Rafik Schami und Kathrin Schärer: „Hast du Angst?“, fragte die Maus

Rafik Schami und Kathrin Schärer: „Hast du Angst?“, fragte die Maus

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Mina weiß noch nicht, was Angst ist. Dass ihre Mutter welche hat, wenn die Katze hinter ihr her ist, ist ihr aber klar. Mina würde zu gerne wissen, wie sie sich diese Angst vorzustellen hat, denn sehen kann man sie offenbar nicht. Also zieht Mina los, um es herauszufinden. Sie begegnet völlig furchtlos einem Löwen und fragt ihn, was Angst ist. Der Löwe gibt sein Bestes, um der Maus Angst zu machen, aber es funktioniert nicht. Mina bekommt keine Angst.

Das Nilpferd kennt sogar noch etwas, das schlimmer ist als Angst, nämlich den Hunger. Der Igel dagegen mit seinen vielen Stacheln kennt Angst angeblich auch nicht. Der Elefant hat auch keine Angst, aber er hat gehört, dass diese Gänsehaut machen kann. Und der Hund behauptet sogar, Angst riechen zu können. Mina weiß gar nicht, was sie davon halten soll. Doch dann auf einmal begegnet ihr ein Tier, das sie eine Kälte in ihrem Bauch und in den Pfoten spüren lässt. Die kleine Maus bekommt kaum Luft und ihr Herz schlägt plötzlich ganz schnell. Die Warnung kommt buchstäblich in letzter Sekunde.

Gefühle einzuordnen, müssen Kinder erst lernen. Mit dem vorliegenden Buch können sie der Angst auf die Spur kommen und dieses Gefühl einordnen und ausdrücken lernen. Angst muss, wie das Buch zeigt, nicht unbedingt etwas Schlechtes sein. Meist gibt es einen guten Grund dafür. Angst kann also als Warnung verstanden werden und natürlich dann auch eine schnelle Reaktion erfordern.

Kindern wird es Spaß machen, der kleinen Mina zu folgen. Mimik und Gestik der Maus sind sehr ausdrucksstark gezeichnet und die kleine Geschichte ist in ihrem Verlauf sehr spannend und abenteuerlich gemacht. Das spiegelt sich auch in den Zeichnungen wider. Aber es geht nicht nur darum zu klären, was Angst ist, sondern auch darum, wie man damit umgeht und sich letztendlich wieder beruhigt.

Rezension von Heike Rau

Rafik Schami und Kathrin Schärer
„Hast du Angst?“, fragte die Maus
32 Seiten, gebunden
Beltz & Gelberg
ISBN-10: 3407795254
ISBN-13: 978-3407795250
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Jeanette Winterson: Warum glücklich statt einfach nur normal?

Jeanette Winterson: Warum glücklich statt einfach nur normal?

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Spurensuche und Identitätskrisen.

Als Kind einer zu jungen und armen Mutter auf die Welt zu kommen, ist häufig ein Unglück. Dieses Schicksal erleidet die Autorin Jeanette Winterson, die 1960 im Alter von fünf Monaten von Mr. und Mrs. Winterson adoptiert wurde. Die Familie lebt in Accrington nicht weit von Manchester entfernt. Aus den Erfahrungen ihres Lebens hat Jeanette Winterson einen höchst reflektierten, anregenden und klugen Bericht verfasst.

Mrs. Winterson ist eine frömmelnde, neurotische und in ihren Gefühlen schwer gestörte Frau. Überall wittert sie Boshaftigkeit, Ungehorsam und Sünde. In ihrem Umfeld argwöhnt sie darüber hinaus Unreinheit, Lüge und Betrug. Den Vater hält sie sich vom Leibe. Ohne Sex aber gibt es kein Kind! So muss ein angenommenes Kind ihren Fantasien und Bösartigkeiten standhalten.

Jeanette Winterson zeichnet das Bild einer kargen und entbehrungsreichen Kindheit und Jugend. Harte Strafen und    ausgesperrt werden gehören zu ihrem kindlichen Alltag. Aus ihren Worten spürt man die Rebellion und aufsässige  Verfassung, mit der sie sich durchs ihr Leben schlägt. Mit 16 Jahren verlässt sie dieses ungeheuerliche Elternhaus und führt fortan das Leben einer vagabundierenden, eigensinnigen und selbstbestimmten Frau.

Ohne psychische Verbiegungen bleibt eine solche Kindheit nicht!

Intelligent und zielstrebig schafft J.W. dennoch den Sprung an die Universität Oxford und wird später zu einer angesehenen Schriftstellerin.

Den Beweis dafür liefert ihr Titel „Warum glücklich statt einfach nur normal“? Das sind die Worte der Mutter, die voller Hass auf die Tatsache reagiert hat, dass ihre Adoptivtochter Frauen liebt.

Jeanette Winterson zieht die Bilanz ihres Lebens, die von Zweifeln, Selbstfindungs- und Identitätssuche gekennzeichnet ist.

Differenziert und selbstkritisch beschreibt sie ihre Suche nach dem rechten Weg ins Leben. Ihre Adoptivmutter zeigt sich als grausame und selbstgerechte moralische Instanz. Mit Tiefenschärfe und klugen Blick reflektiert die Autorin ihr Geschick, das nur mit unerschütterlicher Stärke zu meistern ist.

Die klaren Worte und der stechend scharfe Blick der Autorin bringen einem ihr Schicksal ganz nahe. In einem furiösen Finale begibt sie sich auf Spurensuche nach ihrer wahren Herkunft. Es trägt sie in Gefühlswelten, die schwer zu verkraften sind.

Die Geschichte ist ein Leerstück aus der schwarzen Pädagogik, an der schon ganz andere Menschen zerbrochen sind. Nicht ganz von ungefähr denkt man an Charles Dickens bei der Lektüre.

Der herausragende Lebensrückblick bietet mannigfache Gelegenheit, sich der eigenen Zielsetzungen oder Versagungen zu erinnern.

Sehr lesenswert!

Jeanette Winterson
Warum glücklich statt einfach nur normal?
256 Seiten, gebunden
Hanser Berlin, 2. Auflage, Januar 2013
ISBN-10: 3446241493
ISBN-13: 978-3446241497
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Rainer M. Schröder: Liberty 9 – Todeszone

Rainer M. Schröder: Liberty 9 – Todeszone

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Die Lügen sind aufgedeckt. Für Kendira, Carson, Dante und die anderen jungen Leute aus Liberty 9 ist es Zeit zu handeln, wenn sie nicht in den sicheren Tod gehen wollen. Carson, Dante und einige andere haben einen Weg nach draußen gefunden.

Es gelingt ihnen, die Wolf-Leute und die Bones für ihre Sache zu gewinnen. Mit Verstärkung und guter Bewaffnung kehren sie zurück zu, um die noch Ahnungslosen aufzuklären und Liberty 9 zu befreien. Unerwartet erhalten die jungen Leute Hilfe von Primas Templeton, den sein Gewissen plagt, sodass die innere Sicherheit von Liberty 9 empfindlich gestört werden kann.

Dennoch ist es ungewiss, ob die Machtübernahme gelingt, denn noch jemand wechselt die Seiten, von dem sie es nicht erwartet hätten. Diesmal nicht zu ihrem Vorteil. Die Lage verschärft sich dramatisch. Dabei müssen auch noch die bereits Verschleppten auf Tomamato Island gerettet werden. Aber auch dafür entwickeln die Freunde einen waghalsigen Plan.

Das Buch ist sehr mitreißend geschrieben. Die Spannung des ersten Bandes „Liberty 9 – Sicherheitszone“ wird übertroffen. Nicht gleich am Anfang. Erst wird langsam in das Buch eingeführt, bis man sich wieder gut zurecht findet. Aber dann wechselt die Stimmung. Die beklemmende Situation, die sich für die Charaktere auftut, überträgt sich direkt auf den Leser. Der Autor schreibt mit Schonungslosigkeit. Der Tod ist allgegenwärtig und schlägt unbarmherzig zu.
Was im ersten Band noch sehr rätselhaft dargestellt wird, wird nun offenbart. Der Leser erfährt, was Liberty 9 wirklich ist und was mit der Welt draußen nach dem Dritten Weltkrieg geschehen ist.

Es ist eine erschreckende Dystopie. Die Rettungsaktion steht unter keinem guten Stern. Die Gefahren draußen, haben die Freunde um Cendira, Carson und Dante unterschätzt. Es gibt extrem dramatische und unerträglich brutale Szenen. Unerwartete Wendungen erhöhen die Spannung noch.

Rezension von Heike Rau

Rainer M. Schröder
Liberty 9 – Todeszone
544 Seiten, gebunden
cbj, München
ISBN-10: 3570154653
ISBN-13: 978-3570154656
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John Katzenbach: Das Opfer

John Katzenbach: Das Opfer

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In diesem Psychothriller geht es um die Liebe, die zu einem Albtraum wird. Es ist eine Liebe der extremsten Art. Die attraktive und nette Studentin Ashley hat eines Tages einen Fehler gemacht, der zunächst als solches nicht erkennbar ist. Auf einer Party hat sie Michael O’Connell kennen gelernt. Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, ist, dass Michael ein Computerfreak und ein Hacker ist. Auf der Party kommt es zu einem One-Night-Stand. Das hätte Ashley lieber nicht zulassen sollen. Doch Ashley denkt sich nichts dabei, und für sie soll Michael auch nur ein nettes Erlebnis auf einer Party bleiben. Doch für Michael scheint es mehr zu sein. Er kann nicht nachlassen, Ashley anzurufen und ihr seine Liebe zu gestehen.

Ashley wird dieser Typ lästig, doch so sehr beunruhigt ist sie nicht. Zunächst. Bei weiterer Gelegenheit lernt sie einen anderen netten Jungen kennen, mit dem Sie sich gerne erneut treffen würde. Es bleibt jedoch bei der Vereinbarung, in Kontakt zu bleiben. Doch Ashley wartet lange auf dessen nächsten Anruf. Zu lange. Dabei hatte er gar nicht den Eindruck gemacht, als würde die Begegnung mit ihr für ihn auch nur eine einmalige Angelegenheit sein. Doch, was Ashley nicht weiß, ist, dass dieser Junge nach dem ersten Treffen mit ihr so zusammengeprügelt wurde, dass er sein weiteres Leben nur noch in einem Rollstuhl verbringen kann. Während er zunächst viele Wochen in einer Klinik verbringt und gar keine Gelegenheit hat, sich mit Ashley in Verbindung zu setzen, so hat er anschließend jede Hoffnung aufgegeben, Ashley jemals als Krüppel wiederzusehen.

Während Ashley weiterhin versucht, ihren lästigen Michael loszuwerden, geschehen merkwürdige Dinge an ihrer Uni und in dem Museum, in welchem sie jobbt. Sie wird von der Uni geworfen und verliert ihren Job. Völlig verständnislos muss sie diese Tatsachen hinnehmen. Diese Merkwürdigkeiten ziehen ihre Eltern auf dem Plan. Ashley hat im Prinzip drei Elternteile: ihren Vater und die von ihm getrennt lebende Mutter, sowie die lesbische Lebensgefährtin der Mutter. Ashley ist mit diesen dreien zusammen aufgewachsen und obwohl der Vater und die Lebensgefährtin der Mutter nicht gut miteinander können, raufen sich diese drei zusammen, um Ashley zu helfen.

Es beginnt ein perfides Katz- und Mausspiel, den der Psychopath Michael ins Leben gerufen hat. Das, was er als Liebe bezeichnet, ist nichts anderes als Macht ausüben und Besitz ergreifen wollen über Ashley. Er denkt sich immer wieder neue Scheußlichkeiten aus, um Ashley und ihre Helfer in die Schranken zu weisen. Aber er schreckt auch nicht vor Brutalität zurück.

Katzenbach hat diesen spannenden Psychothriller in eine besondere Erzählform gebracht. Die Handlung wird begleitet von den Recherchen des Autors. In jedem Kapitel befindet sich eine zweite Ebene des Erzählens. Am Ende stehen immer weniger Seiten manchmal auch nur eine halbe Seite, in welcher der Leser die Recherchen des Autors verfolgen kann. Während dieser Recherchen interviewt der Autor Zeugen und Angehörige des Dramas. Diese Abschnitte sind zwar optisch kenntlich gemacht, aber gerade zu Beginn hat der Leser Schwierigkeiten, diesen verwirrenden Strang in die Handlung einzubringen. Erst nach 3-5 Kapiteln kann man sich damit anfreunden und erkennt immer wieder die gleichlaufenden Passagen von der Recherche des Autors und der tatsächlichen Handlung. Die größten Teile des Buches verfolgt der Leser mit Spannung, wie Michael, der Psychopath, äußerst clever und präzise sein Opfer und deren Angehörige jagt. Es wird schnell klar, dass ihm die Opfer nicht viel entgegen setzen können. Erst als die Arroganz des Täters zunimmt, scheint sich das Blatt zu wenden.

650 Seiten Spannung pur und dank schlafloser Nächte rasant schnell durchgelesen. Volle Punktzahl!

Katzenbach, John
Das Opfer
Taschenbuch
Knaur TB, München
ISBN-10: 342663757X
ISBN-13: 978-3426637579

© Detlef Knut, Düsseldorf 2013
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Jinaika Jakuszeit: Kosmetikwerkstatt – Sanft pflegende Kosmetika aus der eigenen Küche

Jinaika Jakuszeit: Kosmetikwerkstatt – Sanft pflegende Kosmetika aus der eigenen Küche

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Bei selbstgemachter Kosmetik weiß man, was drin ist und kann die Pflege ganz genau auf die eigenen Bedürfnisse abstimmen. Das vorliegende Buch ist allerdings eher nicht für Anfänger geeignet. Einfache Basisrezepte oder Kosmetik, die aus wenigen preiswerten Zutaten schnell zusammengerührt wird, findet man hier nicht.

Trotzdem wird zunächst Grundwissen vermittelt. Hier geht es um unsere Haut und die verschiedenen Hauttypen und Allgemeines zur Kosmetikherstellung. Ein Blick auf die Arbeitsutensilien und den Arbeitsplatz wird geworfen. Die verschiedenen Zutaten werden in einem sehr informativen Rohstoffregister kurz erklärt.

Vorgestellt werden Rezepte zur Gesichtsreinigung, Gesichtspflege, Körperreinigung und Körperpflege, unter anderem Argan-Wildrosen-Waschsahne, Vanilla Cleansing Bar, Hydro-Augengel mit Perlenextrakt, Gesichtscreme mit Kamelien- und Papayaöl, Badeschokolade Schoko & Vanille, Duschjellies, Ölpeeling Red Rose, Jasmin-Sandelholz- Körperpuder und Bodybutter mit Argan- und Granatapfelöl. Es sind insgesamt knapp 40 Rezepte.

Die Vorschläge sind ausgefallen und die Produkte wirken dadurch sehr hochwertig. Die Zutatenliste ist oft sehr lang und ob die Beschaffung einzelner, oft auch sehr teurer bzw. exotischer und im Handel schwer zu findender Zutaten lohnt, sei dahingestellt. In Betracht gezogen werden kann das eigentlich nur für die fast schon professionelle Herstellung von Pflegeprodukten und nicht mehr die hobbymäßige. Auf der anderen Seite findet, wer experimentierfreudig ist und die Kosten nicht scheut, hier wirklich sehr Spannendes zum Ausprobieren.

Die Rezeptanleitungen sind ausführlich und übersichtlich gehalten, sodass man hier recht gut folgen kann. Oftmals gibt es auch Fotos zu den einzelnen Arbeitsschritten. Auf die Anwendung des fertigen Produktes wird kurz hingewiesen. Das Buch enthält sehr viele und wirklich gut gemachte illustrierende Fotos der Kosmetikprodukte. Damit wirkt auch die Aufmachung des Buches sehr ansprechend.

Rezension von Heike Rau

Jinaika Jakuszeit
Kosmetikwerkstatt – Sanft pflegende Kosmetika aus der eigenen Küche
144 Seiten, gebunden
Frech Verlag
ISBN-10: 3772458408
ISBN-13: 978-3772458408
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Miriam Toews: Mr T., der Spatz und die Sorgen der Welt

Miriam Toews: Mr T., der Spatz und die Sorgen der Welt

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Zweifel und Tod: eine Bilanz.

Miriams Vater gab zeitlebens Rätsel auf: er war ein mitreißender Lehrer, witzig, erfindungsreich und beliebt. Zu Hause aber war er ein Schweiger. Fragte man ihn nach seinem Befinden, so ging es ihm nach seinen Aussagen gut. Doch tief im Inneren wütete eine Krankheit in ihm, die weit verbreitet ist und zu oft verleugnet wird: er leidet an einer Depression. Mit 17 wurde eine manisch depressive Krankheit bei ihm diagnostiziert. Man riet ihm von einer Familiengründung ab. Doch er heiratete Elvira, die er schon aus der Schulzeit kennt, und bekommt zwei Töchter mit ihr. Die Tochter Miriam ist es, die sich auf Spurensuche begibt, als sie nach dem Suizid des Vaters, den er kurz nach der Pensionierung beging, seine Vergangenheit durchforscht.

Sie hat ein liebevolles und ehrliches Bild ihres Vaters ersonnen und beschrieben. Dazu gehören Rückblicke auf die Familiengeschichte, das Leben in Kanada in einem Ort namens „Steinbach“, die Berufszeit des Vaters als Lehrer und das Familienleben im Allgemeinen. Die Familie gehörte über Generationen zur religiösen Gemeinschaft der Mennoniten. Das ist eine streng gläubige und moralisch rigide Freikirche.

Melwin Toews war ein Grübler und Zweifler. Er hat sich über die Umwelt gelegentlich lustig gemacht; über Krankenschwestern, Ärzte  und ihre Medikationen. Niemand konnte ihm helfen, zumal er zu Hause schwieg. Woher sollte man wissen, wie es in seinem Inneren zuging? Sein ganzes Leben erscheint als eine Flucht vor der Krankheit. In der Arbeit, die er weit über das übliche Maß hinaus betreibt, findet er Zufriedenheit. Fällt sie weg, so fällt er in sich zusammen, und zurück bleibt die innere Leere, das Gefühl des Versagens und der Unfähigkeit. Weit in die Kindheit reichen die Wurzeln für diese Störung zurück.

Zart angedeutet darf man sich ein Bild machen von der Lieblosigkeit, mit der Melvin in frühester Kindheit konfrontiert wurde. Hier ruht bereits der schicksalhafte Konflikt zwischen Schuld und Versagen. Frustrationen in frühester Kindheit verursachen Entwicklungen, die gravierende Folgen zeitigen können.

In einem langen Rückblick geht die Autorin der Familiengeschichte nach. Sie lässt den Vater selber zu Wort kommen und skizziert seine Gedanken über die Welt, die Brüder, die Schwestern und den ganzen Familienclan. Herausgekommen ist eine wirklich witzige und amüsante Familiengeschichte, die mit Leichtigkeit berichtet, wo Tragik womöglich belasten könnte. Ernst wird mit Ironie und Komik vermischt, so dass mit Distanz die Traurigkeit vertrieben wird. Zahlreiche Szenen aus dem gelebten Familienleben bieten Einblicke in das Dasein auf dem Lande, in Familienkonstellationen mit ihren Erfolgen, Niederlagen und religiösen Bindungen.

Die Krankheit „manische Depression“ bekommt ein Gesicht, das anrührt und erschüttert.

Der Text ist locker aufbereitet und bietet Unterhaltung mit tiefgründiger Lebenserfahrung auf hohem Niveau.

Miriam Toews

Mr T., der Spatz und die Sorgen der Welt
258 Seiten, gebunden
Berlin Verlag, April 2013
ISBN-10: 3827011310
ISBN-13: 978-3827011312
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Matthias Sodtke: Gib mir die Kirsche – Tooooor!

Matthias Sodtke: Gib mir die Kirsche – Tooooor!

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Nulli und Priesemut ernten alle die Kirschen vom Baum. Oma Bär will daraus „Kirschsuppe mit Grießbällchen“ machen. Bis das Essen fertig ist, wollen Hase und Frosch noch ein bisschen Fußball spielen. Das Spiel gestaltet sich lebhaft und dann schießt Priesemut ein Tor. Doch Nulli sieht das anders und so gibt es einen handfesten Streit. Es wird so laut, dass Oma Bär in ihrer Küche darauf aufmerksam wird. Sie droht mit der „roten Karte“. Aber schon jagt Priesmut seinem Freund den Fußball wieder ab. Der fliegt in hohem Bogen durch die Luft und landet auf den Zinken der Mistgabel der Vogelscheuche. Tja, nun ist die Luft raus! Nulli macht sich, sehr zum Ärger von Priesemut, lustig darüber. Zum Glück fällt Oma Bär der alte Fußball ein, der oben auf dem Dachboden liegt. Nulli und Priesmut staunen über den Lederfußball, der von Bruno stammt, der ein alter Freund von Oma Bär ist. Auf dem Foto der alten Dorfmannschaft ist sogar ein Mädchen mit abgebildet. Es ist kaum zu glauben, dass Oma Bär einst Fußball gespielt hat. Doch eindrucksvoll zeigt sie Nulli und Priesemut was sie auch heute noch drauf hat.

Erneut erzählt Matthias Sodtke eine faszinierende Geschichte von Nulli und Priesemut. Diesmal steht Oma Bär im Mittelpunkt. Hase und Frosch haben die alte Dame unterschätzt und vergessen, dass auch eine Oma einmal jung gewesen ist. Kinder wird das anregen, ihre Großeltern zu fragen, wie ihre Kindheit war. Damit bietet die Geschichte viel Gesprächsstoff innerhalb der Familie.
Die Zeichnungen gefallen diesmal besonders gut. Es ist sehr lustig zu sehen, wie Nulli, Priesemut und natürlich auch Oma Bär mit viel Einsatz und Begeisterung dem Ball nachjagen. Ein Spiel sollte Spaß machen und nicht Anlass zu Streitereien geben, so wie es bei Nulli und Priesemut der Fall war. Das bringt Oma Bär ihren kleinen Schützlingen bei.
Einen Kritikpunkt gibt es diesmal allerdings: Das Rezept für die „Kirschsuppe mit Grießbällchen“ fehlt. Aber vielleicht weiß ja eine vorlesende Oma, wie man dieses leckere klassische Gericht zubereitet.

Rezension von Heike Rau

Matthias Sodtke
Gib mir die Kirsche – Tooooor!
72 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830311915
ISBN-13: 978-3830311911
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Donatella Di Pietrantonio: Meine Mutter ist ein Fluss

Donatella Di Pietrantonio: Meine Mutter ist ein Fluss

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Was tut man, wenn die Mutter ihre eigene Geschichte vergisst? Wenn die Erinnerungen gehen oder nur noch bruchstückhaft existieren. Dass es nicht wieder besser werden wird, weiß die Tochter, die sich um ihre Mutter kümmert. So geht sie gedanklich zurück in die Vergangenheit und arbeitet diese auf, indem sie ihrer Mutter ihre Erinnerungen schildert und auch die Erinnerungen, die sie nur von ihrer Mutter weiß, weil sie ein kleines Kind war oder diese in eine Zeit zurückgehen, die die Kindheit und Jugend ihrer Mutter betreffen.

Es war ein entbehrungsreiches Leben. Esperina stammt aus einer armer Bauernfamilie in den Abruzzen und heiratete Cesare. Die beiden lebten auf den Höfen der Eltern und Schwiegereltern. Die Arbeit ging immer vor. Es reichte auch so kaum zum Überleben. In diese Großfamilie hinein wurde die Tochter geboren. Viel Liebe hat sie nicht von ihrer Mutter bekommen und das macht ihr heute immer noch zu schaffen. Eine klärendes Gespräch wäre nötig, nach all den langen Jahren. Doch das wird es nicht mehr geben.

Der Blick der Tochter, die längst eine eigene Familie hat und beruflich erfolgreich ist, auf die Mutter ist dennoch von Liebe geprägt. Das kann man zwischen den Zeilen lesen. Der Anklang ist melancholisch, sehnsüchtig, gedankenverloren, unendlich traurig und dennoch wohlwollend. Denn diese Erinnerungen verbinden beide Frauen und das versöhnt letztendlich doch.

Rezension von Heike Rau

Donatella Di Pietrantonio
Meine Mutter ist ein Fluss
Aus dem Italienischen von Maja Pflug
176 Seiten, gebunden
Verlag Antja Kunstmann
ISBN-10: 3888978173
ISBN-13: 978-3888978173
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Alfred Neven DuMont: Drei Mütter

Alfred Neven DuMont: Drei Mütter

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Kindheit, Liebe, Lust und Leidenschaft.

Handelt es sich hier um einen Liebesroman oder um einen Entwicklungsroman?
Ich vermute beides.

Im Mittelpunkt der Erzählung steht der Junge Alwyn, der zu Beginn der Erzählung etwa fünf Jahre alt ist. Er wird von einer bildschönen Mutter versorgt, die ihn zärtlich liebt und ihm alle körperliche Wohltaten einer stillenden Mutter zuteil werden lässt. Leider steht es um die Ehe der Eltern nicht zum Besten. Als der Vater schließlich die Familie verlässt, verlustiert sich die Mutter mit einem neuen Liebhaber. Alwyn gerät nun in die Fänge seiner fünf Jahre älteren Schwester Alwena. Sie erzieht ihren Bruder, liebt und züchtigt ihn. Diese fast inzestuöse Beziehung zeitigt jedoch auch seelische Folgen.

Als Alwyn in die Schule muss, passt ihm das gar nicht. Verwöhnt, hübsch und klug zieht er den Neid der Mitschüler auf sich, bis Egon erscheint. Jetzt hat er einen Beschützerfreund, der zugleich noch die Lehrfunktionen von Alwena genießt. Sie macht aus Egon einen passablen Schüler.

In dieser wohligen Kinderwelt gibt es kaum Kummer aber viel Eros und Wohlgefallen. Doch ganz unberührt bleibt der Knabe nicht von der Verfolgung böser Geister, hinter der sich eine verkappte Depression verbirgt.

Alwyn wächst heran und ist der Liebling der Frauen. An Zuwendung mangelt es ihm nie. Er ist klug und lernt leicht, so dass er ein äußerlich unbeschwertes Leben führt. Alfred Neven DuMont erzählt die Geschichte seines sensiblen und vom Glück begünstigten Helden mit Liebe und Einfallsreichtum. Malerische Landschaftseindrücke, ein träumerischer Liebling der Götter; so ist das Leben in Freuden perfekt! Um ihn herum mögen die Beziehungen in die Brüche gehen: er bleibt der unangefochtene Held, den fast nichts aus der Bahn wirft, denn an liebestollen Frauen mangelt es ihm nicht.

Erst bei dem Besuch seines Großvaters in Afrika erfährt er, wie sehr ihm ein beschützender Vaterfreund gefehlt hat!

Mit zahlreichen Liebesszenen angereichert wird die Geschichte leicht, ruhig und einfühlsam beschrieben. Ist die Mutter auch exzentrisch und der Vater oft abwesend: unser Helden meistert sein Leben ungestört. Der Großvater in Afrika aber ist seine große Entdeckung, denn er in ihm findet er einen liebevollen und weisen väterlichen Freund.

Die Entwicklung vom vergötterten Kleinkind zum schönen und klugen Mann geht insgesamt jedoch ohne schwere Einbrüche vonstatten.

Alwyn geht seinen Weg  und schließt Frieden mit seinen diversen Freundinnen und Bezugspersonen. Einzig seine Besitz ergreifende Schwester wird mit seiner Loslösung von ihr nicht fertig.

Die ruhige, liebenswürdig daher erzählte Geschichte liest sich unbeschwert und einfach. Man findet Vergnügen an einem Leben mit geringen Aufregungen und Kümmernissen, wenn es so auch der wirklichen Welt kaum entspricht. Soll um ihn herum die Welt in Trümmern liegen. Alwyn bewegt sich unberührt von Betrübnissen und schwerem Leid des Lebens zwischen den ihn liebenden Frauen um ihn herum auf Forschungspfaden. Er wird ein glücklicher Mann. Und wir erleben die Entwicklung einer Adoleszenz, die ihresgleichen sucht.

Eine leichte und kurzweilige Lektüre bietet Alfred Neven DuMont mit diesem Roman seinem geneigten Lesepublikum.

Alfred Neven DuMont
Drei Mütter
364 Seiten
Hoffmann und Campe, März 2013
ISBN-10: 3455404219
ISBN-13: 978-3455404210
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Hans-Ulrich Grimm: Garantiert gesundheitsgefährdend – Wie uns die Zucker-Mafia krank macht

Hans-Ulrich Grimm: Garantiert gesundheitsgefährdend – Wie uns die Zucker-Mafia krank macht

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Das Zucker nicht zu den gesunden Lebensmitteln gehört, dürfte sich herumgesprochen haben. Zucker bereitet uns zwar Genuss, zu viel davon kann der Gesundheit aber schaden. Allerdings ist es nicht besonders leicht, sich zuckerarm zu ernähren, denn Zucker versteckt sich gerne auch in Produkten, die gar keinen süßen Zusatz vermuten lassen. Und sicher fragt sich der eine oder andere, wie es kommt, dass der Zucker so verschwenderisch verwendet wird.

Der Autor zeigt auf, welche Krankheiten ein übermäßiger Zuckergenuss verursachen kann. Das sind längst nicht nur Diabetes. Selbst der als gesunde gepriesene Fruchtzucker kann Probleme machen. Immer mehr Menschen leiden unter Fruktosemalabsorbtion. Zu viel Zucker führt auch zu Übergewicht mit den bekannten Folgen. Selbst Alzheimer und Krebs stehen in Verdacht, etwas mit dem Zuckerkonsum zu tun zu haben. Die Konsequenz müsste sein, den Zucker in Lebensmitteln zu reduzieren. Statt dessen wird therapiert und mit Medikamenten behandelt. Hans-Ulrich Grimm schaut hinter die Kulissen. Er hat recherchiert, was da genau auf Kosten der Verbraucher läuft und wie die Zuckerindustrie und die Hersteller der Lebensmittel agieren. Das ist teilweise wirklich sehr erschreckend dargestellt. Der Zucker hat, wie es scheint, eine starke Lobby.

Natürlich ist es problematisch, ein Lebensmittel wie den Zucker isoliert zu betrachten. Sicherlich gibt es viele weitere Sachen, die im Übermaß verzehrt, krank machen können. Dennoch ist das Buch interessant. Es liefert viele Hintergrundinformationen zum Zucker. Und es ist natürlich eine Warnung und eine Motivation, das eigene Essverhalten zu überdenken.
Produkte, die einen übermäßig hohen Zuckergehalt haben oder in denen man gar keinen Zucker vermuten würde, werden genannt. Darunter sind, und das ist wirklich bedenklich, auch die sogenannten Kinderlebensmittel.
Wer sich dennoch nicht vom süßen Leben verabschieden möchte, sieht vielleicht in Stevia eine Alternative. Wenn man aber liest, wie aus der Pflanze, das schöne weiße Pulver gewonnen wird, vergeht einem schon wieder der Appetit.

Das Buch ist in einem sehr lockeren Schreibstil geschrieben, fast schon umgangssprachlich. Das steht im krassen Gegensatz zu den besorgniserregenden Fakten, die der Autor liefert. Es ist ein kritisches Buch, das den Verbraucher gut informiert.

Rezension von Heike Rau

Hans-Ulrich Grimm
Garantiert gesundheitsgefährdend – Wie uns die Zucker-Mafia krank macht
304 Seiten, Klappenbroschur
Droemer Verlag
ISBN-10: 3426275880
ISBN-13: 978-3426275887
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