Rita Lüder: Bäume bestimmen – Knospen, Blüten, Blätter, Früchte

Rita Lüder: Bäume bestimmen – Knospen, Blüten, Blätter, Früchte

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Pflanzen zu bestimmen, ist in jeder Jahreszeit interessant. Ein guter Naturführer ist dabei sehr hilfreich. Neben einer guten und ausreichenden Beschreibung, also einem Pflanzenporträt, sind es beim Laien vor allem die Bilder, die weiterhelfen.

125 heimische Laubbäume und auch Sträucher werden im Buch vorgestellt. Das Besondere ist, dass im Bildmaterial die jahreszeitlichen Veränderungen gezeigt werden. Betrachten und vergleichen kann man also Winterknospen, Blüten, Blätter, Früchte und die Borke anhand von Fotos und beschreibenden Stichworten. Die Bilder sind recht klein, aber da hier der Focus auf den Details liegt doch gut zu erkennen. Es gibt auch immer ein größeres Bild in den Pflanzenporträts, das den ganzen Baum zeigt. Und natürlich ist der Vorteil bei einem kleineren Buch auch, dass man es gut mitnehmen kann.

Die Artenporträts geben also erste Hinweise zum Bestimmen, während über den Bestimmungsschlüssel jahreszeitliche Details näher betrachtet werden können. Das Beobachten der Bäume über die Jahreszeiten hinweg ist sehr gut möglich. Damit ist die Bestimmung viel einfacher und auch eindeutiger, falls einmal Unklarheiten herrschen.

Wie für einen Pflanzenführer üblich werden Pflanzenmerkmale beschrieben und Vorkommen und Verbreitung aufgezeigt. Wissenswertet zu den Bäumen und Sträuchern wird über Anmerkungen in den Porträts vermittelt. Hier erfährt der Naturfreund zum Beispiel ob Früchte und Blätter essbar sind oder nicht, in der Naturheilkunde verwendet werden oder ob das Holz genutzt wird. Besonderheiten werden herausgestrichen.

Ich habe das Buch ausprobiert an einem mir bisher unbekannten Baum, dessen interessante Früchte, die an kleine Äpfelchen erinnern, mir im letzten Herbst aufgefallen waren und der jetzt im Mai gerade blüht. Ich habe sehr schnell herausgefunden, dass es sich um den Speierling handelt. Und das war wirklich nicht schwer.

Rezension von Heike Rau

Rita Lüder
Bäume bestimmen – Knospen, Blüten, Blätter, Früchte
Der Naturführer für alle Jahreszeiten
288 Seiten, broschiert
Haupt Verlag
ISBN-10: 3258077754
ISBN-13: 978-3258077758
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Allen Frances: Normal

Allen Frances: Normal

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Krank oder normal? Das ist hier die Frage!

Allen Frances ist Psychiater. Er hat nach seiner Pensionierung eine kritische Analyse über sein Fach, die Psychiatrie, vorgenommen.

Jahrelang hat er an der Liste „Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen“, kurz DSM, mit gearbeitet, in der psychiatrische Krankheiten als Abweichung von der Norm benannt werden.
Über die Jahre und Jahrhunderte haben sich demnach psychiatrische Krankheiten gewandelt und vermehrt.

Frances zeigt auf, wie Normalitäten zu Krankheiten mutierten. Die vermeintlich „Kranken“ brauchten immer mehr Medikamente, die den Umsatz der Pharmafirmen steigerten. In der Summe wurden Gesunde krank und Kranke medikamentensüchtig.
Zahlreiche mental und emotional auffällige Verhaltensweisen gab es aber schon immer; doch nach und nach wurden die Betroffenen mit psychiatrischen Krankheitsdiagnosen versehen.

Lange Teile der Abhandlung im Buch gelten einer Abrechnung mit der Zunft der Psychiater. Allen Frances bezieht die Erfahrungen aus seiner Arbeit in die Kritik mit ein. Das macht ihn sympathisch.
Seine Ausführungen sind umfassend und präzise. Nicht immer sind sie griffig und leicht zu verstehen.

Vielleicht spiegelt sich in dieser mangelnden „Griffigkeit“ das ganze Dilemma der psychiatrischen Kunst: die Grenzen zu Verhaltensauffälligkeiten sind fließend, und einleuchtende Diagnosen sind nicht mit labortechnischen oder Bild gebenden Verfahren alleine zu gewinnen.

So gilt auch für die „Demenz“ die Frage, ob nicht einfach eine altersgemäße Vergesslichkeit zu beklagen ist.

Der Autor bedauert in besonderer Weise Diagnosen bei Kindern wie „Autismus, Aufmerksamkeitsdefizit/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS)“ etc.
Auffälligkeiten dieser Art gab es nach  Auffassung des Autors schon immer.

In seiner langen Abhandlung geht er auf die Anfänge transzendenter Welterklärung und Sinnsuche ein. Von den Schamanen über die griechische Götterwelt, die Dämonen und viele andere verlief die Suche der Menschheit nach Erklärungen für das, was nicht handfest zu verstehen war. Insofern liefert Allen Frances fast einen geschichtlichen Abriss der Entstehung und Behandlung seelischer Krankheiten. Breit angelegt und gut strukturiert darf man sich selber ein Bild machen über die Behandlungsformen bei bestimmten Auffälligkeiten mit ihren Diagnosen, die über Jahrhunderte hinweg ihren Weg bis ins Heute fanden. Frances appelliert an alle Betroffenen, seelische Krankheiten nicht zu leicht als Krankheiten zu begreifen. Trauer, Melancholie, Unruhe und Stimmungsschwankungen gehören zu unserem Leben und sind nicht immer mit dem Stigma einer bestimmten Pathologie zu belegen.

Doch unbestritten bleiben die Möglichkeiten, sich wie einst bei der Beichte Hilfe im Gespräch zu suchen. Sind doch Reflexionen über unerklärliche seelische Zustände oftmals durch die Außensicht besser zu verstehen, als das der einzelne im stillen Kämmerlein für sich alleine schaffen könnte.

Kenntnisreich und selbstkritisch warnt Allen Frances vor zu leichtfertigen Diagnosen.

Die Lektüre gibt zu denken und wird sicher eine interessierte Leserschaft finden.

Allen Frances
Normal
430 Seiten, gebunden
Dumont Buchverlag, April 2013
ISBN-10: 3832197001
ISBN-13: 978-3832197001
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Matthias Weinert: Max, Opa und das Vogelei

Matthias Weinert: Max, Opa und das Vogelei

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Max lebt bei seinem Großvater. Die beiden Mäuse haben ihr Zuhause in einer alten Kuckucksuhr, die verborgen im Gebüsch am Waldrand steht. Eines Tages, es ist ein wunderschöner Frühlingsmorgen, weckt Max seinen Opa, um mit ihm einen Morgenspaziergang zu unternehmen. Auf ihrem Weg finden die beiden ein Vogelei im Gras. Als der Opa das Ei gegen das Licht hält, sieht er ein kleines Vogelküken. Also wird das Ei zum Ausbrüten mitgenommen.

Es wird mit erwärmten Steinen und Daunenfedern in eine Kiste gepackt, damit es nicht auskühlt. Eines Tages schlüpft eine kleine Blaumeise aus und wird liebevoll von Max und seinem Großvater gefüttert und aufgezogen. Der kleine Moritz ist sehr aufgeweckt und sorgt für Unordnung in der Kuckucksuhr. Also geht es zum Spielen und Lernen hinaus.

Als eines Tages eine Vogelfrau sich für Moritz interessiert, folgt er ihr. Max möchte nicht, dass sein neuer Freund davonfliegt und fängt ihn nach einer abenteuerlichen Verfolgungsjagd wieder ein. Aber der Opa erklärt seinem Enkel, dass er Moritz fliegen lassen muss, wenn er dem Vogel ein guter Freund sein will.

Die kleine Geschichte ist ganz wundervoll erzählt und gezeichnet.
Wenn der Text ein paar Mal vorgelesen wurde, können Kinder die Geschichte anhand der Bilder gut nacherzählen und sich auch mal allein mit dem Buch beschäftigen. Die Geschichte hat viel Spannendes. Es macht Kindern und auch den vorlesenden Erwachsenen Spaß, zu verfolgen, wie das kleine Vogelküken sich entwickelt, wie Max und Moritz Freunde werden, sich trennen und trotzdem weiter zusammengehören. Was Freundschaft bedeutet, wird hier sehr schön verdeutlicht.

Matthias Weinert erzählt und zeichnet mit sehr viel Fantasie und Einfallsreichtum. Es kann auch mal ein einzelnes Wort sein, das Emotionen weckt. So meint der Enkel zu seinem Großvater, dass beide nun Mäusevogeleltern werden. Eine schöne Wortschöpfung!
Die Illustrationen sind detailreich, farbenfroh und verspielt gehalten. Das Anschauen macht sehr viel Freude, weil es so unglaublich viel zu entdecken gibt. Das humorvolle Buch begeistert, weil es so liebevoll gemacht ist.

Rezension von Heike Rau

Matthias Weinert
Max, Opa und das Vogelei
72 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830312008
ISBN-13: 978-3830312000
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Mely Kiyak: Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an

Mely Kiyak: Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an

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Lebensende oder neues Glück?

„Man stirbt.
Man steht morgens auf, macht seine Arbeit und stirbt.
Man träumt und stirbt.
Man gießt Blumen, geht einkaufen, schüttelt Decken aus und stirbt.“

Mit diesem immer wiederkehrenden Refrain beginnt Mely Kiyak ihren Roman über die tödliche Krankheit ihres Vaters.

Man spürt, wie tief berührt sie ist, als der Vater unerwartet an Lungenkrebs erkrankt. Jeden Tag ist sie bei ihm im Krankenhaus und erlebt die Atmosphäre aus Krankheit und Unausweichlichkeit. Ihr Vater weint, und sie kann es nicht aushalten. Kann man denn nichts tun?

Sie kann ihren Vater motivieren, in die Vergangenheit einzutauchen und Geschichten über die Familie zu erzählen. Da gibt es Tanten, Onkels, Großväter und eine Vielzahl von Anverwandten. Das Landleben und lange geübte Gewohnheiten bestimmen das Leben der weitläufigen Verwandtschaft und Freunde. Die großen Sippen mit ihren zahlreichen Mitgliedern leben in Frieden oder im Krieg mit einander. Man wird mit gerissen in einen Strom von Trauer, Abschiedsgedanken und Erinnerungen. Die Türkei mit ihren großen Familienclans und die Gegenwart in einem sauberen, seelenlosen und nach westlichem Standard ausgerüsteten Krankenhaus bieten die Bühne, auf dem sich das Leben von Tochter und Vater zuletzt abspielt.

Mely Kiyak ist eine erfolgreiche Journalistin, die vorübergehend ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen kann. Ihre Sorge um den kranken Vater scheint alles zu überwuchern. Er schwebt lange Zeit zwischen Leben und Tod. Nur die Geschichten, die er erzählt, lenken aus dem grauen Krankenhausalltag ab.

In diesen Geschichten spielt seine Herkunft aus Anatolien die bestimmende Rolle. Hier herrschen tradierte Lebensmuster, ein einfaches Leben ohne Komfort und ländliche Schlichtheit. Zum Westen der Türkei hin herrscht eine eher säkulare Welt, in der es gut besuchte Schulen und Universitäten gibt. Allerdings entwickeln Kinder aus benachteiligten analphabetisch geprägten Elternhäusern, die als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, häufig ebenfalls ein aufgeklärtes und bildungsnahes Bürgertum.

Mely Kiyak ist eine liebevolle Tochter, die zwischen West und Ost zu vermitteln versucht. Sie hängt mit vollem Herzen an dem Mann, der hier als hilfloses Opfer der Medizin seinem Ende entgegen sieht. Er versteht vieles nicht und versucht sich dem abstrakten und wenig menschenfreundlichen Medizinbetrieb entgegen zu stemmen liebevoll betreut von Verwandten und Freunden.

Mely Kiyak schreibt emphatisch und mit Herzenswärme, wie sie die Zustände des Vaters miterlebt. Er wollte doch so gerne sein Rentnerdasein mit einer neuen Liebe genießen! Ob es ihm gelingen wird?

Das Buch geht zu Herzen. Es zeigt die innige Verbindung zwischen einem Vater und seiner Tochter. Die Autorin setzt ihm, den sie hoch achtet und liebt, ein lebendiges und lebhaftes Andenken. Sie bedenkt dabei sehr wohl, wie schwer es ist, sich aus alten Traditionen zu lösen und neue Formen zu finden. Stellvertretend für zahlreiche Mitbürger mit gleicher Vorgeschichte spricht sie von der Hoffnung und von dem Trost, mit dem die Heimkehrer ihr Lebensende zu Hause verbringen möchten. Nicht zuletzt erfährt man in einer der Erzählungen, wie auch der Vater die Tochter als kleines Kind dem Tod entreißt. Der Kreis hat sich geschlossen!

Mely Kiyak beweist sich als ausgezeichnete  Schriftstellerin, die reflektiert und sehr bewusst über sich und ihre Landsleute zu berichten weiß.

Mely Kiyak
Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an
256 Seiten, gebunden
S. FISCHER, Mai 2013)
ISBN-10: 3100382129
ISBN-13: 978-3100382122
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Peter Schneider: Die Lieben meiner Mutter

Peter Schneider: Die Lieben meiner Mutter

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Krieg und Liebessehnsucht. Eine Familienstudie.

Peter Schneider geht weit zurück in seinen hier vor liegenden Erinnerungen. Er  beschreibt das Leben seiner Eltern und seine eigenen ersten Jahre während und nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er 1940 geboren wurde. Viel weiß er nicht über seine Eltern. Doch anhand von Briefen seiner Mutter kann er aufschlüsseln, dass sie neben ihrem Mann Heinrich einen zweiten innig liebte und mit diesem auch zusammen war. Beide Männer waren an der Oper tätig, die aus Gründen der Propaganda seitens des Reichspropagandaministers Goebbels noch bis weit in das Kriegsjahr 1943 mit ihren Spielplänen erhalten geblieben war, bevor auch das letzte Aufgebot an Männern an die Front geschickt wurde. Andreas war Regisseur, Peter Schneiders Vater Heinrich war Dirigent.

Die Mutter hatte den Vater jung geheiratet und bekam insgesamt nach einander vier Kinder. Dass sie dafür eigentlich zu schade war, bescheinigt ihr der Liebhaber Andreas. Es bleibt klar, dass die Mutter zwei Männer liebte. Diese waren Freunde und duldeten einander. Peter Schneider erfährt von den Liebschaften seiner Mutter wohl erst durch ihre spät gelesenen Briefe.

Aus seinen Impressionen und Recherchen schält sich ein Künstlerleben heraus, in dem häufig finanzielle Not herrschte. Die Kriegsjahre überstand die Familie einigermaßen unbeschadet nur mit Hilfe der Näharbeiten seiner Mutter.

Die aufgefundenen Briefe sind aufschlussreich im Hinblick auf die Toleranz aller Beteiligten in den Dreiecksbeziehungen. Andreas liebte seine Freiheit, Heinrich liebte seine Frau über alles, und Schneiders Mutter liebte beide gleichzeitig. Für die Sitten und Moral in jenen fernen Zeiten ist das eine seltene Konstellation.

Die Form der Biographie, in der hier berichtet wird, ist ungewöhnlich. Aus dem facettenreichen Leben der Mutter kann der Sohn sich zusammenreimen, wie sie ihr Eigenleben neben der Arbeit und der Fürsorge für ihre Kinder gestaltet hat. Da gab es Hingabe, Entsagung und die Gabe, sich fröhlich zu vergnügen. Es gab aber auch die Schwermut, die zuletzt das Leben dieser liebessehnsüchtigen Frau zu zerstören schien. Zwei Themen werden hier abgehandelt: die Kindheit als Flüchtlingskind in einem Dorf in Bayern und die Sehnsüchte einer liebebedürftigen Mutter.

Die Endzeitstimmung des Zweiten Weltkriegs wird authentisch wiederbelebt. Untergang und Flucht aus der zerstörten Stadt Dresden unter unglaublichen Kriegsbedingungen werden so hautnah beschrieben, dass man glaubt, man wäre dabei gewesen. Eine Frau mit vier kleinen Kindern brauchte Energie, Kraft und Lebensmut, um diesem Zumutungen standzuhalten. Daneben konnte sich die Mutter wohl nur durch ihre Liebesbriefe und eine unersättliche Leidenschaft zu verschiedenen Männern am Leben halten. Dass ihr eigener Mann durch alle Widrigkeiten und Nebenliebschaften zu ihr gehalten hat, war Trost und  Hilfe für die geplagte Mutter.

Peter Schneider gehörte einst zu der so genannten 68 sechziger Generation, die scharf mit der Elterngeneration abgerechnet hat. Erst spät erfährt er, dass sein Vater zwar kein Nazi war aber doch stillgehalten hat, um seine Position an der Oper nicht zu gefährden.

Vermutlich ist es nicht leicht, einer Mutter mit diesem bewegten Innen- und Außenleben die angemessene Würdigung entgegen zu bringen. Peter Schneider ist das gelungen.

Peter Schneider
Die Lieben meiner Mutter
304 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Mai 2013
ISBN-10: 3462045148
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Koethi Zan: Danach

Koethi Zan: Danach

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Dieses Buch sprengt fast alle Thriller, die man sich vorstellen kann.

Nackt und bloß finden sich eines späten Abends Sarah und ihre enge Freundin Jennifer in einem dunklen Kellerverlies wieder. Sie sind auf eine infame Weise entführt worden.
Anwesend sind bereits zwei andere nackte und abgemagerte junge Mädchen. Man kann kaum etwas sehen. In diesem Verlies müssen die vier drei Jahre ausharren. Jennifer hat es besonders schlimm erwischt, denn sie steckt zusätzlich in einer engen Kiste.

Schon bald erfährt man, dass der Täter ein Psychologieprofessor war, der an seinen Opfern spezielle Versuche ausprobiert. Die Details seiner Versuche erscheinen verrucht, gruselig und brutal.
Die Geschichte wird in Episoden erzählt, so dass man zunächst die schlimmsten Grausamkeiten nur in Andeutungen erfährt. Der Fantasie ist Tür und Tor geöffnet, um sich auszumalen, welcher Art die Torturen sind.

Die Tat liegt zehn Jahre zurück, der Täter sitzt im Kittchen und die vorzeitige Entlassung des offensichtlich geisteskranken Entführers steht bevor. Die Polizei bittet Sarah um Mithilfe beim Aufdecken weiterer Verbrechen dieses abnormen Täters. Sie lebt mittlerweile in New York, hat sich seit ihrer Befreiung streng verbarrikadiert und meidet alle irgendwie gefährlichen Situationen. Jetzt wird sie in die Nachforschungen nach dem Verbleib ihrer Freundin und dem kranken Täter hineingezogen.

Eine rasante Suche beginnt. Man ist den geheimen Zeichen einer Sekte auf der Spur, die sich sadomasochistischer Praktiken bedient. Neben dem Psychologieprofessor, der sich die schlimmsten Exzesse ausgedacht hat, sind noch weitere Kreise und Personen in die Geschichte verwickelt. Mädchenhandel, Gehirnwäsche und Abartigkeiten aller Art lassen den Leser erschauern.

Die dramatische Jagd nach den Verbrechern wird zu einem unglaublich spannenden Abenteuer. Immer neue Einzelheiten der Verbrecherbande führen den Leser und die Opfer auf gefährliche Spuren.

Koethi Zan hat einen unglaublich fesselnden Thriller gelandet. Sogar Leser, die nicht unbedingt zu den begeisterten Krimilesern gehören, werden das Buch nicht aus der Hand legen. Die psychologischen Feinheiten sind raffiniert und überzeugend dargelegt. Man staunt allerdings, zu welchen Abartigkeiten der Mensch fähig ist, und dass eine Autorin sich diese Geschichten ausdenken kann.

Auf jeden Fall reizt dieser Krimi die Nerven zum Zerreißen.

Koethi Zan
Danach
448 Seiten, broschiert
FISCHER Scherz, Mai 2013
ISBN-10: 3651000451
ISBN-13: 978-3651000452
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Sabine Goette: Die Heilkraft des inneren Arztes

Sabine Goette: Die Heilkraft des inneren Arztes

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Gesundheit und Wohlbefinden sind selbstverständlich, solange es uns gut geht. Doch Krankheit kann jeden treffen. Meist ist es nichts Schwerwiegendes. Ein Besuch beim Arzt, Medikamente und etwas Ruhe sorgen dafür, dass die Selbstheilungskräfte geweckt werden und wir wieder auf die Beine kommen.

Nicht immer ist es so einfach. Schwere und chronische Krankheiten können uns völlig aus der Bahn werfen. Krankheit wird zum Dauerzustand. Doch es gibt Menschen, denen es gelingt, das Ruder wieder herumzureißen. Trotz schlechter Aussichten werden sie wieder gesund oder können zumindest ihr Befinden wieder verbessern.

Das Buch ist für Menschen geschrieben, die Anregungen suchen, die wissen möchten, was gesund erhält und was im Krankheitsfall wieder gesund macht. Es geht neben den schulmedizinischen Aspekten vor allem auch um die eigenen Möglichkeiten, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren, über die jeder Mensch naturgemäß verfügt.

Unser Denken und Fühlen hat Einfluss darauf, wie es uns geht. Unsere Hoffnungen und Erwartungen spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wer krank ist oder Stress hat, der nicht mehr zu bewältigend ist, kann hier ansetzen.

Die Autorin hat nachgeforscht und beschreibt Wege, die hilfreich sein können.
Es geht darum, uns bewusst zu machen, dass wir über Selbstheilungskräfte verfügen und diese aktiviert bzw. im Krankheitsfall wieder aktiviert werden können, sodass der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst wird. Aber es geht auch um Prävention, also die Verhinderung von Krankheiten, die durch anhaltenden Stress erst ausgelöst werden.

Positives Denken, Entspannungstechniken und achtsamkeitsbasierte Meditation sind Punkte, die die Autorin näher beleuchtet. Die Krankheit wird nicht isoliert betrachtet. Der Mensch wird in seiner Ganzheit gesehen, wie in der Mind-Body-Medizin.

Inhaltlich ist das Buch sehr aufschlussreich, auch wenn viele Aspekte bereits bekannt sind. Es ist die Vertiefung und Aufarbeitung der Thematik, die das Buch so lesenswert macht. Dabei wird auch der Wissenschaft viel Platz eingeräumt. Fachleute werden zitiert und Studien zurate gezogen. Man kann dem Buch viel für sich selbst entnehmen.

Rezension von Heike Rau

Sabine Goette
Die Heilkraft des inneren Arztes
Wie jeder seine Selbstheilungskräfte wecken kann
256 Seiten, gebunden
MensSana bei Knaur
ISBN-10: 3426657198
ISBN-13: 978-3426657195
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Ulrike Schweikert: Das Reich der Finsternis – Verwunschen

Ulrike Schweikert: Das Reich der Finsternis – Verwunschen

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Den Geschwistern Mona und Patrick O’Connor stehen sechs Wochen Sommerferien bei ihrer Großmutter in Irland bevor. Die Eltern sind währenddessen auf einer Geschäftsreise nach China. Ashford Castle ist ein etwas unheimlicher Ort, doch die beiden freuen sich auf Abenteuer. Ausgerechnet jetzt stürzt die Großmutter die Treppe hinunter und erleidet einen Beinbruch. Weil deswegen ein Krankenhausaufenthalt ansteht, muss Nachbarin Brenda ab und zu nach den Kindern sehen. Oft sind die beiden allerdings allein. Schnell steht fest, dass etwas Merkwürdiges im Haus vorgeht. Etwas treibt sich hier herum, das beweisen die seltsamen Vorkommnisse, die nicht erklärbar sind.

Später lernen die Geschwister Kylah MacOwen kennen. Das Mädchen wohnt mit ihrem Bruder und dem Großvatter in den Stallungshäusern auf dem Gut. Kylah spricht von geheimnisvollen Unsichtbaren. So recht glauben Mona und Patrick nicht daran, doch bald müssen sie sich eingestehen, dass sie nicht weiter kommen. Es ist, als gehen tatsächlich Geister im Haus um, die nicht eben ungefährlich sind. Kylah behauptet, die Unsichtbaren sehen zu können. Sie glaubt, dass irgendetwas vorgefallen sein muss, sonst würden sie sich nicht so verhalten, wie sie es im Moment tun. Diesem Rätsel müssen die Kinder also auf die Spur kommen.

Das Buch ist spannend gemacht. Die Leselust wird Kinder ab 10 Jahren schon auf den ersten Seiten packen. Es ist diese unheimliche Stimmung, die die Autorin nach und nach aufbaut. Dabei ist die Geschichte unkompliziert geschrieben. Den Geschehnissen ist also leicht zu folgen. Es wird es wirklich sehr abenteuerlich. Interessant ist auch die Kapitelaufteilung. Jedem Kapitel voran steht eine Seite mit teils mysteriösen Zeichnungen, die zur weiteren Erkundung des Buches einlädt.

„Verwunschen“ ist der Auftakt einer Reihe.“ Es ist ein guter Einstieg, auch wenn die Gefahr nicht gebannt werden kann. Immerhin erfahren die Kinder, worum es geht und was die Ursache für die seltsamen Geschehnisse ist.

Rezension von Heike Rau

Ulrike Schweikert
Das Reich der Finsternis – Verwunschen
Band 1
Illustrationen von Timo Grubing
208 Seiten, gebunden
cbj, München
ISBN-10: 3570154610
ISBN-13: 978-3570154618
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Rafik Schami und Kathrin Schärer: „Hast du Angst?“, fragte die Maus

Rafik Schami und Kathrin Schärer: „Hast du Angst?“, fragte die Maus

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Mina weiß noch nicht, was Angst ist. Dass ihre Mutter welche hat, wenn die Katze hinter ihr her ist, ist ihr aber klar. Mina würde zu gerne wissen, wie sie sich diese Angst vorzustellen hat, denn sehen kann man sie offenbar nicht. Also zieht Mina los, um es herauszufinden. Sie begegnet völlig furchtlos einem Löwen und fragt ihn, was Angst ist. Der Löwe gibt sein Bestes, um der Maus Angst zu machen, aber es funktioniert nicht. Mina bekommt keine Angst.

Das Nilpferd kennt sogar noch etwas, das schlimmer ist als Angst, nämlich den Hunger. Der Igel dagegen mit seinen vielen Stacheln kennt Angst angeblich auch nicht. Der Elefant hat auch keine Angst, aber er hat gehört, dass diese Gänsehaut machen kann. Und der Hund behauptet sogar, Angst riechen zu können. Mina weiß gar nicht, was sie davon halten soll. Doch dann auf einmal begegnet ihr ein Tier, das sie eine Kälte in ihrem Bauch und in den Pfoten spüren lässt. Die kleine Maus bekommt kaum Luft und ihr Herz schlägt plötzlich ganz schnell. Die Warnung kommt buchstäblich in letzter Sekunde.

Gefühle einzuordnen, müssen Kinder erst lernen. Mit dem vorliegenden Buch können sie der Angst auf die Spur kommen und dieses Gefühl einordnen und ausdrücken lernen. Angst muss, wie das Buch zeigt, nicht unbedingt etwas Schlechtes sein. Meist gibt es einen guten Grund dafür. Angst kann also als Warnung verstanden werden und natürlich dann auch eine schnelle Reaktion erfordern.

Kindern wird es Spaß machen, der kleinen Mina zu folgen. Mimik und Gestik der Maus sind sehr ausdrucksstark gezeichnet und die kleine Geschichte ist in ihrem Verlauf sehr spannend und abenteuerlich gemacht. Das spiegelt sich auch in den Zeichnungen wider. Aber es geht nicht nur darum zu klären, was Angst ist, sondern auch darum, wie man damit umgeht und sich letztendlich wieder beruhigt.

Rezension von Heike Rau

Rafik Schami und Kathrin Schärer
„Hast du Angst?“, fragte die Maus
32 Seiten, gebunden
Beltz & Gelberg
ISBN-10: 3407795254
ISBN-13: 978-3407795250
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Jeanette Winterson: Warum glücklich statt einfach nur normal?

Jeanette Winterson: Warum glücklich statt einfach nur normal?

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Spurensuche und Identitätskrisen.

Als Kind einer zu jungen und armen Mutter auf die Welt zu kommen, ist häufig ein Unglück. Dieses Schicksal erleidet die Autorin Jeanette Winterson, die 1960 im Alter von fünf Monaten von Mr. und Mrs. Winterson adoptiert wurde. Die Familie lebt in Accrington nicht weit von Manchester entfernt. Aus den Erfahrungen ihres Lebens hat Jeanette Winterson einen höchst reflektierten, anregenden und klugen Bericht verfasst.

Mrs. Winterson ist eine frömmelnde, neurotische und in ihren Gefühlen schwer gestörte Frau. Überall wittert sie Boshaftigkeit, Ungehorsam und Sünde. In ihrem Umfeld argwöhnt sie darüber hinaus Unreinheit, Lüge und Betrug. Den Vater hält sie sich vom Leibe. Ohne Sex aber gibt es kein Kind! So muss ein angenommenes Kind ihren Fantasien und Bösartigkeiten standhalten.

Jeanette Winterson zeichnet das Bild einer kargen und entbehrungsreichen Kindheit und Jugend. Harte Strafen und    ausgesperrt werden gehören zu ihrem kindlichen Alltag. Aus ihren Worten spürt man die Rebellion und aufsässige  Verfassung, mit der sie sich durchs ihr Leben schlägt. Mit 16 Jahren verlässt sie dieses ungeheuerliche Elternhaus und führt fortan das Leben einer vagabundierenden, eigensinnigen und selbstbestimmten Frau.

Ohne psychische Verbiegungen bleibt eine solche Kindheit nicht!

Intelligent und zielstrebig schafft J.W. dennoch den Sprung an die Universität Oxford und wird später zu einer angesehenen Schriftstellerin.

Den Beweis dafür liefert ihr Titel „Warum glücklich statt einfach nur normal“? Das sind die Worte der Mutter, die voller Hass auf die Tatsache reagiert hat, dass ihre Adoptivtochter Frauen liebt.

Jeanette Winterson zieht die Bilanz ihres Lebens, die von Zweifeln, Selbstfindungs- und Identitätssuche gekennzeichnet ist.

Differenziert und selbstkritisch beschreibt sie ihre Suche nach dem rechten Weg ins Leben. Ihre Adoptivmutter zeigt sich als grausame und selbstgerechte moralische Instanz. Mit Tiefenschärfe und klugen Blick reflektiert die Autorin ihr Geschick, das nur mit unerschütterlicher Stärke zu meistern ist.

Die klaren Worte und der stechend scharfe Blick der Autorin bringen einem ihr Schicksal ganz nahe. In einem furiösen Finale begibt sie sich auf Spurensuche nach ihrer wahren Herkunft. Es trägt sie in Gefühlswelten, die schwer zu verkraften sind.

Die Geschichte ist ein Leerstück aus der schwarzen Pädagogik, an der schon ganz andere Menschen zerbrochen sind. Nicht ganz von ungefähr denkt man an Charles Dickens bei der Lektüre.

Der herausragende Lebensrückblick bietet mannigfache Gelegenheit, sich der eigenen Zielsetzungen oder Versagungen zu erinnern.

Sehr lesenswert!

Jeanette Winterson
Warum glücklich statt einfach nur normal?
256 Seiten, gebunden
Hanser Berlin, 2. Auflage, Januar 2013
ISBN-10: 3446241493
ISBN-13: 978-3446241497
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