Julian Barnes: Nichts, was man fürchten müsste

Julian Barnes: Nichts, was man fürchten müsste

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Ein Zweifler und Hoffender im Kreuzfeuer seiner Gedanken

„Ich glaube nicht an Gott, aber ich vermisse ihn!“

Mit diesem Eingangssatz ist schon die ganze Theorie umrissen, mit der sich der Autor bei seinen Überlegungen über den Tod und zu Reflexionen und Rückbesinnungen auf Todesfälle in der Familie und anderswo auseinandersetzt.

Wer kennt sie nicht, die Frage nach dem, was nach uns kommt? Ungewöhnlich allerdings sind diese Gedanken für einen 12 -15 jährigen Jungen. In diesem Alter hat sich Julian Barnes bereits mit dem Thema Tod und Sterben beschäftigt, und er fürchtete den Tod.

Mit einem ironisch- belustigten Ton setzt Julian Barnes seine Betrachtungen zu dem brisanten Thema fort, in dem es um Todesfälle in der Familie, bei Bekannten, Freunden und anderswo geht. Wie denkt z.B. sein Bruder darüber? Dieser, ein Philosoph, antwortet auf die eingangs zitierte Feststellung:

„Sentimentaler Quatsch!“

Und weiter geht es mit der Beschreibung dessen, was Barnes an Denkansätzen in seiner Familie erfahren hat. Die Großmutter war eine „ Reihenhaus“- Sozialistin, der Vater ein milde gesonnener Liberaler, die Mutter nüchtern und realitätsnah. Nun sind sie alle tot und beim Aufräumen des Nachlasses kommen die  Erinnerungen. Da er und sein Bruder unterschiedliche Wahrnehmungen haben, hält Julian Barnes fest, dass es keine reine „Wahrheit“ über das vergangene Leben und über das Erinnern gibt.

Er lässt seine Fantasie schweifen und bemüht Aussagen großer Dichter und Philosophen, um sich mit Tod und Sterben zu befassen. Aus seinen Aufzeichnungen ist ein leichtes und luftiges Werk entstanden, in dem er das Für und Wieder des Glaubens an einen Gott und an das Leben nach dem Tod überdenkt. Im Austausch mit dem atheistischen Bruder erfährt der Agnostiker Barnes nützliche Hinweise, die zur Verständigung seiner Ausführungen hilfreich sind.

In seinem Buch ist häufig von Gott die Rede, an den Julian Barnes jedoch nicht glaubt!

Er wendet die alten Fragen der Menschheit nach dem Sinn und Unsinn unseres Lebens, nach der Erfüllung im Denken und täglichen Handeln, nach Glauben und Unglauben, nach den Vererbungen, den Genen und vielen anderen belustigenden Beobachtungen hin und her und zieht das Fazit, dass der Tod nichts ist, “…was man fürchten müsste“.

Besinnlich, nachdenklich und melancholisch sind seine Betrachtungen, die es einem leicht machen, ihm zu folgen. Es lohnt sich, das Buch zu lesen, das in einer guten Übersetzung von Gertraude Krueger vorliegt.

Julian Barnes
Nichts, was man fürchten müsste
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch;
ISBN-10: 346204186X
ISBN-13: 978-3462041866

Richard Stark: Der Gewinner geht leer aus

Richard Stark: Der Gewinner geht leer aus

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Parker hat gerade einen Kopfgeldjäger, der auf ihn angesetzt war, aus dem Weg geräumt, da ruft Frank Elkins an. Er und sein Partner Ralph Wiss haben eine Entdeckung gemacht, die Parker interessieren könnte. Also findet an einem neutralen Ort ein Treffen statt. Es geht um Paxton Marino. Der steinreiche Computertyp hat ein interessantes Anwesen in Montana, eine abgelegene Jagdhütte mit 21 Zimmern und einem Geheimversteck. Elkins und Wiss kennen das Haus von einem Einbruch. Allerdings ging einiges schief. Ein zweiter Anlauf könnte aber lohnenswert sein, da Paxton Marino neben diversen Wertgegenständen auch noch etwas anderes besitzt, nämliche eine versteckte Kunstgalerie im Keller. Drei der Bilder haben die Ganoven erkannt, sie haben diese schon mal gestohlen und wissen um den Wert. Natürlich ist es schwer, in so ein abgesichertes Haus hineinzukommen. Aber Larry Lloyd wird mit ins Boot geholt. Von Massachusetts aus wird er mit seinem Computer ein wenig zaubern und die gemachten Sicherheitsvorkehrungen aushebeln.
Parker hat nichts anderes laufen, wenn man mal davon absieht, dass ein toter Kopfgeldjäger beiseite geschafft werden und dem Auftraggeber die Hölle heiß gemacht werden muss. Zuhause sollte er sich auch nicht unbedingt aufhalten, vielleicht ist noch jemand hinter ihm her. Also wird ein Plan entworfen und die Gegend ausspioniert.

Der beste Plan nützt jedoch nichts, wenn immer wieder jemand kommt, der ihn durcheinanderwirbelt. So war das immer und so wird es immer sein. Von allen Seiten bekommt Parker Gegenwind. Da ist der erfolglose Kopfgeldjäger noch das geringste Problem. Als Leser erwartet man, als Fan von Parker, eine turbulente Handlung und wird nicht enttäuscht. Für Parker, der ein Perfektionist ist, hört hier der Spaß allerdings auf. Es wird Tote geben. Aber nicht mal morden kann Parker in Ruhe. Immer wieder kommt etwas dazwischen. Es sind die unbeeinflussbaren Faktoren, die Parkers Pläne immer wieder durcheinanderbringen. Und so wird der Leser von vielen spannenden Wendungen überrascht. Die Lage wird immer komplizierter und man darf ordentlich mitfiebern. Dabei geht es die meiste Zeit um die Vorbereitung des Einbruchs.
Der Krimi ist gut gemacht, wohlüberlegt, mit perfektem Spannungsbogen und einem Helden, der begeistert, obwohl er skrupellos ist und über Leichen geht. Aber eben nur, wenn es sein muss.

Rezension von Heike Rau

Richard Stark
Der Gewinner geht leer aus
Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren
283 Seiten, Klappenbroschur
Paul Zsolnay Verlag
ISBN-10: 3552054979
ISBN-13: 978-3552054974

Christoph Poschenrieder: Die Welt ist im Kopf

Christoph Poschenrieder: Die Welt ist im Kopf

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Ein Philosoph auf Reisen!

Bekannt ist uns der schwerblütige und düstere Philosoph Arthur Schopenhauer als griesgrämiger, misanthropischer Pessimist, der sich von allem Irdischen abwendet, um sich seinen inneren Betrachtungen und seiner Philosophie zu widmen.

Rechtzeitig zu seinem 150. Todestag ist dieser humorige Roman erschienen, der dem Philosophen eine fiktive Rolle gibt, mit der wir ihn uns einmal anders vorstellen dürfen.

Auch er sehnte sich insgeheim bei aller Frauenfeindlichkeit in seinen Schriften nach der Liebe einer Frau!

Hier erleben wir ihn einmal von einer anderen Seite: wohlgemut und lebensfroh bricht er zu einer Reise nach Venedig auf, wo er den Dichter gleichen Alters Lord Byron zu treffen gedenkt. Er hat sein Werk „Die Welt als Wille und Vorstellung“ vollendet ist aber mit dem Verleger Brockhaus unzufrieden, weil dieser seine philosophische Schrift nicht rechtzeitig veröffentlicht hat. Mit einem Empfehlungsschreiben Goethes sollte es ihm nun möglich sein, bei Lord Byron vorzusprechen.

Eine authentische Begegnung zwischen dem Dichter und Frauenheld Lord Byron und dem Philosophen Schopenhauer ist nicht überliefert. In diesem Roman jedoch findet sie statt unter den Masken des Karnevals mit einem geistreichen und leichtfüßigen Wortwechsel. Venedig mit seinen Gondolieri, seinen monumentalen Bauten und Kunstschätzen und seinem unvergleichlichen Flair von Leichtlebigkeit und Sinnenfreude ist gerade der richtige Ort für dieses Treffen, denn es wird auch um die Liebe und um die Eifersucht gehen! Kaum vorzustellen bei dem als Frauenfeind bekannten Philosophen! Aber es gab eine Geliebte, Teresa mit Namen, und es gab die Lebensfreude, sich in der Stadt Venedig zu tummeln und die Begegnungen mit vielen Menschen zu suchen. Es gab aber auch immer das Denken, das sich anlässlich eines Lokalbesuchs im Rudel lärmender Besucher deutsche Sprache in diesem Satz manifestiert: “Wenn ich doch nur die Illusion loswerden könnte, dieses Kröten- und Ottern-Gezücht für meinesgleichen anzusehen; da wäre mit viel geholfen.“

Das ist der wahre Schopenhauer, wie wir ihn kennen, und der Roman um ihn bleibt für uns Illusion. Der Zeit gemäß ist die Schilderung ein wenig weitschweifig aber doch unterhaltsam und originell in seinem Sujet.

Christoph Poschenrieder
Die Welt ist im Kopf
341 Seiten, gebundene Ausgabe
Verlag: Diogenes
ISBN-10: 3257067410
ISBN-13: 978-3257067415

Jake Hobson: Niwaki

Jake Hobson: Niwaki

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Japanische Bäume, die perfekt geformt sind, fallen auf und bringen den Betrachter zum Staunen. Viele Gartengehölze sind dafür geeignet. Man kann also auch im heimischen Garten diese Gestaltung verwirklichen, wenn man die Umgebung beachtet und weiß, welche Bäume sich eignen und wie man bestimmte Formen erzielen kann.

Der Autor Jake Hobson hat Erfahrungen in der japanischen Garten- und Landschaftsgestaltung gesammelt und möchte diese mit dem Buch weitergeben. Es ist eine Inspirations-Quelle, ein Buch das fasziniert. Natürlich fällt der Blick zuerst auf die Fotos. Zwar wirken manche Bilder, wie aus der Hüfte geschossen. Aber auch wenn manches Foto nicht ganz scharf oder auch zu dunkel erscheint, das Charakteristische der Landschaften und Bäume kommt sehr gut zur Geltung. Das ist die perfekte Ergänzung zum Text. Vermittelt wird so auch schwer zu Beschreibendes.

Zunächst einmal wird der japanische Garten im landschaftlichem Zusammenhang beschrieben. Woraus die ursprüngliche Inspiration kam, solche Gärten anzulegen, die kulturellen und religiösen Einflüsse und wie sich die Gärten historisch gesehen entwickelten, wird erörtert. Der Blick wird gerichtet auf Tempelgärten, Teegärten, öffentliche Anlagen und Privatgärten. Auch Gärten außerhalb Japans werden vorgestellt.
Den Bäumen kommt natürlich besondere Beachtung zu. Die verschiedenen Schnitttechniken werden in Worten und kleinen Skizzen dem Leser nahe gebracht und das auf sehr ausführliche Art und Weise, so dass eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema möglich ist und die praktische Umsetzung nicht so schwer fallen sollte.

Es geht dann noch einmal ins Detail, wobei direkt auf bestimmte Baumarten und Gehölze eingegangen wird. Welche Werkzeuge und Geräte für die Pflanzenpflege verwendet werden, wird ebenfalls beschrieben. Man findet im Buch aber auch eine Liste mit japanischen Pflanzennamen und der botanischen Bezeichnung, ein Glossar japanischer Begriffe und ein Register, welches das Nachschlagen erleichtert.

Fazit: Mit Hilfe des Buches wird man in die Lage versetzt, ein Konzept zu entwickeln, einen japanischen Garten anzulegen, bzw. bestimmte Elemente in einen bestehenden Garten einzufügen und zu entwickeln.

Rezension von Heike Rau

Jake Hobson
Niwaki
Japanische Gartenbäume schneiden und formen
144 Seiten, 236 Farbfotos, 180 Zeichnungen
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
ISBN-10: 3800158566
ISBN-13: 978-3800158560

Dorothea Binder: Das Heidi-Kochbuch

Dorothea Binder: Das Heidi-Kochbuch

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Es wird doch Zeit, dass es mal etwas Neues von Heidi und ihrem Peter gibt. Warum nicht ein Kochbuch? Und kaum schlägt man das Buch auf, ist man auch schon hoch oben in den Bergen bei Heidi und ihrem Großvater in der Hütte. Man erwartet eine einfache, bodenständige Küche und die gibt es natürlich auch. Da ein Supermarkt wohl kaum in der Nähe war, wird mit einfachsten Zutaten gekocht. Mit Brot und Kartoffeln mit Ziegenkäse, Milch und Eiern, mit Äpfeln und den Kräutern, die auf der Wiese wachsen. Die Mengenangaben muss man nicht so genau nehmen. Manchmal dienen als Maß einfach Großvaters Hände. Der spielt beim Kochen nicht selten die Hauptrolle. Alles, was für Kinder zu schwierig ist, wie das Hantieren mit dem scharfen Messer, übernimmt er gern. Auch wenn Heidi, ihr Großvater und der Peter nur zu dritt sind, so sind die Rezepte doch für vier Personen gemacht. Das Festessen allerdings reicht für sechs Personen.

Klar, dass jeder sein Lieblingsgericht hat. Die Heidi isst gerne „Chäshörnli mit Brösmeli“. Also Nudeln mit Käse und gerösteten Semmelbröseln überstreut. Der Peter mag auf Fleisch nicht verzichten. Er ist das Gericht lieber abgewandelt als „Hörnli und Ghackts“. Aber was ist der Großvater gerne? „Rührei mit Schinkenwürfeln“.
Neben Suppen und Mittagsgerichten gibt es aber auch leckere Desserts. „Apfelmus“ zum Beispiel. Für einen ganz besonderen Tag ist die „Richtige Geburtstagstorte“ zu empfehlen.

Das Kochbuch gefällt gut. Gerade wer einmal auf industriell verarbeitete Lebensmittel verzichten will, ist damit sehr gut bedient. Die Gerichte sind so unkompliziert, dass man sehr schön mit Kindern kochen kann. Die Kochanleitungen sind darauf ausgerichtet, auch wenn der Großvater immer wieder helfen muss. Die Rezepte werden innerhalb einer kleinen Geschichte präsentiert. So erfährt man auch, welche Vorlieben Heidi, Peter und der Großvater haben. So manches Gericht kennt man so oder so ähnlich. Kindheitserinnerung werden bei den Erwachsenen wach.
Auch von der Aufmachung gefällt das Buch mit den alten Schweizer Rezepten gut. Es ist schön, wenn auch sehr sparsam, illustriert.

Rezension von Heike Rau

Dorothea Binder
Das Heidi-Kochbuch
Schweizer Rezepte
Mit Bildern von Hannes Binder
74 Seiten, gebunden
ab 8 Jahren
Nagel & Kimche
ISBN-10: 3312009871
ISBN-13: 978-3312009879

Carol Bruneau: Glasstimmen

Carol Bruneau: Glasstimmen

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Lucy bangt um ihren Mann, seit er diesen Schlaganfall hatte. Lange Zeit liegt Harry im Koma. Der Anblick ist unerträglich schmerzlich. Das Leben ist nicht mehr wie es war. Aber da sind zum Glück noch ihr Sohn Jewel mit seiner Frau Rebecca und ihr Enkel Robert. Lucy ist es unmöglich, jetzt noch an die Zukunft zu denken und so wenden sich ihre Gedanken der Vergangenheit zu. 55 Ehejahre liegen hinter ihr. Es war keine einfache Zeit. Hundert Mal hätte Lucy Grund gehabt, Harry davonzulaufen, doch sie ist geblieben.

Ihr Blick geht zurück ins Jahr 1917. Als das Munitionsschiff explodierte, hätte Lucy ihren Mann beinahe schon einmal verloren. Sie denkt an ihre Tochter Helena, die seither vermisst wird und an den Sohn, Jewel, den sie damals aufgenommen hat. Sie denkt an den schwierigen Neuanfang nach der Halifax-Katastrophe und an das, was seither geschah.

Lucys Mann überlebt. Er erwacht schließlich aus dem Koma. Ob es ihm jemals wieder gut gehen wird, weiß kein Arzt zu sagen. Nach vielen Wochen darf Harry wieder nach Hause. Lucy bekommt ihn zurück als Pflegefall. Immerhin hat sie ihn nun für sich allein und widersprechen kann er ihr auch nicht mehr.

Es ist ein Buch, das sehr stark berührt, das nachdenken lässt, über das Leben. Lucy hätte allen Grund ihren Mann zu hassen. Und doch liebt sie ihn. Sie kann nicht ohne ihn leben. Wieso dies so ist, beschreibt die Autorin in ihrem Buch sehr genau. Als Harry so schwer erkrankt, sinkt ihr Lebensmut ins Bodenlose. Sie klammert sich fortan an die Vergangenheit, obwohl das bedeutet, dass sie Kummer und Leid noch einmal erleben muss. Doch das bringt sie auch ihrer Familie wieder näher.

Die verschiedensten Gefühle kommen in dieser Geschichte zum Tragen. Man gewinnt einen tiefen Eindruck von Lucys Persönlichkeit. Manchmal verschwimmen Gegenwart und Vergangenheit, auch für den Leser. Die beiden Erzählstränge sind dicht miteinander verwoben. Immer wieder hat man direkt Mühe, umzuschalten. Aber das ist auch das Einzige, was es am Buch zu kritisieren gibt. Es ist ein beeindruckendes, wenn auch nicht leicht zu ertragendes Buch, das von einer tiefen Traurigkeit erzählt, die aber am Ende wieder in Hoffnung mündet.

Rezension von Heike Rau

Carol Bruneau
Glasstimmen
Aus dem kanadischen Englisch von Gregor Hens
464 Seiten, gebunden
Mare Verlag
ISBN-10: 3866481217
ISBN-13: 978-3866481213

Miriam Meckel: Brief an mein Leben

Miriam Meckel: Brief an mein Leben

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Als die bekannte Medienforscherin Miriam Meckel eines Morgens nach einem angestrengten Arbeitstag zusammenbricht, stehen damit auch ihr Selbstbild und ihre Tatkraft auf dem Prüfstand.
Ihre aufreibende Arbeit als Kommunikationswissenschaftlerin, Professorin und gefragte Vortragsreisende hat sie an die Grenzen ihrer Kräfte getrieben.
Nach einem Zusammenbruch mit Hörsturz und anderen Symptomen begibt sich die schöne, begabte und erfolgreiche Frau in eine Klinik im Allgäu. Dort sucht sie Ruhe, Heilung und Erholung. Die ärztliche Diagnose lautet: Burnout!

Nun hat sie ein Buch über ihre Erfahrungen geschrieben, in denen sie sehr persönlich ihre Geschichte erzählt.
Es ist eine Geschichte von Erfolg, Ehrgeiz und endlosen Aktivitäten, denn sie ist überall in der Welt gefragt als Moderatorin, Vortragende und Dozentin. Der Gesundheitscrash bietet Gelegenheit, einzuhalten und ihr Leben zu überdenken.
In der Klinik muss sie sich an einen strengen internen Tagesablauf gewöhnen. Ihr wird zur Einstimmung auf die kommenden Wochen mit Therapien aller Art ein Wochenende des Alleinseins verordnet. Man erwartet, dass sie sich jeder Tätigkeit enthält und ganz still und alleine den Tag verbringt.

Allein auf ihrem Zimmer erzählt sie in langen Passagen über ihre Sinneseindrücke in der Stille und vom dem kalten und nebligen Draußen. Der Eindruck einer intelligenten, nachdenklichen jungen Frau, die in Ruhestunden gerne Musik hört und liest, und die dennoch mit ihren Kräften nicht haushalten konnte, bestätigt sich. In ihrem Alltag gab es keine Rast, sondern andauernde Hyperaktivität, die zerrüttend wirkte.
Sichtbar hat man es bei der Autorin mit einer Lebens -und Sinnkrise zu tun, die so manchen Zeitgenossen gelegentlich erwischt. Euphorisierende Wirkungen haben Aufenthalte in Kliniken, in denen sich Menschen aller Couleur versammeln, um in ihren jeweiligen Krisen Hilfe zu suchen. Da entsteht eine Nähe, die unter fremden Menschen eher unüblich ist. Man merkt, wie sich Miriam Meckel zögerlich auf die verschiedenen Ebenen einzelner Therapien und auf die Begegnung mit ihren Mitpatienten einlässt. Ihre neuen Erfahrungen wecken Erinnerungen an vergangenes Leben, erlittene Verluste von Freunden und Verwandten und fördern neue Einsichten.

In ihrem Buch beschreibt Miriam Meckel den ganz normalen Alltag in einer psychosomatischen Klinik, in der Übungen verschiedener Art dazu herausfordern, inne zu halte, das bisherige Leben zu überdenken und sich neue Perspektiven für die Zukunft vorzustellen. Ihre Niederschrift gleicht Tagebuchaufzeichnungen mit sehr persönlichen Einsichten.
Der Bericht mag eine Art Befreiung für sie bedeuten, —aber muss die Öffentlichkeit davon wissen?
Ohne die gewohnte öffentliche Resonanz lebt es sich offensichtlich schwer!
Die Geschichte ist als Erfahrungsbericht interessant und bedient die voyeuristischen Bedürfnisse jener Menschen, die sich in ähnlichen inneren Konflikten verfangen haben, die sie an die Grenzen ihrer Kräfte getrieben haben.

Miriam Meckel
Brief an meine Leben
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Rowohlt, Reinbek, März 2010
ISBN-10: 3498045164
ISBN-13: 978-3498045166

James Marcus Bach: Die Freibeuterstrategie

James Marcus Bach: Die Freibeuterstrategie

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Der Lebensweg für unsere Kinder ist vorgegeben. Im Grunde führt kein Weg daran vorbei, nach Lehrplan an einer Schule zu lernen, auch wenn hier schon interessante Konzepte Einzug gehalten haben. An bestimmte Regeln muss sich jedes Kind halten. Leistungen werden erwartet und auch immer kontrolliert. Dass nicht jeder damit zurechtkommt, sieht man an den Jugendlichen, die sich gerade so durchmogeln oder die Schule sogar abbrechen. Für ihre Zukunft sieht man schwarz.

Doch es kann auch eine Erfolgsgeschichte daraus werden. Der Autor des Buches, James Marcus Bach, hat die Schule ebenfalls abgebrochen, was weder an mangelnder Intelligenz, noch an nicht vorhandenem Lernwillen lag. Er ist mit dem System einfach nicht zurechtgekommen. Im Abseits ist er deswegen nicht gelandet. Vielmehr hat er einen eigenen Weg gefunden, sich weiterzuentwickeln. Er führt heute ein selbstbestimmtes Leben und der Erfolg gibt ihm Recht.

Im Buch stellt er seine Lernmethode sehr ausführlich vor. Der Autor nennt diese „Die Freibeuterstrategie“. Es geht darum seinen Interessen und Neigungen zu folgen, statt sich nach starren Lehrplänen zu richten. Als Autodidakt bringt man sich das bei, was nötig ist, um beruflich erfolgreich zu sein. Manch einer wird das kennen. Hat man ein anspruchsvolles Hobby, lernt man auch abseits von Lehrplänen. Man liest Bücher, sieht entsprechende Fernsehsendungen, tauscht sich mit anderen aus. Dann macht das Lernen ungeheuren Spaß!

Die Meinungen über dieses Buch werden auseinander gehen. Die Menschen sind schließlich verschieden. Viele lernen problemlos nach Lehrplan. Manche aber nun mal nicht. Und für die wird das Buch ausgesprochen interessant sein. Es zeigt, welchen anderen Weg man gehen kann.
Für die meisten Berufe ist allerdings schon eine solide Ausbildung nötig. Im Selbststudium angeeignetes Wissen zählt sicher nur in Ausnahmefällen. Da muss man schon realistisch bleiben.

Es ist ein sehr persönliches Buch. James Marcus Bach ist ein leidenschaftlicher Autor, der vehement seine Art zu leben verteidigt. Man spürt die Begeisterung, die er an andere weitergeben möchte. Er macht Hoffnung. Wie intelligent ein Mensch ist, kann man nicht allein an seinen Zeugnissen oder anhand bestandener Prüfungen messen. Man sollte sich auch von Misserfolgen in dieser Hinsicht nicht ausbremsen lassen.

Rezension von Heike Rau

James Marcus Bach
Die Freibeuterstrategie
Durch selbstbestimmtes Lernen zum Erfolg
232 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann
ISBN-10: 3888976464
ISBN-13: 978-3888976469

Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer: So schmeckts bei uns

Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer: So schmeckts bei uns

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Zur Servicezeit „Essen und Trinken“ gibt es nun ein neues Buch vom beliebten Kochduo Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer. Schon ihnen beim Kochen zuzuschauen, ist sehr spannend. Die Rezepte selbst auszuprobieren noch viel mehr. Gerade auch, weil man nicht starr den Anleitungen folgen muss, sondern auch mal improvisieren oder dem eigenen Geschmack folgen darf. Rezepte auszuprobieren, heißt auch dazuzulernen. Von jedem neuen Kochbuch verspricht man sich eine Anzahl weiterer Lieblingsgerichte. Gesetzt werden ja immer andere Schwerpunkte, gerade auch was Zutaten betrifft, so dass man Bewährtes nachkochen, aber auch neue Gerichte ausprobieren kann. Damit auch alles klappt, gibt es Warenkunde und Küchentipps.

Die Kartoffel spielt diesmal die Hauptrolle. Dabei wird das Drehbuch immer wieder anders geschrieben und die Kartoffel entpuppt sich als Verwandlungskünstler. Mal kommt sie als „Knuspriges Kartoffelbällchen“ daher und dann als „Gefüllter Kartoffelauflauf“.
Auch für andere besondere Zutaten wird Aufmerksamkeit eingefordert. Das sind zum Beispiel Zitronen, Feigen, Sauerkraut, Lachs, Hackfleisch, Mais und Polenta.
Damit der Genuss aber nicht auf Kosten der Figur geht, gibt es auch für Kalorienbewusste entsprechende Gerichte. Gerade mal 200 Kalorien pro Person hat der „Blumenkohl-Auflauf“. Und auch die „Glasierten Äpfel“ als kleine Leckerei überzeugen mit 120 Kalorien pro Person.
Wer mal über den Tellerrand hinausgucken will findet Multikulturelles im entsprechenden Kapitel. Hier lernt man orientalische Gewürze kennen und kann „Bulgur mit Huhn und Gemüse“ ausprobieren. Aber auch „Türkischen Kaffee“ findet man in dieser Rubrik.
Menüvorschläge gibt es diesmal für ein „Großes Osterfrühstück“ und ein „Weihnachtsmenü“.

Auch dieses Kochbuch begeistert, genau wie viele der vorangegangenen. Immer wieder gibt es in den Büchern Neues zu entdecken, es werden ja immer Schwerpunkte gesetzt, und man lernt eine Menge über Lebensmittel. Mit den Kochanleitungen kommt man gut zurecht. Sie sind sehr ausführlich gehalten. Hat man eine Sendung verpasst oder braucht als Anfänger etwas Nachhilfe, kann man dem Kochduo auch im Internet noch einmal über die Schulter schauen. Bilder zu sehen gibt es aber auch im Buch. Man kann die fertigen Gerichte betrachten oder aber einzelne Schritte verfolgen, die nicht nur im Text, sondern auch direkt im Foto gezeigt werden.
Auch von der Aufmachung und Übersichtlichkeit gefällt das Buch. Es ist ein ideales Geschenk für Hobbyköche.

Rezension von Heike Rau

Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer
So schmeckt’s bei uns
Das Begleitbuch zur Servicezeit: Essen und Trinken
189 Seiten, gebunden
Egmont vgs
ISBN-10: 3802536983
ISBN-10: 978-3802536984

Helen Fitzgerald: Furchtbar lieb

Helen Fitzgerald: Furchtbar lieb

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Psychothriller mit unheimlichen Folgen.

Mit einem Paukenschlag beginnt der Roman von Helen Fitzgerald über eine Heldin, deren Leben voll skurrilem Witz steckt, und der mit lakonischer Aussagekraft über extreme Lebensschicksale berichtet: Krissie hat ihre beste Freundin Sarah umgebracht.

Unter einem Felsen schleppt sie den zerschmetterten Körper entlang. Sie befand sich mit ihr und deren Mann Kyle im Norden Schottlands auf einer Wandertour.

Was war passiert?
Krissie und Sarah sind seit ihrem vierten Lebensjahr eng befreundet. Während Sarah mit ihrer Tränen-Kuller-Puppe spielte und sich lieber drinnen als draußen aufhielt, tobte Krissie gerne herum und schien viel robuster veranlagt zu sein als ihre zarte Freundin. Doch Sarah war stets bemüht, Krissie zu behüten. Warum das so ist, das wird als großes Geheimnis bis zum Ende des Romans gehütet.

Die Lebenswege der beiden kleinen Mädchen verlaufen so lange parallel, bis Sarah den Arzt Kyle heiratet, mit dem sie so gerne ein Kind hätte. Sie wartet vergeblich! Krissie hingegen stellt eines Tages voller Schrecken fest, dass sie von einer flüchtigen Diskobegegnung schwanger ist. Natürlich führt das zu Konflikten mit der Freundin, die sich unter der vergeblichen Fruchtbarkeitsanstrengung charakterlich entschieden verändert hat. Sie ist bissig, biestig und gemein zu ihrem einstmals geliebten Kyle geworden, der sich immer weiter von ihr zurückzieht.

Diese Vorgeschichte lässt noch nicht darauf schließen, dass die Handlung an Spannung zunimmt und zuletzt auf einen Psychothriller hinausläuft, der es in sich hat. Man rätselt ein Weilchen, welcher Art Genre des Romans hier verhandelt wird. Dann aber nähert man sich dem Kern einer Geschichte, in der die Menschen sich in ihrer ganzen Verschiedenartigkeit zeigen, und in der die tiefsten Schichten der Psyche zu Tage treten.

Ehekonflikte, Elternpaare, ledige Mutterschaft und normaler Lebensalltag verdichten sich zu einer subtilen Geschichte, von der man ablesen kann, dass das Leben vielschichtige schicksalsbedingte Lebensentwürfe für einen jeden parat hält.

Der besondere Reiz des Romans liegt in der Mischung aus normalem bürgerlichem Alltag und Abirrungen in der Entwicklung einzelner, die einen schaudern lassen.

Obendrein ist der Inhalt psychologisch so fein durchdacht, dass er nahe an der Wirklichkeit liegt. Die Sprache zeugt von differenzierter Wahrnehmung der beschriebenen Phänomene.

Fein aufgebaut und zur Höchstform angetrieben wird in dem Roman ein breites Spektrum menschlichen Handelns  aufgeführt, und es zeigen sich die häufig verborgenen Verlogenheiten, die versteckten Wünsche und geheimen Spuren im Seelenleben. In seiner Handlung bietet der Krimi alles, was man von einem guten Psychothriller erwarten darf!

Bissig, scharfzüngig, schwungvoll und absolut vielseitig ist die Choreographie des Romans angelegt.

Vergleichbare Krimis kennt man von Petra Hammesfahr, die ebenfalls die tiefsten Schichten menschlicher Psyche im Blick hat.

Der Debütroman der in Schottland lebenden Schriftstellerin Helen Fitzgerald ist äußerst gelungen!

Helen Fitzgerald
Furchtbar lieb
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3869710101
ISBN-13: 978-3869710105