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Kategorie: Krimi und Thriller

Romy Hausmann: Liebes Kind

Romy Hausmann: Liebes Kind

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Sie wird von ihm Lena genannt, auch wenn sie nicht so heißt. Die Kinder Hannah und Jonathan sagen Mama zu ihr, auch wenn sie nicht ihre Mutter ist. Der Mann, es ist nicht ihr Mann, aber der Vater der Kinder, verlangt, dass sie in jeder Hinsicht tut, was er sagt. Sie hat keine Wahl in dieser Hütte in der Einsamkeit des Waldes. Er ist der Stärkere, er hat die Macht und zeigt das auch.

Ohne den Zirkulationsapparat, die Fenster sind dichtgemacht, würde man im Haus ersticken. Sie kann nicht sagen, ob draußen Tag oder Nacht ist. Alles ist geregelt und folgt einem genauen Zeitplan. Widersetzt sie sich, wird sie hart bestraft. Er tut alles, damit es seiner Familie gut geht. Er sorgt für Essen und Schutz vor der Außenwelt. Sie spielt mit, weil sie muss und hofft auf eine Möglichkeit zur Flucht.

Die Polizei hat einen Vermisstenfall, der 14 Jahre zurückliegt, aufgegeben. Die Eltern glauben kaum noch daran, dass ihre Tochter jemals gefunden wird. Bis sie eines Tages doch noch den ersehnten Anruf bekommen.

Mehr möchte ich nicht verraten, sonst geht ein Teil der Spannung verloren. Der Krimi ist systematisch aufgebaut und entwickelt rasch eine Sogwirkung. Man wird hineingezogen in diese Geschichte. Dem Leser wird ein großer Einblick gewährt, ohne das er den Durchblick hat, auch wenn das für eine Weile so scheint. Es sind Einzelheiten, die erst nach und nach enthüllt werden, und die zeigen, das sich weit mehr abgespielt hat. Trotzdem ist das noch immer nicht die ganze Wahrheit. Man liest das Buch, immer verfolgt von bösen Ahnungen.

Der Thriller ist so was von extrem spannend! Die Autorin zeigt eine Geschichte auf, die jenseits jeder Vorstellung liegt. Dabei gibt es keine Person, an die man sich halten kann. Fast jeder handelt irgendwie irrational, versinkt in seiner eigenen Welt oder macht sich anderweitig verdächtig. Trotzdem ist der Verlauf des Buches relativ glaubhaft, denn wie man später merkt, steckt einfach mehr dahinter. Das Ende ist unvorhersehbar und dementsprechend überraschend.

Rezension von Heike Rau

Romy Hausmann
Liebes Kind
432 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 342326229X
ISBN-13: 978-3423262293
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Judith Winter: Finsterwald – (4. Buch mit Emilia Capelli und Mai Zhou)

Judith Winter: Finsterwald – (4. Buch mit Emilia Capelli und Mai Zhou)

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Niemand sollte sie finden! Der Mörder hatte sein Opfer gut im Wald versteckt. Doch ein Tierschützer hat hier einen Beobachtungspunkt. Kurz nachdem er die Leiche entdeckt hat, läuft er Kommissarin Emilia Capelli vors Auto und bringt sie zum Anhalten. Die Autopsie ergibt Schreckliches. Eine monatelange Gefangenschaft muss der Tat vorausgegangen sein. Einige Zeit später wird eine Lehrerin ermordet in ihrem Haus aufgefunden. Der Täter hat sie in eine seltsame Position gebracht. So unwahrscheinlich es auch klingt, Emilia Capelli und ihre Kollegin Mai Zhou sehen trotz des ungleichen Tathergangs einen Zusammenhang zwischen den beiden Taten. Sie müssen davon ausgehen, dass ein weiterer Mord geplant ist.

Eine andere Perspektive schildert die unglaublichen Strapazen, die eine Frau, die in einem Kellerverlies gefangen gehalten wird, erdulden muss. Es ist stockdunkel hier, sodass sie, was Raum und Zeit betrifft, völlig orientierungslos ist. Und sie weiß, dass sie so schnell niemand vermissen wird. Sie versucht dennoch einen Plan zu entwickeln, erkennt schließlich eine Möglichkeit und bewahrt sich damit einen Rest Hoffnung.

Emilia Capelli Kollegin Mai Zhou müssen diesen Serienkiller stoppen. Es gibt erschreckend deutliche Parallelen zu einem alten Fall, das ist ein wichtiger Hinweis. Doch der Täter ist in Sicherheitsverwahrung im Kronenhof. Er hat keine Möglichkeit, die Klinik zu verlassen oder Kontakte zu knüpfen. Doch er verfügt über Wissen, das er nicht haben dürfte. Geschickt spielt er seine Karten aus, und treibt damit die Ermittlerinnen in den spürbar Wahnsinn.

Der Krimi ist extrem spannend. Die Autorin lässt Capelli und Zhou Hand in Hand arbeiten, auch wenn sie sich wie bei jedem neuen Fall, nicht immer einig sind. Ihre verschiedenen Sichtweisen und Herangehensweisen sorgen für Abwechslung und regen zu eigenen Spekulationen an. Es bringt die beiden voran, sich auf den anderen einzulassen, Gedanken aufzugreifen und weiterzudenken. Was zunächst abwegig erscheint, wird irgendwann greifbar. Dennoch bleibt die Spur zum Täter unerträglich dünn. Die beiden Ermittlerinnen stehen unglaublich unter Druck. Es fehlt an Zeit. So fühlt man sich auch als Leser gehetzt. Dazu kommen die Szenen aus dem Kellerverlies, die nervenzerreißend sind. Kein Wunder also, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

Rezension von Heike Rau

Judith Winter
Finsterwald – (4. Buch mit Emilia Capelli und Mai Zhou)
496 Seiten, broschiert
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423217480
ISBN-13: 978-3423217484
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Franzobel: Rechtswalzer

Franzobel: Rechtswalzer

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Malte Dinger, Getränkehändler und Besitzer einer Bar, könnte zufrieden sein mit seinem Leben. Er ist glücklich mit Frau und Kind. Dass die Politik im Land einen ungünstigen Verlauf nimmt, muss ihn nicht interessieren.

Doch als er beim Schwarzfahren erwischt wird, wendet sich sein Leben. Dabei hat er eigentlich einen gültigen Fahrschein. Doch seine Frau Elvira hat vergessen, ihm seine Monatskarte zurückzugeben. Solche Ausreden kennen die Kontrolleure. Das lassen sie nicht gelten. Malte kann die Strafe nicht bezahlen, ihm fehlen drei Euro, die sich auch nicht auf die Schnelle beschaffen lassen. Auch hat er, wie sich herausstellt, falsche Personalangaben gemacht. So wird ihm mit einer Anzeige wegen Betrug gedroht. Doch auf die Wachstube will er nicht. Er setzt sich zur Wehr, tritt um sich und verletzt einen Polizisten. Das bringt ihn schließlich ins Gefängnis. Und da bleibt er.

Kommissar Groschen interessieren solche kleinen Fälle nicht. Er ist mit einem Mord beschäftigt. Scheinbar ist dieser ominöse Branko, man nennt solche Typen Witwentröster, beim Ausleben fragwürdiger sexueller Vorlieben ums Leben gekommen. Was für ein Anblick! Aber kann man das glauben? Die Ermittlungsarbeiten bringen jedenfalls etwas anderes ans Licht.

Der Krimi spielt in der nahen Zukunft im Jahre 2024. Österreich wird von einer neuen rechtsnationalen Regierung angeführt. LIMES will ein Schutzwall sein, nicht nur gegen illegale Einwanderung. Die wirklichen Ziele lassen sich nicht so einfach durchschauen. Aber Kommissar Groschen kommt diesen im Zuge seiner Ermittlungsarbeiten nach und nach auf die Spur.

Es ist schon absurd, was da geschieht! Es entwickelt sich eine Gesellschaftssatire, die extrem irrwitzig und überzeichnet ist, im Kern wohl aber eine Warnung.

Das Buch ist nicht einfach zu lesen. Der Autor hat es vollgepackt und treibt den Irrsinn mit Schwung voran. Ich hatte Mühe, da mitzukommen und mich hineinzudenken. Es gibt nichts, woran man sich festhalten kann. Und auch keine der agierenden Personen wirkt sympathisch. Das Szenario, das der Autor entwickelt, mag absichtlich abwegig sein, aber es ist vielmehr haarsträubend. Da werden Fäden gesponnen und zu irgendwas zusammengefügt, das für mich nicht passen will.

Rezension von Heike Rau

Franzobel
Rechtswalzer
Kriminalroman
416 Seiten, Klappenbroschur
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552059229
ISBN-13: 978-3552059221
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Linus Geschke: Tannenstein

Linus Geschke: Tannenstein

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Keiner kann sagen, warum der Wanderer in der Dorfkneipe von Tannenstein elf Menschen umgebracht hat. Nur der Wirt wurde verschont. Es ist kein Motiv ersichtlich. Doch als der Killer seine Kollegin und Freundin Lydia Wollstedt während der Ermittlungsarbeiten ermordet, wird der Ex-Polizist Alexander Born munter. Kaum aus dem Knast entlassen, er saß hier drei Jahre wegen Veruntreuung und Drogendelikten, macht er es sich zur Aufgabe, dem bisher nicht abgeschlossenen Fall noch einmal nachzugehen und den Wanderer aufzuspüren. Er will Rache. Als Ex-Polizist hat er weitaus bessere Möglichkeiten.

Born muss von vorne beginnen und herauszufinden, was Lydia entdeckt hat. Er nutzt dafür seine alten Kontakte und gibt sich provokant. Offiziell ist Polizeioberkommissarin Norah Bernsen an dem Fall dran. Sie agiert pflichtbewusst nach Vorschrift, muss aber einsehen, dass sie damit nicht weit kommt. Vielleicht kann man gemeinsam mehr erreichen.

Der Autor legt ein ordentliches Tempo vor. Die Spannung, die aufgebaut wird, ist extrem. Dazu kommt, dass die Perspektive immer wieder wechselt. Damit erhält der Leser Hintergrundwissen. Ihm ist die Gefahr also sehr viel deutlicher bewusst, als Alexander Born oder Norah Bernsen. Beide sind nicht unbedingt positiv besetzt. Insbesondere Born übt Selbstjustiz ohne genaue Kenntnis der Fakten und Bernsen hindert ihn nicht daran. Moralisch einwandfrei ist das nicht. Aber gut nachvollziehbar. Die Gegenseite ist schließlich kriminell, kennt keine Grenzen und geht über Leichen. Krasse, brutale Gewaltszenen verdeutlichen das. Zum Glück beschreibt der Autor diese auf eine kaltschnäuzige, emotionslose und direkte Art. Lässt man die eigene Fantasie nicht anspringen, kann man ganz gut über diese Szenen hinweg lesen. Ich finde das gut! Wer mag, kann natürlich das Kopfkino anlaufen lassen.

Alexander Born ist echt gut! Die Handlung ist stimmig und realistisch, auch wenn mich wundert, wie viel Glück Born manchmal hat! Besonders am Ende des Buches wird das deutlich.

Rezension von Heike Rau

Linus Geschke
Tannenstein
Thriller
384 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262184
ISBN-13: 978-3423262187
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Paul Grote: Pinot Grigio stand nicht im Testament

Paul Grote: Pinot Grigio stand nicht im Testament

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Der Fotograf Frank Gatow ist in Südtirol unterwegs, um Weingüter für einen Fotoband zu fotografieren. Werner Kannegießer, ein Winzer, hat ihn dazu eingeladen. Doch vor Ort eingetroffen, muss Gatow feststellen, dass der Kannegießer tot ist. Er soll in der Karibik bei einem Tauchunfall ums Leben gekommen sein. Kannengießers Tochter Theresa glaubt aber, dass es Mord war. Beweise dafür fehlen ihr allerdings. Sie schafft es aber immerhin, Gatows Misstrauen zu wecken.

Bald wird der Fotograf von allen möglichen Leuten angesprochen, in deren Angelegenheit hineingezogen und manipuliert. Offenbar herrscht großer Unfrieden in der Familie. Das zu erwartete Erbe ist Anlass für die extremen Streitigkeiten. Es gibt also ein Motiv. So erhärtet sich der Mordverdacht. Gatow sollte sich besser nicht weiter einmischen. Doch er verpasst den Moment, sich zurückzuziehen, und so steckt er bald mit drin im Intrigenspiel. Die Polizei ist zunächst keine große Hilfe. Sie stützt den Mordverdacht nicht.

Durch den Anfang des Buches muss man erst mal durch. Viel zu langwierig wird in den Krimi hineingeführt. Es geht einfach nicht vorwärts. Doch das Blatt wendet sich. Die Spannung steigt etwas, auch wenn der Autor immer wieder zu Weinproben, Landschaftsbeschreibungen oder politischen Erklärungen abschweift. Natürlich gibt es auch Interessantes zum Thema Wein zu erfahren. Auch wecken die Beschreibungen der Weingüter, die es tatsächlich gibt, Neugier.

Der Fall selbst ist interessant, wenn auch sehr verwickelt. Es ist eine große Aufgabe für Frank Gatow, der ja kein Privatdetektiv ist, hier einen Durchblick zu bekommen. Es geht schließlich um 22 Millionen Euro! Gatow handelt bald auch aus eigenem Interesse, weil er den Nervenkitzel liebt. Den bekommt er auch, als er seine Nachforschungen gegenüber den falschen Leuten bekannt macht.

Rezension von Heike Rau

Paul Grote
Pinot Grigio stand nicht im Testament
448 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423217405
ISBN-13: 978-3423217408
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Frank Goldammer: Roter Rabe

Frank Goldammer: Roter Rabe

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Gleich nach dem Ostseeurlaub fährt Oberkommissar Hellers Frau Karin in den Westen. Sie hat überraschend die Erlaubnis bekommen, Sohn Erwin zu besuchen. Heller hat unterdessen einen schwierigen Fall zu lösen. Dabei muss er sich auch um den Haushalt und Pflegekind Anni kümmern. Auch Frau Marquart, in dessen Haus er mit seiner Familie lebt, hat immer größere Probleme mit ihrem Gedächtnis. Dass nun auch noch eine weitläufige Verwandte von Frau Marquart aufgenommen wird, passt ihm nicht. Diese Edeltraud Hermann macht ihn misstrauisch.

Zwei Männer, Zeugen Jehovas, sollen Selbstmord in ihren Gefängniszellen begangen haben. Dabei wäre eine Vernehmung äußerst wichtig gewesen, schließlich standen sie unter Spionageverdacht. Bei diesen nicht nachvollziehbaren Todesfällen bleibt es nicht. Die Explosion in einem Kraftwerk lässt für Heller nur eine Schlussfolgerung zu. Doch wer ist der Drahtzieher? Heller stößt auf Zeitungen, mit denen offenbar Nachrichten übermittelt werden. Doch diese zu entschlüsseln, ist schwierig.

Das Buch ist gut geschrieben. Das Alltagsleben am Anfang der 50-er Jahre ist gut eingefangen. Frank Goldammer Krimis um Max Heller sind immer auch spannende Ausflüge in die Geschichte, hier mit Blick auf die politische und gesellschaftliche Situation in der Anfangszeit der DDR. Die einzelnen Figuren, Hellers Familie und seine Kollegen, hier insbesondere Oldenbusch und der neue Unterkommissar Salbach, sind wie gewohnt gut ausgearbeitet.

Der Fall ist interessant, aber auch sehr undurchsichtig. Heller versucht mit Härte durchzugreifen. Er riskiert nicht selten sein Leben. Karin fehlt ihm und er hat Sorge, dass sie im Westen bleibt, zumal eine erwartete Nachricht ausbleibt. Auch das hat Einfluss auf sein Verhalten. Er muss sich eingestehen, dass er nicht genug Zeit hat, um sich um Anni zu kümmern. Erst jetzt merkt er, was alles an Karin hängen geblieben ist.

Es geht im Buch um Spionage. Und so taucht Alexej Saizev, ein alter Bekannter, wieder auf, der nun für den MGB arbeitet, und dem Raben auf die Spur kommen will. Er behindert Hellers Ermittlungsarbeiten, so wie auch Hellers Chef Niesbach. So überschlagen sich zum Ende hin die Ereignisse und enden in einer Überraschung.

Rezension von Heike Rau

Frank Goldammer
Roter Rabe
Kriminalroman
384 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262095
ISBN-13: 978-3423262095
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Emmanule Carrère: Der Widersacher

Emmanule Carrère: Der Widersacher

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Emmanuel Carrère hat sich eines Genres für seine Geschichte angenommen, die man nicht anders als eine romanhafte Dokumentation beschreiben kann.

Als er in der Zeitung von einem Hochstapler liest, der innerhalb kurzer Zeit seine nahe Familie umgebracht hat, kann er nicht anders, als sich dieses Falls literarisch anzunehmen.

Diese Erklärung setzt er seiner Erzählung voran.

Er hat Kontakt zu dem Ungeheuer und verfolgt dessen Prozess.

Nun aber einmal langsam: minutiös geht er dem Geschehen nach und erkennt, dass hier wirklich ein kranker Mensch gehandelt hat.

Am 19.Januar 1993 erschlug der vermeintliche Arzt und hoch angesehene Wissenschaftler Jean-Claude Romand zuerst seine Frau, kurz darauf seine beiden kleinen Kinder und danach auch noch seine beiden Eltern mit dem geliebten Familienhund. Er zündete sein Haus an und nahm Schlaftabletten. Unglücklicherweise für ihn rettete ihn die Feuerwehr und seine ganze erlogene Existenz flog auf.

Hier setzt Carrère mit seinem Bericht an. Er befragt die Freunde von Romand, seine Nachbarn und erkundet sein Umfeld. Erschrocken nimmt er zur Kenntnis, dass hier die Abgründe der menschlichen Psyche ihren Ausdruck gefunden hat. Unter der Maske bürgerlicher Wohlanständigkeit mit erfolgreichem Lebensweg verbirgt sich ein Mann, der nichts zuwege gebracht hat: weder sein Arztexamen ist echt noch seine Anstellung bei der WHO in Genf mit häufigen Dienstreisen und Vorträgen überall in der Welt.

Grundlage der finanziellen Existenz dieses Lebens waren großzügige Finanztransaktionen, mit denen Romand vorgeblich durch Anlagen in der Schweiz den arglosen Geldgebern riesige Gewinne versprach. Und hier lauerte denn auch der Fallstrick, der ihn buchstäblich zu Fall brachte.

Wie E. Carrere das alles langsam aufdeckt und den Leser an dieser Erkundungsreise teilnehmen lässt ist atemberaubend und lässt den Leser erschauern. Seine Sprache wird der Brutalität der Vorgänge gerecht; sie ist lebendig und lebensnah, doch lässt sie sowohl den Autor als auch den Leser erstaunen, mit welch einer Leichtigkeit sich Verbrechen begehen lassen.

Wie konnte nur niemand darauf kommen, dass dieses ganze Leben eine Fiktion war?

Man liest das Buch mit höchster Spannung, weil es auch eine Studie über die Psyche eines Mannes birgt, der sich und andere in ein vollständiges Missverhältnis zwischen Wahn und Wirklichkeit führt.

Obwohl ich kein wirklicher Krimifan bin, reizt dieses Buch bis zuletzt als gelungene Sozial- und Psychostudie.

Emmanuel Carrere
Der Widersacher
195 Seiten, gebunden
Matthes & Seitz Berlin, August 2018)
ISBN-10: 3957576121
ISBN-13: 978-3957576125
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Jussi Adler Olsen: Miese kleine Morde

Jussi Adler Olsen: Miese kleine Morde

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Weil Lars Hvilling Hansen ein Langweiler ist, hat ihn seine Frau vor die Tür gesetzt. Mit einem kritischen Blick in den Spiegel muss er allerdings einsehen, dass da was dran ist. Er beschließt, in einem Kosmetik- und Friseursalon dagegen vorzugehen. Allerdings sind solche Behandlungen teuer. Mehr als einmal kann er sich das kaum leisten. Doch genau hier kommt ihm eine geniale Geschäftsidee in den Sinn. Er hört wie Frauen über ihre Partner lästern, kein gutes Wort für die Männer übrig haben und sie am liebsten los wären. Auch Friseur Francois steuert seine Meinung bei. Das heizt seine Fantasie weiter an. Ein Auftragsmörder verdient gut! Natürlich muss er sich geschickt anstellen und seine Taten als Unfall tarnen. Ein blutiger Mord kommt nicht infrage, denn Blut kann Lars nicht sehen. Er will nur ein bisschen nachhelfen, wenn die Gelegenheit günstig ist. Keiner darf auf die Idee kommen, dass ein Killer am Werk war. Aber das sollte kein Problem sein. Ist es anfangs auch nicht. Lars, der sich nun Michèl de la Motte nennt, hat Glück! Aber manchmal laufen die Dinge dann doch nicht wie geplant. Und fängt man einmal an mit dem Improvisieren, kommt eins zum anderen.

Gerade mal 128 Seiten hat das Buch. Es ist an einem oder zwei gemütlichen Abenden gelesen. Der Krimi ist einfach gestrickt, macht aber Spaß! Er ist ganz anders, als man es von Jussi Adler Olsen gewohnt ist. Eine Krimikomödie eben! Witz und rabenschwarzer Humor kommen nicht zu kurz. Viele Situationen sind urkomisch. Die Geschichte plätschert unterhaltsam vor sich hin, bis es dann die ersten Schwierigkeiten gibt. Es ist kompliziert, so ganz und gar unbemerkt vor sich hinzumorden. Manches potenzielle Opfer spielt nicht mit oder reagiert anders als vorherberechnet. Und was soll man tun, wenn die Zahlungsmoral der Auftraggeber zu wünschen übrig lässt? So geht es hin zu einem völlig unvorhersehbaren Ende.

Rezension von Heike Rau

Jussi Adler Olsen
Miese kleine Morde
Krimi
128 Seiten, gebunden
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423217626
ISBN-13: 978-3423217620
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Ruth Ware: Wie tief ist deine Schuld

Ruth Ware: Wie tief ist deine Schuld

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Mit einer Nachricht, die nicht weiter erklärt wird, bittet Kate ihre alten Schulfreundinnen um Hilfe. Isa macht sich mit ihrem Baby sofort auf den Weg. Auch Thea und Fatima lassen sich kein zweites Mal bitten. Was damals geschah, ist siebzehn Jahre her, aber keine der Frauen hat es vergessen. Niemand weiß davon. Es ist ein Geheimnis. Aber nun wurde in der Nähe von Kates Haus eine Leiche gefunden. Damals war die alte Mühle ein Rückzugsort vor dem Internat. Was wird die Polizei herausfinden?

Schon damals im Internat in Salten haben die Mädchen gelogen. Es war ein Spiel, das sie perfekt beherrschten. Doch eine dieser Lügen wird ihnen nun zum Verhängnis. 17 Jahre später. Die vier Frauen haben keinen guten Ruf im Dorf. Das hat sich nicht geändert. Sofort sind die alten Geschichten wieder da. Dass die vier tatsächlich nur wegen des Sommerfestes des Internats da sind, glaubt niemand. Was so geredet wird, ist wenig freundlich. Spitzen werden ausgeteilt und wecken in Isa Misstrauen. Der Lügenturm beginnt zu wackeln. Aber es bringt nichts, ihn zum Einsturz zu bringen. Es würde in einer Katastrophe enden. Doch zumindest für sich selbst will Isa die ganze Wahrheit wissen.

Der Einstieg in das Buch ist rätselhaft. Isa, aus deren Sich der Thriller geschrieben ist, glaubt daran, dass eine Lüge damals die einzige Möglichkeit war, um heil aus der Sache rauszukommen. Darauf können sich die jungen Frauen nochmals einigen. Doch nach und nach sät die Autorin Misstrauen. Die Spannung steigt! Und bald passt nichts mehr zusammen. Es gibt regelmäßig Rückblicke, aber diese sorgen nicht für Aufklärung. Die Atmosphäre wird immer mehr vergiftet, bis sie regelrecht gefährlich erscheint. Dazu kommt, dass Isa sich nicht immer rational verhält. Sie entzieht sich der Gefahr nicht, obwohl sie das ihrem Baby zuliebe tun müsste. Hier wackelt die Glaubwürdigkeit etwas.
Der Verdacht, dass sich die Mädchen damals gegenseitig belogen haben, erhärtet sich. Obwohl doch ihr Motto war, genau das nicht zu tun. Auf nichts ist mehr Verlass! Und so geht es hin zu einem unglaublichen, aber schlüssigen Ende. Das Buch liest sich durchweg gut. Die Autorin hat einen guten Schreibstil!

Rezension von Heike Rau

Ruth Ware
Wie tief ist deine Schuld
Thriller
Deutsch von Stefanie Ochel
448 Seiten, Klappenbroschur
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423262087
ISBN-13: 978-3423262088
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Rita Falk: Eberhofer, Zefix! – Geschichten um den Franzl

Rita Falk: Eberhofer, Zefix! – Geschichten um den Franzl

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Es soll ja Menschen geben, die kennen kein einziges der Bücher mit dem Dorfpolizisten Franz Eberhofer, der in Niederkaltenkirchen für Recht und Ordnung sorgt. Für diesen wahrscheinlich sehr kleinen Personenkreis bietet sich „Eberhofer, Zefix!“ als Geschenk an. So kann sich der zukünftige Leser schon mal einen Eindruck machen.

Für Fans der Reihe ist es nämlich etwas dünn und auch zu teuer. Nicht alle Geschichten sind neu. Die Auswahl ist nicht überwältigend, aber zumindest unterhaltsam. Wer den Franzl nicht kennt, lernt ihn und seine Eigenheiten doch ganz gut kennen. Wobei er echt noch viel mehr drauf hat, wenn er in Stimmung oder schlecht gelaunt ist! Alte Bekannte haben ihren Auftritt in den Geschichten, darunter natürlich die Oma, der Papa, die Susi, der Birkenberger Rudi und der Metzger Simmerl.

Insgesamt hat das Buch 128 Seiten mit Quellenhinweisen, Inhaltsverzeichnis, Werbung und allem Drum und Dran, wobei das Lexikon mit niederbayrischen Begriffen bereits auf Seite 87 anfängt. Für Leser der Krimireihe ist das ebenfalls nichts Neues. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt hier einfach nicht. Um die Wartezeit bis zum nächsten Eberhofer-Krimi zu verkürzen, eignet sich das Buch nicht. Es ist viel zu schnell ausgelesen.

Also, das Buch ist sicher witzig und unterhaltsam. Zumindest, wenn man die bereits bekannten Geschichten zwischenzeitlich wieder vergessen hat. Die Begriffe im Glossar sind, wie nicht anders zu erwarten, frech vom Eberhofer erklärt. Das Buch wäre noch zu retten gewesen mit neuen Rezepten von der Oma. Aber die gibt es aus unerklärlichen Gründen nicht.

Das Buch hat ein typisches Cover, ist gebunden und schön klein. Das hat den Vorteil, dass man es gut als Geschenk verpacken kann. Aber wie gesagt, an die Neueinsteiger der Krimireihe oder an Wenigleser verschenken! Wer die Eberhofer-Bücher kennt, wird nicht viel Freude daran haben.

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Eberhofer, Zefix! – Geschichten um den Franzl
128 Seiten, gebunden
dtv Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 3423289910
ISBN-13: 978-3423289917
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