Gareth P. Jones: Constable & Toop – Von Geistern empfohlen

Gareth P. Jones: Constable & Toop – Von Geistern empfohlen

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Sam Toop, der Sohn eines Leichenbestatters, wird von Geistern genervt. Er kann sie sehen und so kann er Botschaften überbringen und Testamente finden. Manchmal wird seine Gutmütigkeit allerdings auch gnadenlos ausgenutzt.

Lapsewood ist ebenfalls ein Geist. Bisher hat er im Verwaltungsamt der Geisterbehörde gearbeitet, doch nun geht es hinaus auf die Straße. Er soll im Auftrag der Abteilung für Behausung nach Mitarbeiterin Doris McNally suchen und findet sie auch. Die Schwarze Fäule ist ihr zum Verhängnis geworden. Diese breitet sich aus, wenn Hausgeister aus ihren Häusern verschwinden.

Vor den Häusern mit der Schwarzen Fäule muss man sich in acht nehmen. Doch Sam gerät direkt mit hinein. Ihn interessiert, wohin die Hausgeister verschwinden und wer hier die Fäden zieht.

Es gibt nur einen Weg, die Schwarze Fäule aus den geisterlosen Häusern zu bekommen. Ein neuer Geist muss hinein. Und so geschieht es auch. Nur ziehen diese neuen Geister scheinbar nicht freiwillig ein. Es sind Menschen, die auf mörderische Weise zu Geistern geworden sind. Und das ist nun mal ein Verbrechen, dass die Geisterbehörde nicht dulden kann.

Die schauerliche Geschichte spielt in London am Ende des 19. Jahrhunderts. Der Autor hat eine interessante Welt geschaffen. Geister sind hier selbstverständlich, allerdings gibt es eben auch Schurkengeister und Geisteraustreiber, die es übertreiben. Nicht jeder bleibt nach dem Tod in dieser Zwischenwelt, sondern nur die, die noch etwas erledigen müssen. London rückt hier in ein ganz anderes Licht. Der Nebel verdichtet sich zusehends.

Der Autor hat allerdings etwas viel in die Geschichte gepackt. Seine Fantasie scheint unermesslich und jede noch so kleine gruselige Idee wurde eingefügt. So ist es auch schwer, die Mitspieler in diesem Drama zu überblicken. Die Handlung zu durchschauen ist nicht einfach und erfordert sehr viel Aufmerksamkeit.

Rezension von Heike Rau

Gareth P. Jones
Constable & Toop – Von Geistern empfohlen
368 Seiten, gebunden
Ueberreuter Verlag
ISBN-10: 3764170174
ISBN-13: 978-3764170172
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Vincent Cuvellier: Ben will heute einen Gips!

Vincent Cuvellier: Ben will heute einen Gips!

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Der kleine Ben wünscht sich sehnlichst einen Gips um den Arm. Das wäre ein echtes Abenteuer für ihn. Alle seine Freunde würden kommen und staunen und natürlich etwas auf den Gips malen. Würde sich das gut anfühlen! Aber so einfach kommt man nun mal nicht an einen Gips. Ben müsste einen Unfall haben und sich weh tun. Aber das geht zu weit für Ben. Er möchte einen Gips und keine Schmerzen. Vielleicht würde auch ein ordentlicher Verband ausreichen. Auch dann würden alle zu Besuch kommen, große Augen machen, ihn bedauern und fragen, was ihm passiert ist. Besonders spannend wäre ein Verband um den Kopf. Wie ein Pirat würde Ben dann aussehen. Aber dazu müsste er ja eine blutende Wunde haben. Das ist allerdings eine schreckliche Vorstellung und kommt nicht infrage. Es wird nichts aus dem Abenteuer. Ben muss sich weiter langweilen. Aber dann passiert doch noch etwas!

Aus Langeweile kommt der kleine Ben auf abenteuerliche Ideen. Er weiß, dass es Aufmerksamkeit erzeugen würde, hätte er einen Gips oder einen dicken Verband. Dass eine Verletzung aber auch schmerzhaft ist und das man das erst einmal aushalten muss, wird ihm erst später klar. Mit Langeweile kann man auch anders umgehen, so die Botschaft des Autors. Auf diesen Gedanken müssen die Kinder beim Ansehen des Buches aber alleine kommen. Sie werden zu dieser Erkenntnis mit der kleinen witzigen Geschichte und den dazugehörigen Zeichnungen geführt. Dabei sind diese gekonnt gemacht und vermitteln die Gedanken und Gefühle Bens sehr genau.
Die Geschichte, die zeigt, dass man Langeweile auch einmal aushalten muss, bietet also viel Stoff zum Nachdenken und für Gespräche zwischen Vorleser und Kind.

Rezension von Heike Rau

Vincent Cuvellier
Ben will heute einen Gips!
Mit Illustrationen von Ronan Badel
32 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830312164
ISBN-13: 978-3830312161
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Ute Krause: Die Muskeltiere – Einer für alle, alle für einen

Ute Krause: Die Muskeltiere – Einer für alle, alle für einen

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Picandou lebt im Keller von Frau Fröhlichs Feinkostgeschäft. Im Müllsack findet er jeden Tag ganz frisch alles, was er braucht. Nur einschlafen sollte man darin nicht. Doch genau das passiert dem Mäuserich. Auf dem Weg nach Hause, es hat auch zu allem Übel noch ein Nieseln eingesetzt, findet er ein Häufchen Elend in der Nähe eines Laternenpfahls. Das Fellbündel ist ebenfalls eine Maus. Eine, wie sich herausstellt, die das Gedächtnis verloren hat. Picandou zeigt sich hilfsbereit, bis er herausfindet, dass es sich bei der Maus um eine Hafenratte handelt.

Da die Ratte sich aber nach wie vor für eine Maus hält, besteht für Picandou keine Gefahr und er beschließt, sie mit nach Hause zu nehmen. Er hat nun mal ein gutes Herz. Allerdings hat sich im Feinkostgeschäft schon jemand anderer eingenistet. Ernie ist, wie es sich für eine Maus gehört, begeistert von den vielen Käsesorten. Ein Revierkampf entbrennt. Aber schließlich wird man sich einig. Ernie möchte der Ratte, die weiter darauf beharrt eine Maus zu sein, ebenfalls helfen.

Die drei machen sich auf den Weg, um herauszufinden, wohin die Ratte, die sich dunkel an ein Schiff erinnert, gehört. Dabei treffen sie auf einen Hamster, der nichts Eiligeres zu tun hat, als seinem Käfig zu entkommen. Es soll endlich Schluss sein mit der Langeweile. Hamster Bertram hat einen Traum. Wie ein Muskeltier unter anderen Muskeltieren möchte er leben. Er kennt die Geschichte von einem Hörbuch seines jungen Besitzers und er begeistert die anderen für seinen Plan. Es wird ihr erstes gemeinsames Abenteuer werden, herauszufinden, wo die Ratte, die glaubt eine Maus zu sein, hingehört.

Das Cover des Buches ist wirklich schön gemacht. Die Autorin hat eine ganz besondere Art, Tiere zu malen und so ist dann auch fast jede Seite illustriert. Die vier Muske(l)tiere, zwei Mäuse, eine Ratte und ein Hamster, sind ganz wunderbar mit ihren Charakterzügen und Eigenheiten gezeichnet. Ihre Mimik ist sehr fein und treffend herausgearbeitet. Es macht unheimlich viel Spaß, der außergewöhnlichen Geschichte zu folgen.

Die Handlung ist spannend, fantasievoll und ausgesprochen witzig. Die Tiere leben ihren Alltag, sind aber auch immer für ein Abenteuer zu haben. Jeder setzt sich für den anderen ein. Dabei gilt es auch immer, einmal zurückzustecken, tolerant und schlau zu sein. Der Hamster fällt in dem Quartett natürlich ein bisschen aus der Rolle. Im Gegensatz zu den anderen Tieren hat er ausgezeichnete Manieren. Es entstehen witzige Szenen dadurch.

Überhaupt hat sich die Autorin eine Menge einfallen lassen, um Leben in die Geschichte zu bringen. Diese ist dadurch durchweg aufregend und sehr unterhaltsam.

Rezension von Heike Rau

Ute Krause
Die Muskeltiere – Einer für alle, alle für einen
208 Seiten, gebunden
cbj, München
ISBN-10: 3570159035
ISBN-13: 978-3570159033
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Eva Heller: Farben und Formen

Eva Heller: Farben und Formen

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„Farben und Formen“ ist ein Doppelband aus den beiden Büchern „Die wahre Geschichte von allen Farben“ und „Ich bin Künstler, ich kann alles malen“.

Im ersten Teil wird eine Geschichte erzählt, indem die Farben die Hauptrolle spielen. Zuerst sieht man eigentlich nichts. Weiß hat diese Wirkung, doch sobald das schnelle laute Rot ins Spiel kommt und auf dem Weiß seine Kleckse hinterlässt, ändert sich das. Dann kommt das Blau. Das Rot wirkt nun nicht mehr so leuchtend. Besser harmoniert es mit dem Gelb. Wenn Rot und Gelb sich vermischen wird daraus ein Orange. Und wie sieht es aus mit dem Grün?
Immer weiter vermischen sich die Farben, bis daraus immer dunklere Töne entstehen. Da kann nur das Weiß wieder für Ordnung sorgen.

Es ist sehr spannend zu verfolgen, welche Eigenschaften und Wirkungen Farben für sich allein, neben anderen oder in einem Mischverhältnis haben. Die kleine Geschichte ist spannend und lehrreich. Kinder lernen den Farbenkreis auf spielerische Art und Weise kennen. Mit diesem Grundwissen geht es dann zum nächsten Teil. Hier ist Aktivität gefragt. Denn es geht direkt in die Malschule, die nicht nur für Kinder, sondern auch für Eltern interessant sein dürfte.

Angewendet wird der Kartoffeldruck, denn mit dieser einfachen Methode kann jeder Kunstwerke aus einfachen Grundformen schaffen. Auch wer glaubt, gar nicht malen zu können. Die Technik wird genau erklärt und da diese unkompliziert ist, geht es sehr schnell weiter mit den ersten Vorschlägen. Aus Kreisen verschiedener Farben entstehen Weintrauben, Wolken und Luftballons. Mit Kartoffelstäbchen werden Striche gezeichnet, die das Bild vervollständigen. Später werden dann Farben vermischt, sodass weiter Motive gedruckt werden können. Es entstehen ein Obstkorb, ein Wald, eine Stadt mit Häusern, eine Blumenwiese und mehr.

Mit den Bildern wird die Kreativität geweckt. Die Autorin fängt einfach mit einem Motiv an und entwickelt es fort. Kinder können ihr folgen oder auch nicht. Kein Bild wird aussehen wie das andere. Gezeigt werden das Grundprinzip und dann einige Ideen, die kreativ weiterentwickelt werden können.

Damit bietet das Buch vielseitige Anregungen für Kinder, sich mit Farben und Formen auseinanderzusetzten möchten. Es fördert die Kreativität und macht sehr viel Spaß.

Rezension von Heike Rau

Eva Heller
Farben und Formen
96 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830312237
ISBN-13: 978-3830312239
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Aurélie Bastian: Tartes & Tartelettes

Aurélie Bastian: Tartes & Tartelettes

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Boden und Rand sind dünn und knusprig. Bei den Füllungen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, wie Aurélie Bastian mit ihren Rezepten beweist. Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis genügt, um zu wissen, dass den Hobbybäcker neben einfachen auch sehr raffinierte, aber nicht unbedingt schwierige, Rezepte erwarten. Geeignet ist das Buch für alle, die neue kreative Rezepte suchen, aber auch für Backanfänger, denn es wird sehr genau und ausführlich erklärt, was man zum Backen braucht und wie vorgegangen wird.

Es geht also zuerst einmal um die Grundlagen. Es wird aufgezeigt, was eine Tarte ist, woraus der Boden besteht, wie man Backpapier für eine runde Form zuschneidet und wie gebacken wird. Das schließt natürlich das Blindbacken mit ein.

Das erste Rezept ist eine Rosentarte. Die knusprig dünne Bodenform wird mit einer Creme, die Rosenmilch enthält, und mit frischen Erdbeeren gefüllt.
Ein paar Seiten weiter finden sich Blaubeertartelettes, die neben den Blaubeeren auch eine Mandelcreme enthalten. Die Früchte können mit gebacken, aber auch frisch auf die Tartelettes gegeben werden.
Nicht immer wird mit Früchten gefüllt. Die Füllung in den Salzbutter-Karamell-Minis besteht aus Karamell- und Schokoladencreme.
Mit Zutaten, die meist immer im Haus sind, lässt sich die Tarte mit Vanillepudding zubereiten.
Mein Favorit sind die Schokoladen-Kokos-Tartelettes. Das sind kleine quadratische Tartelettes, denn die Kuchen müssen keinesfalls immer rund sein. Überhaupt kommt bei den Formen verschiedenes zum Einsatz. Von den klassischen großen runden Formen bis hin zu Mini-Tartelettes-Formen.

Insgesamt gibt es 25 Rezepte und alle gefallen gut. Aurélie Bastian erklärt sehr gut. Ihre Rezepte sind verständlich und sehr gut nachvollziehbar. Es gibt viele Tipps und auch Hinweise zu Variationsmöglichkeiten.
Alle Bilder zu den Rezepten stammen von der Autorin selbst. Sie hat die kleinen und großen Kuchen ansprechend in Szene gesetzt, sodass man direkt Appetit und Lust aufs Backen bekommen.

Rezension von Heike Rau

Aurélie Bastian
Tartes & Tartelettes
80 Seiten, gebunden
Bassermann Inspiration
ISBN-10: 357208170X
ISBN-13: 978-3572081707
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Olga Grjasnowa: Die juristische Unschärfe einer Ehe

Olga Grjasnowa: Die juristische Unschärfe einer Ehe

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Liebe auf Abwegen…

Drei verlorene Gestalten bieten den Plot zu der vorliegenden Geschichte, in der die Liebe einmal auf ungewöhnliche Weise abgehandelt wird.

Altay, Leyla und Jonoun treffen Mitte der neunziger Jahre in Berlin zusammen. Hierher hat sie ihr Schicksal geführt. Sie sind Mitte zwanzig und kommen aus unterschiedlichen Sphären: Leyla und Altay stammen aus Baku/Aserbaidschan und Jonoun kommt aus Amerika und zuletzt Israel. Ihr Großvater und ihr Urgroßvater waren Rabbiner. Die exzentrischen Eltern boten ihr keine Sicherheit. Der Vater war Israeli, die Mutter führte ein Nomadenleben. Die ersten Jahre verbrachte die kleine Jonoun in einem Kibbuz im Norden Israels. Später wuchs sie bei ihren Großeltern auf. Sie hat zur Zeit der Begegnung mit Leyla und Altay ein Kunststudium und eine Ehe hinter sich. Leyla war Tänzerin am Bolschoi Ballett und hatte hoch fliegende Pläne. Ein Unfall beendete ihre Träume. Altay ist Psychiater. Alle drei jagen der Liebe nach, die sich ihnen nur schwer erschließt. Leyla und Altay leben mit der stillschweigenden Übereinkunft, den Verwandten eine intakte Ehe vorzuführen. In Wirklichkeit geht jeder eigene Wege.

Altay liebt Männer, und Leyla kann sich nur für Frauen erwärmen. Jonoun ist die Neue, die erste Erfahrungen auf dem Gebiet der gleichgeschlechtlichen Liebe sucht.

Wie soll diese Ménage à trois funktionieren?

Olga Grjasnowa spielt mit dem Thema „Liebe“, in dem sie die unterschiedlichsten Menschen zusammenführt. In Berlin trifft man sich in Kneipen und Restaurants. In Baku erlebt man die dortige Gesellschaft mit den Nachfahren der ehemals Regierenden, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in neuer Formation und großem Reichtum zusammengefunden haben. Altay, Leyla und Jonoun befassen sich mit ihren jeweiligen Liebespartnern und lassen sich durch Zeit und Länder treiben. Mental sind sich Leyla und Altay treu ergeben und helfen sich, wenn sie in Not sind. Im übrigen lassen sie sich jede Freiheit.

Die „juristische Unschärfe einer Ehe“ besteht in diesem einerseits und andererseits. Freiheit und Geborgenheit: hier scheint der Widerspruch aufgehoben. Das Paar weiß, dass man sich auf einander verlassen kann, ist sich herzlich zugetan und respektiert sich in Fragen der Liebe. Jonoun bemerkt die Doppelbödigkeit ihrer Beziehung zu Leyla.

Baku, der Kaukasus, Berlin und das Künstlermilieu in diesen Städten und Ländern mit einer morbiden akademisch gebildeten Schicht von Unangepassten bestimmen das Klima in der Geschichte.

Der Roman bietet tiefe Einblicke in das Homosexuellenmilieu in Deutschland und Russland. Wie man einander erkennt, wie man zu einander findet, wie sehr die Sexualität das Leben bestimmt: so haben wir es noch nicht beschrieben gesehen. Exotisch treten die kulturellen Unterschiede zwischen Russen und Deutschen zu Tage. In Baku ist die Sinnenfreude beim Essen, Trinken und Feiern auffällig; die Landschaft mit ihren Reizen, die bunten Einrichtungen und die Gastfreundschaft treten aus dem Schatten der ratlos suchenden Figuren und bieten einen atmosphärisch passenden Rahmen zur Handlung. Ehen und Beziehungen sind hier wie dort nie sehr sicher. In der Erzählung geht es vorwiegend um die jeweilige Befindlichkeit der handelnden Personen und um ihre Orientierungssuche. Der Leser bleibt etwas ratlos zurück, denn das Ende kommt überraschend und lässt viele Fragen offen.

Olga Grjasnowa ist 1984 in Baku/Aserbeidschan geboren und lebt seit 1996 in Deutschland.

Olga Grjasnowa
Die juristische Unschärfe einer Ehe
272 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag, August 2014
ISBN-10: 3446245987
ISBN-13: 978-3446245983
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Daniel Glattauer: Geschenkt

Daniel Glattauer: Geschenkt

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Gerold Plassek arbeitet für die Werbezeitung einer Supermarktkette. Er lebt in den Tag hinein und hat Mühe damit, nach außen hin so zu tun, als hätte er kein Alkoholproblem. Zu dieser Zeit erfährt er, dass er einen Sohn hat, denn seine Mutter, die aus beruflichen Gründen ins Ausland muss, bringt ihn bei einer Freundin unter und auch bei ihm soll der Junge ein paar Stunden täglich bleiben.

Der 14-jährige Manuel weiß allerdings nicht, dass Gerold sein Vater ist. Er hält ihn für einen Freund seiner Mutter. So antriebslos weitermachen wie bisher, kann Gerold nun nicht. Aber es steht ohnehin eine Wende in seinem Leben an. Ein Artikelüber von ihm über eine Obdachlosenschlafstätte in der Gratiszeitung hat eine anonyme Spende zur Folge. Im Umschlag mit dem Geld befindet sich auch Gerolds Artikel. Ein Zusammenhang ist also offensichtlich.

Es bleibt nicht bei dieser einen Spende. Gerold und Manuel schreiben zusammen weitere Sozialreportagen. Der anonyme Spender lässt sich nicht lumpen und reagiert auf die folgenden Artikel wieder mit Spenden. Keiner weiß, wer der Wohltäter ist. Doch bald hat man die Vermutung, dass zumindest Gerold es wissen muss. Was dieser natürlich abstreitet.

Ein Krimi läuft immer nach demselben Schema ab. Es gibt einen Täter, ein Opfer oder eine Straftat, ein Motiv, Ermittlungsarbeiten usw. Und hier haben wir es nun mit einem Wohltäter zu tun, der anonym agiert. Der Gutes tut und dennoch nicht will, dass man ihm auf die Spur kommt. Es eröffnet sich also ein ganz anderer Blickwinkel, der aber ebenso spannend ist, als handle es sich bei dem Buch um einen Krimi.

Mitten drin im Geschehen ist der erfolglose und von Alkoholproblemen gezeichnete Gerold Plassek, dessen Leben sich durch die Wohltat, das plötzliche Auftauchen seines Sohnes und die Instandsetzung seiner maroden Zähne durch die hübsche Zahnärztin Manuels grundlegend ändert.

Die Geschichte geht auf eine wahre Begebenheit zurück, eine ebenfalls anonyme Spende. Der Autor hat das Thema aufgegriffen und seine eigene Vorstellung vom Verlauf entwickelt. Er sieht auf die Menschen und die Hintergründe. Er zeigt, was die Spende bewirkt, aber nicht da, wo sie abgegeben wurde, sondern an der Quelle. Denn Auslöser sind ja die Sozialreportagen.
Von Anfang an ist man als Leser gespannt darauf, zu erfahren, wer der anonyme Spender ist und natürlich auch darauf, ob Gerald Plassek die Kurve bekommt.

Rezension von Heike Rau

Daniel Glattauer
Geschenkt
336 Seiten, gebunden
Deuticke Verlag
ISBN-10: 3552062572
ISBN-13: 978-3552062573
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Guido M. Breuer: Alte Sünden

Guido M. Breuer: Alte Sünden

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Zunächst war mir nicht ganz klar, ob die Eifel der Wilde Westen Deutschlands ist, oder ob der Krimi gar keiner ist, sondern vielleicht ein Wild-West-Roman? Er beginnt jedenfalls mit der Erschießung von vier Menschen durch Männer in Stiefeln, bis über die Knie reichenden Wettermänteln, mit Hüten, die die sonnengegerbten Gesichter verdecken und die Colts nach der Tat wieder ins Holster an die Hüfte stecken.

Nein. Noch mal zurück. Das ist ja schon das zweite Kapitel. Eigentlich beginnt der Roman von Guido M. Breuer mit seinem bekannten Protagonisten, dem Opa Lorenz Bertold.
Lorenz sitzt in seinem Seniorenheim und will ernsthaft beginnen, einen Krimi zu schreiben. Momentan fällt ihm sonst die Decke auf den Kopf. Es tut sich nichts auf, woraufhin er wieder kriminalisieren könnte.
Doch schneller als die Kunde von der Ermordung eines Kunsthändlers und drei weiterer Personen durch Cowboys wird er von einem afrikanischen Medizinmann und Zauberer aufgesucht. Dieser ist den weiten Weg aus Afrika angetreten, um Opa Bertold nach längst vergangenen Vorgängen in der Eifel zu befragen. Vorgänge, die unter Umständen mit einem in Haft befindlichen Mafiapaten zusammenhängen.

In diesem Ermittlungskrimi werden also zu Beginn sehr viele Spuren gelegt, die alle auf ein mögliches Motiv hinweisen können. Lorenz ist mit seinen Freunden aus dem Seniorenheim schnell beim Ermitteln. Davon kann ihn auch nicht die Kripo, voran seine Enkelin Kriminalkommissarin Rita, abhalten. Im Gegenteil, sind sie nach dem Eingreifen des BKA schließlich der Grund, warum Opa Bertold in seinem fortgeschrittenen Alter das Reiten erlernen muss.

Das alles bereitet beim Lesen sehr viel Vergnügen, die Bilder im Kopf des Lesers beginnen hin und her zu purzeln. Breuer hat in diesem Eifel-Krimi eine Szenerie geschaffen, die etwas außergewöhnlich ist. Zwar wird mit Klischee-Elementen gespielt, was perfekt geschieht, aber dadurch werden unterschiedliche Genres aufgenommen. Zumal der Zauberer noch mystische Bestandteile aus dem Voodoo einbringt. Witzig zwischendurch immer wieder die Gedanken des Opas, die das jeweils aktuelle Geschehen in Form eines Romans darstellen, so als würde Lorenz mit sich selbst sprechen.

Sehr unterhaltsam wird der Leser zur Lösung geführt und muss tatsächlich allen Strängen folgen. Aus keinem lässt sich frühzeitig ableiten, wer der Täter ist. Kurzweilig, knackig, exotisch und vergnüglich wären meine Attribute für diesen Krimi.

Breuer, Guido M.
Alte Sünden
KBV-Verlag, Hillesheim
ISBN-10: 3954411636
ISBN-13: 9783954411634

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

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Johan Bargum: Septembernovelle

Johan Bargum: Septembernovelle

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Harald und Olof waren beide nacheinander mit der gleichen Frau zusammen. Zuerst Harald dann Olof bis zu Elins Tod. Beide Männer hatten kaum Kontakt miteinander, haben aber kürzlich eine Segeltour zusammen unternommen. Nach Haralds Verschwinden sieht sich Olof nun mit den Fragen der Polizei konfrontiert. Wer hat den anderen zur Segeltour überredet und wieso? Ging es um Rache? Wenn man es genau nimmt, hatten sicher beide ein Motiv, sich am anderen zu rächen. Doch warum hätte Olof Harald etwas antun sollen, der bereits von seiner Krebserkrankung gekennzeichnet war. Und was Harald selbst geplant hatte, der schließlich eine Waffe mit an Bord brachte, ist ebenfalls unklar. Vielleicht hat er an Selbstmord gedacht und gar nicht den anderen im Visier gehabt?

Olof erzählt der Polizei seine Geschichte. Er erzählt, was er über Harald weiß, und warum Harald ihn angerufen hat, um eine letzte Segeltour zu unternehmen. Er berichtet von seiner Beziehung zu Elin und ihrem plötzlichen Unfalltod, der auch mit Absicht herbeigeführt worden sein könnte. Sagt er die Wahrheit? Vielleicht. Vielleicht auch nicht, denn es gibt noch eine andere Wahrheit, die von Harald, der einen Brief hinterlassen hat, mit dem er einen doch etwas anderen Blick auf die Dinge möglich macht.

Dem Leser werden also beide Sichtweisen der Männer offenbart. Im ersten Buchteil wird die Vernehmung Olofs bei der Polizei dargestellt. Im zweiten Teil darf der Leser Harald über die Schulter schauen, wie er den Brief schreibt. Glück und Unglück sind nah beieinander. Wahrheit und Lüge ebenfalls. Schlüsselfigur ist Elin, eine geheimnisvolle, aber auch sehr sensible Frau.

Die Geschichte wird auf eine sehr raffinierte Weise dargestellt. Beide Männer sind glaubwürdig. Doch die Fassade beginnt zu wackeln, allein deswegen, weil nur eine Geschichte wahr sein kann oder eben Teile davon. Die Vergangenheit spielt immer in die Gegenwart hinein und vermischt sich mit ihr. Das wird sehr gut gezeigt. Das macht nachdenklich. Der Autor überlässt das Spekulieren dem Leser und davon ist nach der Lektüre des Buches lange nicht loszukommen.

Rezension von Heike Rau

Johan Bargum
Septembernovelle
Aus dem Schwedischen von Karl-Ludwig Wetzig
112 Seiten, gebunden
Mareverlag
ISBN-10: 3866481934
ISBN-13: 978-3866481930
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Dave Eggers: Der Circle

Dave Eggers: Der Circle

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Schreckliche Neue Welt!

Die zahlreichen Besprechungen zu dem neuen Roman von Dave Eggers wecken allerlei Fantasien: man meint Szenen von der schönen neuen Welt bei Huxley über George Orwell darin wieder zu erkennen. So habe ich lange mit mir gerungen, ob ich das Buch nun lesen soll oder nicht. Wider Erwarten zeigt Eggers erneut sein Talent, reale Gegenwartsbefindlichkeiten zu einer entsprechenden Geschichte zu verarbeiten. Wir alle kennen Amazon, Microsoft, Google und andere Netzentwickler, um uns vorstellen zu können, was uns in der Zukunft blüht. Auch die neuen Krankenkassenkarten lassen alles erkennen, was über die Gesundheit des einzelnen wissenswert ist.

Amazon berechnet mit schwer zu durchschauenden Algorithmen, welche Bücher aufgrund der bisher gelesenen für uns auch noch in Frage kämen. Man fordert die Rezensenten durch ebenfalls schwer zu durchschauende Methoden zu einem Kampf um das beste Ranking heraus. Bei Google muss man sehr darum kämpfen, auffindbare Details aus dem eigenen Leben löschen zu lassen. Und die NSA tut ihr Übriges, uns den Glauben an die Wahrung von Individualität und Geheimnis zu nehmen.

Alles das erlebt Mae Holland, die Hauptprotagonistin in diesem Thriller, in ihrer neuen Stelle bei dem „Circle“, einer Firma mit Werbeeffekten und Rankingstrukturen. Man bringt Leistungen, die unentwegt nach ihrem „Ranking“ bewertet werden. Das eigene Leben wird transparent, bis rein gar nichts mehr verborgen bleibt. Das lässt sich an Hand weitverbreiteter Kleinstkameras, elektronischer Fingerabdrücke, der unentwegten Überwachung jeder Bewegung und Regung und Ähnlichem erforschen.

Mae ist von naiver Gläubigkeit diesen neuen Technologien gegenüber. Das macht sie verletzlich und angreifbar.
In einer überwältigenden Szene erlebt Mae den Kontrast zu ihrem neuen Leben, als sie eine Kajakfahrt unternimmt und die Schönheiten des Meeres und der Natur um sich herum wahrnimmt. Ihr kommen Zweifel, ob sie wirklich jetzt das richtige Leben lebt. Doch unverdrossen gerät sie in die perfiden Fänge dieser sektenähnlichen Organisation mit Namen „Circle“. Alle Details ihres Lebens müssen zu jeder Stunde und jeder Minute offengelegt werden – und das zahlreicher anderer Menschen dazu! Rundum versorgt doch total den Verpflichtungen dieses „Circle“ unterworfen, gieren die eingeweihten Mitglieder nach Anerkennung und Zustimmung im Internet, dem Medium, dem sich keiner mehr entziehen kann. Da gibt es keine Geheimnisse in den entsprechenden Institutionen mehr und wirtschaftliche Vorhaben so wie militärische Planungen können weitestgehend voraus gesagt werden.

Denkt man beim Lesen zunächst noch an science fiction wird doch bald schon klar, dass wir mitten drin leben in diesen Kontrollmechanismen von allgegenwärtiger körperlicher und geistiger Durchschaubarkeit.

Voller Spannung und mit Gruseln folgt man diesem Bild einer vollkommenen Durchdringung unseres Lebens durch Medien, Behörden, Datenräubern und anderer Erfolgs -und Verkaufstrebern. Wahrlich: man könnte paranoid werden!

Insofern lohnt es sich, mit Mae Holland den Weg zur Erkenntnis zu durchschreiten und möglicherweise Vorkehrungen für sich selber zu treffen, um diesem Zirkus zu entgehen!

Ich war zuletzt gebannt wie selten und bereue nicht, den Roman gelesen zu haben!

Dave Eggers kann schreiben! Und er bleibt wie in allen seinen Büchern immer nahe an der Realität.

Dave Eggers
Der Circle
560 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, August 2014
ISBN-10: 3462046756
ISBN-13: 978-3462046755
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