Sempé : Freundschaften

Sempé : Freundschaften

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Heiterkeit, Humor und Ernst: des Lebens Grundlagen für wahre Freundschaft!

Sempé hat die unübertroffene Gabe, Menschen bis in die tiefsten Schichten ihres inneren Wesens zu erkunden und mit seinen Zeichnungen seine Beobachtungen in Worte und Zeichnungen zu fassen!

Wer hätte gedacht, wie schwierig es ist, den Begriff Freundschaft zu definieren?

Sempé schafft es im Gespräch mit Marc Lecarpentier, dieser Frage nachzugehen!

Freundschaft: das ist eine besondere Form menschlicher Zugehörigkeit, die nicht leicht zu erklären ist. Mit welchen Begriffen könnte man sie umschreiben?

Die beiden Gesprächspartner wälzen verschiedene Charakteristiken hin und her, um die Grundlagen für Freundschaft zu erklären.

Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Respekt, Zuverlässigkeit und Toleranz wichtige Voraussetzungen sind, um wahre Freundschaft zu entwickeln.

Tiere können anhängliche Freunde sein, sowohl Hund und Katze und sogar ein Huhn! Doch kann man sie wirklich mit Freundschaft zwischen Menschen vergleichen? Sind doch die Ausdrucksmöglichkeiten zwischen Tier und Mensch ganz unterschiedlich Natur, um nicht zu sagen: Tiere haben da sehr ihre Grenzen!

Nun, munter geht die Unterhaltung weiter und Sempé zeichnet unverdrossen die Vielfalt menschlicher Begegnungen! Versonnen schaut eine Frau auf ihre Katze, und ernsthaft interessiert betrachtet ein Mann seinen Hund, mit dem er in ein nachdenkliches Gespräch vertieft zu sein scheint.

Nach zahlreichen wunderbaren Gesprächen mit philosophischem und ernstem Hintergrund kommen die Gesprächspartner Sempé und Lecarpentier zu dem Ergebnis, dass uns Freundschaften in vielerlei Verkleidungen begegnen, „Am Ende braucht es einen umgänglichen Charakter und viel freier Zeit, damit man jede Menge Freunde hat“.

Und weiter: “Die Liebe ist wild, Freundschaft zart und empfindlich…. und stillschweigend“.

Weisheiten wie diese: „sind Sie mit Aristoteles einer Meinung, wenn er sagt: ein Freund, der aufhört, ein Freund zu sein, ist nie einer gewesen?“ geben Anlass zum Nachdenken. So finden sich Gedanken, die vielleicht einen jeden von uns zuweilen umtreiben, wenn es um gute Freundschaften geht.

In diesem Wunderbuch an Erkenntnis, in dem man sich mit Humor und Schmunzeln und mit der Vielfalt menschlicher Charaktere und ihrer Ausdrucksmöglichkeiten konfrontiert sieht, darf man sich einmal mehr über den heiteren und so treffenden Zeichner Sempé freuen! Er öffnet uns die Welt, indem er seinen Figuren Flügel verleiht, mit denen sie die Leichtigkeit des Seins mit dem Ernst der Lage verknüpfen und uns Heiterkeit bescheren!

Patrick Süskind ist der kongeniale Übersetzer dieses wunderschönen Kunstbuchs!

Sempé
Freundschaften
152 Seiten, gebunden
Diogenes, Oktober 2016
ISBN-10: 3257021372
ISBN-13: 978-3257021370
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Matthew Kenney und Meredith Baird: Raw Chocolate – Rohkostschokolade vom Feinsten

Matthew Kenney und Meredith Baird: Raw Chocolate – Rohkostschokolade vom Feinsten

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Schokolade selber zu machen, soll ja eine Wissenschaft für sich sein. Seit ich selbst Schokolade mache, weiß ich, dass das nicht so ist. In den meisten Rezeptbüchern wird einfach Kuvertüre verwendet. So wirklich selbst gemacht ist diese Schokolade nicht. Bei dem vorliegenden Buch ist das anders. Hier werden feine Zutaten wie Kakaomasse, Kakaobutter, kaltgepresstes Kokosöl und Zuckeralternativen zu Rohkostschokolade verarbeitet.

Das erste Rezept im Buch ist eine Schokoladenbasis. Diese dunkle Schokolade könnte man, so wie sie ist, essen. Sie wird auch für die Herstellung von Hohlkörpern verwendet. Um Abwechslung zu schaffen, kommen weitere Zutaten dazu.

Das Buch ist in verschiedene Kapitel unterteilt. Es werden sehr viele Geschmacksrichtungen abgedeckt. Mir gefallen Schokolade mit Lavendel und Meersalz, weiße Schokolade mit Vanille, Trüffel mit Matcha, Pralinen mit Pfefferminzcreme, Kokosbällchen, Feigen im Schokoladenmantel, Schokobananen am Stiel und Schokomilch mit Ahornsirup. Es gibt also nicht nur Schokolade, sondern auch andere Süßigkeiten, weiterhin auch Smoothies und vegane Milch-Shakes.

Die Zutaten sind ausgesucht und nicht selten sehr preisintensiv, aber dafür bekommt man auch ganz besondere Superfood-Schokolade. Gesünder als herkömmliche Schokolade ist das auf jeden Fall.

Die Rezeptanleitungen sind gut nachvollziehbar. Schade ist, dass es keine Übersicht mit Begriffserklärungen gibt. Nicht ganz klar ist mir der Unterschied zwischen Kokosnussöl und Kokosnussbutter. Aber ich denke, es ist Kokosnussmus mit Kokosnussbutter gemeint.
Die Gestaltung des Buches gefällt gut. Zu vielen Rezepten gibt es auch ein schönes Foto. Das Buch ist also sehr empfehlenswert für alle, die gesunde Schokolade und kakaohaltige Naschereien selber machen wollen.

Rezension von Heike Rau

Matthew Kenney und Meredith Baird
Raw Chocolate – Rohkostschokolade vom Feinsten
160 Seiten, broschiert
Unimedica Verlag
ISBN-10: 3946566081
ISBN-13: 978-3946566083
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Ian McEwan: Nussschale

Ian McEwan: Nussschale

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Lebensbeginn mit bösen Voraussetzungen.

Auf diese Idee muss einer schon einmal kommen: die Welt aus den Augen eines Embryos im Mutterleib zu betrachten.

Der Titel verweist auf einen Satz aus dem Hamlet von Shakespeare: im Mutterleib mag man sich ja wie in einer Nussschale fühlen! Aber man ist abhängig und schlechten Träumen ausgeliefert. Hamlet nachempfunden soll dann die ganze Geschichte sein!

Die Besonderheit: der unbenannte Icherzähler, eben jenes Kind im Mutterleib, sieht hört und schmeckt alles. Seine Mutter ist mit ihm im neunten Monat schwanger und hat mit dem Bruder des Vaters ein Liebesverhältnis. Der Vater wurde ausquartiert aus dem Haus, das er einst von seinem Großvater geerbt hat. John, der Vater des ungeborenen Kindes, ist erfolgloser Dichter und Schriftsteller, dick, hautkrank und von schwächlichem Charakter. Sein Bruder Claude  ist Bauunternehmer. Er ist langweilig und dem Dichten und Denken eher abhold. Infamer Weise arbeiten die Mutter des ungeborenen Sohnes und sein Onkel an einem Plan, von dem man nur ahnt, dass er Böses beinhaltet.

Nun, das arme Embryonenkind bekommt mit, wie der Mord an seinem Vater ausgebrütet und vollbracht wird! Ein Embryo, das gewitzt und aufgeweckt Kommentare zu allem und jedem geben kann.

McEwan hat sich da eine reichlich skurrile Geschichte ausgedacht.

Das tägliche Einerlei beobachten, die Trunkenheit der Mutter miterleben, den verhassten Onkel bei seinen Avancen zur Mutter zu spüren und eigene Schlüsse aus den Beobachtungen zu ziehen? Das alles ist nicht komisch, sondern eher makaber bis ein wenig künstlich in seinen Ausführungen. Es erschließt sich einem nicht wirklich, was uns McEwan sagen will: dass die Welt böse und verlogen ist? Dass wir hineingeworfen werden und uns nach den Gegebenheiten zu richten haben? In der Nussschale ist es eng. Man kann nur beobachten aber nicht eingreifen. Also sind wir ohnmächtig dem Bösen ausgeliefert?

Zwischen Krimi und Komik ist die Geschichte angesiedelt. Doch sie kann nicht mitreißen, ist eher breit und langatmig. Es kommt keine rechte Spannung oder Freude auf beim Lesen. Und wie wunderbar waren die Romane, die ich zuvor vom selben Autor gelesen habe!

Dieser gehört nicht dazu!

Ian McEwan
Nussschale
288 Seiten, gebunden
Diogenes, Oktober 2016
ISBN-10: 3257069820
ISBN-13: 978-3257069822
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Uwe-Michael Gutzschhahn: Let’s start reading – Englisch für Einsteiger

Uwe-Michael Gutzschhahn: Let’s start reading – Englisch für Einsteiger

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Eine Fremdsprache zu lernen, macht sehr viel Freude, vor allem, wenn sich Erfolge einstellen. Es kann aber auch anstrengend sein. Deshalb bin ich nicht der typische Schüler. Eine zeitlange habe ich Lektionen gelernt, aber irgendwann den Spaß daran verloren. Es gefällt mir besser einfache Hörbücher zu hören, unkomplizierte Filme mit Untertiteln zu sehen oder einfache Fassungen von Romanen zu lesen. „Let’s start reading – Englisch für Einsteiger“ scheint also genau das richtige Buch für mich zu sein.

Sehr gut hat es mir gefallen, die kleinen Gedichte zu lesen. Da die Übersetzung gleich mitgeliefert wird, ist es möglich, viele neue Wörter und Redewendungen zu lernen.
Die Geschichten von Henry Ward Beecher, Ted Hughes oder George W. Peck zu lesen, fand ich schwierig. Ich wäre ohne die Übersetzung nicht klar gekommen. Und hier liegt der Lerneffekt. Benutzt man das Buch tatsächlich zum Lernen und liest die Geschichten mehrmals und schaut sich die Übersetzungen immer wieder an, stellt sich Erfolg ein. Und dass ohne, dass man Vokabellisten lernen oder sich Notizen machen muss.

Sehr viel Spaß haben mir die „Falschen Freunde“ gemacht. In kleinen Konversationen werden Wörter benutzt, die Lernende oft falsch verwenden. Dadurch entstehen dann lustige Dialoge oder es wird etwas komplett aus dem Zusammenhang gerissen. Aber man wird darüber aufgeklärt, welches Wort man stattdessen verwenden muss, um sich korrekt und verständlich auszudrücken.
Ebenfalls lustig sind die Listen mit Wörtern, die man besser nicht wörtlich übersetzen sollte.

Das Buch bietet mit seinen Geschichten, Gedichten, Zungenbrechern und Anagrammen viel Abwechslung. Man kann häppchenweise Lernen. Und das auf eine sehr entspannende Art und Weise. Dennoch ist der Erfolg garantiert. Ich bin wieder ein Stück vorwärts gekommen mit diesem kleinen Büchlein.

Rezension von Heike Rau

Uwe-Michael Gutzschhahn (Hrsgb.)
Let’s start reading – Englisch für Einsteiger
120 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423095326
ISBN-13: 978-3423095327
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Cynthia D’Aprix Sweeney: Das Nest

Cynthia D’Aprix Sweeney: Das Nest

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Der erste Roman von Cynthia D’Aprix Sweeney ist jetzt auf Deutsch herausgekommen.

Es handelt sich um eine Familiengeschichte, mehrere Kinder und eine Mutter, die über einer Erbschaft nach Jahren wieder zusammenfinden. Vier Geschwister: Leo, Jack, Bea und Melody treffen sich, um die Einzelheiten zu besprechen. Es zeigt sich, dass sie alle sehr verschieden sind. Nicht mehr viel verbindet sie mit ihrer Kindheit, in der sie sich wie alle Kinder gestritten, gestört und ihren Werdegang geteilt haben.

Cynthia Sweeney lässt sich auf eine Geschichte ein, in der es nicht immer friedlich zugeht. Erbschaftsstreitigkeiten in Familien sind Legion; auch den Geschwistern geht es da ähnlich. Leo hat das ganze Geld beiseitegeschafft, und die anderen müssen nun sehen, wo sie mit ihren Hoffnungen, Schulden und Wünschen für die Zukunft bleiben. Wie nicht anders zu erwarten, erfahren alle die Wahrheit über den Verbleib des Geldes erst nach und nach.

Das Nest ist die Rücklage gewesen, mit der man gerechnet und auf das man sich verlassen hat. Nun sind alle Hoffnungen dahin!

Auf der Suche nach der Wahrheit entsteht das Bild der Familie in einzelnen Kapiteln. Ein jeder und eine jede haben ihren eigenen Weg gemacht. Das Soziogramm dieser Familie ist wie die aller Familien: jedes Leben gleicht einem Roman. Wie die Autorin das aufzieht, ist lebensnah, unterhaltsam und spannend in ihrer Essenz.

Melody hat Schulden auf ihrem Haus, und sie hat zwei Töchter, denen sie eine Collegeausbildung bieten will. Jack ist Drehbuchautor und kommt nicht zum Erfolg. Er hat Schulden genauso wie seine Schwester Bea, die sich als Schriftstellerin versucht.

Alle hofften mit dem Erbe, das an Melodys vierzigstem Geburtstag ausgezahlt werden sollte, ihren Schwierigkeiten und finanziellen Verpflichtungen ein Ende bereiten zu können!

In langen Zwischenkapiteln erfährt man jeweils, wie die einzelnen zu ihrem heutigen Status gekommen sind.

Da alle inzwischen schon einen guten Teil ihres Lebens hinter sich haben, vollenden sich auch ihre Schicksale in den einzelnen Kapiteln.

Es gab eine Reihe von dazu gekommenen Protagonisten, und es gilt, sich jeder einzelnen Entwicklungsgeschichte zuzuwenden. In der Familie gibt es Homosexualität, Scheidungen, neue Verbindungen und immer wieder den ältesten Sohn Leo, der unlautere Geschäfte getätigt und auf großem Fuße gelebt hat.

Wie wird man als Geschwister damit fertig, dass die Mutter ihrem Lieblingssöhnchen Leo mit der Auszahlung des Erbes den anderen alles vorenthalten hat? Versprechungen Leos auf Rückzahlung an die Geschwister bleiben auf Sand gebaut.

Jack hat aus den Trümmern der Twintowers vom 11.9. einen Schatz geborgen, mit dem er zu Geld kommen möchte. Sein Lebensgefährte Walker verlässt ihn daraufhin.

Am Ende bleibt der Eindruck, dass sich hier zahlreiche Unglücke ereignet haben, die den Existenzkampf der Geschwister in unterschiedlicher Weise belastet haben. Doch wie im richtigen Leben finden sich Lösungen. Man lebt weiter, weil es immer irgendwie weitergeht.

Insgesamt ist der Roman ein wenig weitschweifig und ausladend. Doch man wird sich an gemütlichen Ferientagen damit gut unterhalten können.

Cynthia D’Aprix Sweeney

Das Nest
410 Seiten, gebunden
Klett-Cotta, Oktober 2016
ISBN-10: 3608980008
ISBN-13: 978-3608980004
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Peter Prange: Unsere wunderbaren Jahre

Peter Prange: Unsere wunderbaren Jahre

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Untertitelt als der große Roman der Bundesrepublik Deutschland schickt sich Peter Pranges neuer Roman tatsächlich an, ein Roman von umwerfender Bedeutung zu werden. Es ist ein Roman des geteilten und wiedervereinten Deutschlands. Was eignet sich besser dafür, als die Geschichte ehemals beider deutscher Staaten anhand einer Familie und ihrer Mitglieder zu schildern.

So lernt der Leser zu Beginn die Familie Wolf im Jahre 1948 kurz vor der Währungsreform kennen, Christel und Eduard sowie ihre Töchter Ruth, Ulla und Gundel. Es steine Unternehmerfamilie im sauerländischen Altena (der Heimatstadt des Schriftstellers). Ruth, die älteste Tochter war als Krankenschwester an der Front und hatte ihren Ehemann, einen Bauern aus der Uckermark, von dort mitgebracht. Ihre Eltern sind genauso wenig mit Ruths Ehe glücklich und zufrieden, wie sie es mit ihrem Dickschädel waren, unbedingt dem Ruf des Führers an die Front folgen zu müssen. Ruth wurde vom Vater verstoßen und nimmt nicht am Leben der Familie teil. Ihre jüngeren Schwestern Ulla und Gundel machen gerade ihre ersten Erfahrungen mit jungen Männern. Sie versuchen sich im Leben zu orientieren und ihren Weg zu finden. Ulla möchte unbedingt Medizin in Tübingen studieren. Die vierzig D-Mark, die sie mit der Währungsreform erhält, gibt sie für die Studiengebühren und die Einschreibung an der Universität aus. Doch wie das Leben auch in der Realität den Menschen nicht immer ihre Wünsche erfüllt, so erfahren auch die Figuren dieses Romans ein bewegtes Auf und Ab in ihrem Leben.

Zwar habe ich schon verschiedene Familienromane gelesen, doch keines kam mit dem von ihm erzeugten Eindruck so dicht an Thomas Manns „Buddenbrooks“ heran. In all seinen Dimensionen, Zeitepochen und Familienschicksalen erinnert es mich immer wieder an diesen Klassier, der aus demselben Verlag stammt. Natürlich mit dem wesentlichen Unterschied einer gänzlich anderen Zeitepoche. Insgesamt werden die Generationen der Familie Wolf im Zeitraum 1948 bis 2002 dargestellt. Die Unterteilung in verschiedene Bücher und Teile hilft dabei, die jeweiligen historischen Ereignisse einzuordnen. Das Wachsen der Kinder und Enkel geschieht manchmal in „Riesenschritten“, tut der Handlung aber keinen Abbruch. Wegen der verschiedenen Familienmitglieder bleibt es immer wieder spannend, zu sehen, wie sie sich in all den Jahren weiterentwickeln. Überraschungen sind natürlich gewollt, aber in welche Richtung sich etwas gestalten kann, erzeugt immer wieder ein gewisses Kribbeln beim Lesen. Neben der Familie Wolf spielen weitere Figuren nicht ganz unwichtige Nebenrollen, an denen der Leser ganz starkes Interesse aufbauen kann. Sowohl Alt-Nazi als auch Jung-Kommunist treffen auf der Bühne und beim Schützenfest aufeinander. Um den Spannungbogen gar nicht erst abreißen zu lassen, hat Prange viele Kapitelenden mit kleinen Cliffhangern versehen. der Leser wird gezwungen weiterzulesen, um zu erfahren, wie eine Situation aufgelöst wird.

Peter Prange sagt im Nachwort, dass dies sein persönlichster Roman ist, den er je geschrieben hat. Zwar ist es ein fiktiver Roman, aber es werden reale Begebenheiten aus dem Leben des Schriftstellers bewusst integriert. Und seien es nur die Namen der Nebenfiguren. So spielen sein Vater und er selbst kleine Nebenrollen, wie auch Figuren aus seinem Bestseller „Das Bernstein-Amulett“. Ich habe mich gefreut, wieder von Barbara Reichenbach und Elisabeth Markwitz zu lesen, waren es doch Figuren, die mich in all den Jahren immer wieder zu Büchern von Peter Prange haben greifen lassen.

„Unsere wunderbaren Jahre“ ist ein wunderbarer Roman, welcher mit vielen Einzelschicksalen die Geschichte Deutschlands zur Zeit der Trennung beleuchtet. Zeitlich schließt er beinahe an „Das Bernstein-Amulett“ an und ist weit mehr als ein würdiger Nachfolger des Bestsellers. Dieser Romanstoff wird Filmproduzenten herausfordern, ihn zu verfilmen und mindestens in einem Mehrteiler auf den Fernsehschirm zu bringen.

Die Teilung und die Wiedervereinigung Deutschland anhand einer einzigen Familie zu schildern, ist ein Muss für jeden ehrlich interessierten Leser. Geschichte als spannende Unterhaltung erlebbar zu machen, kann kaum besser gelingen.

Prange, Peter
Unsere wunderbaren Jahre
S. Fischer/ Scherz Verlag, München
ISBN 9783651025035

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016
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Dimitri Verhulst: Die Unerwünschten

Dimitri Verhulst: Die Unerwünschten

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Kinderschicksale im Schatten der Gesellschaft.

Was kann es Schlimmeres geben, als ein unerwünschtes Kind zu sein? Liebe, Zärtlichkeit, Geborgenheit und Fürsorge für den Start ins Leben sind die Grundpfeiler für die Bewältigung dessen, was das Leben so bringt. Dimitri hat hier das Gegenteil beschrieben: er zeigt uns die Hölle, die ein Kind durchläuft, wenn es abgeschoben und ungeliebt und im wahrsten Sinne des Wortes „unerwünscht“ ist.

So etwas kann man in dieser hier vorliegenden Weise nur beschreiben, wenn man es selber erlebt hat.

Dimitri Verhulst schöpft aus den Erfahrungen des eigenen Lebens, wenn er uns davon erzählt, wie man sich als ein solches unerwünschtes Kind fühlt. Er lebte in einem Heim mit vielen Kindern, die alle das gleiche Schicksal teilten.

Seine Erzählweise wechselt vom Du zum Ihr, wenn er anschaulich zu machen versucht, wie karg, armselig und bedürftig an Leib und Seele dieses Leben war. Schmucklose Zimmer, karges Essen, pietistische Lebensregeln und ein Mangel an Spiel und Spaß: so sah das Leben für die Heiminsassen aus.

Am Wochenende konnte man Besuch bekommen. Doch es kamen nur wenige Mütter oder entfernte Verwandte, die sich schnell wieder davonmachten, denn wirkliches Interesse war nicht gegeben. Zahlreiche Kinder bekamen nie Besuch.

Die Tatsachen sind schnell aufgezählt: doch wie Verhulst seine Geschichte erzählt, macht ihm so schnell keiner nach. Die Leere und der graue Alltag werden mit sparsamen Worten angedeutet, so dass man sich in die Atmosphäre hineinfühlen kann. Man spürt den Frust und die Sucht der Kinder, sich auf irgendeine Weise selber zu spüren. Das geschieht in nächtlichen Sexorgien, die einzig und alleine dem Zweck dienen, sich auf welche Weise auch immer Zärtlichkeit zuzuführen. Verhulst vermittelt die ganze Trostlosigkeit des Daseins an einem Ort des Verlusts, der mit dem Freitod einer jungen Insassin zu Beginn der Erzählung seinen Anfang nahm.

Man liest seine Erzählung mit leichtem Grauen, weil man gewöhnlich Kinder aus diesen Sphären kaum kennenlernt. Sie sind zerschunden und verwahrlost im Äußeren und Inneren. Wie überlebt man das?

In der zweiten Geschichte erlebt man die Folgen!

Der Autor Dimitri Verhulst hat es ganz offensichtlich geschafft, mit seinem Schreiben die bösen Geister zu bannen und sie zu fixieren. Nur so können ihn die Zerrbilder der damaligen Wirklichkeit, die seine Kinder- und Jugendjahre überschattet haben, verlassen.

Ein trauriges, aufrüttelndes, in weiten Teilen aber auch mit der notwendigen kritischen Distanz erzähltes Stück aus den Tiefen eines frühen Kinderlebens!

Dimitri Verhulst ist in den Niederlanden ein hoch anerkannter Schriftsteller.

Dimitri Verhulst
Die Unterwünschten
144 Seiten, gebunden
Luchterhand Literaturverlag, Oktober 2016
ISBN-10: 3630874797
ISBN-13: 978-3630874791
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Frank Goldammer: Der Angstmann

Frank Goldammer: Der Angstmann

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Der Krimi spielt in den letzten Wochen des 2. Weltkriegs in Dresden. Max Heller ist Kriminalinspektor. Er versucht einen Serienmörder zu fassen, der es auf junge Frauen abgesehen hat und sie auf eine unbeschreiblich brutale Art und Weise umbringt. Er muss sich dabei mit einem Vorgesetzten auseinandersetzen, der kein Interesse daran hat, den Fall zu lösen. Max Heller hält an seiner Arbeit auch dann noch fest, als die Welt um ihn herum unterzugehend scheint und er kein Kriminalinspektor mehr, sondern nur noch privat unterwegs ist. Es scheint sein einziger Halt zu sein in diesen Kriegswirren. Er versucht verbissen, eine gewisse Ordnung für sich und sein Denken aufrecht zu erhalten. Aber vielleicht ist es tatsächlich dieser Tunnelblick, der ihn rettet.

Der Krimi ist unendlich spannend, was den Fall betrifft. Und sicher ist der Fall auch richtig gut konstruiert. Konstruiert und damit fiktiv. Aber mein Blick fällt auch auf die geschichtlichen Hintergründe zur Geschichte, die Situation vor Ort, das Leid der Menschen. Denn das ist nicht fiktiv. Es mag sein, dass Max Heller, der im 1. Weltkrieg Soldat war, sich unverhältnismäßig verhält. Dennoch wirkt der Krimi im Ganzen betrachtet beängstigend realistisch. Die Charaktere sind gut beschrieben, ob sie nun kleine oder große Rollen spielen.

Der Schreibstil des Autors gefällt mir gut. Er ist sehr direkt in seinem Schreiben, überlässt es dem Leser aber, sich eine eigene Meinung zu bilden. Das Rätsel um den Mörder wird lange nicht gelöst. So wird man immer wieder überrascht mit Einzelheiten und neuen Erkenntnissen. Nichts passt wirklich zusammen. Es ist ein schwieriger Fall. Aber so gut der Krimi auch sein mag, das Buch hinterlässt gemischte Gefühle in mir. Es gibt reichlich Stoff zum Nachdenken. Man darf gespannt sein auf den nächsten Kriminalroman um Max Heller.

Rezension von Heike Rau

Frank Goldammer
Der Angstmann
Kriminalroman
336 Seiten, Klappenbroschur
Deutsche Verlagsgesellschaft
ISBN-10: 342326120X
ISBN-13: 978-3423261203
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Colm Tóibín: Nora Webster

Colm Tóibín: Nora Webster

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Colm Tóibín ist ein Autor, der sich in die tieferen Schichten menschlichen Seins hineinversetzen kann, wie er bereits in seinem Roman „Brooklyn“ bewiesen hat.

Mit seiner Hauptfigur Nora Webster hat er ein diffiziles und kritisches Frauenbild zu Ende der sechziger Jahre in Irland in den Fokus genommen. Erster Aufruhr bei kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Nord- und Südirland spielen am Rande der Geschichte mit.

Nora Webster muss sich nach dem plötzlichen und frühen Tod ihres Mannes Maurice Mitte der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in einem Provinznest im Süden Irlands alleine durchschlagen. Sie hat zwei Töchter, die schon aus dem Haus sind, und zwei kleine Söhne, die noch ihrer ganzen Fürsorge bedürfen. Ihr Mann war ein angesehener Lehrer im nahe gelegenen Städtchen Wexford. Beiläufig kommen ihr in Gedanken Erinnerungen an ihn, die von einer sehr glücklichen Ehe zeugen. Er war die Liebe ihres Lebens. Unwiederbringlich und grausam starb er in der Mitte ihres gemeinsamen Lebens. Die Familie erlebt eine einschneidende Wende mit seinem Tod.

In pragmatischem und nüchternem Ton erzählt Colm Tóibín die Geschichte einer Frau, die auf sich gestellt mit allen Folgen der Alleinversorgerin für die Familie leben lernen muss. Immer wieder stellen sich Bekannte oder ihre Schwestern ein, die ihr helfen wollen, doch sie sucht nur die Ruhe, um ihr Leben neu zu ordnen.

Nora musste vor ihrer Ehe im Büro der Firma Gibney arbeiten, obwohl sie das Zeug zu einer akademischen Laufbahn gehabt hätte. Die häuslichen Verhältnisse ließen ein Studium nicht zu.
Nun bietet man ihr erneut eine Stelle in derselben Firma an, da man weiß, dass der frühe Tod ihres Mannes sie mittellos hinterlassen hat.

Erste Gewerkschaftsgründungen führen zur Gegnerschaft zwischen Arbeitgebern- und Nehmern. Nora ist eine aufgeweckte Person und sieht die Zeichen der Zeit und die Notwendigkeit für Veränderungen. Sie schließt sich einer Gewerkschaft an, was ihrem Stand in der Firma, in der sie als tüchtige Bürokraft geschätzt wird, nicht gerade dienlich ist.

21 Jahre war sie mit Maurice verheiratet und konnte sich ihren Hobbies und dem Lesen widmen. Jetzt gehört sie wieder zu den weniger gut Betuchten, die sich hart durchschlagen müssen. Mit klarem Blick und wachen Sinnen orientiert sich Nora und sucht ihren eigenen Weg. Neid, Boshaftigkeit und Kleingeist, von dem sie sich umgeben sieht, machen ihr das Leben schwer.
Sie geht ihren Weg in großer Einsamkeit, denn sie ist klug und durchschaut die kleinen Schwächen der sie umgebenden Menschen mit analysierendem Blick. Wir erleben sie als gerechte und liebevolle Mutter, die ihren Kindern auf Augenhöhe begegnet.

Colm Tóibín zeichnet seine Figur mit viel Empathie und Verständnis.
Nora wird als stolz, klar und weitsichtig beschrieben.
Ferner umreißt er das Milieu einer kleinen Stadt, in der es Klatsch und Tratsch gibt und in der strenge Hierarchien je nach Amt, Würden und dem Wohlstand herrschen. Der Roman gewinnt auf diese Weise den Status einer Sozialstudie.

Colm Tóibín hat das Zeug zu einem Ausnahmeschriftsteller. Seine Romanfigur Nora Webster wird zu den großen Frauen der Weltliteratur wie Madam Bovary oder Effi Briest gerechnet.

Giovanni und Ditte Bandini haben mit ihrer Übersetzung ihren Beitrag geleistet, um dem Roman zu einer der wichtigsten Neuerscheinung des Herbstes 2016 zu verhelfen.

Colm Tóibín

Nora Webster
384 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag, August 2016
ISBN-10: 3446250638
ISBN-13: 978-3446250635
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Landlust Ausmalterminplaner 2017

Landlust Ausmalterminplaner 2017

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Ich mag sie gerne, diese Ausmalbilder für Erwachsene, mit denen man die Zeit auf kreative Art und Weise verbringen kann, egal ob man Talent zum Zeichnen hat oder nicht.
Ein Wochenplaner bringt Struktur in diesen Zeitvertreib. Wir haben hier also einen ganz normalen Kalender in Buchformat DIN-A5. Für jede Woche gibt es eine Doppelseite. Links befindet sich das Kalenderblatt und rechts das Ausmalbild. Es ist genug Platz für Termine und Einträge aller Art. Feiertage sind schon einmal vorgetragen.
In den Innenklappen vorn und hinten befindet sich jeweils ein Jahreskalender für 2017 und 2018. Hinten im Kalender ist ein Jahreskalender nach Monaten. Auf jeweils einer Seite wird also ein Monat abgebildet. Es folgen ein weiterer Jahreskalender für 2018 und eine Übersicht mit den Schulferien für 2017. Am Ende finden sich noch einige leere Blätter für Notizen. Seinen Namen kann man vorn im Buch eintragen. Der Kalender hat also alles, was man braucht.

Alle Seiten sehen schön blass und farblos aus. Ich bekomme direkt Lust, zu den Stiften zu greifen. Vielleicht kann ich ja schon mal die Blumenbilder in den Buchklappen bunt gestalten … Die Motive sind ja immer Geschmackssache. Aber mir gefallen fast alle ausgesprochen gut. In den meisten Bildern spiegeln sich die Jahreszeiten wieder. Im Januar sitzen die Vögel am Futterhäuschen und im Februar blühen die ersten Schneeglöckchen. Im März sind es die Osterglocken, die begeistern. Und im April kann ein Vogelnest im Baum ausgemalt werden. Im Mai blüht dann schon der Löwenzahn und im Juni wird es bunt auf der Terrasse. Im Juli fliegen die Schmetterlinge, im August ist Erntezeit für Kräuter und im September blühen die Sonnenblumen. Im Oktober bis in den November hinein zeigen die Bäume ihre Herbstfärbung und im Dezember fällt der erste Schnee.

Es sind also Naturthemen, die in den Bildern aufgegriffen wurden. Das gefällt ausgesprochen gut. Die Motive zum Ausmalen sind auf Papier bedruckt, das sich mit Buntstiften oder Filzstiften bemalen lässt. Insgesamt gibt es im Jahresverlauf 55 verschieden Motive. Der Ausmalterminplaner ist ein schöner Begleiter für das Jahr.

Rezension von Heike Rau

Landlust Ausmalterminplaner 2017
Mit Ausmalbildern von Birgit Bauer
128 Seiten, Klappenbroschur
LV-Buch
ISBN-10: 3784354599
ISBN-13: 978-3784354590
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