Emanuel Bergmann: Der Trick

Emanuel Bergmann: Der Trick

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Magische Welt der Kindheit…

Zwei ca zehnjährige Jungen mit ihren Familien bilden den Plot einer Geschichte, die den Leser verzaubern könnte.

1934 lebt in Prag Mosche Goldenhirsch. Sein Vater ist Rabbi, seine Mutter kürzlich verstorben. Er fühlt sich verloren in der Welt, als er vom Schlosser, einem vorübergehenden Liebhaber seiner Mutter, in einen Zirkus eingeladen wird. Dort erlebt er seltsame und wunderbare Dinge. Er ist so entzückt, dass er der strengen Zucht seines Vaters zu entfliehen trachtet. Er beginnt, den Honigmann zu folgen, der im Zirkus als Magier auftritt.

2007 in Los Angeles sucht der zehnjährige Max ebenfalls einen Zauberer, den großen und berühmten Zabbatini, um seine Eltern, die sich scheiden lassen wollen, wieder zusammenzubringen.

Beide Jungs sind kleine Juden, die der Magie zuneigen.

Um ihre Suche nach der Wahrheit und dem Glück im Leben dreht sich die Erzählung, in der sie die abenteuerlichsten Erlebnisse haben.

Wir sehen sie im Wechsel zwischen der Vergangenheit und dem Heute. Man kann ihre Reise über Berlin, das Nazireich mit der grausamen Judenverfolgung und dem schrecklichen Krieg weit über die Länder Europas hinweg bis nach Amerika in das Jahr 2007 verfolgen. Hier vollendet sich ein Roman, der reich an Zauber und Grausamkeit über alle Hürden hinweg schließlich zur Liebe führt.

Emanuel Bergmann hat eine zauberhafte Erzählung geschaffen. Das jüdische Milieu in Prag und Amerika prägt das Geschehen, das zu einem fernen Zeitpunkt die Suchenden zusammenführt. Im einen Fall fühlt man sich in alte Zeiten jüdischen Lebens mit ihren Traditionen und dem Glauben zurück versetzt. Dann aber stellt man fest, dass auch in heutiger Zeit Wunder möglich sind, wenn man nur an sie glaubt! Ausgewogen werden Geschichten erzählt, die zwischen Komik, Verzweiflung, Sehnsucht und Glück changieren.

Emanuel Bergmann schreibt für Verlage und verschiedene Filmstudios; er unterrichtet Deutsch, übersetzt Bücher und schreibt nun auch Romane. Dieser ist ihm gut gelungen.

Emanuel Bergmann

Der Trick
400 Seiten, gebunden
Diogenes, Februar
ISBN-10: 3257069553
ISBN-13: 978-3257069556
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Lyndsay Faye: Das Feuer der Freiheit

Lyndsay Faye: Das Feuer der Freiheit

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Ein Brandstifter treibt sein Unwesen in New York. Sein Ziel sind Gebäude, die dem Stadtrat Robert Symmes gehören, der Näherinnen zwingt, für einen Hungerlohn zu arbeiten. So gerät Sally Woods in Verdacht. Sie ist eine ehemalige Arbeiterin, die zum Streik gegen die Arbeitsbedingungen aufgerufen hatte. Sie hat allen Grund, sich zu rächen. Polizist Timothy Wilde sieht natürlich die offensichtlichen Zusammenhänge, aber ihm ist auch sofort klar, dass es zu einfach wäre, Sally Woods festzusetzen. Sein Gefühl sagt ihm, dass viel mehr dahinter stecken muss. Und sein Bruder Valentine gibt ihm recht, auch wenn das bedeutet, sich mit dem Stadtrat anzulegen, der eifrig daran arbeitet, seine Macht auszubauen, und das um jeden Preis.

Das historische New York des Jahres 1848 bildet die Kulisse des Romans. Dass es der letzte Teil der Trilogie ist, mag ich gar nicht hinnehmen. Das Buch ist äußerst spannend geschrieben. Die Szenen sind lebendig, die Atmosphäre aufgeladen. Die Autorin schreibt sehr detailreich und mit Feingefühl. Sie lässt ihren Figuren viel Aufmerksam zukommen. Bei mir hat das Bilder entstehen lassen. Ich war mitten in der Handlung drin. Wobei ich auch zugeben muss, dass beim Lesen erhöhte Aufmerksamkeit erforderlich ist. Die Handlung ist inhaltlich doch sehr anspruchsvoll.
Die Autorin lässt Timothy Wilde aus der Ich-Perspektive erzählen. Er ist ein Mann der sehr überlegt handelt, stets abwägt und Gefühle zulässt. Die Autorin fasst das sehr gut in Worte. Ihr Schreibstil ist einzigartig, sodass sich ein intensives Leseerlebnis einstellt. Der Fall ist interessant. Historische Aspekte spielen hier mit hinein, was sehr gut dargestellt und im Nachwort noch einmal erläutert wird. Es gibt ein Wiedersehen mit alten Bekannten aus den vorangegangenen Bänden, sodass ein Gesamtbild entsteht, das alle drei Bücher erfasst.

Rezension von Heike Rau

Lyndsay Faye
Das Feuer der Freiheit
528 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423260866
ISBN-13: 978-3423260862
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Dem Horizont so nah (Buchvorstellung)

Dem Horizont so nah (Buchvorstellung)

Im Rahmen des FeuerWerke Verlags erscheinen ausgewählte Romane aus Leselupe-Kreisen als Taschenbuch und eBook. Den sechsten Roman möchten wir Ihnen hier vorstellen:

Jessica führt das normale Leben eines Teenagers, bis der 20-jährige Danny zufällig ihren Weg kreuzt. Sofort ist sie fasziniert von ihm, denn er besitzt alles, von dem sie träumt: gutes Aussehen, Erfolg, Unabhängigkeit und Geld. Er zieht sie in seinen Bann, mit seinem Selbstbewusstsein, seiner immer guten Laune und seiner hilfsbereiten Art anderen Menschen gegenüber.

Erst allmählich gelingt es Jessica, hinter seine sorgfältig aufgebaute Fassade zu blicken und ihn wirklich kennenzulernen. Abgründe tun sich auf, denn Danny ist von Kindheit an zutiefst traumatisiert. Fernab von Heimat und Familie kämpft er um ein normales Leben.

Trotz aller Schwierigkeiten und gegen jede Vernunft entsteht zwischen Jessica und Danny eine innige Liebe.

Doch es wird nicht einfacher. Nicht nur Dannys Vergangenheit ist düster, auch seine Zukunft ist bereits gezeichnet, denn seine Kindheit hat nicht nur seelische Folgen hinterlassen. In einer oberflächlichen Welt, die nur das Offensichtliche sehen will, beginnt ein Kampf gegen Vorurteile und Ausgrenzung – und ein Wettlauf mit der Zeit …

Titel: “Dem Horizont so nah”
Autor: Jessica Koch
Genre: Drama, Liebesroman
Verlag: FeuerWerke Verlag
Jahr: 2016
ISBN eBook: 978-3-945362-18-1
ISBN Taschenbuch: 978-3-945362-19-8
Leseprobe: PDF
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Friedrich Ani: Der einsame Engel

Friedrich Ani: Der einsame Engel

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Ich muss gleich zu Beginn gestehen, dass dieser Roman ein ganz besonderes Gefühl beim Lesen in mir hervorrief. Ein Gefühl, welches sich nicht bei jedem Buch einstellt, auch wenn es mit der höchsten Punktzahl meinerseits bewertet wird.

Doch worum geht es? Tabor Süden arbeitet als Detektiv in der Detektei bei Edith Liebergesell. Der Detektei geht es finanziell nicht besonders, außerdem müssen alle den Tod eines Kollegen verarbeiten. Die Firma bekommt den Auftrag zur Suche eines verschwundenen Geschäftsmannes. Die Ex-Freundin und Noch-Angestellte des Gemüsehändlers hat sich nach zwölf Tagen aufgerafft und die Detektei beauftragt. Ihren Worten nach war sie zuvor bei der Polizei, doch da der Mann sein eigenes Leben führte, außerdem eine neue Partnerin hatte, war das für die Polizei keine Vermissung. Er könne jederzeit wieder auftauchen. So gelang der Fall an Tabor Süden. Dieser ermittelt akribisch, er befragt zunächst die Auftraggeberin, danach noch weitere Personen. Er hat jedoch immer das Gefühl, nie die Wahrheit zu hören.

Hier zeichnet sich der besondere Stil von Friedrich Ani ab. Er ist ein ausgesprochen guter Beobachter und dringt tief in die Köpfe der Menschen, um ihr Innerstes nach oben zu führen. In ungemein sanfter Weise lässt er auch seinen Ermittler Tabor Süden seine Fragen stellen, Recherchen durchführen und über sich und das Leben nachdenken. Der Fragestil Südens, der mehr auf Feststellungen denn aus Fragen besteht, ist eine ganz besondere Methode. Als Leser wird man dabei dem Gedankengang des Protagonisten folgen können. Krimileser sind häufig darauf bedacht, mit denen Ermittlern „mitzuermitteln“. Dabei versuchen sie meist, mehr zu erfahren, als die Ermittler wissen. Ani hingegen zeigt dem Leser eine (sympathische) Nase. Mit der Fragetechnik Südens wird dem Leser immer wieder aufgezeigt, dass Süden mehr weiß bzw. ahnt, als der Leser zu vermuten vermag. Das erzeugt einen ganz besonderen Reiz, eine ganz besondere Spannung beim Lesen.

Ein anderer Charme bei der Lektüre dieses Romans liegt in der Sinnlichkeit, in der Gemütlichkeit des Geschehens. Es gibt keine überbordende Hektik und Aktion, die die Handlung treibt. Es sind vielmehr die leisen Töne, die Gedanken des Protagonisten, die für den Genuss beim Lesen sorgen. Das schafft bei weitem nicht jeder Roman, eher wird man einen solchen Roman vielleicht alle zwei Jahre in die Hände bekommen. Diese besondere Ruhe, die ich verspürte, erinnerte mich ganz stark an die Romane von Siegfried Lenz.

Man kann es eigentlich nicht in Worte fassen, als abschließend zu sagen: Schön! Ich gebe gerne eine volle Punktzahl für diese Geschichte und bin gespannt auf den weiteren Lebensweg von Tabor Süden.

Ani, Friedrich
Der einsame Engel
Droemer Verlag, München
ISBN 9783426281475

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016
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Natasha Fennell und Roisin Ingle: Club der Töchter

Natasha Fennell und Roisin Ingle: Club der Töchter

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Natasha Fennell schreibt eines Tages aus gegebenem Anlass einen Zeitungsartikel über das Verhältnis zu ihrer Mutter. Die daraufhin ihr zugegangenen Zuschriften von zahlreichen Frauen mittleren Alters inspirierten sie zu einer Umfrage: wie geht es anderen „Töchtern“ mit ihren Müttern?

Eine Gruppe von 9 Frauen finden sich daraufhin zusammen und gründen aus Neugier und Interesse den „Club“ der Töchter. Natasha Fennell und Roisin Ingle haben die aus diesen Treffen hervorgegangenen Berichte zusammengetragen und ein Buch daraus gemacht.

Herausgekommen ist eine Sammlung unterschiedlichster Beispiele dafür, wie sich das Verhältnis zwischen Müttern und Töchtern darstellt. Da gibt es die Anhänglichen und die Zweifelnden, die Liebenden, die Wütenden und die, die von tiefer Abneigung zu ihren Müttern berichten. In jedem Fall zeigen die angeführten Beispiele, dass das Verhältnis zwischen Töchtern und Müttern von vielerlei Bedingungen in der Kindheit geprägt wird. Natürlich! Wie könnte es anders sein!

Mütterliches Leben unterlag allerdings ebenso in seiner Entwicklung äußeren Bedingungen, wie das bei ihren Töchtern der Fall war. Sind diese Mütter glücklich, zufrieden und haben sie sich ihr Leben so vorgestellt, wie es jetzt verläuft?

Es gibt unter den Müttern die Liebevollen, die Entsagungsvollen, die Leidenden, die Hassenswerten und die Teilnehmenden. In jedem Fall scheinen die gegenseitigen Erwartungen zwischen Müttern und Töchtern sehr häufig nicht mit der Realität in Übereinstimmung zu sein. Überraschend ist es, zu sehen, wie viel Mühe und Qualen sich für Töchter (und vielleicht auch für Mütter?) daraus ergeben, Wunsch und Wirklichkeit zusammenzubringen. Zuletzt stellen die Frauen in diesem Bericht stellvertretend für viele andere eine Menge Regeln auf, nach denen sie ihr Verhältnis zu ihren Müttern verbessern wollen. Für den Leser dieser Studie, und als solche kann man das Substrat der Beiträge wohl bezeichnen, ergibt sich die Frage, warum es so schwer ist, zum Frieden mit der Mutter zu finden, und warum es einigen gelingt und anderen wieder nicht.

Sind die Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern letztendlich dank ihrer Genese zutiefst archaisch? Können Nähe und Distanz nie wirklich ausgewogen sein?

Mit dem Thema Mütter und Töchter haben sich Ethnologen, Gesellschaftswissenschaftler und Frauenrechtlerinnen immer wieder beschäftigt. Man denke nur an Elisabeth Badinters Buch „Mutterliebe“ oder Angelika Schrobsdorff mit ihrem Buch über ihre Mutter “Du bist nicht so wie andere Mütter“ und so viele Abhandlungen mehr über das gleiche Thema. Am Ende ist es so wie im richtigen Leben: einige Töchter mögen ihre Mütter und umgekehrt und manche eben nicht.

Dass Schwangerschaft und Geburt per se eine enge Bindung produziert, ist ein Irrtum. Ist das Band der Geburt einmal durchschnitten, entwickeln sich eigenständige Wesen, die im Kern unabhängig werden wollen. Dieser Tatsache ins Auge zu blicken, wie die vielen Beispiele zeigen, ist nicht immer leicht. Wohl denen, denen es gelingt zu gegenseitiger Unabhängigkeit und Zuneigung zu finden. Es bietet die Gewähr für inneren Frieden!

Insofern ist dieses unterhaltsam zu lesende Büchlein mit allem Respekt einer ernsthaften Lektüre wert!

Die Autorinnen Natasha Fennell und Roisin Ingle leben und arbeiten in Irland.

Natasha Fennell/ Roisin Ingle
Club der Töchter
240 Seiten, broschiert
KiWi-Taschenbuch, 10. März 2016
ISBN-10: 3462048732
ISBN-13: 978-3462048735
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Cora Stephan: Ab heute heiße ich Margo

Cora Stephan: Ab heute heiße ich Margo

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Weit ist der Bogen gespannt…

Verpackt in eine Familiengeschichte mit mehreren Hauptfiguren und deren berührender Vergangenheit erzählt Cora Stephan in ihrem neuen Roman noch einmal von der Nazizeit und den wechselnden geschichtlichen Strömungen in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts.

Der Bogen wird weit gespannt: er reicht von der Nazizeit über die Schrecken des Krieges und Kriegsendes bis zu den Verbrechen in der DDR, zum westdeutschen Wirtschaftswunder und zuletzt zum Ende des 20. Jahrhunderts in eine neue Zeit.

Die Ereignisse beginnen in den dreißiger Jahren in Stendal.

Margarete Hegewald, genannt Margo, kommt aus einer einfachen Familie mit einer Schwester, einem tyrannischen Vater und einer verschüchterten Mutter. Sie verlässt die Schule mit ca 17 Jahren und beginnt in einem Fotogeschäft zu arbeiten. Im Fotogeschäft lernt sie die erfahrene und hübsche Helene kennen, eine Fotografin, die schon im spanischen Bürgerkrieg zwischen alle Fronten geraten war. Beide Mädchen verlieben sich in den schlesischen Adligen und Diplomaten Alard von Sedlitz.

Die Jahre schreiten fort und mit ihnen die Auswüchse von Hitlers Macht und Kriegstreiberei. Die Atmosphäre um die Figuren herum erscheint konspirativ. Wer ist auf wessen Seite?

Voller Spannung und im Detail sehr lebensnah steigert Cora Stephan ihre Erzählung. Die äußeren Einflüsse brachten Verhältnisse durcheinander und lösten bei den Figuren mit den verschiedensten Charakteren Irritationen aus. Beziehungen wurden unterminiert, und Freundschaften und Feindschaften verwischten sich. Margo und Helene haben jeweils besondere Rollen in dem vom Ost -Westkonflikt beherrschten Drama; zum einen als Feindinnen und Rivalinnen um die Liebe zu dem charismatischen Alard und darüber hinaus in ihrem politischen Selbstverständnis. Beide erleben den Einmarsch der Russen in Schlesien. Margo überlebt nur knapp und schwer verletzt die Schikanen durch russische Soldaten, Helene flieht und wird nach Kriegsende aktive Mitarbeiterin bei der Stasi in der DDR. Margo wird eine erfolgreiche Geschäftsfrau in Westdeutschland. Dazwischen spielen Liebschaften und Kindergeburten eine dramatische Rolle.

Cora Stephan versteht ihre Erzählung so anzulegen, dass man sowohl einen absolut wirklichkeitsnahen Eindruck bekommt von den Verhältnissen im Zweiten Weltkrieg und Deutschlands Untergang. Darüber hinaus beschreibt sie gekonnt die unterschiedlichen Strömungen in West- und Ostdeutschland nach Kriegsende. Den Familienverstrickungen und Freundschaftsbeziehungen kommt elementare Bedeutung zu. Töchter und Mütter sind uneins, Liebe und Ablehnung finden sich, Vertrauen steht gegen Lüge, Verrat und Betrug führen zu Misstrauen und Feindschaft. Ohne Unterlass folgt ein Erzählstrang dem nächsten und man bleibt bis zur letzten Seite gespannt, wie sich die Verhältnisse auflösen bzw. zurechtrücken werden. Atmosphärisch wird der Roman den beschriebenen Verhältnissen immer gerecht.

Selten liest man einen so spannenden Roman mit unablässiger Aufmerksamkeit, um zu erfahren, wie alles zusammenhängt und welche Schicksalsschläge und Herausforderungen jeder einzelne für sich verkraften muss. Dennoch bleibt der Faden immer erhalten, so dass einen die Lektüre unaufhörlich weitertreibt. Einen so anhaltend spannenden und zugleich in seiner Diktion unterhaltsamen Roman habe ich lange nicht gelesen.

Cora Stephan
Ab heute heiße ich Margo
640 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, März 2016
ISBN-10: 3462048953
ISBN-13: 978-3462048957
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Hans Pleschinski: Ich war glücklich, ob es regnete oder nicht

Hans Pleschinski: Ich war glücklich, ob es regnete oder nicht

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Lebensrückblick in die Zeit der Romantik.

Hans Pleschinski hat sich der Erinnerungen von Else Sohn-Rethel aus den zu ihrer Zeit berühmten Malerfamilien Sohn-Rethel-Grahl angenommen.

Die Künstlerfamilie Sohn lebte ursprünglich in Düsseldorf.

Else Rethel (1853 -1933) entstammte der Familie Rethel und Grahl in Dresden. Alle genannten Familien waren weitverzweigt mit vielfältigen künstlerischen und verwandtschaftlichen Verbindungen, deren Aufzählung zuweilen das Fassungsvermögen des Lesers überschreitet. Es war ein christlich-deutsch-jüdisches Großbürgertum, in dem Else Rethel aufwuchs.

In Dresden bewohnte sie mit ihrer Mutter und den Großeltern eine von dem berühmten Architekten Semper erbaute Villa. Hier verlebte Else nach dem frühen Tod ihres Vaters ihre Kindheit und Jugend umgeben von der liebevollen Fürsorge ihrer Mutter und der Großeltern.

In ihren Erinnerungen werden Namen von Künstlern und Malern genannt, die alle zu ihrer Zeit Bedeutung hatten.

Erwähnt werden die Kriege unter Bismarck 1866 und 1870/71, an die sie sich noch erinnern kann.

Im Großen aber geht es in ihren Erinnerungen um das gesellige Leben der Zeit mit vielen auch immer wieder neuen Begegnungen; es geht um Feste wie Hochzeit, Taufe und Geburt und um häufige Einladungen nach München und Düsseldorf. Die Gärten und Villen der diversen Verwandten und Freunde werden eingehend und liebevoll beschrieben. Else Rethel ist ein fröhliches Kind, das den Umgang in den illustren Kreisen genießt und sich auf den anstehenden Bällen und Lustbarkeiten im Freien mit Freuden ergeht.

Sie heiratet noch sehr jung den Maler Carl Sohn aus Düsseldorf, mit dem sie eine überaus glückliche Ehe führte.

Maßgeblich sind im Buch die Erinnerungen an Künstler unterschiedlicher Stilrichtungen. Man verdiente vorwiegend als Porträtmaler gut, so dass man sich ein angenehmes gut bürgerliches Leben leisten konnte.

Die Industrialisierung mit den damit verbundenen Begleiterscheinungen in der Arbeitswelt brachten politische Veränderungen, die das gesellige Leben zunächst noch nicht berührten. Doch erstarkte nach der Deutschen Staatsgründung 1871 der Antisemitismus, der durch langjährige Assimilation der gebildeten Juden überwunden zu sein schien. Er ließ nichts Gutes für die Zukunft vermuten.

Doch noch befinden wir uns in der Zeit der Belle Époque, in der jüdisch-christliche Familien das öffentliche und private Leben mit gestalteten durch Förderung der Künste, Verwaltung der Banken (Oppenheim) und vielerlei Mäzenatentum.

Die fröhliche und sonnige Else Sohn–Rethel hat auf ganz eigene Weise in ihren Erinnerungen die Gründerjahre und das Leben ihrer Zeit verewigt. Sie beschreibt glücklich und froh ihre vielen Unternehmungen, die geselligen Vergnügungen und allerlei andere Kurzweil. Nebenbei gesagt war sie selbst als Sängerin erfolgreich und gefragt.

Man darf Hans Pleschinski, dem Herausgeber der Erinnerungen, dankbar sein. Er hat Zeitkommentare eingefügt, die zum Verständnis der Aufzeichnungen förderlich sind. Eröffnet die Lektüre doch noch einmal einen erhellenden Blick auf die zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts. Unsere Aufmerksamkeit gilt einer Frau, die schon vor der eigentlichen Frauenemanzipation ein innerlich freies und ungebundenes Leben zu führen verstand.

Zahlreiche Bildtafeln bieten Einblicke in Leben und Werk der Künstler, die in den Erinnerungen von Else Sohn-Rethel eine Rolle spielen.

Das Buch ist für den künstlerisch interessierten Leser eine Quelle der Inspiration.

Hans Pleschinski
Ich war glücklich , ob es regnete oder nicht
56 Seiten, gebunden
H.Beck, Februar 2016
ISBN-10: 340669165X
ISBN-13: 978-3406691652
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Dora Heldt: Böse Leute

Dora Heldt: Böse Leute

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Immer wieder wird in Häuser älterer Frauen eingebrochen. Gestohlen wird gar nicht mal viel. Aber Unordnung wird angerichtet. Keine der alleinstehenden Frauen fühlt sich mehr sich in ihrem Haus. Vielleicht sollte man doch verkaufen! Zumal die Polizei ratlos ist und einfach nicht vorwärts kommt.
Der ehemalige Revierleiter Hauptkommissar Karl Sönnigsen kann da gar nicht zuschauen. Obwohl er nun in Rente ist, bietet er seine Hilfe an … und wird abgewiesen. Sein Nachfolger Peter Runge kann ihn nicht leiden. Dann muss Karl eben auf eigene Faust handeln. Seine Freund Onno und seine Chorschwestern Inge und Charlotte werden mit ins Boot geholt. Es gestaltet sich etwas schwierig, da Onnos Tochter Maren Thiele Polizeiobermeisterin ist, und gerade wieder nach Sylt gekommen ist. Auch sie will nicht über die Einbruchsserie sprechen. So halten die vier Rentner weiter die Augen und Ohren offen und Karl stiftet alle schließlich zu einem sehr abenteuerlichen Schachzug an.

Was für ein Spaß! Der Krimi ist mit sehr viel Humor geschrieben und daher ausgesprochen unterhaltsam. Die alten Leutchen tun sich zusammen, um wieder in Sicherheit leben zu können. Sie können es nicht mit ansehen, wie ein Einbruch nach dem nächsten geschieht. Da erfährt man auch viel vom Privatleben. Es ist lustig zu sehen, wie Onno es einschätzt, in seinem Alter nun wieder ein „Kind“ zuhause zu haben. Dabei ist Maren eine erwachsene Frau, die weiß, was sie will und was sie nicht will. Außer bei den Männern, denn da begegnet ihr einer von dem sie nicht weiß, ob sie ihn will oder nicht. Mit dem sie aber zusammenarbeiten muss. Die Autorin schaut also auf Details und lässt auch so manches Klischee einfließen, das Alter betreffen. Und der Fall selbst ist auch ganz spannend und dem Täter nicht so leicht auf die Spur zu kommen. So erklärt sich, dass die Polizei so lange im Dunkeln tappt.

Rezension von Heike Rau

Dora Heldt
Böse Leute
Kriminalroman
448 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423260874
ISBN-13: 978-3423260879
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Erica Jong: Angst vorm Sterben

Erica Jong: Angst vorm Sterben

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Das Leben lebendig halten bis zuletzt…

Erica Jong hat nicht viele Bücher geschrieben.

Doch in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts machte ihr Buch „Angst vorm Fliegen“ Furore. Sie thematisierte damals die geheimen Phantasien der Frauen und benannte offen deren sexuelle Wünsche.

In ihrem neuen Buch schreibt sie über die Angst vorm Sterben.

Wenn man ein trauriges Buch erwartet, so wird man bald merken, dass sie im Gegenteil witzig, humorvoll und ehrlich über das Alter, die abnehmende Begehrlichkeit und die nachlassende sexuelle Freude berichtet.

Ihre Hauptprotagonistin Vanessa sieht dem Alter nicht gerade erfreut entgegen. Sie ist sechzig, ihr Mann ist zwanzig Jahre älter.

Da kann sie keinen Adonis mehr erwarten!

Ihre Versuche, über das Internet Zugang zu neuen Erlebnissen zu finden, enden kläglich bei einem Sadomasochisten. Schleunigst ergreift sie die Flucht. Das war es nicht, was sie suchte!

Im Ton nüchtern und in der Diktion entwaffnend offen beschreibt Erica Jong in der Gestalt von Vanessa, wie sie sich gegen den körperlichen Abstieg wehrt und doch immer wieder an ihre Grenzen stößt.

Vergangene Ehen, eine liebenswerte Tochter, die auch noch schwanger ist, und ihre Karriere als Schauspielerin bieten tiefe Einblicke mit einem lebhaften Blick auf ihr Leben. Dieses war nicht von Traurigkeit geprägt. Sie wusste den Freuden des Lebens und dem Sex viel abzugewinnen. Natürlich muss auch sie erkennen, dass der Verfall des Alters, wie sie ihn unter Freunden und Eltern erlebt, nicht aufzuhalten ist. Sie versucht für sich das Beste daraus zu machen!

Erica Jong ist eine spontane Erzählerin. Sie bleibt witzig, unterhaltsam und lebensfroh, ohne den Blick auf die Abschiede zu verschleiern.

Mit gelegentlichen ernsten Einwürfen gibt sie den Eindruck wieder, dass Freunde, Kinder und Enkelkinder einen andauernden Bezug zum Leben gewährleisten. Auch bleibt die Neugierde auf das Leben ein steter Antrieb, nicht in ein dunkles Loch zu fallen, aus dem einen etwa nur noch der Tod befreien könnte. Leben bis zuletzt könnte man als Untertitel über dieses Buch setzen.

Erica Jong lebt als freie Schriftstellerin in New York. Woody Allen, Henry Miller und John Updike verehrten sie, wie man dem Klappentext entnehmen kann. Tanja Handels hat ihr Buch mit Gewinn ins Deutsche übersetzt.

Erica Jong
Angst vorm Sterben
368 Seiten, gebunden
FISCHER, Februar 2016
ISBN-10: 3100024850
ISBN-13: 978-3100024855
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Meg Mitchell Moore: Eine fast perfekte Familie

Meg Mitchell Moore: Eine fast perfekte Familie

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!Ist diese Familie wirklich so perfekt?

Nora und ihr Mann Gabe wohnen in einem hübschen Haus mit Blick auf die Golden Gate Bridge. Ihre drei Töchter machen ihnen Freude, und alles scheint bestens, bis man die ersten Sätze im Buch liest.

Sofort wird man in eine Geschichte hineingezogen, die einen mit Hektik und Unrast überfällt. Die Eltern dreier Töchter scheinen in ihrem beruflichen Erfolgsleben keine Grenzen zu kennen. Dieses Erfolgsstreben ist auch den Kindern schon eingeimpft worden.

Nora verkauft Immobilien. Gabe arbeitet in einer Consulting Firma.

Am schlimmsten aber hat es Angela getroffen: sie bereitet sich auf die Aufnahmeprüfung für Harvard vor. Sie ist siebzehn und man spürt, dass sie sich vollkommen mit Terminen und Hausarbeiten übernimmt. Die Mutter ermuntert und fordert in einem fort.

Die beiden kleinen Schwestern fallen da schon fast aus dem Rahmen: Cecily und die kleine Maya sind noch verspielt und froh, wenn auch an ihnen die Hetze des täglichen Lebens nicht spurlos vorübergeht.

Die namentlich gekennzeichneten Kapitelüberschriften bieten Einblicke in die Lebensweise jedes einzelnen Familienmitglieds.

Der Leser wird unweigerlich zum mitfühlenden Zuschauer dieser sich anbahnenden Familientragödie. Es ist eine Familie, die offensichtlich vom Ehrgeiz zerfressen wird. Keiner kann sich dem stressigen und durchorganisierten Familienalltag entziehen, zumal alles gar nicht so glatt läuft, wie es sich die Familienmitglieder jeweils erträumen. In subtilen Ansätzen spürt man allenthalben, dass jeder Tag eine Katastrophe bringen könnte.

Mit ungeheurem Tempo legt die Geschichte zu. Über weite Strecken geht man dem hektischen Alltag der Familie nach, der jedoch irgendwann anfängt, Risse zu bekommen.

MM Moore versteht ihr Handwerk: das anfängliche Glück artet mehr und mehr zur Tragödie aus. Zuerst sind es nur kleine Eifersüchteleien bis es schlussendlich zum großem Eklat kommt:

Lügen und versteckte Täuschungen bringen das ganze Familienglück zum Einsturz. Und doch: alles klingt nur zu menschlich und ist in Teilen sicher niemandem ganz unbekannt.

Hervorragend im Aufbau und fantastisch in der Durchführung hält uns MM Moore auf dem Laufenden und steigert ihre Geschichte zu einem wirklich höchst spannenden Lebensablauf. Sie zeigt uns Menschen, die in ungute Schicksale verstrickt sind, aus denen sie fast nicht entkommen können. Dass es sich lohnt, auch aus dem tiefsten Fall wieder emporzusteigen, ist die tröstliche Seite einer Geschichte, die zuweilen in ihrer desolaten Zuspitzung der Lage recht deprimierend anmutet. Man lese und staune, wie eine Autorin mit klugem Geschick das Leben einer ganzen Familie spiegelt.

Das großartige Meisterwerk liegt in der Übersetzung von Sabine Schwenk in Deutsch jetzt vor und ist sehr empfehlenswert!

Meg Mitchell Moore
Eine fast perfekte Familie
432 Seiten, gebunden
Bloomsbury Berlin, März 2016
ISBN-10: 382701283X
ISBN-13: 978-3827012838
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