Georg Diez: Der Tod meiner Mutter

Georg Diez: Der Tod meiner Mutter

Todesfälle in der Familie : eine Selbstbeobachtung.

Eine Vielzahl von Büchern erscheint jedes Jahr auf dem Buchmarkt, in denen Menschen ihre Todeserlebnisse protokollieren, den nahenden eigenen Tod oder den von Angehörigen.
Tod und Leben gehören zusammen: das sagt sich so leicht! Aber wie sieht die Wirklichkeit aus?
Georg Diez ist einer von jenen, die sich mit der Erinnerung an den Tod der Mutter etwas von der Seele geschrieben haben. Seine Form ist die einer differenzierten Reflexion über eine Mutter, deren Leben ganz im Zeichen der Veränderung stand.

Sie stammte aus einem bürgerlichen Elternhaus, in dem viel Schein und Verlogenheit herrschte. Die Großeltern von Georg Diez gehörten zu jenen Jahrgängen, die den Krieg überlebt hatten und mit der alten Welt ihre eigenen Lebensvorstellungen begraben mussten ohne neue an ihre Stelle setzen zu können. Kinder aus diesen Familien, Georgs Mutter also, gehörten häufig zu den Revolutionären der 68 ziger Generation, die gerne ihre Herkunft über Bord warfen. Sie wussten mit der Zerrissenheit und der unter autoritärem Gebaren verborgenen Scheinheiligkeit ihrer Eltern nichts anzufangen. Protest und Aufruhr waren die Zeichen der Zeit, in die Georgs Mutter hineingeriet. Das Ergebnis war eine tiefe gefühlsmäßige Verunsicherung, die gekoppelt war an eine unbeugsame Selbstbestimmung und die Trennung von ihrem Mann. Nach dem frühen Ende der elterlichen Ehe lebte der Autor abwechselnd beim einen oder anderen Elternteil. Er beschreibt sensible, atmosphärisch deutlich nachspürbare Augenblicke der Fremdheit, die es zwischen seiner Mutter und ihm gab.
Während ihres Sterbens bemüht er sich darum, ihr die angemessene Fürsorge angedeihen zu lassen, und er will wissen, wer sie ist!
Fragen nach der Selbst- und Fremdbestimmung sind Teile seiner Reflexionen, so dass es hier auch um eine Familienstudie geht. Hat die viel beschworene Selbstbestimmung der Mutter ihr wirklich nur Glück und nicht auch Isolation und Einsamkeit beschert?

In seinen Erinnerungen berichtet Georg Diez schonungslos über seine wechselnden Gefühle. Sein eigenes Leben ist angefüllt mit beruflichen und privaten Verpflichtungen. Schwankend zwischen Schuld, Sorge, Angst vor dem Verlust und Ärger über die ständigen Störungen wurden die Gedanken über den Verfall der Mutter ständige Begleiter seines Alltags. Bemerkenswert sind die ambivalenten Gefühle, mit denen die Lebenden den Wechsel zwischen der Aktivität des Alltags und der Teilnahme an der Trostlosigkeit des Untergangs erleben.

Minutiös zeichnet der Autor die Beobachtungen mit der Konfrontation des Todes als existenzielles Erleben auf.
Die Suche nach den Wurzeln der Gemeinsamkeit zwischen ihm und seiner Mutter ist Bestandteil seiner inneren Rückschau.
Es stellt sich hier die Frage, wem die Veröffentlichung dieser Bekenntnisse dienen soll. Ist sie womöglich eine Form exibitionistischer Selbstdarstellung?
Die Begründung liegt ganz einfach neben der Selbstbefreiung im Lerneffekt für andere!
Die Konfrontation zwischen Eltern und Kindern im Angesicht des Todes sind noch viele Erinnerungsbücher wert!

Georg Diez
Der Tod meiner Mutter
Kiepenheur & Witsch
208 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3462041422

Petra Dietz / Eva-Grit Schneider: Mein Hamster zu Hause

Petra Dietz / Eva-Grit Schneider: Mein Hamster zu Hause

Hamster sind beliebte Haustiere. Bevor man sich einen dieser putzigen Tierchen ins Haus holt, sollte man sich eingehend informieren. Mit dem vorliegenden Ratgeber, in dem es um den Goldhamster und seine Zuchtformen geht, geht das gut.

Zunächst wird der Hamster allgemein beschrieben. Dann erfährt man Interessantes über Fell- und Farbvarianten und zur Geschichte.
Vor dem Kauf muss man einiges bedenken. Darauf wird im Buch genau eingegangen. Man erfährt, wie ein Hamster im Haus lebt und welche Vorraussetzungen man demzufolge schaffen muss, damit sich das Tier wohlfühlt. Was folgt ist eine Kaufberatung, nicht nur was den Hamster betrifft, sondern auch die Ausstattung.

Man muss vieles beachten, wenn man einen Hamster zu Hause hat. Im Buch wird erklärt, wie man von Anfang an richtig mit dem Tier umgeht und was es an Pflege braucht. Um es um die Ausstattung des Käfigs, die Fütterung oder die zu bewahrende Gesundheit geht, man wird sehr gut beraten.

Die Erklärungen im Buch sind sehr gut nachvollziehbar. Und ganz nebenbei bemerkt, die Fotos im Buch sind ausgesprochen gelungen. Das Wesen der kleinen Tiere wird in den Bildern sehr schön sichtbar. Man kann sich dem Charme der dargestellten Hamster nicht entziehen.
Der kleine Ratgeber ist also rundherum empfehlenswert und gerade für Anfänger in der Hamsterhaltung bestens geeignet.

Rezension von Heike Rau

Petra Dietz / Eva-Grit Schneider
Mein Hamster zu Hause
64 Seiten, broschiert
bede-Verlag
ISBN: 978-3898601610

Romain Gary: Die Liebe einer Frau

Romain Gary: Die Liebe einer Frau

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Hommage an die unvergängliche Liebe!

Mysteriös und sehr traurig beginnt die Geschichte von einem Mann, der die Liebe beschwört und die Melancholie über ihre Vergänglichkeit in jedem seiner Worte anklingen lässt.Er will von Flughafen Paris aus nach Caracas fliegen, kehrt jedoch spontan um und fährt wie magisch angezogen nach Paris zurück. Beim Aussteigen aus dem Taxi stößt Michel auf eine Frau, der bei dieser Gelegenheit alle Einkäufe aus der Hand fallen. Sie hat wunderschöne weiße Haare, entschuldigt sich, gibt ihm auf seine Bitten noch ihre Adresse und verschwindet.

Hemmungslos verwirrt sucht Michel daraufhin die Nähe der Frau, die er aus dem Taxi kommend angerempelt hat. Sie macht kein Hehl daraus, dass ihr Leben nach dem kürzlich erfolgten Unfall ihres Ehemannes und dem Tod ihres Kindes den Sinn verloren hat. Auch Michel hat Kummer, denn seine Liebste ist krank. Sie wird sterben, und er fühlt sich ohne sie als ein Nichts! Kurz vor ihrem Ende haben sie sich getrennt, unfähig, den Abschied in Kummer und Sorgen zu ertragen.

Zwei betrübte Geister suchen Schutz und Nähe und sind und bleiben von ihrer Trauer gezeichnet.

In kurzen Szenen versinkt Michel in Trauer, Schweigen und Verzweiflung. Er lernt einen Dompteur kennen, der mit einem rosa Pudel und Schimpansen im Varieté auftritt. Trostlos erscheint auch dieses Milieu. Was wollen die beiden Männer von einander, die sich fremd und in ihrer Trauer doch ähnlich sind? Michel sucht sein Ebenbild im Spiegel, weiß nicht mehr wie und wer er ist. Er gerät durch Lydia, die Bekanntschaft der Nacht, in die Kreise russisch-jüdischer Emigranten und man erlebt clowneske Begegnungen und verwirrende Gespräche, die um die wahre Liebe kreisen.

Gary hat die Liebe in verschiedenen Tonarten hier besungen: betrübt, himmlisch, begeisternd, unzerstörbar und doch vom Ende bedroht. Mit Sätzen wie diesen :. „ Die Freude eines Kindes oder die Zärtlichkeit eines Paares leuchten für alle, sie sind immer ein Platz an der Sonne. Und ein Verzweifelter aus Liebe, der an der Liebe verzweifelt, ist ein recht seltsamer Widerspruch “… ruft er den Zauber des Glücks herbei.

Als Vorbild für das unglückliche Ende einer Liebe kann die eigene Verbindung des Autors mit Jean Seberg gelten: Romain Gary und die Schauspielerin waren von 1962 bis 1970 ein Paar und nahmen sich im kurzen Zeitabstand von eineinhalb Jahren nacheinander das Leben. Er hat den Zusammenhang seiner Protagonisten mit sich und Jean Seberg zwar verneint. Der alternde Beau, weltgewandte Diplomat und Draufgänger und die blutjunge Frau suchten seiner Zeit Erfüllung beieinander: Zärtlichkeit und Fürsorge von seiner und Schutzbedürftigkeit von ihrer Seite, wie sie sich in den Fotos spiegeln, fanden zu einer glücklichen Symbiose, die schlussendlich an der Realität zerbrach.

Romain Garys Erzählung handelt von der Liebe, die für ewig gelten soll, und deren Untergang man nicht überleben kann.
Wie es im Einband heißt: es geht um den existenziellen Wert der Liebe, an den Gary fest glaubte, und dem er über alle Zeitströmungen hinweg das Hohelied sang.
Nach seinem Buch gab es einen Film von Jean Luc Godard, in dem Romy Schneider und Ives Montand die Hauptrollen spielen.

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Romain Gary
Die Liebe einer Frau
192 Seiten, gebunden
SchirmerGraf
ISBN: 978-3865550699
ISBN-10: 386555069X
Originaltitel: Claire de femme

Szilárd Rubin: Kurze Geschichte von der ewigen Liebe

Szilárd Rubin: Kurze Geschichte von der ewigen Liebe

Ungarn nach dem zweiten Weltkrieg: Jeunesse dorée und heißblütige Liebe.

In einer fast schwebenden Weise eröffnet der ungarische Autor Szilárd Rubin den Reigen einer Liebesbesessenheit, die während und nach dem zweiten Weltkrieg in Ungarn durchlebt wird.
Attila und Orsolya sind die beiden ungleichen Partner, die sich 1945 nach dem Ende des zweiten Weltkriegs in Ungarn wieder treffen. Sie kannten sich schon aus Kindertagen.
Attila geht seinen Träumen und Lebensplänen nach, ergeht sich in der Schönheit der Natur, erzählt von seinen Erlebnissen mit Freunden und begeistert sich für seine schöne Freundin. Er sehnt sich nach einem erfolgreichen Poetenleben. Seine Freundin Orsolya, die aus großbürgerlichem deutsch-ungarischem Elternhaus stammt, trägt die Wunden des verbrannten Dresden noch in sich, nachdem sie in ihr ehemaliges Elternhaus in Ungarn zurückgekehrt ist. Hat Attila in ihrem Elternhaus überhaupt eine Chance für ein Willkommen? Er gilt dort als erfolgloser Poet!
Freundschaften, Gespräche und die Nachkriegszeit bieten den Rahmen, in dem sich die Liebe der beiden Protagonisten abspielt. Es geht zwischen Romantik und Realität auf schwankendem Boden unermüdlich auf und ab zwischen den beiden. Überwältigende Szenen zeigen die Wollust der Sinne und den Zauber heißer Nächte, in denen sich Attila und Orsolya von der Tanzfläche schleichen, um im Teich des Parks ein Bad zu nehmen. „Zwischen den Bäumen hindurch schallte die Tanzmusik zu uns her, und wir sahen dem Gewirbel der bunten Kleider zu.“

Nostalgisch und exemplarisch werden Gefühlszonen berührt, die den vergangenen Krieg und das veränderte Europa mit bedenken. Zugleich negieren poetische Betrachtungen die Zeitspanne, in der die Grausamkeit des Krieges und damit einhergehend Ideologien die Gemüter verwirrt haben und der Jugend ihren Zauber nahmen. In einem Rausch der Sinne tanzt und feiert die Jeunesse dorée ganz unterschiedlicher Herkunft in euphorischem Gemeinschaftsgefühl, um sich im Vergessen zu üben. Es ist wie ein Tanz auf dem Vulkan. Nach dem Ende ihrer Studien zerstreuen sich die Freunde in verschiedene Richtungen, um erfolgreich in ihren Berufen zu arbeiten. Attilas poetische Übungen allerdings gelingen unter der neuen Herrschaft des großen russischen Übervaters nicht.
Attila und Orsolya können ihr Glück mit einander nicht finden und zermürben sich in einem von Hass gefärbten, besessenen und Besitz ergreifenden Liebeskrieg. In einer Art Metamorphose wird man Zeuge der Verwandlung einer großen Liebe. Attila sieht noch einmal im Rückblick die kleinen Mädchen seiner Kindheit mit ihren Samthöschen und kleinen Stiefeln,–aber es ist vorbei! Die Zeit der Unschuld und des Glaubens an eine glückliche Zukunft endet im Desaster der Unvereinbarkeit einer schönen Frau und eines unglücklichen Poeten, der zum Diener fremder Herren wird.

Tief berührt liest man Sätze von durchsichtiger Reinheit und sehnsuchtsvollen Erinnerungen. Rubins Beobachtungen umfassen Stimmungen und Gefühle, Trauer, Besessenheit und vergehendes Glück und das Ende einer großen Liebe. Mit feinfühligen Bildern geht er dem Hass und der Liebe auf den Grund, und man staunt über die Emphase, mit der sich seine poetischen Eindrücke in den Texten spiegeln.

In Lobeshymnen ergehen sich die Kritiken des frisch entdeckten ungarischen Autors Szilárd Rubin, der mit diesem neu aufgelegten Roman von 1963 seine Wiedergeburt erlebt. Von Proust bis zum „Großen Gatsby“ reichen die Vergleiche, und man kann sich dem auflebenden Ruhm nicht entziehen.
Das Buch bedeutet eine Entdeckung für alle Liebhaber der großen und einmaligen Werke der Literaturgeschichte!

Szilárd Rubin
Kurze Geschichte von der ewigen Liebe
220 Seiten, gebunden
Rowohlt Verlag
ISBN: 978-3871346316

Benjamin Markovits: Manhattan Love Story

Benjamin Markovits: Manhattan Love Story

Manhattan, seine Einwohner und der ganz normaler Alltag.

Ein sonderbares Völkchen rückt da im heutigen New York in den Fokus: Lehrer, Unternehmensberater, ein schwuler Lehrer mit seiner plötzlich aufgetauchten Tochter, Ergebnis der kurzen Begegnung einer Nacht, die Frau und Mutter dieser Tochter und sein Freund Tomas…..

Die Personen bewegen sich im Dunstkreis einer teuren Privatschule.
Amy ist Lehrerin dort und hat zu thanksgiving, einem amerikanischen Erntedankfest, ihre Familie eingeladen. Die Atmosphäre ist gespannt, und alle scheinen das Treffen unterschwellig als peinlich zu empfinden. Man ist verlegen in Gegenwart der anderen. Amy hat einen gut verdienenden Freund, Charles Conway, aber so recht nahe kommen sie sich nicht. Man spürt die Unruhe und Melancholie, die über Freundschaften und Familienbanden liegt, denn Amy weint viel. Sie fühlt sich einsam.

Das erste Kapitel dieses Erzählbandes ist mit „Herbst“ überschrieben. Es folgen der Winter, der Frühling und der Sommer.
Im Winter begegnet man Howard Peasbody, der seinen homosexuellen Alltag mit dem jungen Tomas teilt. Howard wird eines Tages mit einer dicklichen und nicht sehr anziehenden Tochter konfrontiert, die er in einer verwegenen Nacht mit Annie gezeugt hat. Annie hat vergeblich versucht, ihn schon früher auf seine Tochter aufmerksam zu machen. Hin und her gerissen zwischen dem neuen Verhältnis und seinem bisherigen Leben, scheint alles in die Brüche zu gehen.

In einer Aneinanderreihung von Geschichten aus dem Alltag sich wenig berührender Protagonisten gilt es, einzelne Ausschnitte zu betrachten. Fast jeder ist in seinen Verhaltensnormen, in den Wünschen und Erwartungen erstarrt. Frühe Prägungen haben die Weichen vorherbestimmt, in denen die einzelnen Protagonisten ihren Weg machen. Auf unterschiedliche Weise sind alle auf der Suche nach dem Glück, nach Erfolg und Anerkennung. Vom Glück beseelt ist jedoch keine der Figuren.
Erwartungen zerschellen an der äußeren Realität, und schlecht und recht sieht jeder zu, wo er bleibt. Der schöne Goethespruch fällt einem dazu ein“ Eines schickt sich nicht für alle! Sehe jeder, wie er’s treibe, sehe jeder, wo er bleibe, und wer steht, dass er nicht falle!“ So ist das Leben, und so beschreibt es Markovits: Höhepunkte sind nicht die Regel, sondern das gewöhnliche Allerlei bestimmt die Tage und die Nächte. Fluchtversuche enden zumeist in der Wiederholung des schon einmal gelebten Lebens, und so lebt jeder sein Leben ab.

Es ist eine melancholisch gefärbte Geschichte, die mit psychologischer Tiefenschärfe die kleinen und großen Miseren des Alltags beschreibt. Die Gesellschaftsstudie ist reflektierend und beobachtend. Auf einen Spannungsbogen, der die einzelnen Schicksale zusammenführt, wartet man vergeblich.

Benjamin Markovits
Manhatten Love Story
276 Seiten, gebunden
Insel Verlag
ISBN:  978-3458174288

Viktor Lodato: Mathilda Savitch

Viktor Lodato: Mathilda Savitch

Leben zwischen Wahn und Wirklichkeit.

Für eine Halbwüchsige ist das Leben voller Geheimnisse und verborgener Genüsse. Mit vagen Erwartungen und stiller Neugierde beäugt man die Erwachsenen, deren Handeln man nicht immer begreift. Mathilda Savitch ist ein eigenwilliges, leicht widerborstiges und mit wachem Verstand ausgestattetes junges Mädchen. Sie ist fünfzehn Jahre alt, frech und aufmüpfig und hat eine empfindsame Beobachtungsgabe.

Monoton und witzig plaudert sie vor sich hin, und man erfährt so allerlei aus ihrem jungen Leben. So hört man, dass die Schwester Helene tot ist, und die Eltern seither sprachlos und stumm sind. Geheimnisumwittert bleibt der frühe Tod der Schwester, die eines Morgens vor einen Zug gestoßen wurde. Aus dem Schatten der naiv neugierig parlierenden Göre tritt ganz allmählich eine Familie in den Fokus, in der nicht alles so einfach, problemlos und taufrisch ist, wie es aussieht.

Victor Lodato hat seine einmalig sensible Erzählung mit vielen feinen Psychodetails ausgestattet!
Der Ton seiner Protagonistin Mathilda ist verwundert, fragend und naiv auf eine Weise, die anziehend und bestrickend ist. Düstere Wolken ziehen am Himmel auf, je tiefer man in die Familiengeschichte eintaucht. Man wähnt sich zuletzt zwischen einer möglichen wahren Geschichte und einem Psychothriller. Leicht verrückt und zuweilen von anrührender Komik bleibt der Autor die ganze Zeit bei der Hauptprotagonistin, aus deren Augen, Sinnen und Trachten man das skurrile und traurige Leben der kleinen Familie betrachtet.

Dass man sich so genau in die Gedanken – und Gefühlswelt einer Fünfzehnjährigen hineinversetzen kann, ist erstaunlich genug. Hinzu kommt die witzige und in skurrile Einfälle verpackte Sozialstudie einer Familie, die durch den unfassbaren Tod einer ums Leben gekommenen Tochter in Schockstarre geraten ist. Nur Mathilda scheint lebendig und neugierig in ihrer ungetrübten Unschuld und begibt sich unscheinbar und unaufdringlich auf die Suche nach dem Täter. Sie geht es ruhig und schlau an. Schon der Schattenriss des jungen Mädchens auf dem Buchumschlag zeigt sie auf der Suche: nicht nur nach einem Mörder, sondern auch nach ihrem eigenen Woher und Wohin. Der preisgekrönte Autor wird mit seinem Debütroman die Bestellerlisten erklettern!

Victor Lodato
Mathilda Savitch
220 Seiten,  gebunden
C.H. Beck
ISBN:  978-3406590740

Mary Hooper: Teuflische Maskerade

Mary Hooper: Teuflische Maskerade

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Das 16. Jahrhundert geht zu Ende. Nach wie vor ist Lucy bei Dr. Dee als Kindermädchen angestellt. Königin Elizabeth I. ist mit ihrem Gefolge nach London aufgebrochen. So plant Dr. Dee seinen Wohnsitz ebenfalls nach London zu verlegen, um ganz in der Nähe der Königin sein zu können. Lucy und die Haushälterin Mistress Midge sollen vorausgehen, um die Unterkunft für die Familie vorzubereiten.

Einen Tag vor der Abreise findet Lucy einen kleinen Jungen im Haus. Sie hat ihn zuvor auf einer Beerdigung im Trauerzug gesehen und er ist ihr nachgelaufen, weil er nicht zurück nach London ins Waisenhaus will. Mistress Midge nimmt sich seiner an. Schließlich könnte der Junge beim Umzug behilflich sein, auch wenn Dr. Dee das natürlich nicht wissen soll.

Das Haus in London ist völlig verwahrlost. Es wird also einige Zeit in Anspruch nehmen, bis es hergerichtet ist. Sehr zur Freunde von Lucy, die die Zeit, bis Anweisungen von Dr. Dee kommen in London gut nutzen will. Ihr Interesse gilt dem Theater, nur ist es für eine Frau nicht schicklich dorthin zu gehen. Lucy verkleidet sich als Bursche und nennt sich Luke. Am Theater fällt der junge Mann auf. Luke wird gebeten Handzettel zu verteilen und für einen fehlenden Schauspieler einzuspringen.

Natürlich hält Lucy die ganze Zeit ihrer Augen offen. Nichts wünscht sie sich mehr als Tomas, den Narren der Königin, zu treffen. Tatsächlich kommt es bald zu einer Begegnung. In seiner Begleitung ist allerdings eine neue Hofdame. Diese kommt Lucy sofort suspekt vor. Liegt es daran, dass die Eifersucht sie packt. Oder hat die Dame etwas auf dem Kerbholz? Lucy wird nicht müde, ihr auf die Schliche zu kommen. Damit leistet sie der Königin wieder einmal einen wertvollen Dienst.

Wer die ersten beiden Bände „Im Haus des Zauberers“ und „In königlichen Auftrag“ gelesen hat, hat es sicher kaum abwarten können, dass dritte Buch endlich lesen zu können. Die Geduld wird belohnt mit einem Buch, das ebenfalls ausgesprochen gut gefällt.
Wieder ändert sich der Schauplatz. Das Buch spielt in London/Whitehall. Lucy schlüpft in die Rolle eines jungen Mannes. Das gefällt auch Tomas gut, der Lucy so als Spionin einsetzen kann. Wie erwartet gerät Lucy in viele atemberaubend gefährliche Situationen. Bald ist sie mitten in einer Intrige verfangen, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint.
Endlich wird es auch zwischen Lucy und Tomas sehr viel spannender. Die Autorin versteht es romantische Situationen sehr einfühlsam und zu Herzen gehend zu beschreiben.
Was ebenfalls beeindruckt, sind die hellseherischen Fähigkeiten, die sich sehr viel weiter entwickelt haben. Lucys Blicke in die Zukunft sind für den Leser sehr interessant, auch wenn sich ihre Bedeutung manchmal erst später erschließt.
Auch dieses Mal gibt es im Nachwort Anmerkungen zum historischen Hintergrund der Geschichte.
Das Buch ist also rundherum gelungen und es liest sich, wie gewohnt sehr angenehm. Es schließt die Trilogie ab.
Auch wenn es ein Jugendbuch ist, für erwachsene Fans historischer Romane ist es auch einen Lesetipp wert.

Rezension von Heike Rau

Mary Hooper
Teuflische Maskerade
Aus dem Englischen von Marlies Ruß und André Mumont
336 Seiten, gebunden
ab 13 Jahren
Bloomsbury Kinderbücher & Jugendbücher
ISBN-10: 3827053757
ISBN-13: 978-3827053756

Diane Meur: Die Lebenden und die Geister

Diane Meur: Die Lebenden und die Geister

Das Herrenhaus auf einem Gut in Galizien, dem kleinen Marktflecken Grynow, ist etwas ganz Besonderes. Es hat Augen und Ohren und kann erzählen, was in seinem Inneren vor sich geht. Zwar hat es ein Herz aus Stein, doch es lebt für seine Bewohner und ist gleichermaßen von ihnen abhängig.

Erzählt wird die Geschichte der Familie Zemka. Josef Zemka ist der Gutsverwalter des Barons von Kotz. Sein gesellschaftlicher Aufstieg nimmt seinen Anfang, als die Tochter des Barons schwanger von ihm wird. Im Sommer 1821 findet die Hochzeit statt, auch wenn die Ungleichheit des Brautpaares als anstößig empfunden wird. Die erste Tochter kommt als angebliche Frühgeburt zur Welt. Dennoch triumphiert Jozef. Zumal Baron und Baronin sich weitere Schmach ersparen und nach Wien zurückkehren.
Jozef arbeitet hart, hält das Gut am Laufen und vergrößert die Zuckerfabrik seines Vaters. 1829, nach dem Tod der Baronin und des Barons, erbt Jozef das Gut. Er steigt vom Verwalter zum Gutsbesitzer auf. Die Ponarskis, Jozef ist ein Nachkomme des Grafen Ponarski, sind zurück.
Doch Hindernisse stellen sich Jozef in den Weg. Seine Frau bekommt nur Töchter. Es ist kein Erbe für sein Lebenswerkes in Sicht. Es bleibt Jozef nur eins. Er muss seine älteste Tochter Maria mit dem Sohn seines Bruders verheiraten. Doch Jeans politisches Engagement läuft ihm zuwider. Gesellschaftliche und politische Umbrüche bestimmen dennoch bald auch das Leben auf dem Gut.

Die Familiensaga umreißt das Schicksal der Familie Jozef Zemkas über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren. Erzählt wird diese Geschichte aus der Sicht des Gutshauses, das die Zeiten überdauert. Das ist natürlich eine erstaunliche Perspektive, zumal das Hause sehr menschliche Züge zeigt und mit seinen Bewohnern mitfühlt. Dennoch ist sein Blick eingeschränkt. Weder hat es seine Augen und Ohren überall, noch kann es seine durch den Standort bestimmten Grenzen überwinden. Genau wie seine Bewohner altert das Haus. Die vielen Jahrzehnte setzen ihm zu.
Die Familiengeschichte ist beeindruckend. Aufstieg und Fall der Familie Zemka werden auf sehr persönliche Art und Weise beschrieben. Die Zeiten wandeln sich. Das erlebt man als Leser hautnah mit. Man ist beeindruckt von den Einblicken, die man erhält. Jozef hat seinen Aufstieg genau geplant. So ganz durchsetzen, kann er seine Vorstellungen jedoch nicht. Die Mitglieder seiner Familie lassen sich nur eingeschränkt manipulieren. Der Leser wird hineingezogen in eine familiäres Drama, das schließlich zum Fall der Familie führt. Die guten Zeiten auf dem Gut gehen zu Ende. Manch einer gibt sich geschlagen, andere geben ihre Hoffnung nicht auf. Große Gefühle kommen zum Tragen. Und auch, wenn das Gutshaus zwischendurch einmal die Augen schließt, da das Alter ihm zu schaffen macht oder die Geister, man wird von den Geschehnissen in den Bann gezogen.

Rezension von Heike Rau

Diane Meur
Die Lebenden und die Geister
Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller
524 Seiten, gebunden
Nagel & Kimche
ISBN: 978-3312004485

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Carola Holland / Angelika Glitz: Am liebsten bin ich Gustav

Carola Holland / Angelika Glitz: Am liebsten bin ich Gustav

Gustav ist ein Hund. Das dachte er jedenfalls bisher. Was ihn nun so irritiert, sind die Kuhflecken in seinem Fell. Tatsächlich verwechselt ihn eine Kuh mit einem Kälbchen namens Rosalie. Ist Gustav etwa gar kein Hund? Der Großmaulfrosch Quaker hat auch nie von Hunden mit Kuhflecken gehört. Dass Gustav keine Milch geben kann, hat nichts zu sagen, er ist nun mal ein Junge. Gustav bleibt also nichts weiter übrig, als sich anzupassen. Jeden Tag trabt er zur Weide und frisst Gräser. Das bekommt ihm allerdings nicht so gut.

Eines Tages trifft Gustav auf einen Wolf. Der spricht ihn an und fragt, ob Gustav mitkommt, um eine Kuh zu reißen. Er hält Gustav für einen Wolf. Schließlich hat Gustav eine feuchte Wolfsnase und Reißzähne. Kühe reißen will Gustav trotzdem nicht. Er möchte auch nicht, dass der Wolf das tut. Gustav droht damit, seinen Freund zu holen. Das lässt den Wolf innehalten, bis er den Großmaulfrosch Quaker sieht.

Bekannt ist die der kleine Hund aus „ELTERN“ und „ELTERN FAMILY“. Für viele Kinder ist Gustav also kein Unbekannter. Im Buch läst sich Gustav auf ein Rollenspiel ein und erlebt damit ein großes Abenteuer. Seine eigene Identität wird auf den Prüfstand gestellt. Dabei lernt Gustav eine Menge über sich selbst und kommt zu einem für Kinder sicher interessanten Schluss. Im Titel wird es schon verraten.
Die Geschichte lässt sich sehr gut vorlesen. Sie ist fantasievoll und wird Kindern gut gefallen. Gustav zeigt sich gewohnt pfiffig und neugierig. Er setzt sich mit sich und seiner Umwelt auseinander. Das spiegelt sich auch in den Bildern wieder. Die großzügigen Zeichnungen sind farbenfroh. Kinder werden das Buch immer wieder gern anschauen.

Rezension von Heike Rau

Carola Holland / Angelika Glitz
Am liebsten bin ich Gustav
32 Seiten, gebunden
Ab 3 Jahren
Ravensburger Buchverlag
ISBN: 978-3473323920
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Mord im Eifel-Express

Mord im Eifel-Express

Ein durch und durch grauer Mann, grau in seiner Seele, grau in seinem Herzen, grau im Aussehen blickt auf sein Leben zurück. Er wartet auf seine Frau, die mit der Bahn vom Einkauf in der Stadt zurückkommen sollte.

Eine Privatdetektivin, die ihrem Job bei der Polizei nicht besonders nachtrauert, der aber ein solcher in der Provinz angeboten wird. Doch gemäß dem Motto „Alles oder nichts“ gibt es neben diesem Angebot den langersehnten ersten Auftrag: ein fremdgehender Ehemann.

Ein musizierender Einbrecher, der im Heim aufgewachsen war und dem sein Onkel dringendst ans Herz legt, einen anderen Menschen aus dem Weg zu räumen.

Eine junge Frau, die vom Besuch ihrer Freundin überrascht wird, auf welche wiederum der Begriff „Banking & Finance“ elektrisierende Wirkung ausübt.

Ein Dozent, dem nicht nur das Kartenlegen seiner Frau auf die Nerven geht, in Gerolstein wohnt, in Köln arbeitet und täglich mit dem Eifel-Express pendelt.

Die Kartenlegerin, die der Privatdetektivin die Unterlagen zum Auftrag übergibt, in welchem diese den Namen des Liebchens ihres Mannes, des Dozenten, herausbekommen soll.

Der Einbrecher wird vom Onkel verstoßen, weil er den Dozenten zwar geärgert, aber noch nicht umgebracht hat.

Der Dozent zahlt mehrere tausend Euro, um der Erpressung ein Ende zu setzen und hofft, die junge Schwarzhaarige, die sich ihm als neue Studentin vorgestellt hat, im Eifel-Express zu treffen.

Die Privatdetektivin ermittelt trotz Jobangebot in Sachen Ehebruch und trifft dabei erneut auf den jungen Einbrecher, der inzwischen weiß, dass sein Onkel vom Dozenten gekauft worden ist und daraufhin einen teuflischen Plan schmiedet.

Der Dozent versucht, bei der jungen Schwarzhaarigen zu landen. Allerdings lässt sie ihn ihre Kälte spüren. Der Eifel-Express wird von einem Pflasterstein getroffen. Der Dozent ist geschockt.

Die Privatdetektivin löst den Auftrag in Sachen Ehebruch, beginnt ihren neuen Job bei der Kripo in Euskirchen und ermittelt in Sachen Steine-Werfer.

Zum Abschluss ist aus vielen Verdächtigen im Eifel-Express der Täter herauszufinden.

So oder so ähnlich ließen sich die einzelnen Kapitel des durchaus amüsanten und spannenden Krimis fortführen. Jedes Kapitel bringt gerade am Anfang des Buches einzelne, scheinbar losgelöste Teilstücke mit immer neuen Figuren und Namen hervor. Erst im sechsten Kapitel wird ein Handlungsstrang eines vorherigen Kapitels wieder aufgenommen. Bis dahin sind etwa hundert Seiten vergangen, während derer sich der Leser in Geduld üben muss. Die Fäden scheinen anfangs weit auseinander zu laufen, Querverbindungen und Zusammenhänge erschließen sich nicht auf Anhieb. Das macht es schwer, dieses Buch über mehrere Tage hinweg zu lesen. Um den Überblick zu behalten, sollte der Leser vielleicht abends mit dem Buch ins Bett gehen und es am nächsten Morgen ausgelesen auf den Nachttisch legen. Die rasanten Aktionen und schnellen Wechsel geben durchaus Anlass dafür, Spannung ist genügend vorhanden.

Das macht es etwas schwierig, dieses Buch in seiner Gesamtheit einzuschätzen. Der Pendel wechselt ständig zwischen Spannung, Interesse und Verwirrung. Die Fäden scheinen selbst dreißig Seiten vor dem Schluss noch nicht zusammenzuführen. Dennoch ist es durchaus lesenswert. Wer also die Gelegenheit hat, ziemlich zeitnah alles am Stück lesen zu können und sich zutraut, dem Verwirrspiel der Kölner Autorin zu folgen, dem ist das Buch zu empfehlen. Gelegenheitsleser, die nur einmal pro Woche zum Buch greifen, sollten diesen Krimi als Herausforderung betrachten.

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Carola Clasen
Mord im Eifel-Express
Roman, 265 Seiten, Taschenbuchausgabe
KBV Verlag
ISBN: 978-3-940077-41-7
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© Detlef Knut, Düsseldorf 2009
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