Erica Jong: Angst vorm Sterben

Erica Jong: Angst vorm Sterben

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Das Leben lebendig halten bis zuletzt…

Erica Jong hat nicht viele Bücher geschrieben.

Doch in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts machte ihr Buch „Angst vorm Fliegen“ Furore. Sie thematisierte damals die geheimen Phantasien der Frauen und benannte offen deren sexuelle Wünsche.

In ihrem neuen Buch schreibt sie über die Angst vorm Sterben.

Wenn man ein trauriges Buch erwartet, so wird man bald merken, dass sie im Gegenteil witzig, humorvoll und ehrlich über das Alter, die abnehmende Begehrlichkeit und die nachlassende sexuelle Freude berichtet.

Ihre Hauptprotagonistin Vanessa sieht dem Alter nicht gerade erfreut entgegen. Sie ist sechzig, ihr Mann ist zwanzig Jahre älter.

Da kann sie keinen Adonis mehr erwarten!

Ihre Versuche, über das Internet Zugang zu neuen Erlebnissen zu finden, enden kläglich bei einem Sadomasochisten. Schleunigst ergreift sie die Flucht. Das war es nicht, was sie suchte!

Im Ton nüchtern und in der Diktion entwaffnend offen beschreibt Erica Jong in der Gestalt von Vanessa, wie sie sich gegen den körperlichen Abstieg wehrt und doch immer wieder an ihre Grenzen stößt.

Vergangene Ehen, eine liebenswerte Tochter, die auch noch schwanger ist, und ihre Karriere als Schauspielerin bieten tiefe Einblicke mit einem lebhaften Blick auf ihr Leben. Dieses war nicht von Traurigkeit geprägt. Sie wusste den Freuden des Lebens und dem Sex viel abzugewinnen. Natürlich muss auch sie erkennen, dass der Verfall des Alters, wie sie ihn unter Freunden und Eltern erlebt, nicht aufzuhalten ist. Sie versucht für sich das Beste daraus zu machen!

Erica Jong ist eine spontane Erzählerin. Sie bleibt witzig, unterhaltsam und lebensfroh, ohne den Blick auf die Abschiede zu verschleiern.

Mit gelegentlichen ernsten Einwürfen gibt sie den Eindruck wieder, dass Freunde, Kinder und Enkelkinder einen andauernden Bezug zum Leben gewährleisten. Auch bleibt die Neugierde auf das Leben ein steter Antrieb, nicht in ein dunkles Loch zu fallen, aus dem einen etwa nur noch der Tod befreien könnte. Leben bis zuletzt könnte man als Untertitel über dieses Buch setzen.

Erica Jong lebt als freie Schriftstellerin in New York. Woody Allen, Henry Miller und John Updike verehrten sie, wie man dem Klappentext entnehmen kann. Tanja Handels hat ihr Buch mit Gewinn ins Deutsche übersetzt.

Erica Jong
Angst vorm Sterben
368 Seiten, gebunden
FISCHER, Februar 2016
ISBN-10: 3100024850
ISBN-13: 978-3100024855
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Meg Mitchell Moore: Eine fast perfekte Familie

Meg Mitchell Moore: Eine fast perfekte Familie

Dieses Buch direkt bei Amazon bestellen!Ist diese Familie wirklich so perfekt?

Nora und ihr Mann Gabe wohnen in einem hübschen Haus mit Blick auf die Golden Gate Bridge. Ihre drei Töchter machen ihnen Freude, und alles scheint bestens, bis man die ersten Sätze im Buch liest.

Sofort wird man in eine Geschichte hineingezogen, die einen mit Hektik und Unrast überfällt. Die Eltern dreier Töchter scheinen in ihrem beruflichen Erfolgsleben keine Grenzen zu kennen. Dieses Erfolgsstreben ist auch den Kindern schon eingeimpft worden.

Nora verkauft Immobilien. Gabe arbeitet in einer Consulting Firma.

Am schlimmsten aber hat es Angela getroffen: sie bereitet sich auf die Aufnahmeprüfung für Harvard vor. Sie ist siebzehn und man spürt, dass sie sich vollkommen mit Terminen und Hausarbeiten übernimmt. Die Mutter ermuntert und fordert in einem fort.

Die beiden kleinen Schwestern fallen da schon fast aus dem Rahmen: Cecily und die kleine Maya sind noch verspielt und froh, wenn auch an ihnen die Hetze des täglichen Lebens nicht spurlos vorübergeht.

Die namentlich gekennzeichneten Kapitelüberschriften bieten Einblicke in die Lebensweise jedes einzelnen Familienmitglieds.

Der Leser wird unweigerlich zum mitfühlenden Zuschauer dieser sich anbahnenden Familientragödie. Es ist eine Familie, die offensichtlich vom Ehrgeiz zerfressen wird. Keiner kann sich dem stressigen und durchorganisierten Familienalltag entziehen, zumal alles gar nicht so glatt läuft, wie es sich die Familienmitglieder jeweils erträumen. In subtilen Ansätzen spürt man allenthalben, dass jeder Tag eine Katastrophe bringen könnte.

Mit ungeheurem Tempo legt die Geschichte zu. Über weite Strecken geht man dem hektischen Alltag der Familie nach, der jedoch irgendwann anfängt, Risse zu bekommen.

MM Moore versteht ihr Handwerk: das anfängliche Glück artet mehr und mehr zur Tragödie aus. Zuerst sind es nur kleine Eifersüchteleien bis es schlussendlich zum großem Eklat kommt:

Lügen und versteckte Täuschungen bringen das ganze Familienglück zum Einsturz. Und doch: alles klingt nur zu menschlich und ist in Teilen sicher niemandem ganz unbekannt.

Hervorragend im Aufbau und fantastisch in der Durchführung hält uns MM Moore auf dem Laufenden und steigert ihre Geschichte zu einem wirklich höchst spannenden Lebensablauf. Sie zeigt uns Menschen, die in ungute Schicksale verstrickt sind, aus denen sie fast nicht entkommen können. Dass es sich lohnt, auch aus dem tiefsten Fall wieder emporzusteigen, ist die tröstliche Seite einer Geschichte, die zuweilen in ihrer desolaten Zuspitzung der Lage recht deprimierend anmutet. Man lese und staune, wie eine Autorin mit klugem Geschick das Leben einer ganzen Familie spiegelt.

Das großartige Meisterwerk liegt in der Übersetzung von Sabine Schwenk in Deutsch jetzt vor und ist sehr empfehlenswert!

Meg Mitchell Moore
Eine fast perfekte Familie
432 Seiten, gebunden
Bloomsbury Berlin, März 2016
ISBN-10: 382701283X
ISBN-13: 978-3827012838
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Anne Simons: Die Suppen-Apotheke

Anne Simons: Die Suppen-Apotheke

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Kocht noch jemand selber Brühe oder Suppe? Ich denke, meist werden Brühwürfel verwendet oder Tütensuppen. Dabei ist Salz hier die Hauptzutat. Um überhaupt Geschmack in die Brühe hinein zu bekommen, werden Aromen zugesetzt. Einen Gesundheitswert hat das Ganze wohl kaum. Also wenden wir uns besser echten frisch gekochten Suppen aus guten Zutaten zu. Die Autorin hat das in ihrem Buch zum Thema gemacht. Sie ist Gesundheitsexpertin und hat Ahnung von den natürlichen Inhaltsstoffen der Brühen und ihrer Heilwirkung.

Dass eine frische Hühnerbrühe gut tut bei einer Erkältung und eine Reissuppe bei einer Magenverstimmung, kann mancher sicher bestätigen. Aber das ist natürlich nur der Anfang. Die Autorin hat zusammengestellt, was dran ist, an der Heilwirkung von Suppen und ist dabei keineswegs nur einem Mythos nachgejagt. Vielmehr ist sie einer Ernährungstradition, die ein wenig in Vergessenheit geraten ist, auf die Spur gekommen. Nicht nur Suppenpsychologie spielt hier eine Rolle. Es geht um gesunde Ernährung mit Tradition, die zurückreicht bis zu Hildegard von Bingen. Sie merken schon, ich hatte viel Freude an dem Buch und es wird mit Sicherheit nicht irgendwo ganz hinten in meinen Küchenbücherregal landen.

Es werden ganz verschiedene Suppen und Brühen mit Rezept vorgestellt. Der Blick fällt auf die Inhaltsstoffe und dann fallen solche Begriffe wie Hautalterung, Osteoporose, Arthritis, Darmbeschwerden usw. Die Autorin führt das darauf zurück, dass etwas fehlt in unserer Ernährung. Und an diese fehlenden Nährstoffe kann man mit einer guten Kraftbrühe oder einer Gemüsesuppe herankommen. Dabei ist die Vielfalt an Zutaten so groß, dass auch Abwechslung auf den Tisch kommt. Es gibt so viele Gemüsesorten, tolle Gewürze und viele frische Kräuter, die neben der Grundlage, also der Brühe aus Schwein, Rind, Huhn oder Fisch, zur Suppe gehören. Und bei den Sättigungseinlagen gibt es ebenfalls reichlich Auswahl.

Die Autorin lädt ein zum Ausprobieren und das auf eine sehr überzeugende und unterhaltsame Art.

Rezension von Heike Rau

Anne Simons
Die Suppen-Apotheke
Brühen, Fons und Essenzen, die stärken und heilen
208 Seiten, gebunden
Knaur MensSana
ISBN-10: 3426657899
ISBN-13: 978-3426657898
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Elizabeth George: Gott schütze dieses Haus

Elizabeth George: Gott schütze dieses Haus

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In diesem Roman von Elizabeth George, einem Inspektor-Lynley-Roman, geht es um Kindesmissbrauch. Die Spannung wird über Parallelstränge und die Einführung diverser Verdächtiger geführt. Neben dem typischen englischen Ambiente, welches der Leser aus den George-Romanen mitnehmen kann, gibt es aber ein großes zweites Thema, mit dem die Schriftstellerin den Leser fesselt.

Es werden in diesem Roman die beiden Figuren des Inspektor Lynley und seiner Assistentin Barbara Havers besonders beleuchtet. Havers, die in den uniformierten Dienst versetzt worden war, hat gar nicht mehr damit gerechnet, wieder die Laufbahn einer Kriminalbeamtin einschlagen zu können. Lynley hingegen bekommt von seinem Chef Sergeant Barbara Havers als Assistentin zugeteilt. Beide Figuren können nicht unterschiedlicher sein. Auf der einen Seite Havers, die mit ihrem eigenen Leben hadert, eine schwere Kindheit zu bewältigen hat, in den Arbeitervierteln großgeworden ist und nach wie vor nicht gut auf ihre Eltern und besonders ihre Mutter zu sprechen ist. Für Havers ist es eine Bestrafung, mit dem adligen Sir Lord Lynley zusammen zu arbeiten. Der kommt aus der upper class und die upper class ist für sie von ihrem Standpunkt aus der Abschaum der Welt. Havers kann es sich auch nicht vorstellen, dass es jemand aus dem Adel mit einem Normalsterblichen je gut meinen könnte. Doch dann muss sie feststellen, dass Lynley ein ganz anderer Typ von Mensch ist. Das hatte sie nie erwartet. So langsam wird sie einsehen müssen, dass es keinen Sinn ergibt, wenn Sie jeden Satz ihres unmittelbaren Vorgesetzten als Sarkasmus deutet. Linlay ist durchaus in der Lage, einfühlsam zu sein, und die Probleme einfacher Menschen zu verstehen. Und er weiß auch, warum ihm sein Chef die junge Havers zugewiesen hat. Sein Chef hält ihn für den Einzigen, der in der Lage ist, Havers in die richtige Spur zu bringen, damit ihre Ermittlerfähigkeiten dem Scotland Yard voll zugute kommen. Dabei entwickelt Lynley seine ganz besonderen Methoden, mit Barbara Havers umzugehen.

Auf das Zusammenspiel dieser beiden Figuren verwendet die Schriftstellerin sehr viel Raum. Es macht Spaß, deren Entwicklung in ihrer Zusammenarbeit zu verfolgen. Dabei wird die kriminelle Handlung um die Kindesmisshandlungen keinesfalls zur Nebensache, denn Barbara Havers wird dabei an ihre eigenen Kindheit erinnert.

Spannende Kost für Krimifans und Liebhaber Englands.

George, Elizabeth
Gott schütze dieses Haus
Aus dem Amerikanischen von Mechtild Sandberg-Ciletti
Goldmann, München
ISBN 9783442478255

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016
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Thees Uhlmann: Sophie, der Tod und ich

Thees Uhlmann: Sophie, der Tod und ich

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Dieses Buch ist eine unglaubhafte Geschichte, in welcher der Ich-Erzähler eines Tages an der Wohnungstür von einem Mann überrascht wird. Es ist der Tod, gekommen, um ihn zu holen. Denn schließlich sei er jetzt an der Reihe und stehe im Auftragsbuch des Todes. Doch der Ich-Erzähler nötigt dem Tod noch einige Stunden ab, weil er ein letztes Mal seinen Sohn sehen möchte. Den hat ihm seine Ex-Frau mit der Scheidung gerichtlich entzogen. Mit von der Partie auf dieser Reise zum Sohn ist Sophie, Ex-Freundin von „ich“, und später auch dessen Mutter.

Thees Uhlmann als Musiker zu hören ist die eine Seite, seinen Roman zu lesen eine andere. Einzelne Passagen und Dialoge auf dem Roadtrip durchs Leben sind witzig und machen Spaß. Stellenweise kann der Leser lachen. Doch in der Gänze ist die Geschichte, falls es überhaupt eine gibt, zu dünn und unglaubhaft. Allein durch die Figur des Todes driftet sie ab in die Welt der Fanasy und des Science Fiction. Der Rahmen wirkt aufgesetzt auf eine Sammlung von Beobachtungen und Kurzgeschichten, wie sie dem Musiker Thees Uhlmann und seinem Umfeld tasächlich pssiert sein können. Diese Begebenheiten allerdings mit einer konstruierten Handlung zu verknüfen, lassen sie deshalb nicht interessanter werden.

Schade, dass dadurch das Pulver der einzelnen Geschichten verschossen wurde. In einem Buch mit mehreren Erzählungen wären sie besser aufgehoben gewesen und hätten den Lesern mehr Freude bereitet. So aber bleibt nur ein fader Beigeschmack, der manchen Leser kein zweites Mal zu einem Buch von Thees Uhlmann greifen lässt.
Getreu dem Motto: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ oder „In der Kürze liegt die Würze“, greife ich lieber nach einer CD von Thees Uhlmann. Da hat er bewiesen, wie gut er mit kurzen Texten umgehen kann.

Uhlmann, Thees
Sophie, der Tod und ich
Kiepenheuer&Witsch, Köln
ISBN: 9783462047936

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016
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Peter Stamm: Weit über das Land

Peter Stamm: Weit über das Land

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Auf der Suche nach dem wahren Leben…

Was mag in einem Menschen vorgehen, der ohne jeden Anlass, ohne sichtbare Zeichen von seelischer oder körperlicher Krankheit, ohne vorhergehenden Streit oder Unzufriedenheit stillschweigend sein Zuhause verlässt und verschwindet?

So etwas passiert in dem neuen Roman von Peter Stamm.

Ein Familienvater verlässt eines Abends seine Familie. Er saß doch gerade noch im Garten nach der Heimkehr vom Familienurlaub mit Frau und zwei Kindern. Seine Frau ging schon mal ins Haus und räumt ein wenig auf. Dann legt sie sich schlafen. Am Morgen ist ihr Mann nicht da. Zuerst denkt sie sich nichts dabei, doch nach zwei Tagen wird sie unruhig und meldet ihren Mann bei der Polizei als vermisst.

Inzwischen befindet sich Thomas, ihr Mann, auf einem Weg weit weg von seinen Lieben.

Man erfährt keine Motive sondern erlebt nur, wie er die Landschaft und Dörfer ins Nirgendwo durchwandert.

Mit seinen poetischen Landschaftsbeschreibungen und stiller Einkehr lässt uns Peter Stamm an einem Geschehen teilnehmen, das ganz und gar unerklärlich bleibt. Allerdings gesellen sich zu den äußeren Naturbetrachtungen gelegentlich Gedanken unseres Protagonisten, die darauf schließen lassen, dass ihn das tägliche Einerlei des Lebens, die immer gleichen Verrichtungen und das unsinnige unseres Tuns im Allgemeinen nachdenklich gemacht haben.

Er geht seiner Wege und schert sich um nichts.

Peter Stamm umgibt seine Gestalten gerne mit unerklärlichen Geheimnissen. Das tiefste Innere eines Menschen bleibt bei ihm unerkannt. Der Gedanke ist naheliegend, dass es ihm um den Sinn des Lebens geht. Das Nachdenken darüber macht unsicher und ratlos. Da mag der eine oder andere beschließen, sich ein anderes und neues Leben zu suchen. Wie aber ergeht es unserem Helden? Und was bedeutet es für die Familie und die Umwelt, wenn einer auf Nimmerwiedersehen verschwindet?

Peter Stamm geht diesen Fragen in seinem neuen Roman nach. Er tut das wie immer akribisch und mit Details, die man sich normalerweise nicht auszudenken wagt.

Das Fazit: Die Figuren bleiben in ihrer Haltung stoisch und unnahbar. Das Leben geht weiter und ein Ende der Ungewissheit ist nicht in Sicht.

Veränderungen machen Angst und sind häufig nicht zu verstehen.

Das Leben ist rätselhaft und bleibt in den letzten Abgründen unerklärlich. Mit diesem Fazit bleibt der Leser zurück, den Fragen nach dem Sinn und Unsinn des Lebens gelegentlich ebenfalls umtreiben mögen.

Peter Stamm ist ein anerkannter Dichter, der in der Schweiz lebt.

Peter Stamm
Weit über das Land
224 Seiten, gebunden
S. Fischer
ISBN-10: 3100022270
ISBN-13: 978-3100022271
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Nina Blazon: Feuerrot

Nina Blazon: Feuerrot

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Magdalenas Familie lebt in Armut. So ist die junge Frau froh, nun beim Ravensburger Kaufmann Humpis eine Anstellung als Kammermagd zu haben. Bis Lucio, ein italienischer Kaufmannssohn, in die Familie kommt. Selbst verständlich weist sie ihn zurück, auch wenn es ihr schmeichelt, dass sie ihm gefällt. Er hat etwas Gefährliches im Blick, das ihr Angst macht.

Als der gefürchtete Inquisitor Heinrich Kramer in die Stadt kommt und bald einen Prozess gegen zwei Frauen anstrengt, die sich nichts zu Schulden kommen lassen haben, entbrennen bald weitere Verdächtigungen. Keine Frau ist mehr sicher. Dabei spielt Heinrich Kramer ein falsches Spiel. Wie er von Hexen spricht, macht Angst und es weckt Misstrauen unter den Menschen. Kein Wunder also, dass mancher bald nicht mehr weiß, was er glauben soll. Alles, was nicht geheuer ist, wird den Hexen zugeschrieben. Unter Folter und mit falschen Versprechen erpresst der Inquisitor von den Frauen ein Geständnis, dass sie dennoch auf den Scheiterhaufen führen wird. Und lässt sie Namen nennen. Was Zeugen zu sagen haben, nimmt er auf und verfolgt jede Spur. Und so führt jemand den Inquisitor auch zu Magdalena. Es soll nur der Anfang sein.

Es könnte einfach nur um Liebe gehen, wäre nicht Heinrich Kramer nach Ravensburg gekommen. Er facht den Aberglauben an und macht den Menschen Angst. Nina Blazon hat das in ihrer Geschichte auf beeindruckende Weise verarbeitet. Man kann diesen historischen Hintergrund sehr gut nachvollziehen. Diese Unruhe und die aufflammende Angst kommen dem Kaufmannssohn Lucio gerade recht. Die Autorin beschreibt ihn wie eine Spinne, die Runde um Runde webt und ihr Netz immer dichter macht, während der Inquisitor weiter Angst schürt.
Ich war mit jeder neuen Seite gespannt, wie es weiter geht. Und wie lange die Intrigen unentdeckt bleiben. Man wird wirklich gut unterhalten mit diesem Buch, das wunderbar auf die Zielgruppe der Jugendlichen zugeschnitten ist. So gibt es auch ein Nachwort, das sich mit den geschichtlichen Hintergründen beschäftigt.

Rezension von Heike Rau

Nina Blazon
Feuerrot
512 Seiten, gebunden
Ravensburger Buchverlag
ISBN-10: 3473401331
ISBN-13: 978-3473401338
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Sandra Hughes: Fallen

Sandra Hughes: Fallen

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Familientragödie…

Der fünfzehnjährige Luca will nur noch rasch zum Bankomaten, um sich Geld für eine Reise zu ziehen. Doch seine Rückkehr dauert sehr lange. Seine Mutter wird unruhig und zeigt sich besorgt.

In der Folge wird klar, dass dem Jungen etwas zugestoßen sein muß. In langen Sentenzen ergeht sich die Autorin Sandra Hughes im Schmerz einer Mutter. In ihren Fantasien befürchtet sie das Schlimmste.

Intensive Assoziationen und frei flottierende Gedanken um die Abwesenheit des Sohnes lassen den Leser unmittelbar teilnehmen am Innenleben einer schon immer ängstlichen Mutter. Wie oft hat sie in Gedanken Unheil befürchtet! Nun ist es also so weit!

Sandra Hughes ist empathisch berührt in ihren Gefühlen für eine Mutter, die zwischen Zweifel und Hoffen, nach und nach auch Verzweiflung und Wut, hin und her gerissen wird. Sie erfuhr schließlich, dass Luca lange ohne Hilfe auf dem Pflaster vor dem Bankomaten gelegen hat, bevor ihn ein Rettungswagen ins Krankenhaus brachte. Passanten haben ihn nicht wahrgenommen oder eigenen Ängsten Rechnung getragen. Er ist nach einem Hirnschlag schwerstbehindert. Hätte man ihm besser helfen können, wenn er früher in ärztliche Obhut gelangt wäre?

Mit diesen Fragen und gramvollen Gedanken schlägt sich eine Mutter herum, die schon in der langsamen Lösung des Sohnes hin zu mehr Selbständigkeit Schmerz und Ängste empfunden hat.

Nicht der Plot um den Unfall bildet den Kern der Erzählung, sondern die Trennung von Mutter und Sohn. Diese in allen Facetten zu beleuchten und zu reflektieren gelingt der Autorin ausgezeichnet.

„Fallen“ kann man als Metapher dafür verstehen, wie einem das Leben in Sekunden entgleiten kann. Unwiederbringliche Ereignisse, die außerhalb unseres Einflussbereichs passieren, legen das ganze bisherige Leben lahm. Neuorientierung und Umgestaltung aller bisherigen Normen und Formen sind die Folge! Die Summierung von Krankheit und schon zuvor begonnener Trennung wird in allen Schichten erforscht. Herausgekommen ist das Psychogramm einer Frau, die an ihrem Schicksal beinahe zugrunde geht. Leere, Angst und Verzweiflung sind darüber hinaus das Ergebnis einer schon längst angelegten Fehlentwicklung in Ehe und Familie. Sandra Hughes geht der Geschichte mit Akribie und tiefenpsychologischer Kenntnis auf den Grund.

Im Nachsatz erfahren wir, dass die Erzählung einer wahren Begebenheit nachempfunden ist.

Die Schweizer Autorin Sandra Hughes lebt und arbeitet in der Schweiz.

Sandra Hughes
Fallen
160 Seiten, gebunden
Dörlemann, Februar 2016
ISBN-10: 3038200298
ISBN-13: 978-3038200291
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Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit

Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit

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Um es gleich vorweg zu sagen: ich hatte von diesem Autor noch nichts gehört und gelesen. Umso freudiger war meine Überraschung, ihn mit diesem Roman kennenzulernen.

Es handelt sich um die Geschichte dreier Geschwister, die ihre Eltern bei einem Autounfall verloren haben und nun elternlos aufwachsen.

Die Erzählung beginnt schnell, schnörkellos und temporeich und ohne jegliche Sentimentalität. Der Kummer des jüngsten Sohnes Jules über den plötzlichen Verlust der Eltern ist dennoch hautnah nachzuempfinden. Die drei Geschwister wachsen in einem staatlichen Internat nach Jahrgängen getrennt auf. In der Vorgeschichte ist die Familie harmonisch und nett miteinander. Über allem steht eine Mutter, die ein gutes und freundliches Klima geschaffen hat. Die kurzen Urlaube in Frankreich bei der Mutter des Vaters, der Franzose ist, sind malerisch und naturverbunden, die Großmutter aber unbeliebt bei allen Familienmitgliedern. Zurück in München sind sie eine glückliche Familie.

Jules, der Jüngste der drei, ist der Icherzähler, der in langen Passagen das Geschehen bestimmt. Aus seinen Augen betrachtet passieren allerdings ab und zu seltsame Dinge, die er wahrnimmt, ohne sie zu verstehen.

In der Folge des Autounfalls nehmen die Geschwister sehr unterschiedliche Entwicklungen, verlieren sich über lange Zeit ganz aus den Augen, um im fortgeschrittenen Alter nach zahlreichen gelungenen und misslungenen Lebenserfahrungen wieder zusammenzufinden.

Zahlreiche Fragen nach dem Glück werden aufgeworfen. Die Antwort kann nicht anders sein, als sie hier gefunden wird: der Bruder Marty ist erfolgreich, zuverlässig und in seinem Glücksanspruch bescheiden. Zufriedenheit wiegt mehr als das überschäumende Glück. Die Schwester ist exzentrisch und findet nur langsam auf eine ruhige Spur. Jules aber ist der Melancholische, Zögerliche und Ängstliche, der erst nach vielen Umwegen zu sich und seiner großen Liebe findet.

Voller Poesie und malerischen Beschreibungen gerät man ganz in den Sog einer Familiengeschichte, die vielleicht exemplarisch für ähnliche Familienschicksale herhalten könnte.

Benedict Wells weiß seine Geschichte mit unerhörter Spannung zu steigern, so dass keine Minute Leerlauf oder Langeweile aufkommen kann. Reflektiert wird Gegenwart und Vergangenheit herangezogen, um von den Lebenswegen der Geschwister zu berichten. Diese sind voller Liebe, Schmerz und Abschiedskummer, nachdenklich, häufig tragisch und dann wieder von Glücksmomenten durchzogen. Die Phasen von Jugend, Pubertät und Erwachsenwerden unterliegen eigenen Gesetzen, die fürsorglicher Begleitung bedürfen. Hier ist sie nicht gegeben.

Poetisch, weise und klug vermittelt uns der Autor einen Eindruck davon, was Einsamkeit, Trauer und Glück für uns Menschen bedeuten. Die Palette der Erfahrungen ist breit gefächert. Sie bietet eine Ahnung davon, wie das Leben so spielt, welche Anteile wir oder unsere Ahnen an der Entwicklung haben, was vom Schicksal oder dem Zufall mit bestimmt sein könnte, und was unser Werden und Gedeihen prägt.

Alles in Allem ist das ein mitreißender Roman, den man sich nicht entgehen lassen sollte!

Benedict Wells

Vom Ende der Einsamkeit
368 Seiten, gebunden
Diogenes, Februar 2016
ISBN-10: 3257069588
ISBN-13: 978-3257069587
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Rita Falk: Leberkäsjunkie

Rita Falk: Leberkäsjunkie

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Ein Mord in Niederkaltenkirchen! Klar, dass der Eberhofer sich der Sache annimmt und wieder zum Dorfsheriff wird. Die Tote ist eine Brandleiche und die Pension der Mooshammer Liesl nun nicht mehr bewohnbar. Also zieht die Liesl erst mal bei den Eberhofers ein. Der Franz verhaftet, weil er dazu von oberster Stelle verdonnert wird, den Buengo, der eigentlich Fußball spielen soll, weil ohne ihn beim FC Rot-Weiß Niederkaltenkirchen nämlich nichts läuft. Aber was soll’s, er war nun mal zur falschen Zeit am falschen Ort.
Eberhofer hat also alle Hände voll zu tun, den wahren Mörder zu überführen. Aber eine Magen-Darm-Geschichte macht ihm das Leben schwer. Was die Oma veranlasst solche ungenießbaren Sachen wie Brokkoli-Tofu-Eintopf zu kochen.
Dann ist da noch die Susi mit dem gemeinsamen Sprössling, die ebenfalls Zeit beansprucht, die der Eberhofer einfach nicht hat. Wenigstens hilft der Rudi und spielt sich als Polizist auf, obwohl er nur Privatermittler ist.

Es ist eindeutig ein Krimi. Es gibt einen Fall. Allerdings rückt dieser sehr in den Hintergrund. Was nichts macht. Der Franz führ ein interessantes Leben. Da ist ordentlich was los. Sich plötzlich gesund ernähren zu müssen, ist für ein gestandenes Mannsbild echt schwer. Und die Oma wird diesmal richtig gemein. Sie lässt dem Franz absolut nichts durchgehen und hackt auch sonst mit viel Schwung auf ihm rum. Der Ton hat sich sehr verändert. Die liebenswerte Oma ist diesmal echt krass drauf.
Der Eberhofer hat sich also durchzuboxen diesmal. Aber es gelingt ihm dann doch ganz gut. Notfalls setzt er sich mit blöden Sprüchen oder Waffengewalt durch.
Das Buch gefällt. Man wird gut unterhalten. Und der Vollständigkeit halber wird auch der Fall sehr gut aufgelöst.
Es gibt auch diesmal wieder Rezepte von der Oma am Ende des Buches. Aber irgendwie fehlt der Brokkoli-Tofu-Eintopf …

Rezension von Heike Rau

Rita Falk
Leberkäsjunkie
Ein Provinzkrimi
320 Seiten, Klappenbroschur
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423260858
ISBN-13: 978-3423260855
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