmanuel Carrère hat sich eines Genres für seine Geschichte angenommen, die man nicht anders als eine romanhafte Dokumentation beschreiben kann.

Als er in der Zeitung von einem Hochstapler liest, der innerhalb kurzer Zeit seine nahe Familie umgebracht hat, kann er nicht anders, als sich dieses Falls literarisch anzunehmen.

Diese Erklärung setzt er seiner Erzählung voran.

Er hat Kontakt zu dem Ungeheuer und verfolgt dessen Prozess.

Nun aber einmal langsam: minutiös geht er dem Geschehen nach und erkennt, dass hier wirklich ein kranker Mensch gehandelt hat.

Am 19.Januar 1993 erschlug der vermeintliche Arzt und hoch angesehene Wissenschaftler Jean-Claude Romand zuerst seine Frau, kurz darauf seine beiden kleinen Kinder und danach auch noch seine beiden Eltern mit dem geliebten Familienhund. Er zündete sein Haus an und nahm Schlaftabletten. Unglücklicherweise für ihn rettete ihn die Feuerwehr und seine ganze erlogene Existenz flog auf.

Hier setzt Carrère mit seinem Bericht an. Er befragt die Freunde von Romand, seine Nachbarn und erkundet sein Umfeld. Erschrocken nimmt er zur Kenntnis, dass hier die Abgründe der menschlichen Psyche ihren Ausdruck gefunden hat. Unter der Maske bürgerlicher Wohlanständigkeit mit erfolgreichem Lebensweg verbirgt sich ein Mann, der nichts zuwege gebracht hat: weder sein Arztexamen ist echt noch seine Anstellung bei der WHO in Genf mit häufigen Dienstreisen und Vorträgen überall in der Welt.

Grundlage der finanziellen Existenz dieses Lebens waren großzügige Finanztransaktionen, mit denen Romand vorgeblich durch Anlagen in der Schweiz den arglosen Geldgebern riesige Gewinne versprach. Und hier lauerte denn auch der Fallstrick, der ihn buchstäblich zu Fall brachte.

Wie E. Carrere das alles langsam aufdeckt und den Leser an dieser Erkundungsreise teilnehmen lässt ist atemberaubend und lässt den Leser erschauern. Seine Sprache wird der Brutalität der Vorgänge gerecht; sie ist lebendig und lebensnah, doch lässt sie sowohl den Autor als auch den Leser erstaunen, mit welch einer Leichtigkeit sich Verbrechen begehen lassen.

Wie konnte nur niemand darauf kommen, dass dieses ganze Leben eine Fiktion war?

Man liest das Buch mit höchster Spannung, weil es auch eine Studie über die Psyche eines Mannes birgt, der sich und andere in ein vollständiges Missverhältnis zwischen Wahn und Wirklichkeit führt.

Obwohl ich kein wirklicher Krimifan bin, reizt dieses Buch bis zuletzt als gelungene Sozial- und Psychostudie.

Emmanuel Carrere
Der Widersacher
195 Seiten, gebunden
Matthes & Seitz Berlin, August 2018)
ISBN-10: 3957576121
ISBN-13: 978-3957576125
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