Jane Yolen: Dornrose

Jane Yolen: Dornrose

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Gute Großmutter und verborgenes Grauen.

In einer Art Allegorie auf das Leben ist dieser Roman angelegt. Märchen enthalten Wahrheiten, mit denen das Gute und das Böse versinnbildlicht werden; am Ende siegt das Leben. Im vorliegenden Roman geht es vordergründig um ein Märchen; dahinter aber verbirgt sich eine tief ernste Geschichte.

Drei kleine Mädchen in Amerika lauschen immer und immer wieder der Geschichte, die ihnen die Großmutter am Abend erzählt: das Märchen von „ Dornrose“, was dem Inhalt nach an Dornröschen erinnert.

Eines Tages ist die Großmutter tot, und die drei kleinen Mädchen sind groß, zwei haben schon Familien.

Die Jüngste stand der Großmuter am nächsten. Deshalb hat diese ihr eine Truhe mit geheimnisvollen Dokumenten hinterlassen. Rebecca musste ihr versprechen „das Schloss und den Prinzen zu suchen, den Prinzen, der sie wach geküsst hatte“. Denn wie sich zeigen wird, hat dieses Märchen eine besondere Bedeutung im Leben der Großmutter gehabt.

Rebecca macht sich nach ihrem Tod auf die Suche, hinter das Geheimnis der Großmutter zu kommen.

Alles, was man von ihr weiß, ist, dass sie 1944 als Flüchtling aus Europa nach Amerika gekommen war zu einer Zeit, als das schier unmöglich schien. Die Familie ist jüdischen Glaubens und unschwer lässt sich erraten, dass das Geheimnis der Großmutter mit Flucht, Vertreibung und Judenverfolgung, womöglich mit dem KZ zu tun haben könnte.

Einfühlsam und liebevoll beginnt die Geschichte. Doch dann erfährt man, wie und auf welche Weise die Großmutter dem Holocaust entkommen ist, und dann ist das keine schöne und liebliche Geschichte mehr. Im Gegenteil: sie ist so grausam, dass man den als Jugendbuch deklarierten Titel nicht unbedingt heranwachsenden Jugendlichen zum Lesen geben möchte. Die ganze Schmach der Judenverfolgung zeigt sich in der Fratze des Bösen, und man weiß, dass alles, was hier erzählt wird, wirklich so passiert sein könnte.

Der Kontrast zwischen amerikanischem Familienleben, liebevollem Umgang zwischen Eltern und Töchtern und der Hässlichkeit des Kriegs mit seinen schrecklichen Begleiterscheinungen und vor allem dem tausendfach begangenen Völkermord könnte nicht gravierender sein.

Die Geschichte ist ergreifend, wunderbar konzipiert und  glaubwürdig dem Inhalt nach. Jane Yolen hat ein ausgezeichnetes Erzähltalent, mit dem sie Spannung erzeugt, in dem sie angenehme Kindheitserinnerungen mit deren Kehrseite in Form von Verfolgung, Angst und Todesfurcht zum Tragen bringt.

Man sollte den Roman mit der notwendigen Reife lesen, um mit historischem Hintergrundwissen die Erzählung begreifen und einordnen zu können.

Jane Yolen  Dornrose
282 Seiten, gebunden
ab 15 Jahren
Berlin Verlag
ISBN-10: 3827053056
ISBN-13: 978-3827053053

Tony DiTerlizzi: Kenny und der Drache

Tony DiTerlizzi: Kenny und der Drache

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Der Vater kommt ganz aufgeregt nach Hause. Kenny Kaninchen kann kaum glauben, was er zu erzählen hat. Einen Drachen will er in der Nähe der Schafweide gesehen haben. Nun will der Vater den Bauernhof verkaufen und umziehen. Zum Glück beruhigt er sich beim Löffeln der Maissuppe, den Kennys Mutter zubereitet hat, wieder ein wenig. Kenny will den Drachen natürlich auch sehen. Mithilfe eines Tierbuches, dass er aus der Buchhandlung seines Freundes, dem alten Dachs, hat, will er sich auf die Begegnung vorbereiten. Später muss der Kaninchenjunge dann feststellen, dass nichts von dem, was im Buch steht, stimmt. Der Drache ist gar kein Ungeheuer, sondern sehr gutmütig. Er interessiert sich zum Erstaunen von Kenny ebenfalls für Bücher. Diese Begeisterung für das Lesen verbindet Kenny und Grahame sofort. Nach allem, was Kenny zu Hause erzählt, wollen seine Eltern den Drachen nun auch kennen lernen. Gemeinsam wird ein Picknick veranstaltet. Auch wenn Grahame sich ein wenig tollpatschig zeigt und Kennys Vater auf den Fuß tritt, so schließen die Eltern ihn auch in sein Herz. Kenny darf sich weiter mit dem Drachen treffen.
Die Dorfbewohner sehen die Sache ein wenig anders. Sie halten Grahame für ein Ungeheuer. Sie haben Angst, dass ihre Ernte vernichtet werden könnte oder die Kinder in Gefahr sind. Der Alte Willi Waschbär hetzt die Leute auf und bald will jeder Grahame tot sehen. In seiner Not wendet sich Kenny an den Buchhändler. Doch der hört gar nicht zu. Mit Entsetzen erfährt Kenny, dass er der Drachentöter des Königs ist und nun den Auftrag hat, sich des Problems anzunehmen.

Es ist eine Geschichte, die von einer ungewöhnlichen Freundschaft erzählt. Diese konnte nur entstehen, weil Kenny seinem neuen Bekannten vorurteilsfrei gegenüber getreten ist. So hat er ein Wesen kennen gelernt, dass zwar ganz anders als er selbst ist, aber die selben Interessen hat. Es ist bei den Tieren wie bei den Menschen. Frei von Vorurteilen ist nicht jedermann. Mit der Fabel wird gezeigt, wie gegensätzlich eine solche Geschichte sich entwickeln kann. Für Kinder ist das sehr spannend und natürlich auch lehrreich.
Die Geschichte eignet sich zum Vorlesen und Selberlesen gleichermaßen. Die Art des Autors zu erzählen, ist einfach hinreißend. Es ist aber auch eine Freude, die Zeichnungen zu betrachten. Jedes einzelne Bild ist einen näheren Blick wert. Die Zeichnungen sind nicht einfach nur Beiwerk, sonder beeindrucken durch ihre Feinheit. Die Figuren scheinen mit Leidenschaft skizziert und sind einmalig. Diese Werk hat das Zeug zum Lieblingsbuch.

Rezension von Heike Rau

Tony DiTerlizzi
Kenny und der Drache
Aus dem amerikanischen Englisch von Anne Brauner
144 Seiten, gebunden
ab 8 Jahren
cbj, München
ISBN-10: 3570138151
ISBN-13: 978-3570138151

Gewinnspiel zum Kinostart von TIGER TEAM

Gewinnspiel zum Kinostart von TIGER TEAM

Ferienzeit und nichts los – wie langweilig! Doch das ändert sich schnell, als Biggi (HELENA SIEGMUND-SCHULTZE), Patrick (BRUNO SCHUBERT) und Luk (JUSTUS KAMMERER) auf einen mysteriösen Schlüssel in Form eines Drachens stoßen, der ihre Neugierde weckt. Luk entdeckt im Internet einen Zusammenhang zwischen dem geheimnisvollen Fund und dem alten chinesischen Mythos des Mondscheinpalastes im Berg der 1000 Drachen. Dank eines ausgeklügelten Plans gelingt es den Kindern, die weite Reise nach Beijing anzutreten, um der geheimnisumwitterten Legende auf die Spur zu kommen. Dort heftet sich die dämonische Q (IRIS BERBEN) mit ihrem nichtsnutzigen Sohn Munroe (STIPE ERCEG) an ihre Fersen: Schon lange ist die Anführerin des Geheimbundes der Schwarzen Schlange auf der Jagd nach den Schlüsseln, die das Tor zum sagenumwobenen Mondscheinpalast öffnen. Der birgt nicht nur unermessliche Schätze, sondern auch ein Unsterblichkeitselixier, mit dem Q unbesiegbar werden würde. Für die Tiger beginnt eine abenteuerliche und gefährliche Reise, die sie schließlich bis tief ins Innere des geheimnisvollen Mondscheinpalastes führt. Hier fordern sie Q, Munroe und ihre Schergen zu einem letzten Kampf heraus…

Nicht nur in Deutschland und Österreich zählen die Abenteuer des TIGER-TEAMS von Thomas C. Brezina zu den beliebtesten Detektivgeschichten für junge Leser zwischen sieben und elf Jahren. Die bis heute erschienenen 44 spannenden Fälle um die drei Tiger Biggi, Patrick und Luk sind in 26 Sprachen übersetzt worden und haben sich weltweit mehr als 20 Millionen Mal verkauft. In China hat das TIGER-TEAM mehr Leser als „Harry Potter“ und steht seit 2003 regelmäßig auf den vordersten Plätzen der Bestsellerlisten. Damit gilt der Österreicher Thomas C. Brezina als einer der weltweit erfolgreichsten lebenden Kinder- und Jugendbuchautoren.

Gewinnen Sie zum Kinostart von TIGER TEAM am 6. Mai das Buch von SchneiderBuch und das Plakat zum Film! Dazu hier einfach einen Kommentar schreiben und auf die Losfee hoffen…

Jennifer Lauck: Der Sommer liegt noch vor dir

Jennifer Lauck: Der Sommer liegt noch vor dir

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Die Mutter des fünfjährigen Mädchens Jenny ist schwer krank, jedoch verstehen sich beide gut. Nur mit ihrem älteren Bruder, der ihr schroff und abweisend gegenüber ist, hat sie so ihre Probleme. Der Vater wiederum ist sehr liebevoll zu ihr. Für eine schwere Operation der Mutter zieht der Vater mit den Kindern in die Stadt mit der Klinik. Die Therapie ist langwierig und mehrfach wechselt die Mutter zwischen Klinikaufenthalt und Aufenthalt daheim. Dabei kümmert sich die kleine Tochter, sie ist inzwischen etwas älter geworden ist, um die Mutter, sie wäscht sie manchmal, sie reinigt ihr Bett, macht das alles ohne Meckern und Murren. Ihr großer Bruder aber stänkert immer noch und erzählt ihr, dass sie nicht seine richtige Schwester wäre, sondern adoptiert ist.

Nachdem die Mutter verstorben ist, zieht der Vater mit den Kindern nach Los Angeles, aber die Großstadt gefällt Jenny nicht. Der Vater lernt eine neue Frau kennen, die ihrerseits drei Kinder hat. In dieser Gemeinschaft fühlt sich Jenny nicht wohl und wünscht sich nichts sehnlicher, als bei ihrer Mutter zu sein. In einem Ferienlager wird Jenny vom Schwimmlehrer schikaniert, muss Strafarbeit erledigen und wird schließlich von diesem sexuell missbraucht. Obwohl der Vater viel arbeitet, bekommt er mit, dass sich seine Tochter nicht besonders wohl fühlt und so macht er ihr zu ihrem neunten Geburtstag eine Überraschung über die sie sich freuen kann. Es scheint einige Zeit in der Familie besser zu laufen. Doch dann erleidet der Vater einen Herzinfarkt und die Patchworkfamilie steht nach dreitägigem Klinikaufenthalt ohne Ernährer da. Jenny wird von der Stiefmutter in einem kirchlichen Obdachlosenheim allein gelassen und muss für ihren Lebensunterhalt hart und viel arbeiten. Auch ihr Bruder wurde verstoßen. Beide hatten instinktiv gespürt, dass es irgendetwas mit dem Geld des Vaters zu tun haben musste.

Der auf autobiographische Erlebnisse basierende Roman ist aus der Sicht eines Ich-Erzählers verfasst. Während es sich anfangs scheinbar um eine Milieustudie handelt, in der die amerikanische Gesellschaft beschrieben wird, stellt sich immer wieder die Frage, worauf die Geschichte hinauslaufen soll. Uninteressant wird sie deshalb allerdings nicht, weil das Interesse des Lesers alleine deshalb schon geweckt ist, weil ein kleines fünfjähriges Mädchen etwas zu erzählen hat. Doch nach einer gewissen Zeit stellt sich die Frage ein, die man am Ende auch beantwortet haben möchte. Nach so vielen Schicksalsschlägen, die das Mädchen im Laufe der Handlung immer wieder hinnehmen muss, bleibt am Ende nur noch die Frage, wird ist ein Happy End geben oder nicht? Obwohl das Buch an manchen Stellen etwas langatmig wirkt, fasziniert doch der Umstand, wie geschickt die Autorin ihre eigene Kindheit in einer solch dramatischen Romanhandlung festhalten konnte. Zwar erlebt jeder Mensch in seinem Leben Schicksalsschläge, aber diese jeweils in eine Beschreibung so auf einen Höhepunkt zu treiben, bedarf meistens besonderen Geschicks. Das Bild einer amerikanischen Familie im Zeitraum 1969 bis 1975 gibt das Buch sehr gut wieder, was auch an der bildhaften Beschreibung liegen mag.

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Jennifer Lauck
Der Sommer liegt noch vor dir
Softcover, Taschenbuch
Goldmann Verlag
ISBN-13: 978-3442457465
ISBN-10: 3442457467
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© Detlef Knut, Düsseldorf 2010

Justine Lévy: Schlechte Tochter

Justine Lévy: Schlechte Tochter

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Wie soll Louise ihrer Mutter nur sagen, dass sie von Pablo ein Kind erwartet. Ihrer Mutter, die Krebs hat, die im Sterben liegt. Der ganze Stress und die doppelte Sorge um Kind und Mutter sind einfach zu viel. Darf Louise sich auf ihr Kind freuen, angesichts des Todes? Darf sie glücklich sein?
Während das Baby in ihrem Bauch wächst, entwickelt sich ihre Mutter zurück zum Kind und muss umsorgt werden, wie bald das Baby umsorgt werden muss.
Louise sagt es ihrer Mutter schließlich, doch es ist nicht klar, ob die Mutter die frohe Botschaft überhaupt noch auf nehmen kann.
Als die Mutter dann gestorben ist, kommen die Erinnerungen. Louise will keinesfalls als Mutter so unzuverlässig sein, wie ihre war. Erst durch die Krankheit sind beide sich näher gekommen. Auch deswegen fühlt Louise sich nun allein gelassen ohne den Rat der Mutter.

Durch und durch traurig ist die Lebensgeschichte Louises. Die Geschichte ist aus ihrer Sicht geschrieben, wobei der Schwerpunkt auf ihren Gedanken liegt. Ohne Pausen fließt der Text, ungebremst und frei formuliert. So wie Gedanken nun einmal sind. Gedanken, die sich nicht verdrängen lassen, die man nie aussprechen würde. Es ist ein sehr privates Buch. Fast fühlt man sich als Leser wie ein Eindringling in eine geheime Welt, auch weil die Geschichte autobiografische Züge trägt.
Das Buch berührt zutiefst. Wie Louise möchte man fliehen und kann es nicht. Louise weiß nicht mehr, wohin sie gehört. Doch ihre Zukunft ist vorbestimmt. Sie wird ein Kind bekommen, auch wenn ihr das Schuldgefühle macht, wo doch ihre Mutter stirbt. Die ganzen unaufgearbeiteten Probleme zwischen den beiden kommt zum Tragen. Aufarbeiten muss Louise die Vergangenheit allein, auch wenn Pablo ihr zur Seite steht.
„Schlechte Tochter“ oder „Schlechte Mutter“. Das Buch könnte beide Titel tragen. Und es würde doch nicht ganz stimmen.

Rezension von Heike Rau

Justine Lévy
Schlechte Tochter
Aus dem Französischen von Claudia Steinitz
176 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann
ISBN-10: 388897643X
ISBN-13: 978-3888976438

Arno Geiger: Alles über Sally

Arno Geiger: Alles über Sally

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Ehe und Liebe, eine Zeitreise…

Sally und Alfred erreicht in England die unerwartete Nachricht, dass in ihr Haus in Wien eingebrochen wurde. Eiligst betreiben sie ihre Rückreise aus dem Urlaub und finden zu Hause ein trauriges und unheimliches Chaos vor.

Zwischen den Zeilen ist sofort spürbar, dass die beiden in einer Krise stecken. Sie sind Anfang bis Mitte fünfzig. Dreißig Jahre sind sie verheiratet, und die halb erwachsenen Kinder beginnen, ihre eigenen Wege zu gehen. Da fragt man sich schon einmal, ob das nun alles gewesen sein soll!

In ausdrucksvollen und charakteristischen Rückblicken rollt Arno Geiger die Szenen einer Ehe auf, wie sie im Leben vieler Ehepaare nach Jahren zu finden sein mögen.

In Kairo lernten sie sich einst kennen und waren voller Zukunftserwartung und Lebensfreude. Heute sind sie im Alltagstrott erstarrt. Sally bemüht sich, den Familienclan zusammenzuhalten, sucht dann aber doch Abwechslung mit dem besten Freund ihre Mannes. Ob die Affäre ihre Probleme lösen wird? In ihrer gradlinigen Art sucht Sally die Auseinandersetzung mit Alfred, dem sie aufrichtig und hart die Meinung sagt. Sein Phlegma, seine Hypochondrie und seine Antriebsarmut sind zu viel für sie! Von Scheidung ist schließlich gar die Rede…

Sally ist die Starke und Überlegene in dieser Ehe. Sie ist immer mit Schwung bei der Sache – auch bei ihrem Ehebruch.

Wie Sally ihren Mann beobachtet und Arno Geiger die Schwächen von Alfred herausarbeitet, dieses schon etwas ältlichen Mannes, das stammt direkt aus dem Leben und überzeugt mit kolossaler Realitätsnähe. Es zeigt sich am Ende einmal mehr, dass ein langes Leben zusammenschweißt, weil alte Vertrautheiten verbinden und die Vergangenheit in die Zukunft wirkt. Sich kennen heißt auch, sich mit eigenen und fremden Unzulänglichkeiten abzufinden. Die Zweisamkeit über alle Widrigkeiten hinweg zu retten, wird hier zu einem lohnenden Lebensabenteuer. Arno Geiger belebt seine Figuren mit viel Leidenschaft und Verve. Die Lektüre ist kurzweilig und regt zu eigenen Reflexionen an.

Inzwischen ist der Roman weit oben auf den Bestsellerlisten angekommen, und Arno Geiger beweist einmal mehr sein Können.

Arno Geiger
Alles über Sally
363 Seiten, gebunden
Verlag: Hanser
ISBN-10: 3446234845
ISBN-13: 978-3446234840

Katja Kiefer: Die Waldpiraten – Das Schiff in den Bäumen

Katja Kiefer: Die Waldpiraten – Das Schiff in den Bäumen

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Es ist ein schöner Tag. Trotzdem hat Häschen Hotte Langeweile. Im Wald ist einfach nichts los. Lustlos spaziert Hotte herum, bis er eine Strickleiter an einem Baum entdeckt. Hotte ist derart neugierig, dass er sofort hinaufklettert. Oben angekommen traut er seinen Augen kaum. Er ist in einem Baumhaus, das schöner nicht sein könnte. Der Raum ist vollgestellt und unordentlich und doch auch wunderschön. Es sieht nicht so aus, als ob hier einer wohnt. Doch dann steht auch schon jemand mit hinter ihm, piekt ihn in den Rücken und brüllt „Hände hoch!“. Ein Igel behauptet, dass die Bude ihm gehört. Doch das sagt auch das Eichhörnchen, dass eben aus dem Schrank gekommen ist. Igel und Eichhörnchen streiten lautstark. Doch dann fliegt ein Vogel zum Fenster herein, der der festen Meinung ist, dass das Baumhaus sein zu Hause ist. Der Streit will gar kein Ende nehmen. Doch dann schlägt der Vogel vor, aus dem Baumhaus eine gemeinsame Bude zu machen. Da wollen natürlich alle mitmachen, auch Häschen Hotte. Die vier wollen eine richtige Bande sein und der Igel der Kapitän der Mannschaft. Aber braucht man da nicht auch ein Schiff?

Das Buch dürfte bei Kindern schon durch das schöne Cover Aufmerksamkeit erregen. Die vier Figuren, die hier abgebildet sind, und die das Geschehen bestimmen, sind wirklich lustige Gesellen. Die Geschichte ist dann auch wie erwartet, spannend und humorvoll zugleich. Die Autorin hat sich eine Menge einfallen lassen. Überraschungsmomente gibt es viele. Es ist interessant zu verfolgen, wie die vier Tierkinder sich zusammenraufen und schließlich Freunde werden. Auch das Umfeld, in der die Geschichte spielt, stimmt. Der Wald und das Baumhaus sind mit Sinn fürs Detail gezeichnet. Für Kinder gibt es sehr viel zu sehen. Allein die kleinen Käferchen zu entdecken, die den Wald bevölkern, macht viel Spaß. Und was es erst im Baumhaus alles zu entdecken gibt! Das gibt Stoff zum Träumen! Die Zeichnungen zeugen von sehr viel Fantasie.
Aber damit nicht genug. Für ausgelassene Stimmung sorgt „Das Lied von den Waldpiraten“, das einfach nachzusingen ist, wenn man Noten lesen kann. Begleitet werden kann mit der Gitarre, allerdings sind die Griffe nicht ganz einfach. Ein Brettspiel gibt es auch noch. Es ist ein Wettrennen zwischen den Mitspielern. Wer zuerst beim Piratenschiff ist, hat gewonnen. Allerdings gilt es auf dem Weg dahin einige Hindernisse zu überwinden.

Rezension von Heike Rau

Katja Kiefer
Die Waldpiraten
Das Schiff in den Bäumen
32 Seiten, gebunden
ab 3 Jahren
Georg Olms Verlag
ISBN-10: 3487088428
ISBN-13: 978-3487088426

Jan Faktor: Georgs Sorgen um die Vergangenheit

Jan Faktor: Georgs Sorgen um die Vergangenheit

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Opulentes Familiengemälde im Prag der Nachkriegszeit.

Schon bei den ersten Zeilen sieht man sich in diesem Roman sogleich in eine aberwitzige, amüsante und mitreißende Familiengeschichte versetzt. Lebendige und spritzige Sätze wecken Neugier auf einen turbulenten Alltag in einer komischen und von vielerlei bunt gefärbten Charakteren bewohnten Hausgemeinschaft in Prag. Wir befinden uns in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Das weibliche Geschlecht überwuchert die Räume mit allem möglichen und unmöglichen Mobiliar und verwandelt die Wohnung in ein verschachteltes Labyrinth. Georg erlebt gerade die Pubertät mit allen Bedrängnissen, die diese Lebensphase so mit sich bringt. Umgeben von vielen Tanten, einer schönen und intelligenten Mutter und der sehr geliebten Großmutter Lizzy ist das Erwachsenwerden nicht ganz leicht.

Das Haus und die Lebensgewohnheiten der Bewohner sind teilweise von umwerfender Komik, mit Sicherheit aber äußerst ungewöhnlich. Im Umfeld mehr oder weniger schöner jüdischer Frauen aufzuwachsen ist eine Besonderheit an sich. In dem ganzen Durcheinander der Hausbewohnerinnen gibt es dann aber doch einen Mann, als einzigen Nichtjuden den Onkel „ONKEL“. Sex und Liebe, Gerüche und Gespräche: die  Gemeinschaft ist unübertroffen mit allen Details gezeichnet, und Georg nimmt alles mit wachen Augen und Ohren auf und zieht seine Schlüsse aus seinen Eindrücken.

Die unsägliche Vergangenheit in diversen KZs bleibt allerdings ein Geheimnis, denn darüber spricht man nicht.

Einer Komödie gleich gestaltet sich der Einstieg ins Leben für den jungen Georg mit unterhaltsamen und lustigen Erlebnissen. Seine Jugend entspricht nicht der Norm. Skoda, sein Freund, findet ebenso Erwähnung wie seine langjährige und viel ältere Geliebte Dana, die sich den Künsten verschrieben hat. Die Liebeserlebnisse- und Freuden sind in deftiger Sprache gehalten und verlassen nie die Pfade der Komik.

Haben wir es mit einem Schelmenroman, einem Entwicklungsroman oder einer skurrilen Familienlegende zu tun? Auf jeden Fall bietet die in lakonischem Ton gehaltene Erzählung auch einen Überblick über die politische Geschichte der Tschechoslowakei und Prags in den letzten sechzig Jahren. Sozialismus, Kommunismus und Prager Frühling können nicht unerwähnt bleiben mit ihren Folgen für den Clan. In schwejkscher Manier  nimmt niemand wirklich Schaden, aber natürlich gibt es Todesfälle und besondere Vorkommnisse in großer Zahl.

Man sollte Zeit mitbringen, um sich in die Feinheiten des Romans zu vertiefen, der nicht von einer fortlaufenden Handlung lebt, sondern das fantasievolle Gebilde einer grotesken und launigen Familiengeschichte bietet. Im Zentrum des Geschehens steht Georg mit seiner ausgeprägten Beobachtungsgabe, mit der er die skurrilen und schrulligen Einzelwesen und ihre Eigenheiten zum Leben erweckt.

Jan Faktor ist ein Erzähler mit der Kunst des Fabulierens, dessen Erzählstil ausufernd ein filigranes Gebilde aufzeigt, das schließlich zu einem schlüssigen Ende führt.

Der hoch zu lobende Roman ist gewand und farbenfroh konzipiert. Wenn man auch nach der Mitte des Romans ermüdet sein mag von all’ den vielen Einzelheiten, so bleibt man doch dabei, weil die Neugier auf die  kurzweiligen Geschichten bestehen bleibt.

Jan Faktor
Georgs Sorgen um die Vergangenheit
Gebundene Ausgabe: 636 Seiten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462041886
ISBN-13: 978-3462041880

Marc Grollimund und Isabelle Hannebicque: Prima Klima mit Pflanzen

Marc Grollimund und Isabelle Hannebicque: Prima Klima mit Pflanzen

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Zimmerpflanzen können Räume nicht nur verschönern und wohnlicher machen. Sie können auf dafür sorgen, dass die Luft in den Zimmer verbessert wird. Diese kann nämlich durch die verwendeten Farbanstriche, die Bodenbeläge oder die Möbeln und Polstermöbeln belastet sein. Das wiederum kann zu gesundheitlichen Problemen bis hin zu Allergien führen. Pflanzen können helfen, die Schadstoffbelastung in den Räumen zu vermindern.

Zunächst werden die Schadstoffe benannt, die unsere Raumluft belasten können. Es wird geklärt, woher diese stammen. Danach wird vermittelt, wie Pflanzen, die Luft reinigen und die Qualität der Raumluft verbessern können. Grundsätzliches, dass beim Aufstellen und Pflegen der Blumentöpfe zu beachten ist, wird geklärt. Je nach Raum und Raumnutzung, von Küche bis Arbeitszimmer, werden Pflanzen vorgeschlagen, die man aufstellen kann, um das Raumklima zu verbessern.

Es folgen die Pflanzenporträts. Fast 40 Pflanzen werden vorgestellt, die für eine natürliche Entgiftung der Räume sorgen sollen. Dazu zählen zum Beispiel die Birkenfeige, die Dieffenbachie, der Drachenbaum und der Efeu. Wer lieber blühende Pflanzen mag, kann es mit Flamingoblume, Azalee oder Gerbera versuchen.

Es ist einigermaßen erschreckend zu lesen, in welcher Art und Weise unsere Raumluft verunreinigt sein kann. Wenn man das so liest, wird der Blick auf das Wohnumfeld sehr viel kritischer. Man erfährt aber auch, wie man bei der nächsten Renovierung für Verbesserung sorgen kann.
In diesem Zusammenhang ist es natürlich auch ausgesprochen interessant, zu erfahren, welche Pflanzen sich als Luftreiniger bewährt haben. Es ist ganz einfach, hier die entsprechenden Topfpflanzen auszuwählen. Sie sind auch alle im Gartenmarkt zu bekommen. Es sind unter der Auswahl an Pflanzen keine Exoten, die schwer zu beschaffen wären. Man erfährt alles über die Pflege und Gesunderhaltung der Pflanzen, damit sie gut wachsen und man lange Freude an ihnen hat. Selbstverständlich gibt es auch Fotos der Pflanzen. Und durch die Listen, die zeigen, welche Pflanze für ausgewählte Bereiche empfehlenswert sind, kann man eine gezielte Auswahl treffen und damit dann auch einen Raum passend verschönern, mit großen ausladend wachsenden Grünpflanzen, aber auch mit kleinen Töpfen blühender Pflanzen. Ganz wie es gefällt.

Rezension von Heike Rau

Marc Grollimund und Isabelle Hannebicque
Prima Klima mit Pflanzen
Aus dem Französischen von Ulla Schuler
128 Seiten, 120 Farbfotografien
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
ISBN-10: 3800159910
ISBN- 13: 978-3800159918

Raymond Federman: Eine Liebesgeschichte oder sowas

Raymond Federman: Eine Liebesgeschichte oder sowas

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Emigrantenschicksal einmal anders erzählt.

Eines Tages im Februar oder März zu Beginn der fünfziger Jahre an einem regnerischen Tag in New York sehen sich zwei Menschen zum ersten Mal: ein zaghaftes Lächeln bringt sie zusammen, den aus Frankreich geflüchteten Juden Moinous, der sich nur mühsam mit Gelegenheitsarbeiten durchschlägt, und die aus einer konservativen alteingesessenen Familie aus Boston stammende Sucette. Sie ist aus ihrer Gesellschaftsklasse ausgebrochen und beteiligt sich an politischen Demonstrationen gegen die Missstände in ihrem Land.

Nach der ersten Begegnung ist ausgemacht, dass sie sich wieder sehen werden. Gäbe es nicht die Taube Charlie, mit der sich Moinous angefreundet hat, -er wäre ganz alleine auf der Welt!

Moinous soll schon bald die Familie in Boston kennen lernen. Für das ungleiche Paar bleibt der Besuch unvergesslich.

Das Haus der Familie, das saturierte Benehmen der Familienmitglieder und das vornehme Ambiente mit Butler und Dienstboten versetzt Moinous in eine Art Trance, in der er alle anwesenden Familienmitglieder von den Nichten bis zur Urgroßmutter visionär entkleidet sieht und sie bei obszönen Handlungen beobachtet. Anders kann er sich diesem prätentiösen Gehabe nicht entziehen, bei dem er sich klein und erbärmlich vorkommt. Zwischen Moinous und Sucette, der er von seinen Visionen erzählt, entbrennt ein heftiger Streit. Auf die Vorhaltungen von Sucette über seine mangelnde geistige Integrität antwortet Moinous mit den treffenden Worten: “wir leben alle wie Küchenschaben in den Winkeln unserer verschrobenen Vorstellungen… schwanken hin und her zwischen Drüsenfunktionen und purer Lüsternheit, zwischen Einsamkeit und geistigem Unwohlsein“. Er fährt fort, ihr seine Ansichten vorzustellen, die von Ironie und Sarkasmus getragen direkt und ehrlich sind. Unabhängig davon treibt ihn die unstillbare Sehnsucht nach Liebe und Heimat zu ihr hin.

Die Liebesgeschichte nimmt einen unerwarteten Verlauf : Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen zu einem undefinierbaren Ganzen, denn Sucette schreibt einen Roman, der den Leser überraschen wird.

Nicht die Liebesgeschichte alleine steht im Fokus der Erzählung sondern auch das in den fünfziger Jahren von der McCarthy-Ära und vom Koreakrieg gebeutelte Amerika. Man sieht sich im Verlauf der Handlung mit einer heftigen und kritischen Analyse der amerikanischen Lebensweise konfrontiert. Witzig, immer wieder sarkastisch und mit beißendem Humor zeigt der biographisch gefärbte Roman von Raymond Federmann, wie man sich als Immigrant im Land der unbegrenzten Möglichkeiten fühlte.  In der Liebesgeschichte wird von den Hoffnungen und Träumen erzählt, die, wie könnte es anders sein, in Enttäuschungen münden werden.

Geistreich, witzig und brillant geschrieben, zeigt das Werk ein  ungewöhnliches in New York angesiedeltes Emigrantenschicksal. Raymond Federman ist ein großer Erzähler, der zu den amerikanischen Klassiken zählt. Der Roman wurde 1985 erstmals veröffentlich und 1986 mit dem American Book Award ausgezeichnet.

Raymond Federman
Eine Liebesgeschichte oder sowas
Übersetzt von Peter Torberg
221 Seiten, gebunden
Matthes & Seitz Berlin
ISBN-10: 3882216824
ISBN-13: 978-3882216820