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Die Eismalerin

Die Eismalerin

Die Geschichte beginnt 1915. Zu diesem Zeitpunkt beschließt die Witwe Steinunn Olafsdóttir mit ihren sechs Kindern, drei Jungen und drei Mädchen nach Akureyri im Norden Islands zu ziehen. Die Kinder sollen eine Schule besuchen. Die Familie nimmt auf die Fahrt per Schiff nur mit, was auf den Pferdekarren passt.

Das neue Leben beginnt in einer Fischlagerhalle. Im oberen Stockwerk befinden sich die Zimmer mit den Kojen für die Saisonarbeiter, zu denen nun auch Steinunn und ihre Kinder gehören. Die Familie arrangiert sich mit den Gegebenheiten. Eisern wird das mühsam verdiente Geld gespart für eine bessere Unterkunft, Betten, Stühle, Schulbücher und Lederschuhe.

Karitas, die sehr geschickt im Reden ist, schafft es, noch vor dem Winter eine neue Unterkunft zu organisieren. Das kleine Häuschen hat zwei Zimmer und eine Küche. Während die Mädchen weiter arbeiten, gehen die zwei ältesten Jungen schon zur Schule. Sobald das Geld reicht, soll Bjarghildur auf die Hauswirtschaftsschule. Halldóra plant im nächsten Herbst nach Reykjavík auf die Hebammenschule zu gehen und beginnt unterdessen in einer Schneiderei. Auch Zuhause näht sie mit großem Geschick. Der Traum der Mutter, auf Bildung für alle Kinder, scheint sich zu erfüllen.

Karitas Talent für das Zeichnen wird entdeckt, bevor ihr die Schulbildung ermöglicht werden kann. Frau Eugenía, eine Malerin, finanziert das Studium an der Königlichen Kunstakademie in Kopenhagen. Karitas muss ihre Familie zurücklassen. Der Abschied von ihrer kranken Schwester Halldóra fällt schwer. Auch wenn Karitas auf wenig Verständnis für ihre brotlose Kunst bei ihren Mitmenschen stößt, ihr Ziel Malerin zu werden, will sie um jeden Preis verwirklichen. Doch dann kommt die Liebe dazwischen und Karitas wird ihre Entscheidungsfreiheit genommen.

Von der ersten Seite an wird der Leser mit dieser Geschichte gefesselt. Erzählt wird von einer isländischen Familie, die trotz widriger Umstände daran festhält, ihr Glück zu finden. Dabei ist es besonders die Mutter, die dafür die Vorraussetzungen schafft, wie schwer es auch wird. Die Geschichte konzentriert sich bald auf Karitas, die Talent besitzt, das auch bis zu einem gewissen Punkt gefördert wird. Dann wendet sich das Blatt.
Man verfolgt Karitas’ Lebensweg und den ihrer ganzen Familie mit Spannung und großem Interesse und nimmt wahr, wie es Frauen in diesen schweren Zeiten ergangen ist. Für sie war es nicht üblich einen Beruf zu erlernen oder gar ihrer Berufung zu folgen.

Die Geschichte überzeugt inhaltlich. Besonders ins Gewicht fällt aber auch der Schreibstil der Autorin. Ihre Charaktere sind perfekt ausgearbeitet. Man findet leicht Zugang zu ihnen, fühlt sich mitten hineinversetzt in die Familie. Die Autorin schreibt mit Feingefühl und Einfühlungsvermögen, das ist direkt spürbar. Emotionen spielen eine große Rolle. Dementsprechend tiefsinnig und bewegend ist das Buch. Unbedingt lesen!

Über die Autorin:
Kristín Marja Baldursdóttir ist in Island eine der bekanntesten Journalistinnen und Schriftstellerinnen. Sie lebt in Reykjavík, ist verheiratet und hat drei Töchter.

Rezension von Heike Rau

Kristín Marja Baldursdóttir
Die Eismalerin
Aus dem Isländischen con Coletta Bürling
461 Seiten, gebunden
Krüger Verlag
ISBN-10: 3810502561
ISBN-13: 978-3810502568
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