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Schlagwort: Hisham Matar

Im Land der Männer

Im Land der Männer

Dieses Buch kann man nicht mehr aus der Hand legen, wenn man einmal anfängt, es zu lesen.

Suleiman ist die Hauptfigur, ein Junge von neun Jahren. Aus seiner Sicht wird die Geschichte erzählt.
Man schreibt das Jahr 1979. Suleiman lebt mit seinen Eltern in Tripolis. Das Haus, in dem er mit seinen Eltern lebt, ist wichtigstes Lebenszentrum der Mutter und des Sohnes. In ihm spielt sich das Leben ab in einem Sommer, der so heiß ist, dass die Autoreifen schmelzen.
Vom Balkon aus sieht man das Meer, das sich in der flimmernden Hitze spiegelt. Man sieht die Blumen, riecht die Düfte, schmeckt die Maulbeeren, die Suleiman vom Baume pflückt. Mit seiner Mutter ist er viel alleine, wenn der Vater auf Geschäftsreisen ist. Sind es immer nur Geschäftsreisen?

Dunkle Andeutungen lassen Suleiman ahnen, dass seine Mutter sehr jung noch unfreiwillig an den Vater verheiratet wurde. Der Familienrat der Männer in ihrer Familie hatte es so beschlossen. Von ihrer Krankheit ist die Rede, die immer dann auftritt, wenn der Vater abwesend ist, was eine gelinde Umschreibung für Alkoholismus ist. Sie ist eine liebevolle und unberechenbare Mutter zugleich. Suleiman ist beiden Eltern in gleicher, zärtlicher, zuweilen auch ängstlicher Weise zugetan.

Es gibt die Freunde des Vaters, und auch Suleiman hat gute Freunde, besonders Karim, der ihm wie ein Bruder so nahe steht.

Was so idyllisch und exotisch beginnt, setzt sich fort als kommendes Unheil, das mit dem Regime unter Gaddafi das Leben in Libyen bedrohlich werden lässt, und das Land in eine Diktatur verwandelt. Noch gibt es Widerständler, die zum Boykott aufrufen.
Der Vater von Suleiman scheint in den Widerstand verwickelt zu sein. Auch andere gute Freunde der Familie sind betroffen.
Da Suleiman in der Ichform berichtet, wirkt das Tun und Treiben, das sich um ihn herum abspielt, unheimlich, da er vieles nicht versteht.

Die Ereignisse spitzen sich dramatisch zu. Menschen verschwinden und kehren nicht zurück. Der Vater wird eines Tages schwer verletzt ins Haus zurück gebracht. Auch Suleiman geht zuletzt ohne die Eltern auf eine Reise nach Ägypten, ohne zu wissen, was ihn dort erwartet.

Wie menschliche Schicksale durch politische Verstrickungen enden können, das ist das Thema dieses Buches.
Es ist fein geschrieben und voller Poesie.
Dass es daneben eine Vielzahl von Geschichten über das Leben und die Menschen in Tripolis gibt, über Freundschaften und Feindschaften; dass kleine Jungs, wenn sie alleine gelassen werden in einer unheimlichen und verschwiegenen Erwachsenenwelt ungeahnten Ängsten ausgesetzt sind, das alles macht den Roman zu einem lebendigen und spannenden Buch. Es ist eine weise, traurige und sehr menschliche Geschichte, die ich sehr empfehlen kann.

Hisham Matar
Im Land der Männer
Leben unter Gewalt und Terror
ISBN:3630872441
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