Jennie Walker: Fünf Tage. Ein Spiel

Jennie Walker: Fünf Tage. Ein Spiel

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Sie ist mit Alan verheiratet und Stiefmutter seines Sohnes Selwyn. Ihr Leben ist von Alltäglichem geprägt. Ihre zwei, nicht sehr zeitaufwändigen Jobs, füllen sie nicht aus, und Selwyn, der langsam erwachsen wird, bedarf ihrer Fürsorge nicht mehr.

Ein Liebhaber, ein Schadenssachverständiger, bringt etwas Abwechslung ins Dasein. Aber sie weiß wahrscheinlich auch so, dass sie an einem Wendepunkt steht und entscheiden muss, ob sie mit Alan weiter zusammenleben möchte.
Sie ist nur noch nicht bereit, der Realität ins Auge zu blicken. Selwyn zwingt sie dazu, er kommt nicht mehr nach Hause.

Vor der Kulisse eines Kricketspiels, das für den einen das Größte und für den anderen belanglos ist, spielt die Geschichte einer Frau, die sich fragen muss, wo sie hingehört. Das Spiel bietet, auch wenn es sie eigentlich nicht interessiert, so doch mindestens Gesprächsstoff. Und das lenkt ab, von den eigentlichen Problemen. Es könnte alles so bleiben, wie es ist, wenn nicht Selwyn wäre, den die Stiefmutter völlig falsch einschätzt.

Sie glaubt, sie könnte ewig so weitermachen, aber ihr Umfeld registriert, was geschieht. Im Grunde legt sie es darauf an. Sie ist nicht diskret, geht nicht heimlich genug vor. Sie provoziert, wenn auch unbewusst. Aber irgendwann erkennt sie doch, dass sie gerade stehen muss, für das, was sie tut.

Die Geschichte, obwohl so kurz, berührt zutiefst. Man kann sich gut in die Protagonistin hineinversetzen, die an einem Punkt in ihrem Leben steht, der sie zweifeln lässt. Die Autorin eröffnet einen Blick in das Innerste ihrer Hauptperson. Es ist ein ernstes Buch und doch scheint zwischen den Zeilen die Lust am Leben durch, die der Geschichte einen ganz besonderen Charme verleiht und ihr das Tragische ein wenig nimmt. Auch wenn das Leben kein Spiel ist. Oder ist es das doch?

Rezension von Heike Rau

Jennie Walker
Fünf Tage. Ein Spiel
Aus dem Englischen von Ursula Ballin
141 Seiten, gebunden
Unionsverlag
ISBN-10: 3293004199
ISBN-13: 978-3293004191
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Alina Bronsky: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Alina Bronsky: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

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Kuriose Familiengeschichte mit amüsanten Plots!

Wie schon in ihrem ersten Roman “Scherbenpark“ beginnt Alina  Bronsky ihren Roman über die scharfe tatarische Küche mit Überraschungseffekten, die in einem flotten und ironischen Stil ihren Ausdruck finden.

Rosalinda heißt die hübsche Frau von Boris Kalganow. In ungewöhnlich offener und klarer Diktion beschreibt sie ihre siebzehnjährige Tochter als hässlich, dumm, abstoßend und wenig liebenswert.

Allen ihren Eindrücken zum Trotz ist Sulfia eines Tages schwanger. Niemand weiß, woher, und Rosas Versuche, die unerbetene Frucht los zu werden, misslingen.

Als Aminat auf die Welt gekommen ist, nimmt sich Rosalinda ihrer an und schaltet ihre arme Tochter umgehend aus.

Dominant und selbstsüchtig bestimmt die jugendliche Großmutter das Schicksal aller, die mit ihr zusammen leben. Aminat ist bildhübsch, und Rosalinda betrachtet sie als ihr Eigentum. Ungeachtet aller ihrer Bemühungen muckt Sulfia auf und verschwindet verschiedentlich mit Aminat. Ihre Mutter ist untröstlich und sucht mit Gewalt, ihrer Enkelin wieder habhaft zu werden.

In munterem Stil, frisch und frei lebt Rosalinda uns ein Matriarchat vor, in dem niemand ungeschoren bleibt, wenn sie mit ihrer Energie und Entschlossenheit Entscheidungen herbeizwingt. Ob es um den eigenen Ehemann, die Tochter oder den späterem Schwiegersohn geht: Rosa bringt alle auf Vordermann.

Die Autorin Alina Bronsky pflegt einen offenen und burschikosen Stil. Ihre Heldin sagt immer genau das, was sie denkt. Ihre subjektive Meinung zählt, die anderen haben sich ihr unterzuordnen. Bemerkenswert zeigt die Autorin, wie man auch ohne Konventionen und Rücksichtnahmen durchs Leben kommt.

Rosalinda besitzt aber durchaus Herzenswärme. Sie denkt allerdings immer nur in ihren eigenen Kategorien. Resolut und überlegen nimmt Rosa jeden Lebenswechsel und jede Veränderung wahr und geht forsch voran auf ihrem eigenen Lebensweg. Mit Witz, Komik und mit lakonischen Einwürfen geschrieben wirkt das Buch höchst amüsant. Die ernsten Dinge des Lebens wie Trennungen, Lebenskrisen, Verlassenheit, Ängste und Erschütterungen werden mit Verve bewältigt. Auch so kann man das Leben angehen: verschmitzt und pfiffig und immer die Komik und Absurdität im Auge behaltend! Für einen genüsslichen und erbaulichen Sommerabend ist dieser Roman genau der Richtige!

Alina Bronsky
Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche
336 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462042351
ISBN-13: 978-3462042351
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Richard Stark: Irgendwann gibt jeder auf

Richard Stark: Irgendwann gibt jeder auf

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Parker springt für Tom Hurley ein. So kommt es, dass mit drei unbekannten Typen eine Bank ausraubt. Carlson, Melander und Ross sind tatsächlich nicht so zuverlässig, wie Parker nach Tom Hurleys Aussage glaubte. Sie behalten Parkers Anteil ein, weil die Kohle als Finanzierung für eine weitaus größere Sache gedacht ist, an der Parker aber, da helfen alle Überredungsversuche nichts, auf keinen Fall teilhaben will. So bekommt Parker Stubenarrest aufgebrummt, damit er den drei Typen nicht bei ihrem Vorhaben dazwischenfunken kann.

Dass Parker sich das nicht gefallen lässt, ist klar. Er sorgt dafür, dass seine Freundin aus ihrem gemeinsamen Haus dahin verschwindet, wo sie in Sicherheit ist und beginnt dann mit den Vorbereitungen für sein eigenes Vorhaben.
Nach gewohnter Manier, also indem er über Leichen geht, besorgt er sich Waffen, Kohle und eine neue Identität. Er verändert geschickt sein Aussehen und macht sich an den Ort auf, wo Carlson, Melander und Ross ihren nächsten Coup bereits vorbereiten müssten. Parker will ihnen die Tour vermasseln und zwar gründlich.
Allerdings steht ihm bald eine Frau im Wege. Einer Immobilienmaklerin ist aufgefallen, dass etwas mit Parker nicht stimmt. Sie ahnt, dass hier was Großes am Laufen ist und will, unzufrieden wie sie mit ihrem Leben ist, ein Stück ab vom Kuchen. Es wäre leicht für Parker, sie aus dem Weg zu räumen, aber andererseits könnte ihr Wissen nützlich sein …

Diesmal wird Parker also von drei Typen um den Anteil an seiner Beute gebracht. Da können diese so oft versprechen, wie sie wollen, dass Parker seine Kohle später kriegt, er nimmt das nicht hin. Leser, die schon einige der Parker-Bücher kennen, wissen das. Man freut sich auf das, was kommen mag und das nicht zu unrecht.
Parker läuft zu Hochform aus. Dass er auf Rache aus ist, macht ihn unberechenbar. Selbstverständlich verhält er sich fair. Aber wer nicht mitspielen will, sich gegen ihn stellt oder ihm ans Leder will, fängt sich schon mal eine Kugel ein. Selbst schuld!

Zunächst läuft alles nach Plan. Eine Spur der Verwüstung ist zwar deutlich erkennbar, aber Parker passt auf, dass diese keinesfalls zu ihm führt. Als Leser wird man also teuflisch gut unterhalten. Die Spannung kennt keine Grenzen. So ist Parker, so liebt man ihn!
Aber es kommt noch besser. Nämlich dann, als mit einem Schlag alles schief zu gehen beginnt. Und schon hat Parker einen Auftragskiller auf dem Hals. Als sich auch noch eine Frau ungefragt in sein Leben einmischt, hört der Spaß auf.
Es ist klar, dass Parker sich zurückziehen sollte. Aber er denkt gar nicht daran.
So steht wieder alles auf der Kippe und man kann sich nicht sicher sein, wie das wirklich gut gemachte Buch ausgeht.

Rezension von Heike Rau

Richard Stark
Irgendwann gibt jeder auf
Ein Parker Roman
Aus dem Amerikanischen von Rudolf Hermstein
269 Seiten, Klappenbroschur
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552055185
ISBN-13: 978-3552055186
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Susanne Mansfeld: 365 x Tischdeko – Täglich eine tolle Idee

Susanne Mansfeld: 365 x Tischdeko – Täglich eine tolle Idee

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Zu einer schönen Mahlzeit gehört immer auch eine entsprechende Tischdekoration. Dabei kann man immer wieder anders für Tischschmuck sorgen. Eine Rolle können dabei Anlass und Jahrszeit spielen. Auch im Buch bildet die Jahreszeit erste Orientierung. Ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter – immer wird entsprechend dekoriert, je nach Material, das man dann zur Verfügung hat. Auch die Farben spielen eine Rolle.

Einige der Tischdekorationen fallen schon beim ersten Durchblättern des Buches auf. Dazu gehören zum Beispiel die Marmeladengläser mit Frühlingsblühern oder die schön dekorierten Primeltöpfe. Ein Blickfang sind auch die kleinen Minigärten in Zinktöpfen. Sehr aufwändig gestaltet sind die blühenden Osternester. Die Kerzen in Muffinförmchen machen sich auf der Geburtstagstafel gut. Wer sich das Oktoberfest nach Hause holen möchte, kann den passenden urigen Dekoideen dazu folgen. Ausnehmend gut gefallen auch die Myrtenbäumchen. Die Erde in den hübschen Porzellantöpfen wird mit verschiedenen Beeren bedeckt. Zum Herbst passt der blühende Kürbis in leuchtenden Orange-Tönen sehr gut. Wer neue Dekorationsideenideen für Weihnachten sucht, findet im Buch welche. Für einen kleinen Weihnachtsbaum wird ein Apfel auf ein Töpfchen gesetzt, in den ein Holzspieß gesteckt wird. Hierauf gibt man Orangenscheiben verschiedener Durchmesser, so dass sich die typische Baumform ergibt.

Die Vielfalt an Dekoideen ist groß. Gebastelt wir mit den unterschiedlichsten Materialien und Gefäßen. Zum Einsatz kommen unter anderem Obst, Gemüse und Beeren, Filz, Papier, Pappe und Steckschaum, Bänder und Servietten, Gläser, Teller, Blumentöpfe und Kerzen.
Möchte man einen Tisch dekorieren, braucht man sich nur inspirieren zu lassen. Wobei man mit den Blumengestecken oder Kerzen-Arrangements natürlich auch andere Plätze als Tische dekorieren kann.
Farbig sind die Dekorationsideen aufeinander abgestimmt. Man findet verschwenderische Arrangements, aber auch sehr dezente.

Bastelanleitungen gibt es keine. Das fördert die eigene Kreativität und macht jede Deko zu einem eigenen Werk. Man verwendet, was man an Bastelmaterial hat oder kauft nach eigenem Geschmack. Die Vorgaben geben Orientierung.
Man braucht ein bisschen Geschick und auch Vorstellungsvermögen. Hat man dies, kommt man tatsächlich gut ohne Bastelanleitungen aus. Man hat ja immer das Foto vor Augen und kann zwischen sehr einfachen Dekoideen, aber auch solchen, die als Herausforderung gelten dürften, wählen.
Es macht sehr viel Spaß, das Buch anzusehen. Es ist wie eine kleine Entdeckungsreise. Man bekommt sofort Lust, Vorschläge umzusetzen.

Rezension von Heike Rau

Susanne Mansfeld
365 x Tischdeko – Täglich eine tolle Idee
368 Seiten, 365 Farbfotografien
Eugen Ulmer Verlag (BLOOM’s by Ulmer)
ISBN-10: 3800169541
ISBN-13: 978-3800169542
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Gabriela Galvani: Die Hüterin des Evangeliums

Gabriela Galvani: Die Hüterin des Evangeliums

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Augsburg im Jahre 1555. Christiane ist in ihrer Ehe mit dem Buchdrucker und Verleger Severin Meitinger nicht gerade glücklich, wurde diese Heirat mit dem viel älteren Mann doch von ihrem Vater arrangiert. Severin ist kein schlechter Mann, er behandelt seine Frau gut und so versucht Christiane das Beste aus ihrer Situation zu machen. Dass sie für den Dichter Georg Imhoff schwärmt, darf niemand wissen.

Eine tiefe Freundschaft verbindet Christiane mit ihrer Cousine Martha, die in großer Armut mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Sebastian Rehm, und dem kleinen Sohn lebt.
Als Sebastian von schwerer Krankheit gezeichnet stirbt, nehmen Christiane und Severin die Witwe mit ihrem Sohn zu sich.
Im Hause der Rehms, als Christiane den Nachlass sichtet, kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung mit Imhoff, der ihre Träume erfüllt und zugleich zerstört.

Conrad Hallensleben ist nach Augsburg gereist. Der Bibliothekar Martin Fuggers ist in einer Mission unterwegs. Weil Severin auf Reisen ist, muss er mit Christiane und ihrem Schwiegervater Titus sprechen. Er hat brisante Unterlagen vorzuweisen, vermeintliche Fälschungen aus der Druckerei Meitinger. Severin kann dazu nicht Stellung nehmen. Er kehrt nicht nach Hause zurück, vielmehr wird er im Wald tot aufgefunden. Ermordet.

Wolfgang Delius ist aus Frankfurt angereist und kann nicht fassen, was passiert ist. Sebastian Rehm hat sich schon vor längerer Zeit mit Briefen an den Verleger, oder vielmehr seinen verstorbenen Vater, gewandt und ebenfalls vor gefälschten Manuskripten gewarnt. Delius hat diese Briefe zunächst nicht ernst genommen und nun ist es zu spät.

Was hat es nur mit dem seltsamen Luther-Manuskript auf sich, das unter dem Druckersiegel Severins hergestellt wurde und das den Religionsfrieden bedrohen könnte. Christiane möchte wissen, wer es in Auftrag gegeben und ihren Mann ermordet hat. Sie beginnt nachzuforschen, folgt den Spuren und gerät in Lebensgefahr.

Es ist ein sehr turbulenter Roman, der vor einer perfekt ausgearbeiteten historischen Kulisse spielt. Christiane ist ein Frau, die sich nicht unterbuttern lässt. Schon gar nicht von den Männern, die in ihrem Leben eine Rolle spielen. Sie lässt sich nicht den Mund verbieten, auch wenn ihre spitze Zunge beinahe einen Skandal provoziert. Szenen, Begegnungen und Dialoge sind sehr lebendig beschrieben.

Inhaltlich ist das Buch sehr interessant. Aber es ist auch ein Liebesroman mit allen Irrungen und Wirrungen. Es ist ganz und gar nicht Christianes Stärke, Männer richtig einzuschätzen. Aber auch als Leser weiß man nicht, wer hier ehrlich ist und wer schauspielert. Man komm lange einfach nicht dahinter, wer der Mörder und Fälscher ist.

Auch wenn das Buch immer wieder von traurigen Szenen geprägt ist, die Autorin beweist Humor. Ihr Schreibstil ist perfekt. Einmal mit dem Lesen angefangen, kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, so unterhaltsam und spannend ist es.

Rezension von Heike Rau

Gabriela Galvani
Die Hüterin des Evangeliums
395 Seiten, broschiert
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 3746626048
ISBN-13: 978-3746626048
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Oliver Uschmann: Feindesland: Hartmut und ich in Berlin

Oliver Uschmann: Feindesland: Hartmut und ich in Berlin

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Dieses Buch einem Genre zuzuordnen könnte leichte Probleme bereiten. Auf jeden Fall sollte man die Schublade für Satireromane bemühen, gegebenenfalls noch mit einem kleinen Fach für Science Fiction. Die in die Handlung eingebetteten Themen sind politisch und gesellschaftlich hochbrisant und aktuell im Deutschland von heute. Der Autor erzählt in einer lockeren und flüssigen Sprache, beinahe umgangssprachlich, in jedem Fall zeitgemäß. Durch das Einflechten von tausend kleinen Dingen aus jedermanns Alltag gibt es unzählig viele Wiedererkennungspunkte, sei es eine Fernsehwerbung, ein Radiospot, ein Spielfilm, ein Musiktitel oder eine Fernsehserie, deren Ähnlichkeit mit „Ditsche“ nicht verborgen bleibt oder bleiben soll. Viele kleine Einzelheiten, damit sich nahezu jeder Leser darin wiederfinden kann. Doch so schnell der Text auch lesbar ist, so schnell ist er durch diese vielen kleinen Details auch vergänglich. Die Leser in ein bis zwei Jahren werden sich vielleicht nur noch an die Hälfte der Dinge erinnern.

Es mag an der heutigen Zeit liegen, aber so viel Spaß das Lesen auch bereitet, die Geschichte, die erzählt wird, ist etwas dünn. Es geht um Hartmut und ich, die aus dem Ruhrpott ausgebrochen sind, um in Berlin jetzt ihr Ding zu machen. Ein Gespräch bei einem Verlag ist der äußere Anlass dafür. Doch dann geht es um die Suche nach einem Job. Hartmut und ich müssen feststellen, dass zwar überall Arbeit in Mengen vorhanden ist, aber dass nicht unbedingt dafür bezahlt werden soll. Praktikum, Freiberufler und erst mal zeigen, was man kann, bevor dann eventuell vielleicht unter Umständen über die Zahlung eines Gehalts nachgedacht werden kann. Aber das ist nicht die einzige Frustration, die die beiden durchleben müssen. Die Russen mit ihrer Schutzgelderpressung wegen der Mietwohnung gehen ihnen gegen den Strich. Albaner, Türken und Russen können sie bald eh nicht mehr auseinander halten. Dann kommt da noch das Moralministerium, welches so ungeheuer schnell Gesetze umsetzt, noch dazu rückwirkend, dass man sich um deren Einhaltung schon gar nimmer kümmern kann. Schließlich gründen Hartmut und ich und ihre beiden Freundinnen ein Taxiunternehmen der ganz besonderen Art. Dafür bemühen sie sich um Förderdarlehen beim Moralministerium, kaufen und sanieren ein Firmengelände in einem ausländerfeindlichen Stadtteil und werden zum Shootingstar unter den Jungunternehmern, wobei sie sich nebenbei auch noch einen Angriff der braunen Bande abwehren müssen. Aber davor waren sie schon mit Geschütztürmen und doppelten Wachschutz gewappnet. Die Geschichte erzählt also von Menschen, die einfach nur ihre Arbeit machen wollen, um Geld zum Leben zu verdienen und den ganz normalen Alltag im heutigen Berlin zu bestreiten. Auch auf einen Protagonisten von einem ganz besonderen Schlage wartet der Leser vergeblich, wenn, dann sind es natürlich Hartmut und ich und gegebenenfalls noch ihre Freundinnen. Als Charaktere sind sie nicht eindringlich ausgearbeitet, was aber wegen der vielen Geschichtchen und besonders wegen dem Umgang mit ihnen, explizit mit „ich“, kaum auffällt. Obwohl beide in der Handlung durchaus getrennt sind, scheinen sie unentwegt im Doppelpack aufzutreten. Und obwohl „ich“ das alles erzählt, stellt sich selbst am Ende noch die Frage: Wer ist eigentlich „ich“?

Die Aneinanderreihung vieler kleiner Anekdoten aus dem Tagesgeschehen und ihre Erzählweise machen den Spaß aus. So schafft der Autor ein ziemlich gutes Spiegelbild der heutigen Gesellschaft. Wenn es sich größtenteils nicht bereits um Realsatire handeln würde, könnte man den Roman auch als bitterbösen schwarzen Humor bezeichnen.

Oliver Uschmann
Feindesland: Hartmut und ich in Berlin
400 Seiten, broschiert
Scherz Verlag
ISBN-10: 3502110492
ISBN-13: 978-3502110491
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© Detlef Knut, Düsseldorf 2010
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Klaus Michael Meyer-Abich: Was es bedeutet, gesund zu sein

Klaus Michael Meyer-Abich: Was es bedeutet, gesund zu sein

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Was man über unser Gesundheitssystem hört, gibt Anlass zur Sorge. Nicht nur, dass Gesundheit so langsam unbezahlbar scheint, die sogenannten Zivilisationskrankheiten haben uns voll im Griff. Die Medizin hat Fortschritte gemacht, über die wir nur staunen können Gerade bei akuten, schweren Krankheiten bekommt man schnell Hilfe. Mit Alltagsbeschwerden plagen wir uns aber nach wie vor herum.

Es ist klar, dass sich etwas ändern muss. Aber so mancher hat Zweifel daran, dass die Reformen in die richtige Richtung gehen.
Der Autor hat sich eingehend mit unserem Gesundheitssystem, das wohl eher als Krankheitssystem zu bezeichnen ist, auseinandergesetzt.
In seinem Buch zeigt er die Ergebnisse seiner Recherchen und lässt den Leser teil haben an seinen sehr tiefgehenden Gedanken und den Rückschlüssen daraus.
Er hat erforscht, wie Krankheiten entstehen, welchen Einfluss der Umgang zwischen Arzt und Patienten hat und welche Rolle die pharmazeutische Industrie spielt.

Interessant sind die Ausführungen darüber, wie Krankheiten entstehen, insbesondere, welche Rolle die Psyche dabei hat. Und natürlich inwieweit unsere Art zu leben, Krankheiten entstehen lässt und welche gesellschaftlichen Aspekte hier hineinspielen. Was ist es, was den einen krank werden lässt und den anderen nicht? Wie geht der Mensch mit seinem Körper um, wie nimmt er ihn wahr?

Der Autor deckt Widersprüche in unseren Ansichten auf, über die es sich nachzudenken lohnt. Der Blick sollte nicht nur auf die Krankheit gerichtet werden, sondern auch immer auf die Lebensumstände. Nicht zuletzt belasten uns ja immer wieder Störungen in der Gesundheit, für die kein medizinischer Befund auszumachen ist. Der Mensch gilt dann als medizinisch gesund, fühlt sich aber dennoch krank. Der Autor beschreibt in diesem Zusammenhang, wo Gesundheit aufhört und Krankheit anfängt.

Besonders spannend sind natürlich die Rückschlüsse, die der Autor aus den gewonnenen Erkenntnissen gezogen hat. Dabei sollte der Blick wieder mehr auf die Gesundheit gerichtet werden. Viel besser ist es doch, einen Menschen gar nicht erst krank werden zu lassen. Und wenn er doch krank wird, ihn ganzheitlich zu behandeln und nicht einfach nur die Symptome der Krankheit.

Im Grunde wären die gemachten Vorschläge zugunsten unserer Gesundheit verblüffend einfach umzusetzen, wenn der Mensch nur bereit dazu wäre, also jeder einzelne persönlich. Ein Umdenken müsste stattfinden, eine umfassende Verhaltensänderung. Aber das ist eben nicht so einfach. Mit dem Nachdenken über unser Gesundheitssystem und unseren Lebensstil ist aber immerhin schon mal ein Anfang gemacht. Zumindest das erreicht der Autor mit seinem Buch.

Rezension von Heike Rau

Klaus Michael Meyer-Abich
Was es bedeutet, gesund zu sein
Philosophie der Medizin
640 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446234136
ISBN-13: 978-3446234130
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Matthias Sodtke: Wirbel um den Wetterfrosch

Matthias Sodtke: Wirbel um den Wetterfrosch

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Nulli und Priesemut sitzen bei einem Picknick auf einer Wiese zusammen, auch weil das Wetter so schön bleiben soll. Priesemut ist sich da sicher, weil das Kribbeln zwischen seinen Zehen ein Zeichen dafür ist, das die Sonne scheinen wird. Dann braut sich aber doch ein Gewitter zusammen und Hase und Frosch flüchten zum Turm und fallen mit der Tür ins Haus, weil diese alte Holztür morsch ist. Nulli und Priesemut hatten den Turm für unbewohnt gehalten und doch ist jemand da: ein Frosch mit Bart und Hut. Der Frosch heißt Kwaki und ist ein Wetterfrosch. Er macht seine Wettervorhersage mit Messinstrumenten und verlässt sich nicht auf ein Kribbeln zwischen den Zehen. Nulli findet das sehr spannend und er freut sich über Kwakis Einladung, mit ihm einen Wetterballon steigen zu lassen. Priesemut ist enttäuscht, denn eigentlich wollte er am nächsten Morgen mit Nulli angeln gehen.

An nächsten Tag hat Priesemut dann auch schlechte Laune. Mit barschen Worten geht er zum Angeln, während Nulli sich auf den Weg zu Kwaki macht, ein Weckglas mit Priesemuts Vorratsbrummern als Mitbringsel im Gepäck. Darüber freut sich der Wetterfrosch natürlich. Und nachdem die beiden den Wetterballon steigen lassen haben, frühstücken sie gemeinsam.
Priesemut beobachtet die beiden später zusammen. Der Anblick, wie Nulli und Kwaki auf der Wiese sitzen und seine Brummer und die Möhren genießen, als wären sie die besten Freunde, lässt ihn beinahe platzen vor Eifersucht. Kein Wunder also, dass es nun lauter kracht, als bei einem Gewitter.

Man kann es ja immer kaum erwarten, bis ein neues Buch über Nulli und Priesemut erscheint. Die beiden sind doch immer wieder für eine Überraschung gut. Diesmal geht es um Eifersucht, die Priesemut erwischt und das wohl nicht ganz unbegründet, wendet sich sein bester Freund Nulli doch einem anderem Frosch zu, einem Wetterfrosch.
Doch Nulli erkennt von ganz alleine, dass so schnell niemand seinen besten Freund ersetzten kann. Freundschaft muss wachsen, das wird mit der kleinen Geschichte deutlich gemacht. Und so ist es sehr spannend, und eben auch lehrreich für Kinder, die kleinen Streitereien und Wortwechsel der beiden zu verfolgen. Im Grunde ist es ja ein Glück, dass die beiden noch miteinander sprechen, denn nur so können Missverständnisse ausgeräumt werden.
Wieder ganz toll sind die Bilder. Sie sind liebvoll gemacht und damit sehr aussagekräftig. Es macht viel Spaß, dass kleine Büchlein mit Kindern anzusehen.

Rezension von Heike Rau

Matthias Sodtke
Wirbel um den Wetterfrosch
Nulli & Priesemut Band 16
72 Seiten, gebunden
Lappan Verlag
ISBN-10: 3830311613
ISBN-13: 978-3830311614
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Ian Beck: Pastworld

Ian Beck: Pastworld

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Eve glaubt, im London des Jahres 1880 zu leben. Ihr Vormund Jack, der fast blind ist, achtet sehr auf sie. Nur selten darf sie hinaus und wenn, dann auch nur in seiner Begleitung. Jack macht dem Mädchen Angst, er behauptet, dass jemand hinter ihr her wäre, ohne näher darauf einzugehen. Eve kann so nicht mehr weiterleben und flieht. Vielleicht könnte sie mit dem Zirkus reisen. Doch kaum ist sie aus dem Haus, folgt ihr ein zerlumpter Mann. Nur mit Hilfe des Harlekins, der einen einmaligen Trick drauf hat, entkommt sie ihm. Von diesem Harlekin erfährt sie, dass man das Jahr 2048 schreibt. Jargo erzählt Eve, dass das um sie herum der Themenpark Pastworld ist. Eine getreue Nachbildung der Vergangenheit. Selbst ein Mörder, genannt das Phantom, treibt hier sein Unwesen und erinnert mit seinen Taten an den berühmt-berüchtigten Ripper.

Wer von draußen hier hereinkommt, macht also eine Zeitreise, die nicht ungefährlich ist. Das bekommt auch Caleb zu spüren, der mit seinem Vater anreist. Dessen wahren Beweggründe bleiben Caleb allerdings verborgen. Der Vater ist jedenfalls in einer Mission unterwegs, trifft sich mit einem blinden Mann. Dieses Treffen endet in einer Messerstecherei mit zerlumpten Männern. Der blinde Mann wird erstochen und Caleb der Tat bezichtigt. Er kann jedoch fliehen, während sein Vater entführt wird.
Auch Caleb bekommt Hilfe. BibleMac, der Taschendieb, nimmt sich seiner an. Er nimmt Caleb mit zu Mr Leighton, für den er arbeitet.
BibleMac ist ein Bewunderer der schönen Eve, die mittlerweile als Seiltänzerin arbeitet und mit ihrem Talent für Aufsehen sorgt.
So lernen Eve und Caleb sich eines Tages kennen. Ihre äußere Ähnlichkeit ist unverkennbar. Und beide sind in großer Gefahr, denn das Phantom sucht schon nach ihnen.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Chefinspektor Charles Catchpole vom Scotland Yard erzählt. Im Vorwort kann man einen Brief von ihm lesen, der sehr vielversprechend klingt und schon mal großes Interesse am Buch weckt. Seinen eigenen Ausführungen ergänzt Catchpole mit Tagebucheinträge von Eve.
So wird die Geschichte also von zwei Seiten betrachtet. Diese beiden Erzählstränge ergänzen sich perfekt.

Pastworld kann man sich gut vorstellen. Man hat sofort ein Bild vor Augen vom London des 19. Jahrhunderts mit den verwinkelten Gassen, den dunkeln Gebäuden, der spärlichen Beleuchtung der Gaslampen und dem unheimlichen Nebel. Genau so, wie es auf dem Cover zu sehen ist.

Nur hat diese Welt im Laufe der Jahre an Realität dazu gewonnen und ein Eigenleben entwickelt. Es ist nicht mehr einfach nur ein Themenpark. Man kann hier tatsächlich in Mord und Totschlag verwickelt werden, wie sich zeigt. Das ist wirklich unheimlich. Man verfolgt mit großer Spannung, was Eve und Caleb erleben, die sich zunächst gar nicht klar darüber sind, welche Rolle sie spielen und dass sie im Grunde nur Marionetten sind.
Dass mehr dahintersteckt, als es zunächst den Anschein hat, erkennt man natürlich mit der Zeit. Auch hier sind skrupellose Geschäftemacher am Werk, die mit dem Leben der Menschen, wobei die Bezeichnung womöglich nicht auf alle zutrifft, spielen. So kämpft wieder das Gute gegen das Böse.

Man hat den Eindruck ein sehr ungewöhnliches Buch zu lesen. Es ist diese unheimliche, düstere und geheimnisvolle Atmosphäre, die der Autor geschaffen hat. Und natürlich haben auch die verschiedenen Charaktere, die sehr authentisch wirken, ihren Anteil daran. Dazu kommt die Fantasie des Autors. Viele interessante Ideen haben Einlass in die Geschichte gefunden. Man wird ausgesprochen gut unterhalten.

Rezension von Heike Rau

Ian Beck
Pastworld
Aus dem Englischen von Barbara Abedi
400 Seiten, broschiert
Loewe Verlag
ISBN-10: 3785571569
ISBN-13: 978-3785571569
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Claudia Piñeiro: Die Donnerstagswitwen

Claudia Piñeiro: Die Donnerstagswitwen

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Altos de la Cascada, etwa 50 km von Buenos Aires entfernt, ist eine in sich abgeschlossene Siedlung. Es ist eine Privatsiedlung mit einem unüberwindbaren Zaun rundherum. Hier kommt niemand ungesehen rein oder raus.
Auch Virginia und Ronie haben ihre Stadtwohnung Ende der Achtzigerjahre aufgegeben, um hier raus zu ziehen.
Virginia beginnt als Immobilienmaklerin zu arbeiten. Sie ist es, die die Bewohner hier und ihre Häuser wohl am besten kennt. Zunächst arbeitet sie nur sporadisch, doch als Ronie seinen Job als Landverwalter verliert, muss sie allein für regelmäßige Einkünfte sorgen, um den Lebensstandard ihrer Familie zu halten.

Ein privilegiertes Leben zu führen und die Kinder in Sicherheit aufwachsen zu sehen, das ist es, was Familien, die es sich leisten können, in diese Abgeschiedenheit führt. Hier sind alle Freunde. Man ist unter sich.
Doch die Wirtschaftskrise in Argentinien macht vor dem Zaun nicht halt. Der Pleitegeier dreht seine Runden. Und so muss sich bald die eine oder andere Familie allein darauf konzentrieren, ihren Status zu halten. Und zwar so, dass keiner merkt, was wirklich läuft.

Man würde nicht ahnen, worauf die Geschichte hinausläuft. Die Autorin bereitet aber beizeiten ihre Leser darauf vor und erwähnt es. So weiß man, dass die Geschichte in einer Katastrophe enden wird. So vorgewarnt, schaut man genauer hin. Sieht die Familien, deren Leben beschrieben wird, mit anderen Augen. Sie geben sich ahnungslos. Zumindest die Frauen, die nicht die Wahrheit von ihren Männern erfahren oder erfahren wollen. Den Männern, die das glückliche Familienleben nach außen weiter heucheln, während die Verzweiflung oder auch die Ignoranz zu Bergen anwächst.

Es ist ein wirklich interessantes Buch, das zeigt, dass man nie so abgeschottet leben kann, dass die Außenwelt keinen Einfluss hätte. Auch in der Siedlung gibt es die ganz alltäglichen Probleme, vom Ehekrach bis hin zu Problemen bei der Kindererziehung.
Zum Schluss kommt alles ans Licht. An Dramatik ist das nicht zu übertreffen.

Vom Schreibstil her wirkt das Geschriebene perfekt ausgefeilt. Jeder Satz sitzt. Dennoch wird die Geschichte mit Zurückhaltung erzählt. Schlüsse daraus zu ziehen, wird dem Leser überlassen.

Rezension von Heike Rau

Claudia Piñeiro
Die Donnerstagswitwen
Aus dem Spanischen von Peter Kultzen
314 Seiten, gebunden
Unionsverlag
ISBN-10: 3293004172
ISBN-13: 978-3293004177
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