Ruth Ware: Im dunklen, dunklen Wald

Ruth Ware: Im dunklen, dunklen Wald

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Als Nora, eine junge Krimiautorin, eine Einladung zu einem Junggesellinnenabschied erhält, ist sie überrascht. Sie hat von ihrer einst besten
Freundin Clare, seit einem schicksalhaften Vorfall vor zehn Jahren, absolut nichts gehört. Doch nun ist die Vergangenheit wieder sehr lebendig. Nora beschließt, ihrer Neugier nachzugeben und hinzugehen. Sie möchte wissen, wen Clare heiraten wird, und was die Zeit aus ihr und den anderen gemacht hat. Das Haus im Wald beschert ihr von Anfang an ein ungutes Gefühl, ohne dass sich das an etwas Bestimmtem festmachen lässt. Es ist nicht unbedingt ein guter Ort, um sich wohl zu fühlen und zu feiern. Schon gar nicht für ein ganzes Wochenende. Und tatsächlich läuft bald alles aus dem Ruder.

Die Autorin versteht es gut, ihre Leser zu fesseln und in die Geschichte hineinzuziehen. Die Spannung wird kontinuierlich aufgebaut. Das lässt leider dann ein bisschen nach, weil die Konstruktion der Geschichte etwas wackelt. Vieles ist davon abhängig, dass die Akteure sich nicht so verhalten, wie man es normalerweise erwarten würde. Nur eine Person ergreift, allerdings aus anderen Gründen, die Flucht. Es ist klar, dass einer der Anwesenden die Fäden zieht in dem makaberen Spiel, das nun folgt und bei dem man lange nicht weiß, worum es wirklich geht.

Ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Der Schreibstil der Autorin gefällt. Auch die Handlung ist soweit in Ordnung, wenn man von kleinen Schwächen absieht und nicht alles zu kritisch hinterfragt. Es fällt nicht schwer, immer weiter zu lesen, zumal die Charaktere auch sehr ungewöhnlich sind. Es ist schon interessant, was für Leute am Junggesellinnenabschied teilnehmen und aus welchen Gründen dieser tatsächlich stattfindet. So geht es am Ende auch ziemlich durcheinander zu, bis in einem großen Knall, die Hintergründe offenbart werden.

Rezension von Heike Rau

Ruth Ware
Im dunklen, dunklen Wald
Deutsch von Stefanie Ochel
384 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423261234
ISBN-13: 978-3423261234
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Jonathan Safran Foer: Hier bin ich

Jonathan Safran Foer: Hier bin ich

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Mit einem großen Familienroman tritt der vielfach ausgezeichnete amerikanische Autor J. S. Foer nach langer Pause wieder an die literarische Öffentlichkeit.

Es handelt sich in seinem neuen Roman um eine jüdische Familie, die aus vier Generationen besteht und in Washington D.C. lebt.

Julia und Jacob aus der mittleren Generation sind das Ehepaar, das im Mittelpunkt der Handlung steht. Er ist Schriftsteller und sie Architektin. Sie sind seit 16 Jahren verheiratet und Eltern von drei Söhnen: Sam, Max und Benjy. Diese machen nicht nur Freude, und Julia und Jakob sind sich oft uneins in Fragen der Erziehung.

Von Beginn an stark reflektierend zeigt uns der Autor ein Paar, das die jungen Jahre der Leidenschaft hinter sich gelassen hat.

Natürlich geht es neben anderem auch um Sex und die Veränderung von Sex in der Ehe.

Zwischen Julia und Jacob hat sich mit den Jahren eine gewisse Scheu entwickelt, ihre geheimen Wünsche zu äußern und auszuleben. In Passagen der Rückschau erleben wir die beiden noch neugierig und experimentierfreudig. Doch der Alltag mit Kind und Kegel hat längst die erste Phase der Begegnung und Entdeckung überlagert. Rücksichtnahme auf die Kinder und die Bedürfnisse des anderen haben einen jeden von ihnen in ein Zwangskorsett versetzt.

Gedanken, wie man sich Freiheit und Unabhängigkeit wünscht, sind dem Anfangsstadium der Verliebtheit gewichen.

In meisterhafter Weise handelt J.S.Foer die langsame Entfremdung zwischen den beiden ab. Es ist schwer auszuhalten, wie man sich bemüht, zusammen zu bleiben und sich doch voneinander entfernt.

In langen und endlosen Gesprächen aller Beteiligter quälen sie sich durch ihr Leben. Die Figuren in dem Roman reflektieren und verdrängen zugleich, so dass sich ein tiefer Zwiespalt offenbart: kann man loslassen, und wohin soll das führen?

Heimatlos zu sein ist nicht erstrebenswert. Und doch ist das der tiefere Gehalt der Geschichte: wir alle suchen Zugehörigkeit und müssen diese mit dem Bewusstsein ertragen, dass wir trotz aller Verbundenheit Individuen mit eigenen Gewohnheiten und Wünschen bleiben.

Der Roman umfasst mehr als 600 Seiten. Szenenwechsel erfolgen schnell und unerwartet. Erzählung, Dialoge und unausgesprochene Gedanken wechseln in schnellem Tempo. Die weit verzweigten Familienverbindungen reichen bis nach Israel, in ein Land, dessen Konflikte und Vorgeschichte mit in den Roman einfließen. Traditionen bleiben bestehen, auch wenn man sehr weltlich ausgerichtet lebt. Man feiert die jüdischen Feiertage und bereitet sich auf die Bar Mizwa von Sam, dem ältesten Sohn von Julia und Jacob, vor. Mit dem Fortlauf der Handlung zeigt sich aber die zunehmende Brüchigkeit der Ehe seiner Eltern. Alles läuft auf eine Trennung hinaus.

Der Titel des Romans klingt fast biblisch: Hier bin ich (…und kann nicht anders…) Ja, zu einem langen Leben zu zweit gehört Ausdauer, zuweilen Anstrengung und Durchhaltevermögen. Dazu ist nicht jeder bereit, wenn sich die Wunschvorstellungen von Glück auf Dauer nicht halten lassen.

Autobiographische Erfahrungen haben den Autor J.Safran Foer zum  Entwurf seiner Romanfigur Jacob vermutlich beeinflusst. Er ist wie Jacob Schriftsteller, hat wie dieser Kinder und ist in seiner Ehe gescheitert.

Ein schwieriges, nachdenkliches und anstrengendes Buch mit ausufernder Handlung hat J.Safran Foer geschrieben, das vom Leser Durchhaltevermögen verlangt.

J.S. Foer war mit der ebenfalls herausragenden Schriftstellerin Nicole Krauss („Kommt ein Mann ins Zimmer“) verheiratet und lebt in New York.

Jonathan Safran Foer

Hier bin ich
688 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, November 2016
ISBN-10: 3462048775
ISBN-13: 978-3462048773
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Jay Asher: Dein Leuchten

Jay Asher: Dein Leuchten

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Wie immer zu Weihnachten kommt Sierra mit ihren Eltern für einige Wochen nach Kalifornien. Die Familie hat eine Plantage mit Weihnachtsbäumen, die nun natürlich verkauft werden sollen. In diesem Jahr verliebt sich Sierra unsterblich. Caleb, der öfter bei ihr am Stand von seinem Trinkgeld Bäume kauft, um sie zu verschenken, gefällt ihr sofort.

Doch es gibt Gerüchte über seine Vergangenheit. Er soll einmal gewalttätig gewesen und seine Schwester mit einem Messer angegriffen haben. Sierra bringt diese Tat nicht mit dem sanftmütigen Caleb zusammen. Sie verliebt sich in ihn, obwohl die Familie bald wieder abreisen wird. Sie nimmt sich vor, ihn nicht vorzuverurteilen, bevor sie nicht die ganze Geschichte kennt. Erst dann will sie entscheiden, ob sie dieser Liebe, trotz der begrenzten Zeit, die sie hat, eine Chance geben kann.

Die eigentliche Geschichte wäre sicherlich schnell erzählt. Doch Jay Asher schmückt sie aus. Er lässt die Handlung im Zeitlupentempo laufen. Jede Bewegung und jeden Gedanken zeichnet er auf. Diese Langsamkeit hat eine interessante Wirkung. Sierra gewinnt an Raum. Ich fühle mich ihr als Leser sehr nahe.

Diese Weihnachtsgeschichte geht dennoch nicht besonders tief. Es geht um Liebe, um Vorurteile, um Vertrauen, ums Erwachsenwerden und um die damit verbundene Veränderung. Die Geschichte bezaubert, weil sie sentimental und kitschig im positiven Sinne ist. Und natürlich sehr romantisch und warmherzig. Alles glitzert und funkelt weihnachtlich. Aber auch so etwas braucht man einmal, besonders in der kalten Jahreszeit!

Die Charaktere sind gut gezeichnet. Sie bedienen die gängigen Klischees. Damit kann sich besonders Jugendliche gut identifizieren. Auf diese Altersgruppe ist das Buch abgestimmt. Die Botschaft wird klar definiert. Und damit unterhält das Buch sehr gut.

Rezension von Heike Rau

Jay Asher
Dein Leuchten
320 Seiten, Klappenbroschur
Aus dem Amerikanischen von Karen Gerwig
cbt, München
ISBN-10: 3570164799
ISBN-13: 978-3570164792
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Lars Simon: Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen

Lars Simon: Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen

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Die Geschichte ist anfangs ganz normal. Es geht um Lennart Malmkwist, der in Göteborg lebt und hier seinem Job als Vermögensberater nachgeht. Doch dann plötzlich, als Nachbar Buri Bolmen, der Besitzer eines Zauber- und Scherzartikelladens, auf mysteriöse Weise ums Leben kommt, ändert sich alles. Lennart erbt. Er soll den Laden übernehmen und den Mops des alten Mannes. Nur steht Lennart nicht der Sinn danach. Er will keinen Laden und auch keinen Mops besitzen. Doch als Lennart bei einem beruflichen Vortrag wie ferngesteuert nur sinnloses Zeug quatscht, ist er seinen Job los. So sieht er sich gezwungen, den grotesken Laden und den mehr als seltsamen Mops Bölthorn zu übernehmen. Damit hört der Wahnsinn aber noch längst nicht auf. Es zeigt sich, dass der Mops bei Gewitter reden kann. Und so hält Magie Einzug in Lennarts Leben.

Was haben wir denn da? Die Geschichte ist echt außergewöhnlich und sehr vergnüglich dazu. Das ist doch mal was, wenn ein Buch beim Lesen ein Dauergrinsen auslöst! Gut, es geschieht auch weniger Erfreuliches und teilweise wird es auch wirklich sehr spannend, aber das gehört dazu. Lennard muss herausbekommen, was hier eigentlich läuft, die Magie als etwas Wahrhaftiges annehmen und den Kampf gegen böse Mächte aufnehmen. Er lässt sich auf dieses Abenteuer schließlich ein. Und als Leser folgt man Lennart gern auf diesem Weg.

Sehr witzig wird der Hund dargestellt. Er ist einerseits durch und durch ein Mops, andererseits aber jemand, der verzaubert ist, und gezwungenermaßen in dem Hundekörper steckt. Witzige Szenen sind also vorprogrammiert. Es gibt aber noch mehr interessante Figuren. Dazu gehört zum Beispiel die mütterliche Nachbarin Maria, die sehr gut kochen kann und Lennarts Freund Frederik der sich vorstellen kann, dass Lennart vielleicht doch keinen Therapeuten braucht und ihm deshalb hilft, soweit seine sensationellen Computerkenntnisse reichen.

Alles in allem eine runde Geschichte. Es gilt viele Geheimnisse zu lösen. Leider ist am Ende alles noch rätselhafter als am Anfang. Aber zum Glück wird es eine Fortsetzung geben.

Rezension von Heike Rau

Lars Simon
Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen
432 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423216514
ISBN-13: 978-3423216517
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Sempé : Freundschaften

Sempé : Freundschaften

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Heiterkeit, Humor und Ernst: des Lebens Grundlagen für wahre Freundschaft!

Sempé hat die unübertroffene Gabe, Menschen bis in die tiefsten Schichten ihres inneren Wesens zu erkunden und mit seinen Zeichnungen seine Beobachtungen in Worte und Zeichnungen zu fassen!

Wer hätte gedacht, wie schwierig es ist, den Begriff Freundschaft zu definieren?

Sempé schafft es im Gespräch mit Marc Lecarpentier, dieser Frage nachzugehen!

Freundschaft: das ist eine besondere Form menschlicher Zugehörigkeit, die nicht leicht zu erklären ist. Mit welchen Begriffen könnte man sie umschreiben?

Die beiden Gesprächspartner wälzen verschiedene Charakteristiken hin und her, um die Grundlagen für Freundschaft zu erklären.

Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Respekt, Zuverlässigkeit und Toleranz wichtige Voraussetzungen sind, um wahre Freundschaft zu entwickeln.

Tiere können anhängliche Freunde sein, sowohl Hund und Katze und sogar ein Huhn! Doch kann man sie wirklich mit Freundschaft zwischen Menschen vergleichen? Sind doch die Ausdrucksmöglichkeiten zwischen Tier und Mensch ganz unterschiedlich Natur, um nicht zu sagen: Tiere haben da sehr ihre Grenzen!

Nun, munter geht die Unterhaltung weiter und Sempé zeichnet unverdrossen die Vielfalt menschlicher Begegnungen! Versonnen schaut eine Frau auf ihre Katze, und ernsthaft interessiert betrachtet ein Mann seinen Hund, mit dem er in ein nachdenkliches Gespräch vertieft zu sein scheint.

Nach zahlreichen wunderbaren Gesprächen mit philosophischem und ernstem Hintergrund kommen die Gesprächspartner Sempé und Lecarpentier zu dem Ergebnis, dass uns Freundschaften in vielerlei Verkleidungen begegnen, „Am Ende braucht es einen umgänglichen Charakter und viel freier Zeit, damit man jede Menge Freunde hat“.

Und weiter: “Die Liebe ist wild, Freundschaft zart und empfindlich…. und stillschweigend“.

Weisheiten wie diese: „sind Sie mit Aristoteles einer Meinung, wenn er sagt: ein Freund, der aufhört, ein Freund zu sein, ist nie einer gewesen?“ geben Anlass zum Nachdenken. So finden sich Gedanken, die vielleicht einen jeden von uns zuweilen umtreiben, wenn es um gute Freundschaften geht.

In diesem Wunderbuch an Erkenntnis, in dem man sich mit Humor und Schmunzeln und mit der Vielfalt menschlicher Charaktere und ihrer Ausdrucksmöglichkeiten konfrontiert sieht, darf man sich einmal mehr über den heiteren und so treffenden Zeichner Sempé freuen! Er öffnet uns die Welt, indem er seinen Figuren Flügel verleiht, mit denen sie die Leichtigkeit des Seins mit dem Ernst der Lage verknüpfen und uns Heiterkeit bescheren!

Patrick Süskind ist der kongeniale Übersetzer dieses wunderschönen Kunstbuchs!

Sempé
Freundschaften
152 Seiten, gebunden
Diogenes, Oktober 2016
ISBN-10: 3257021372
ISBN-13: 978-3257021370
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Matthew Kenney und Meredith Baird: Raw Chocolate – Rohkostschokolade vom Feinsten

Matthew Kenney und Meredith Baird: Raw Chocolate – Rohkostschokolade vom Feinsten

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Schokolade selber zu machen, soll ja eine Wissenschaft für sich sein. Seit ich selbst Schokolade mache, weiß ich, dass das nicht so ist. In den meisten Rezeptbüchern wird einfach Kuvertüre verwendet. So wirklich selbst gemacht ist diese Schokolade nicht. Bei dem vorliegenden Buch ist das anders. Hier werden feine Zutaten wie Kakaomasse, Kakaobutter, kaltgepresstes Kokosöl und Zuckeralternativen zu Rohkostschokolade verarbeitet.

Das erste Rezept im Buch ist eine Schokoladenbasis. Diese dunkle Schokolade könnte man, so wie sie ist, essen. Sie wird auch für die Herstellung von Hohlkörpern verwendet. Um Abwechslung zu schaffen, kommen weitere Zutaten dazu.

Das Buch ist in verschiedene Kapitel unterteilt. Es werden sehr viele Geschmacksrichtungen abgedeckt. Mir gefallen Schokolade mit Lavendel und Meersalz, weiße Schokolade mit Vanille, Trüffel mit Matcha, Pralinen mit Pfefferminzcreme, Kokosbällchen, Feigen im Schokoladenmantel, Schokobananen am Stiel und Schokomilch mit Ahornsirup. Es gibt also nicht nur Schokolade, sondern auch andere Süßigkeiten, weiterhin auch Smoothies und vegane Milch-Shakes.

Die Zutaten sind ausgesucht und nicht selten sehr preisintensiv, aber dafür bekommt man auch ganz besondere Superfood-Schokolade. Gesünder als herkömmliche Schokolade ist das auf jeden Fall.

Die Rezeptanleitungen sind gut nachvollziehbar. Schade ist, dass es keine Übersicht mit Begriffserklärungen gibt. Nicht ganz klar ist mir der Unterschied zwischen Kokosnussöl und Kokosnussbutter. Aber ich denke, es ist Kokosnussmus mit Kokosnussbutter gemeint.
Die Gestaltung des Buches gefällt gut. Zu vielen Rezepten gibt es auch ein schönes Foto. Das Buch ist also sehr empfehlenswert für alle, die gesunde Schokolade und kakaohaltige Naschereien selber machen wollen.

Rezension von Heike Rau

Matthew Kenney und Meredith Baird
Raw Chocolate – Rohkostschokolade vom Feinsten
160 Seiten, broschiert
Unimedica Verlag
ISBN-10: 3946566081
ISBN-13: 978-3946566083
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Ian McEwan: Nussschale

Ian McEwan: Nussschale

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Lebensbeginn mit bösen Voraussetzungen.

Auf diese Idee muss einer schon einmal kommen: die Welt aus den Augen eines Embryos im Mutterleib zu betrachten.

Der Titel verweist auf einen Satz aus dem Hamlet von Shakespeare: im Mutterleib mag man sich ja wie in einer Nussschale fühlen! Aber man ist abhängig und schlechten Träumen ausgeliefert. Hamlet nachempfunden soll dann die ganze Geschichte sein!

Die Besonderheit: der unbenannte Icherzähler, eben jenes Kind im Mutterleib, sieht hört und schmeckt alles. Seine Mutter ist mit ihm im neunten Monat schwanger und hat mit dem Bruder des Vaters ein Liebesverhältnis. Der Vater wurde ausquartiert aus dem Haus, das er einst von seinem Großvater geerbt hat. John, der Vater des ungeborenen Kindes, ist erfolgloser Dichter und Schriftsteller, dick, hautkrank und von schwächlichem Charakter. Sein Bruder Claude  ist Bauunternehmer. Er ist langweilig und dem Dichten und Denken eher abhold. Infamer Weise arbeiten die Mutter des ungeborenen Sohnes und sein Onkel an einem Plan, von dem man nur ahnt, dass er Böses beinhaltet.

Nun, das arme Embryonenkind bekommt mit, wie der Mord an seinem Vater ausgebrütet und vollbracht wird! Ein Embryo, das gewitzt und aufgeweckt Kommentare zu allem und jedem geben kann.

McEwan hat sich da eine reichlich skurrile Geschichte ausgedacht.

Das tägliche Einerlei beobachten, die Trunkenheit der Mutter miterleben, den verhassten Onkel bei seinen Avancen zur Mutter zu spüren und eigene Schlüsse aus den Beobachtungen zu ziehen? Das alles ist nicht komisch, sondern eher makaber bis ein wenig künstlich in seinen Ausführungen. Es erschließt sich einem nicht wirklich, was uns McEwan sagen will: dass die Welt böse und verlogen ist? Dass wir hineingeworfen werden und uns nach den Gegebenheiten zu richten haben? In der Nussschale ist es eng. Man kann nur beobachten aber nicht eingreifen. Also sind wir ohnmächtig dem Bösen ausgeliefert?

Zwischen Krimi und Komik ist die Geschichte angesiedelt. Doch sie kann nicht mitreißen, ist eher breit und langatmig. Es kommt keine rechte Spannung oder Freude auf beim Lesen. Und wie wunderbar waren die Romane, die ich zuvor vom selben Autor gelesen habe!

Dieser gehört nicht dazu!

Ian McEwan
Nussschale
288 Seiten, gebunden
Diogenes, Oktober 2016
ISBN-10: 3257069820
ISBN-13: 978-3257069822
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Uwe-Michael Gutzschhahn: Let’s start reading – Englisch für Einsteiger

Uwe-Michael Gutzschhahn: Let’s start reading – Englisch für Einsteiger

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Eine Fremdsprache zu lernen, macht sehr viel Freude, vor allem, wenn sich Erfolge einstellen. Es kann aber auch anstrengend sein. Deshalb bin ich nicht der typische Schüler. Eine zeitlange habe ich Lektionen gelernt, aber irgendwann den Spaß daran verloren. Es gefällt mir besser einfache Hörbücher zu hören, unkomplizierte Filme mit Untertiteln zu sehen oder einfache Fassungen von Romanen zu lesen. „Let’s start reading – Englisch für Einsteiger“ scheint also genau das richtige Buch für mich zu sein.

Sehr gut hat es mir gefallen, die kleinen Gedichte zu lesen. Da die Übersetzung gleich mitgeliefert wird, ist es möglich, viele neue Wörter und Redewendungen zu lernen.
Die Geschichten von Henry Ward Beecher, Ted Hughes oder George W. Peck zu lesen, fand ich schwierig. Ich wäre ohne die Übersetzung nicht klar gekommen. Und hier liegt der Lerneffekt. Benutzt man das Buch tatsächlich zum Lernen und liest die Geschichten mehrmals und schaut sich die Übersetzungen immer wieder an, stellt sich Erfolg ein. Und dass ohne, dass man Vokabellisten lernen oder sich Notizen machen muss.

Sehr viel Spaß haben mir die „Falschen Freunde“ gemacht. In kleinen Konversationen werden Wörter benutzt, die Lernende oft falsch verwenden. Dadurch entstehen dann lustige Dialoge oder es wird etwas komplett aus dem Zusammenhang gerissen. Aber man wird darüber aufgeklärt, welches Wort man stattdessen verwenden muss, um sich korrekt und verständlich auszudrücken.
Ebenfalls lustig sind die Listen mit Wörtern, die man besser nicht wörtlich übersetzen sollte.

Das Buch bietet mit seinen Geschichten, Gedichten, Zungenbrechern und Anagrammen viel Abwechslung. Man kann häppchenweise Lernen. Und das auf eine sehr entspannende Art und Weise. Dennoch ist der Erfolg garantiert. Ich bin wieder ein Stück vorwärts gekommen mit diesem kleinen Büchlein.

Rezension von Heike Rau

Uwe-Michael Gutzschhahn (Hrsgb.)
Let’s start reading – Englisch für Einsteiger
120 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423095326
ISBN-13: 978-3423095327
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Cynthia D’Aprix Sweeney: Das Nest

Cynthia D’Aprix Sweeney: Das Nest

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Der erste Roman von Cynthia D’Aprix Sweeney ist jetzt auf Deutsch herausgekommen.

Es handelt sich um eine Familiengeschichte, mehrere Kinder und eine Mutter, die über einer Erbschaft nach Jahren wieder zusammenfinden. Vier Geschwister: Leo, Jack, Bea und Melody treffen sich, um die Einzelheiten zu besprechen. Es zeigt sich, dass sie alle sehr verschieden sind. Nicht mehr viel verbindet sie mit ihrer Kindheit, in der sie sich wie alle Kinder gestritten, gestört und ihren Werdegang geteilt haben.

Cynthia Sweeney lässt sich auf eine Geschichte ein, in der es nicht immer friedlich zugeht. Erbschaftsstreitigkeiten in Familien sind Legion; auch den Geschwistern geht es da ähnlich. Leo hat das ganze Geld beiseitegeschafft, und die anderen müssen nun sehen, wo sie mit ihren Hoffnungen, Schulden und Wünschen für die Zukunft bleiben. Wie nicht anders zu erwarten, erfahren alle die Wahrheit über den Verbleib des Geldes erst nach und nach.

Das Nest ist die Rücklage gewesen, mit der man gerechnet und auf das man sich verlassen hat. Nun sind alle Hoffnungen dahin!

Auf der Suche nach der Wahrheit entsteht das Bild der Familie in einzelnen Kapiteln. Ein jeder und eine jede haben ihren eigenen Weg gemacht. Das Soziogramm dieser Familie ist wie die aller Familien: jedes Leben gleicht einem Roman. Wie die Autorin das aufzieht, ist lebensnah, unterhaltsam und spannend in ihrer Essenz.

Melody hat Schulden auf ihrem Haus, und sie hat zwei Töchter, denen sie eine Collegeausbildung bieten will. Jack ist Drehbuchautor und kommt nicht zum Erfolg. Er hat Schulden genauso wie seine Schwester Bea, die sich als Schriftstellerin versucht.

Alle hofften mit dem Erbe, das an Melodys vierzigstem Geburtstag ausgezahlt werden sollte, ihren Schwierigkeiten und finanziellen Verpflichtungen ein Ende bereiten zu können!

In langen Zwischenkapiteln erfährt man jeweils, wie die einzelnen zu ihrem heutigen Status gekommen sind.

Da alle inzwischen schon einen guten Teil ihres Lebens hinter sich haben, vollenden sich auch ihre Schicksale in den einzelnen Kapiteln.

Es gab eine Reihe von dazu gekommenen Protagonisten, und es gilt, sich jeder einzelnen Entwicklungsgeschichte zuzuwenden. In der Familie gibt es Homosexualität, Scheidungen, neue Verbindungen und immer wieder den ältesten Sohn Leo, der unlautere Geschäfte getätigt und auf großem Fuße gelebt hat.

Wie wird man als Geschwister damit fertig, dass die Mutter ihrem Lieblingssöhnchen Leo mit der Auszahlung des Erbes den anderen alles vorenthalten hat? Versprechungen Leos auf Rückzahlung an die Geschwister bleiben auf Sand gebaut.

Jack hat aus den Trümmern der Twintowers vom 11.9. einen Schatz geborgen, mit dem er zu Geld kommen möchte. Sein Lebensgefährte Walker verlässt ihn daraufhin.

Am Ende bleibt der Eindruck, dass sich hier zahlreiche Unglücke ereignet haben, die den Existenzkampf der Geschwister in unterschiedlicher Weise belastet haben. Doch wie im richtigen Leben finden sich Lösungen. Man lebt weiter, weil es immer irgendwie weitergeht.

Insgesamt ist der Roman ein wenig weitschweifig und ausladend. Doch man wird sich an gemütlichen Ferientagen damit gut unterhalten können.

Cynthia D’Aprix Sweeney

Das Nest
410 Seiten, gebunden
Klett-Cotta, Oktober 2016
ISBN-10: 3608980008
ISBN-13: 978-3608980004
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Peter Prange: Unsere wunderbaren Jahre

Peter Prange: Unsere wunderbaren Jahre

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Untertitelt als der große Roman der Bundesrepublik Deutschland schickt sich Peter Pranges neuer Roman tatsächlich an, ein Roman von umwerfender Bedeutung zu werden. Es ist ein Roman des geteilten und wiedervereinten Deutschlands. Was eignet sich besser dafür, als die Geschichte ehemals beider deutscher Staaten anhand einer Familie und ihrer Mitglieder zu schildern.

So lernt der Leser zu Beginn die Familie Wolf im Jahre 1948 kurz vor der Währungsreform kennen, Christel und Eduard sowie ihre Töchter Ruth, Ulla und Gundel. Es steine Unternehmerfamilie im sauerländischen Altena (der Heimatstadt des Schriftstellers). Ruth, die älteste Tochter war als Krankenschwester an der Front und hatte ihren Ehemann, einen Bauern aus der Uckermark, von dort mitgebracht. Ihre Eltern sind genauso wenig mit Ruths Ehe glücklich und zufrieden, wie sie es mit ihrem Dickschädel waren, unbedingt dem Ruf des Führers an die Front folgen zu müssen. Ruth wurde vom Vater verstoßen und nimmt nicht am Leben der Familie teil. Ihre jüngeren Schwestern Ulla und Gundel machen gerade ihre ersten Erfahrungen mit jungen Männern. Sie versuchen sich im Leben zu orientieren und ihren Weg zu finden. Ulla möchte unbedingt Medizin in Tübingen studieren. Die vierzig D-Mark, die sie mit der Währungsreform erhält, gibt sie für die Studiengebühren und die Einschreibung an der Universität aus. Doch wie das Leben auch in der Realität den Menschen nicht immer ihre Wünsche erfüllt, so erfahren auch die Figuren dieses Romans ein bewegtes Auf und Ab in ihrem Leben.

Zwar habe ich schon verschiedene Familienromane gelesen, doch keines kam mit dem von ihm erzeugten Eindruck so dicht an Thomas Manns „Buddenbrooks“ heran. In all seinen Dimensionen, Zeitepochen und Familienschicksalen erinnert es mich immer wieder an diesen Klassier, der aus demselben Verlag stammt. Natürlich mit dem wesentlichen Unterschied einer gänzlich anderen Zeitepoche. Insgesamt werden die Generationen der Familie Wolf im Zeitraum 1948 bis 2002 dargestellt. Die Unterteilung in verschiedene Bücher und Teile hilft dabei, die jeweiligen historischen Ereignisse einzuordnen. Das Wachsen der Kinder und Enkel geschieht manchmal in „Riesenschritten“, tut der Handlung aber keinen Abbruch. Wegen der verschiedenen Familienmitglieder bleibt es immer wieder spannend, zu sehen, wie sie sich in all den Jahren weiterentwickeln. Überraschungen sind natürlich gewollt, aber in welche Richtung sich etwas gestalten kann, erzeugt immer wieder ein gewisses Kribbeln beim Lesen. Neben der Familie Wolf spielen weitere Figuren nicht ganz unwichtige Nebenrollen, an denen der Leser ganz starkes Interesse aufbauen kann. Sowohl Alt-Nazi als auch Jung-Kommunist treffen auf der Bühne und beim Schützenfest aufeinander. Um den Spannungbogen gar nicht erst abreißen zu lassen, hat Prange viele Kapitelenden mit kleinen Cliffhangern versehen. der Leser wird gezwungen weiterzulesen, um zu erfahren, wie eine Situation aufgelöst wird.

Peter Prange sagt im Nachwort, dass dies sein persönlichster Roman ist, den er je geschrieben hat. Zwar ist es ein fiktiver Roman, aber es werden reale Begebenheiten aus dem Leben des Schriftstellers bewusst integriert. Und seien es nur die Namen der Nebenfiguren. So spielen sein Vater und er selbst kleine Nebenrollen, wie auch Figuren aus seinem Bestseller „Das Bernstein-Amulett“. Ich habe mich gefreut, wieder von Barbara Reichenbach und Elisabeth Markwitz zu lesen, waren es doch Figuren, die mich in all den Jahren immer wieder zu Büchern von Peter Prange haben greifen lassen.

„Unsere wunderbaren Jahre“ ist ein wunderbarer Roman, welcher mit vielen Einzelschicksalen die Geschichte Deutschlands zur Zeit der Trennung beleuchtet. Zeitlich schließt er beinahe an „Das Bernstein-Amulett“ an und ist weit mehr als ein würdiger Nachfolger des Bestsellers. Dieser Romanstoff wird Filmproduzenten herausfordern, ihn zu verfilmen und mindestens in einem Mehrteiler auf den Fernsehschirm zu bringen.

Die Teilung und die Wiedervereinigung Deutschland anhand einer einzigen Familie zu schildern, ist ein Muss für jeden ehrlich interessierten Leser. Geschichte als spannende Unterhaltung erlebbar zu machen, kann kaum besser gelingen.

Prange, Peter
Unsere wunderbaren Jahre
S. Fischer/ Scherz Verlag, München
ISBN 9783651025035

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016
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