Donna Leon: In Sachen Signora Brunetti

Donna Leon: In Sachen Signora Brunetti


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In diesem Jahr hat der Sommer endlich Deutschland erreicht und ich dachte mir, bei diesen sommerlichen Temperaturen, müsste ein Donna- Leon-Roman zum Wetter passen. Und richtig war’s.

Es beginnt mit dem Klingeln des Telefons am frühen Morgen. Brunetti wird nicht zum ersten Mal aus dem Schlaf geholt, wenn es um dienstliche Belange geht. Doch diesmal scheint ihm der Grund des Anrufers aus dem Präsidium etwas übertrieben: Es ist ein Akt von Vandalismus verübt worden. In einem Reisebüro wurden die Scheiben eingeworfen. Doch bevor sich Commissario Brunetti über diese Lappalie von nächtlicher Ruhestörung aufregen kann, muss er feststellen, dass der Täter kein kleiner Ganove ist. Sein Kollege aus dem Präsidium eröffnet ihm, dass es sich um eine Täterin, und zwar Signora Brunetti, handelt. Der Kommissar ist sprachlos. Auch ahnt er noch nicht, dass dies zu einem ausgewachsenen Konflikt mit seiner Frau werden kann. Doch sie hat für sich handfeste Gründe, die im Sextourismus begründet sind, warum sie das Reisebüro attackiert hat. Brunetti denkt im ersten Moment an den Skandal, den seine Frau damit hervorrufen kann und an seine Karriere, die damit wohl bei der Polizei beendet sein wird. Doch dann passiert etwas ganz Unvorhergesehenes: Der Inhaber des Reisebüros wird tot aufgefunden, der Mörder hat einen Bekennerbrief hinterlassen, in dem er sich gegen Pädophilie ausspricht. Für Signora Brunetti wird es eng.

In gewohnter Weise führt die amerikanische Schriftstellerin Donna Leon, die in Italien lebt, die Leser durch ihr Venedig. Neben dem Rätsel, welches es aufzuklären hilft, gestaltet sie die Familiengeschichte von Paula und Guido Brunetti und deren Kinder in geschickter Weise weiter. Der venezianische Kosmos um die Questura spart auch nicht die Konflikte aus, die Brunetti mit seinen Kollegen auszufechten hat, als da wären Scarpa oder sein Chef Vice-Questore Patta. Hilfe bekommt Brunetti von seinem Partner Sergente Vianello und von der liebreizenden Sekretärin des Vice-Questore, Signorina Elettra. Die Welt des Commissarion Brgunetti ist eine in sich abgeschlossene Welt, in denen immer wieder neue Figuren einbrechen und Unruhe stiften.

Donna Leon schafft es hervorragend, eine spannende Unterhaltungslektüre kreiren, die man sehr gerne gelegentlich zum Ausgleich in die Hand nimmt.

Leon, Donna
In Sachen Signora Brunetti
Aus dem Amerikanischen von Monika Elwenspoek
Diogenes Verlag
ISBN 9783257233117

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015

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Jürgen Schäfer: Der Krankheitsermittler – Wie wir Patienten mit mysteriösen Krankheiten helfen

Jürgen Schäfer: Der Krankheitsermittler – Wie wir Patienten mit mysteriösen Krankheiten helfen

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Prof. Jürgen Schäfer arbeitet an der Universitätsklinik Marburg. Hier gibt es das einzigartige „Zentrum für unerkannte Krankheiten“. Menschen, die nicht mehr weiterwissen, oder ohne Erfolg austherapiert sind, kommen zu ihm. Sie sind krank, oft schwer krank und das meist schon lange. Doch die richtige Diagnose konnte nie gestellt werden. Oft werden die Ursachen für diese gesundheitlichen Beschwerden sogar als physisch abgetan. Das Team um Prof. Schäfer sieht allerdings etwas genauer hin. Es besteht aus Krankheitsermittlern, also Spezialisten, die oft mit unerklärlichen Krankheitsbildern konfrontiert werden und nicht müde werden, einer Sache auf den Grund zu gehen.

Interessante Fälle wurden im Buch zusammengefasst. Der Leser erfährt hier genau, wie Ursachenforschung betrieben, genauestens hingehört und untersucht wird. Zusammenhänge müssen erkannt und schließlich eine Diagnose gestellt werden, auf die dann die erfolgversprechende Behandlung erfolgen kann.

Das Buch ist äußerst spannend. Es gibt eine Reihe von seltenen Krankheiten, die dann eben, weil sie so selten sind, nur von darauf spezialisierten Ärzten erkannt werden können. In den einzelnen Fällen wird der Leidensweg der Patienten beschrieben, bis sie dann endlich in das „Zentrum für unerkannte Krankheiten“ kamen. Man kann nachverfolgen wie schwierig die Ursachenfindung für Beschwerden oder sogar auch lebensbedrohliche Krankheiten ist. Die Ärzte werden buchstäblich zu Detektiven, die Puzzleteile zusammensetzten.

Das Buch ist leicht lesbar und gut verständlich. Es wird nicht nur der Fall selbst beschrieben, sondern auch ein Teil der Lebensgeschichte der Patienten. Man wird sensibilisiert für mysteriöse Krankheiten. Krankheiten die den Anschein haben, unheilbar zu sein, und die mit der richtigen Diagnose doch therapiert werden können.

Rezension von Heike Rau

Jürgen Schäfer
Der Krankheitsermittler – Wie wir Patienten mit mysteriösen Krankheiten helfen
256 Seiten, gebunden
Droemer Verlag
ISBN-10: 3426276445
ISBN-13: 978-3426276440
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David Foenkinos: Charlotte

David Foenkinos: Charlotte

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Biographie

Der wunderbare Erzähler David Foenkinos hat sich der Biographie einer ungewöhnlichen Frau genähert. Er ist fasziniert von einer Künstlerin, die durch die Nazis umgebracht wurde und in wunderbaren expressionistischen Bildern die Geschichte ihres Lebens hinterlassen hat. Auf dem Umschlagsbild sieht man das Selbstporträt der Künstlerin: skeptisch, trotzig und abwartend!

Charlotte Salomon, geb. 1917, war Zeichnerin und Malerin und hat ihr besonderes Talent für die Malerei nur kurz feiern können. Sie war Jüdin und musste eine lange Flucht mit Verlusten überstehen, als die Judenverfolgung in Deutschland mit ihren Auswüchsen ihren Anfang nahm.

Doch wie begann das alles?

David Foenkinos berichtet über seine Entdeckung der Malerin und der Suche nach ihren Wurzeln. Er ist begeistert von ihr und verwendet in seinem vorliegenden Roman die Form der klaren Erzählung im Wechsel mit seinen eigenen Forschungen nach ihrem Werdegang. Ohne hier alles vorwegzunehmen, kann man sagen, dass auf ihrer Familie ein schweres Schicksal lastete. Zahlreiche Suizide haben in ungewöhnlicher Weise einzelne Familienmitglieder aus dem Leben gerissen.

Charlotte erfährt erst spät, wie ihre Mutter gestorben ist und besuchte in frühester Kindheit schon das Grab der Schwester ihrer Mutter, die ihren Namen trug. Die Mutter starb 1926 ebenfalls durch Suizid.

Die Künstlerin wirkte wie ein erschrockener Mensch, der sich schon in frühester Kindheit tragischen Familienereignissen ausgesetzt sah, ohne diese zu verstehen. Sie machten sie einsam und ließen sie früh schon zum Zeichenstift greifen.

Der Vater hatte 1930 in zweiter Ehe eine bekannte Konzertsängerin geehelicht, die von Charlotte sehr akzeptiert wurde. Man führte in Berlin Charlottenburg ein großbürgerliches Leben. Bekannte jüdische Künstler, Wissenschaftler und Größen aus Forschung und Lehre verkehrten in dem geselligen Haus.

Nach Hitlers Machtergreifung 1933 wurde das Leben für Juden jedoch ungeheuer schwer. Jeder kennt die Folgen.

Charlotte gelingt dank ihrer außergewöhnlichen Begabung und Befürwortung durch einen Kunstlehrer zunächst noch die Aufnahme in die Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst. Doch auch das Glück dieser Tage endete durch die politischen Ereignisse.

Foenkinos hat eine Gabe, klar und nüchtern und doch ansprechend zu erzählen. Er beschreibt detailgenau, wie er für dieses Sujet zu eben dieser Erzählweise fand. Die knappen und kurzen Sätze ergeben ein ungeschöntes aber wahrheitsgetreues Bild der Künstlerin. Jeder Satz beginnt auf einer neuen Zeile, als solle ihm damit Nachdruck verliehen werden.

Durch die Erzählweise in dieser besonderen Form, in der das Leben von Charlotte Salomon noch einmal heraufbeschworen wird, erfährt man von einer Ausnahmekünstlerin mit ihrer besonderen Ausstrahlung.

Obwohl sie innerlich einsam war, besaß sie doch enorme seelische Kräfte. Eine kurze Liebesaffäre mit dem Gesangslehrer ihrer Stiefmutter ließ sie nie mehr los. Die Geschicke der Zeit im dritten Reich führten sie auf einem langen Weg über Frankreich und das Lager Gurs nach Südfrankreich, wo sie für einige Zeit sicher war.

Ihre Lebensgeschichte hat sie in einer Zeichenmappe mit dem Titel „Leben? Oder Theater?“ mit Bildern und Texten als Vermächtnis hinterlassen. In zahlreiche Ausstellungen waren ihre Bilder seither immer wieder zu betrachten. David Foenkinos ließen sie nie mehr los!

Man bleibt fasziniert und vertieft sich mit anhaltendem Interesse in die Geschichte dieser feinen, sensiblen und tief fühlenden Künstlerin, die wie so viele andere am Ende den Tod im KZ fand.

Foenkinos hat ihr mit seiner fabelhaften Erzählweise in der Übersetzung von Christian Kolb Ausdruck und Leben verliehen.

David Foenkinos
Charlotte
240 Seiten, gebunden
Deutsche Verlags-Anstalt, August 2015
ISBN-10: 3421047081
ISBN-13: 978-3421047083
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Bregje Hofstede: Der Himmel über Paris

Bregje Hofstede: Der Himmel über Paris

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Fluch und Segen der Liebe…

Mit feinem Stift und klugen Worten erzählt die Autorin Bregje Hofstede von einem Paar, das sich auf ungewöhnliche Weise kennen lernt und sich zu einander hingezogen fühlt.

Der mittel alte Professor der Kunstgeschichte Olivier soll sich auf Bitten seines Dekans um eine junge holländische Studentin kümmern, die er vorübergehend bei sich aufgenommen hat. Diese erinnert Olivier in auffallender Weise an seine frühe Jugendliebe Mathilde. Immer wieder muss er hinschauen und sich wundern über diese Ähnlichkeit!

Seine jetzige Freundin Sylvie, mit der er nicht zusammen lebt, ist patent und gegenwärtig. Die frühere Freundin aber lebt noch immer in seinen Fantasien in ihm fort.

Zuerst nur zögerlich, dann immer interessierter beschäftigt sich Olivier mit Fie, wie die junge Studentin heißt. Er lässt sich dazu herab, ihre Übungen zu Kunstbetrachtungen zu überprüfen und mit ihr zu diskutieren. Fie ist spröde, zurückhaltend und wartet ab.

Mit diesem Beginn ist schon alles gesagt, was in dem Roman der jungen Autorin abgehandelt wird.

Verstrickt in Vergangenes und fasziniert vom Gegenwärtigen gerät der renommierte Professor immer tiefer in eine Lebenskrise. Sein ganzes bisheriges Leben kommt dabei auf den Prüfstand. Am Ende steht nicht mehr ein Stein auf dem anderen. Es gilt, neue Perspektiven zu finden und nach ihnen zu leben.

Bregje Hofstede erzählt prägnant und weitblickend. Was Menschen mit ihrem Leben anfangen, und was aus ihnen werden kann. Scheu und verloren wirken die einen, stark und sicher die anderen. Die junge Studentin verantwortet mit ihrem Verhalten allerlei Widrigkeiten, unter denen Olivier unterzugehen droht. Die Nebenfiguren bieten die Reibungsfläche, unter der Schicksale zu zerschellen drohen.
Gelegentlich verwischen die Konturen zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Ist das aber nicht im wirklichen Leben sehr ähnlich?

Menschen können an sich selber verzweifeln, wenn sich Wahrnehmung und Fantasie vermengen.

Es geht in dem Roman um Liebe, Treue und Zuverlässigkeit und um Rache und Verrat.

Eine erstaunlich einfühlsame Studie ist der jungen holländischen Autorin und der Übersetzerin Heike Baryga mit diesem Roman gelungen.

Bregje Hofstede
Der Himmel über Paris
224 Seiten, gebunden
H.Beck, August 2015
ISBN-10: 3406683436
ISBN-13: 978-3406683435
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Philippe Pozzo di Borgo: Ich und Du

Philippe Pozzo di Borgo: Ich und Du

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Schicksal meistern lernen…

Dieses neue Buch von Philippe Pozzo di Borgo nimmt einen von der ersten Zeile an gefangen.

Er hat ein ungewöhnliches Schicksal.

Nach der Lähmung von den Schultern abwärts durch einen Gleitschirmabsturz und nach dem Krebstod seiner Frau, als er ca 43 Jahre alt war, hat Philippe Pozzo di Borgo wohl so ziemlich alles an schwerem Leid ertragen müssen, was man als Mensch nur fassen kann. Zu Monate langen Krankenhausaufenthalten verdammt hat er, der aus einer wohlhabenden Familie stammt, viel Zeit zum Nachdenken und Reflektieren.

Jenseits des öffentlichen Hypes um den Autor, der mit seinem Buch und Film „Ziemlich beste Freunde“ seit einigen Jahren Furore macht, spricht hier derselbe Mensch über seine Selbsteinsichten gepaart mit zuweilen herber Selbstkritik. Die geäußerten Gedanken sind offen, ehrlich und aufrichtig.

Pozzo di Borgo hat offensichtlich seine Hybris und Eitelkeiten abgelegt und ist durch leidvolle Erfahrung zu einer inneren Haltung gelangt, die ihn wach und lebendig im Geiste zu immer tieferen Einsichten führt. Es geht ihm um Toleranz und Respekt dem Nächsten gegenüber, um eine Horizonterweiterung im Denken und darum, Mitmenschen in ihrer je eigenen Art gelten zu lassen. Seine These heißt: aus Ich und Du soll Wir werden in gegenseitiger Toleranz, Akzeptanz, Wohlwollen und Anerkennung.

Der Text ist selbstverständlich und klar im Ausdruck, so dass man keinerlei Eitelkeiten oder gar Eiferertum entdecken könnte.

Wenn das Leid gar zu groß wird, beschreibt er, wie er dann im „Augenblick“ zu leben beginnt. „Es mag prätentiös klingen, aber ich betrete dann die „Zeit“.( S 42)

Der Autor lässt mit dieser Niederschrift andere an seinen Einsichten teilhaben. Sympathisch, mit einem Schuss Ironie und Humor, hat di Borgo seine Entwicklungsgeschichte beschrieben, die ganz einfach neugierig macht. Neugierig auf einen Menschen, dessen Kräfte schier unerschöpflich zu sein scheinen, und der immer neue Stadien und Hürden des Lebens bewältigt.

Eingeflochtene kurze biographische Einschübe erweitern den Blick auf eine ungewöhnliche Persönlichkeit. Sie mag wahrlich Trost und Vorbild für andere Betroffene sein.

Festhalten muss man, dass Pozzo di Borgo eine visionäre Vorstellung über das menschliche Miteinander hegt, die sich nur schwer verallgemeinern lässt. Zu groß sind die Diskrepanzen der menschlichen Spezies zwischen Herkunft, Bildung, Begabung, Chancen und Wohlstand.

Man kann jedoch von seinem Weg durchaus für das eigene Wachsen und Gedeihen profitieren.

Für die Nachdenklichen unter den Lesern ist die Lektüre überaus lehrreich und anregend.

Philippe Pozzo di Borgo
Ich und Du
152 Seiten, gebundn
Hanser Berlin, August 2015
ISBN-10: 3446249451
ISBN-13: 978-3446249455
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Florian Wagner: 100 % Abenteuer: Pferde

Florian Wagner: 100 % Abenteuer: Pferde

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Florian Wagner liebt das Abenteuer. Das beweisen sein Beruf und seine Hobbys. Beides lässt sich verbinden und so sind es die Pferde, die der Fotograf mit seiner Kamera ins Visier nimmt. Seine Abenteuer werden zu Geschichten, die erzählt werden. Sachwissen wird ganz nebenher vermittelt.

Der Autor begibt sich mit seiner Kamera auf eine ungewöhnliche Reise um die Welt. Kein Ort scheint ihm zu weit. Er genießt die „Freiheit zu Pferde“ mit anderen Reitern bei einem Wanderritt durch Andalusien und beschreibt genau, wie so etwas abläuft. „Löwen, Gnus und Elefanten“ begegnet er bei einer Safari zu Pferde durch die Savanne Kenias. Es ist eine Reise voller unglaublicher Gefahren. „Die Reiter vom Todeshügel“ trifft Florian Wagner in einem Indianerreservat im US-Bundesstaat Washington. Hier findet das spektakuläre „Omak Suicide Race“ statt. In der Wüste Abu Dhabis, besucht er das königliche Gestüt Al-Asayl und befindet sich damit „Im Paradies für Pferde“.

Florian Wagner hat seine Abenteuer mit der Kamera dokumentiert. Die Fotos, von denen jedes einzelne eine ausführliche Bildunterschrift hat, sind außergewöhnlich. Es sind bewegende Bilder, die besondere Situationen einfangen oder spektakuläre Momente erfassen. Es ist die Perspektive, der andere Blickwinkel und die leidenschaftliche Art zu fotografieren, die begeistern. Mensch und Tier bilden nicht selten eine Einheit.

Die Texte sind dem entsprechend spannend. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass Florian Wagner aus der Ich-Perspektive schreibt. Diese persönliche Schreibweise wäre sicher noch authentischer gewesen.
Das ergänzende Sachwissen wird in Kästchen oder am Bildrand präsentiert. Wissenswertes und Fakten werden hier dargestellt. Diese sind für die Zielgruppe, das sind Kinder im Alter von 10-14 Jahren, ausgelegt.
Aber auch allen anderen pferdebegeisterten Menschen wird das Buch gefallen.

Rezension von Heike Rau

Florian Wagner
100 % Abenteuer: Pferde
60 Seiten, gebunden
Ravensburger Buchverlag
ISBN-10: 3473554235
ISBN-13: 978-3473554232
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Helen Mcdonald: H wie Habicht

Helen Mcdonald: H wie Habicht

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Falknerin zu werden, war schon immer das Ziel von Helen McDonald. Schon als sie noch ein Kind war, nahm dieses Vorhaben Gestalt an. Ihr Vater ermutigte und unterstützte sie. Und so ging Helen ihren Weg. 2007 starb der Vater plötzlich. Helen gerät in eine tiefe Krise. Immer weiter zieht sie sich zurück. Beschließt dann aber, sich ein Habicht-Weibchen zu kaufen. Es wird ein anderer, als der ursprünglich zum Kauf stehende Vogel, weil es Faszination auf den ersten Blick ist. Sie nennt ihren Habicht Mabel. Die Abtragung geht langsam vonstatten. Aber Helen stellt sich dieser äußerst schwierigen Aufgabe.

Orientierung gibt ihr T. H. White mit seinem Buch „The Goshawk“. Die Zeit, die zwischen der Erscheinung dieses Buches im Jahre 1951 und der Gegenwart liegt, ist lang. Die Fehler, die man heute machen kann, sind dieselben wie damals. Helen will sie nicht wiederholen und arbeitet hart, mit Geduld und Zuversicht. Aber auch mit Besorgnis und Zweifeln. Bald hat sie erste Erfolge zu verzeichnen, aber immer sind auch Rückschläge hinzunehmen.

So konzentriert Helen auch arbeitet, die Zurückgezogenheit lähmt sie in allen anderen Bereichen. Doch sie braucht diese Zeit, um zu trauern und um sich zu erinnern. Die Natur und die Wildheit des Habichts helfen ihr, die Bodenhaftung nicht gänzlich zu verlieren. Letztendlich kann ein wildes Tier aber kein Gefährte sein. Doch die Realität muss warten.

Es ist ein autobiographisches Buch, das berührt. Helens Trauer scheint so unbezähmbar wie der Habicht. Das als Leser nachvollziehen zu dürfen, heißt, über das Leben nachzudenken und über den Tod. Es heißt, sich der Mediation der Autorin anzuschließen.

Es ist nicht so, dass mir das Buch durchweg gefallen hat. Es ist eine traurige und auch sehr persönliche Geschichte. Manche Zusammenhänge haben sich mir nicht offenbart. Trauer und Schmerz mit der Zähmung eines wilden Habichts zu verarbeiten, ist einfach für mich schwer nachvollziehbar. Manchmal konnte ich mich darauf einlassen, manchmal nicht. Aber wie auch immer: Es ist der Weg von Helen McDonald gewesen und für sie war es der richtige.

Rezension von Heike Rau

Helen Mcdonald
H wie Habicht
Aus dem Englischen von Ulrike Kretschmer
416 Seiten, gebunden
Allegria Verlag
ISBN-10: 3793422984
ISBN-13: 978-3793422983
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Marcello Fois: Schwestern

Marcello Fois: Schwestern

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Geschwisterliebe…

Marcello Fois erzählt die Geschichte zweier Schwestern. Alessandra und Marinella begegnen sich nach dem Tod des Vaters in dessen Wohnung. Vierzig Jahre sind vergangen, seit der Vater sie verlassen hat. Doch nicht nur seine Abwesenheit bereitet hier den Boden für eine hintergründige Geschichte. Die Schwestern, Zwillinge zudem, sind von einer tiefen Abneigung gegeneinander erfüllt. Man ahnt nur mehr, als dass man es weiß, dass sie sehr unterschiedliche Leben führen. Im tiefsten Grunde sind sie einander Feind und voller Groll auf die jeweils andere.

In einer Art Kammerspiel umschleichen sie einander mit Worten. Argwohn paart sich mit Wut, Neugier mit unverhohlenem Zorn. Schließlich taucht auch noch eine Nachbarin auf, die ihre Hilfe – oder ist auch das wieder nur Neugierde? – anbietet.

Die Mädchen verbleiben in einer gleichbleibenden Missgunst. Man kann sich nicht vorstellen, dass diese beiden Frauen je zusammenfinden werden. Anschuldigungen und Erinnerungen an frühe Kinderjahre haben zur Folge, dass immer eine vorsichtige Abneigung über allem liegt.

Die ganze Erzählung hindurch gibt es diese quälenden Andeutungen und Verdächtigungen, es schlechter gehabt zu haben als die andere. Der Vater hat die Familie verlassen, als die Mädchen 8 Jahre alt waren. Ist er die Ursache für die Missgunst zwischen den Schwestern? Hat er eine mehr geliebt als die andere?

Alles in allem löst sich der Knoten nicht: beide Schwestern verlassen einander nach diesem Nachmittag in der Wohnung des verstorbenen Vaters und tauchen in ihr jeweiliges eigenes Leben ein, von dem man sehr wenig erfahren hat.

Geschwisterlicher Neid und Hass scheinen die Grundlage dieser Beziehung zu sein. Im Untertitel heißt es: die alte Geschichte. Und ja: so ist es wohl häufiger als man denkt, dass Geschwister in alten Beziehungsmustern verharren. Klärende Gespräche bringen nichts, weil die Fronten verhärtet und unauflöslich bleiben.

Eine gelungen Sozialstudie ist dem Autor Marcello Fois hier gelungen. Es wird nur gehandelt und gesprochen, nicht aber analysiert. Schlüsse muss der Leser für sich alleine ziehen. Der Autor bedient sich zwischen den Gesprächen der beiden Frauen einer poetischen und sanften Sprache. Zuletzt siegt die Vergänglichkeit, die über allen Geschehnissen in Vergangenheit und Zukunft liegt.

Marcello Fois ist ein sardischer Schriftsteller, der heute in Bologna lebt. Er hat sich vor allem als Kriminalbuchautor hervorgetan.

Marcello Fois
Schwestern
144 Seiten, gebunden
Wagenbach, K; August 2015
ISBN-10: 3803113121
ISBN-13: 978-3803113122
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Alain Claude Sulzer: Postskriptum

Alain Claude Sulzer: Postskriptum

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Größe und Niedergang eines angesehenen Künstlers…

Das Waldhaus in Sils-Maria in der Schweiz ist ein Ort der Sehnsüchte, des Wohlbefindens und der Ruhe. Hier gehen seit eh und je die Großen des Showgeschäftes, der Kunst und der Literatur ein und aus.

Zu seinen Gästen gehörten in der Vergangenheit Friedrich Nietzsche, Theodor W. Adorno, Thomas Mann und Friedrich Dürrenmatt, um nur einige wenige zu nennen.

Hier spielt der neue Roman von Alain Claude Sulzer.

Anfang der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts kehrte der Schauspieler Lionel Kupfer aus Berlin in das Hotel ein, nicht ahnend, dass es mit seiner Karriere unter dem Naziregime Hitlers als Jude zu Ende sein könnte.

Fein gesponnen taucht man in die Atmosphäre dieses legendären Ortes ein. Für Kupfer schwärmen mehr Männer als Frauen. So auch der kleine Postbeamte Walter, der sich als Gast in das Hotel einschleicht, um einen Blick auf den geliebten Künstler zu erhaschen. In Berlin hingegen lebt Lionels Liebhaber, der Kunsthändler Eduard, der ihm im neuen Glanz als Nazi mit Hochmut begegnet.

Lionel Kupfer musste schließlich emigrieren und hat in New York kümmerlich überlebt. Nach dem Krieg hat ihm Visconti noch einmal eine Position für eine kleine Nebenrolle angeboten. Doch die Stelle wurde weggeschnitten.

Man folgt den Spuren Walters und Edouards, des trickreichen Kunsthändlers, mit anhaltendem Interesse. Unter der Naziherrschaft ließen sich mit den Juden und ihren Kunstsammlungen treffliche Geschäfte machen. Am Ende aber ereilt jeden/ jede das ihm zugedachte Schicksal. Lionel Kupfer, der Jude, der aus Österreich stammt, bleibt im fernen Amerika, wo er mehr schlecht als recht überlebt.

Im „Postskriptum“ von 1963 hört man dann von späten Erfolgen des Schauspielers, die ihm noch einmal ein Durchstarten ermöglichen.

Alain Claude Sulzer hat einen melancholischen Roman geschrieben, so wie alle seine Romane von einer leichten Melancholie geprägt sind. Man folgt den Geschichten und ihren spannenden Wendungen mit anhaltender Aufmerksamkeit. Das Nazireich mit seinen Bedrohungen und Österreich mit seinem Charme im Begleitstrom der nationalsozialistischen politischen Richtung umrahmen die Erzählung. Alles klingt wie aus dem richtigen Leben, und Sulzer hat die wirren politischen Zeiten mit ihrer Dramatik konsequent eingefangen. Die erkennbaren homoerotischen Szenen wirken stark und bieten Einblicke auch in die moralischen Aspekte einer Zeit, in der Homosexualität strafbar und verboten waren. Jeder konnte zu jeder Zeit auffliegen, und dann drohte Ungemach.

Der Roman ist schlüssig und sehr lebensnah konzipiert. Es lohnt sich, ihn zu lesen.

A.C. Sulzer ist ein blendender Erzähler, dessen Werke vielfach preisgekrönt wurden.

Alain Claude Sulzer
Postskriptum
256 Seiten, gebundn
Galiani-Berlin, August 2015
ISBN-10: 3869711159
ISBN-13: 978-3869711157
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Martin Amanshauser: Der Fisch in der Streichholzschachtel

Martin Amanshauser: Der Fisch in der Streichholzschachtel

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Eine Karibik-Kreuzfahrt kann ein recht langweiliges Unterfangen sein. Aber irgendwas muss man seiner Frau ja zum Geburtstag schenken, vor allem, wenn es der vierzigste ist. Tatsache ist, dass Fred Dreher die Reise, die auch die zwei Kinder mit antreten, wegen der Schräglage seiner Firma vorerst nicht bezahlen kann und Tamara in Vorkasse gehen muss.
Etwas Spannung kommt auf, als er einer ehemaligen Freundin an Bord begegnet. Bisher war Fred treu, aber Amélie wäre einen Seitensprung wert, zumal sie nicht abgeneigt scheint.
Eine etwas andere Art von Abenteuer bringt ein Orkan mit sich, der das Schiff vollkommen lahmlegt. Weiterfahren kann es ohne Hilfe nicht. Allerdings gibt es keinen Kontakt zur Außenwelt.
Dann kommt ein Piratenschiff aus einem längst vergangenen Jahrhundert in Sicht und jeder vernünftige Mensch glaubt, im falschen Film zu sein. Oder es ist alles arrangiert. Schließlich ist Faschingsdienstag. Die Piraten spielen ihre Rolle überzeugend. Der Spaß hört allerdings auf, als sie Freds Tochter entführen …

Auf diese Geschichte lässt man sich gern ein. Haarsträubende Situationen entstehen, als Gegenwart und Vergangenheit aufeinandertreffen. Die Piraten sind äußerst kritisch mit dem, was sie sehen. Der Autor hat hier sehr witzige Beschreibungen für technische Errungenschaften und die heutige Art zu leben gefunden, die ein Pirat natürlich hinterfragen und auf seine Weise kommentieren muss. Interessant, wie ignorant dagegen die Menschen auf dem Kreuzfahrtschiff sind. Was nicht sein kann, existiert einfach nicht. Man tut, als gäbe es kein Problem. Wenn das Schiff nicht langsam Schräglage bekommen würde, könnte alles so bleiben, wie es ist.

Das Buch ist trotz ihrer Unterhaltsamkeit hin und wieder etwas langatmig. Besonders am Anfang macht sich das bemerkbar. Es fällt schwer, sich in den Roman hineinzufinden. Mit dem Orkan ändert sich das dann. Die Geschichte beginnt immer mehr zu überraschen, zu verblüffen und Sprachwitz und Komik sind bald nicht mehr zu übertreffen. Desweiteren kann man als Leser darüber sinnieren, wie die Geschichte nun wirklich zu interpretieren ist. Eine wirklich schlüssige oder wenigstens halbwegs glaubwürdige Erklärung für die Geschehnisse, außerhalb der möglichen Zeitverschiebung, ist gefragt.

Rezension von Heike Rau

Martin Amanshauser
Der Fisch in der Streichholzschachtel
576 Seiten, gebunden
Deuticke Verlag
ISBN-10: 3552062920
ISBN-13: 978-3552062924
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