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Schlagwort: Liebe

Kami Garcia und Margaret Stohl: Eighteen Moons – Eine grenzenlose Liebe

Kami Garcia und Margaret Stohl: Eighteen Moons – Eine grenzenlose Liebe

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Seit sich Lena selbst berufen hat, ist sie Licht und Dunkel zugleich. Die Ordnung der Dinge ist seit der Rückkehr von der Weltenschranke zerstört. Eine nie dagewesene Hitzewelle macht den Bewohner von Gatlin zu schaffen. Dazu kommt eine Insektenplage. Nur Ravenwood ist als Rückzugsort geblieben, dank Schutzmagie und Bannsprüchen. Mit Abraham Ravenwood, der seine böse Macht demonstrieren will, kommt auch noch ein Vex-Tornado über die Stadt mit katastrophalen Folgen. Ein normales Leben ist danach nicht mehr möglich.
Alles dreht sich um die Frage, wie die Ordnung der Welt wieder herzustellen ist. Ethan erhält Hinweise mit dem Shadowing Song seiner toten Mutter. Doch sie spricht in Rätseln. Der Eine, der zwei ist, ist der Auserwählte, der es vermag, die Ordnung wieder herzustellen. Ist es John Breed? Ist es möglicherweise Lena? Oder ist es Ethan selbst? Ethan spürt, dass etwas mit ihm nicht stimmt, seit Amma und Lena ihn an der Weltenschranke von den Toten zurückgeholt haben. Amma scheint die Einzige zu sein, die weiß, worum es geht. Schließlich ist sie eine Seherin. Aber sie weiht Ethan nicht ein. Also bleibt nur abzuwarten und zu sehen, was weiter geschieht. Dabei ist keine Zeit, denn es gibt noch andere, die sich eine neue Ordnung wünschen. Allerdings wäre das eine Ordnung in der das Lichte vom Dunkeln eingenommen werden würde.

„Eighteen Moons – Eine grenzenlose Liebe“ ist der dritte Band der Buchreihe. Wieder ändert sich die Stimmung komplett und wird diesmal getragen von einer Unheil verkündenden Spannung. Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Als Leser muss man sich also zunächst in Geduld üben. Es ist nicht vorhersehbar, was geschehen wird. Unterschwellig, und das ist wirklich gut gemacht, wird die Geschichte immer dramatischer. Es sind die leisen Töne, die für Gänsehaut sorgen. Und es ist die Liebe zwischen Lena und Ethan, die zu Tränen rührt. Es ist die Zerrissenheit, die endlos wirkt. Nichts ist, wie es scheint. Die Lage spitzt sich zu. Magie vermag Unmögliches möglich zu machen. Der Schluss dieses Teils ist an Tragik nicht zu übertreffen. Es ist nicht zu fassen, was geschieht. Das Ende kann das nicht sein. Tatsächlich bleibt es nicht bei diesem dritten Band, es wird einen vierten geben.

Rezension von Heike Rau

Kami Garcia und Margaret Stohl
Eighteen Moons – Eine grenzenlose Liebe
Aus dem Amerikanischen von Petra Koob-Pawis
512 Seiten, gebunden
cbj, München
ISBN-10: 3570154726
ISBN-13: 978-3570154724
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Justus Bender und Jan Philipp Burgard: Glauben Sie noch an die Liebe?

Justus Bender und Jan Philipp Burgard: Glauben Sie noch an die Liebe?

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Ja, das Leben und die Liebe…

Wer meint, er/sie hätte es hier mit einer Lektüre a la Boulevard zu tun, der irrt gewaltig!

Die beiden Autoren, Journalisten von Beruf, hatten die glänzende Idee, bekannte Persönlichkeiten auf die „Liebe“ anzusprechen. Auslöser für die Idee war eine Taxifahrt, in der sie mitbekamen, wie der Taxifahrer mit seiner Frau im Zorn sprach und sich anschließend über seine Erfahrungen mit der Liebe/Ehe ausließ.
Diese Geschichte klingt sehr ermunternd, sich mit den weiteren Personen und ihren Vorstellungen über die Liebe zu befassen.

Die beiden Freunde machten sich auf und interviewten zahlreiche  Gesprächspartner von Rang und Namen. Darunter befanden sich die Grünenvorsitzende Claudia Roth, Roger Willemsen, Michel Friedman, Ursula Von der Leyen und viele andere mehr.
Die so entstandenen Kurzbiographien bieten uns Einblicke in das Leben von Menschen, von denen wir schon immer gerne mehr wissen wollten. Man erfährt Allgemeines und Privates. Rolf Eden und Roger Willemsen offenbaren sich mit ihrer jeweils individuellen Lebensgestaltung ebenso wie Michel Friedman und Gloria von Turn und Taxis. Es werden aufrichtig und ehrlich Fragen des menschlichen Miteinanders behandelt und diskutiert.

Ein jeder beantwortet in den Interviews Fragen nach der Liebe unterschiedlich. Der eine spricht über die Liebe persönlich und aus eigener Erfahrung, der andere geht auf die Liebe zwischen Eltern und Kindern ein, wieder ein anderer lässt allgemeine Fragen zum Thema Liebe anklingen.

Die beiden Autoren gehen behutsam und einfühlsam mit ihren Gesprächspartnern um. Sie sind diskret und stellen sich auf ihr Gegenüber ein ohne streng insistierend zu sein.
In klugen Zwischentexten vermitteln sie ihre eigenen Eindrücke und Gedanken zu den Gesprächen. Verständnisvoll, einsichtig und fragend reflektieren sie das Gesehene und Gehörte. Margarete Mitscherlich bildet den Schlusspunkt der Gesprächsserie mit ihrer klaren und unumwunden artikulierten Weltsicht, zu der natürlich auch die Liebe gehört.

Justus Bender und Jan Philipp Burgard enden das ganze Buch mit einem Fazit über die Liebe, um die es doch immer und ewig bei allen Menschen geht.

Ein höchst lebendig zu lesendes, unterhaltsames und kultiviertes „Gesprächsbuch“ ist den Autoren Justus Bender und Jan Philipp Burgard mit ihrer Arbeit gelungen.

Justus Bender/ Jan Philipp Burgard
Glauben Sie noch an die Liebe?
288 Seiten
C. Bertelsmann Verlag, Oktober 2012
ISBN-10: 3570101436
ISBN-13: 978-3570101438
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Leif Davidsen: Die Wahrheit stirbt zuletzt

Leif Davidsen: Die Wahrheit stirbt zuletzt

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Magnus Meyer feiert seinen 80. Geburtstag. Einen weiteren wird es nicht geben. Er rechnet ab mit seiner Vergangenheit. Die Geschichte könnte wahr sein oder zumindest einen wahren Kern besitzen. Manche Erinnerungen verblassen nun mal im Laufe der Zeit, andere nicht.

Magnus Meyer geht zurück in das Jahr 1937. Er ist heimgekehrt nach Dänemark, weil seine Schwester Marie es wollte. Magnus soll den jüngeren Bruder Mads zurückholen, der freiwillig in Spanien im Bürgerkrieg kämpft.
Es wird arrangiert, dass Magnus als Journalist einreisen kann. Tatsächlich findet er den Bruder, der aber nicht nach Hause zurückkehren möchte. Es kommt zu einem handfesten Streit zwischen den Brüdern. Aber Magnus kann dem Bruder nicht seinen Willen aufzwingen.

Magnus trifft auf den spanischen Journalisten Joe Mercer. Das ist kein Zufall, aber das ahnt Magnus nicht. Er hört von dem legendären spanischen Goldschatz, der außer Landes gebracht wurde, nur eben nicht vollständig. Magnus verspricht sich Reichtum durch seine Beteiligung an der Bergung des im Lande verbliebenen Anteils. Als er seine wahre Rolle in diesem Spiel erkennt, muss er töten, um zu überleben.

Hier in Spanien begegnet er auch der russischen Kriegsfotografin Irina. Zwischen den beiden beginnt eine leidenschaftliche Romanze. Das Glück bleibt allerdings nur kurz. Irina wird nach Moskau zurückbeordert. Sie verschweigt es Magnus, geht ohne Abschied, lässt ihn aber wissen, dass er ihr nicht folgen soll.

Das Kriegsgeschehen und die politischen Umstände bilden die Kulisse für diesen erschütternden Roman. Die innere Geschichte, die die Magnus Meyers Leben für immer verändern sollte, ist perfekt darin eingebettet. Es ist eine unglaubliche Geschichte. Keine, die geradlinig verläuft. Als Leser wird man immer wieder überrascht, nervenaufreibend durchgeschüttelt und mit Gewalt und Tod konfrontiert. Schöne Momente gibt es nicht, auch wenn sich diese Liebesgeschichte zwischen Magnus Meyer und Irina abspielt. Es sind gestohlene Momente. Man ahnt, dass die beiden keine Chance haben.

Die Vergangenheit lässt sich nicht abstreifen, auch wenn man sagen könnte, dass Magnus das Beste aus seinem Leben gemacht hat. Er ist ein Mann, der getan hat, was getan werden musste und ein bisschen mehr. Er hat eine sympathische Art, die sich aber immer weiter verliert, denn er ist auch ein Mörder, ein Betrüger und ein Lügner.

Es ist ein überaus spannendes, sehr glaubwürdiges Buch. Eines, das Gefühle auslöst, das sprachlos macht. Es ist in einem wirklich grandios gutem Schreibstil verfasst. Aber es ist auch schonungslos geschrieben und bestimmt nichts für schwache Nerven.

Rezension von Heike Rau

Leif Davidsen
Die Wahrheit stirbt zuletzt
Aus dem Dänischen von Anne-Bitt Gerecke
528 Seiten, broschiert
Deutscher Taschenbuch Verlag
ISBN-10: 3423214007
ISBN-13: 978-3423214001
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Marilynne Robinson: Haus ohne Halt

Marilynne Robinson: Haus ohne Halt

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Leben im Nirgendwo…

Ein wenig kantig und rau beschrieben erleben wir in diesem Buch den Gegenentwurf zu den Romanfiguren der Ostküstenschriftsteller, deren Helden in ihren Geschichten gebildet, männlich und „gesellschaftlich maßgebend“ sind. So wird es in einem Nachwort der Herausgeberin Karen Nölle geäußert.

Hier geht es vorwiegend um Frauen, die unsere Erzählung bevölkern.
Marilynne Robinsons Titelfigur und Icherzählerin Ruth lebt mit ihrer Schwester Lucille Mitte der fünfziger Jahre in einem Westküstenort in den Rocky Mountains an einem großen See. Dort herrschen Naturgewalten in Form von Stürmen, Überschwemmungen und anhaltender Kälte. Nach dem frühen und spektakulären Verlust der Eltern kümmert sich Großmutter Sylvia Foster um die beiden Mädchen. Als auch Sylvias Leben zu Ende geht, erscheint Tante Sylvie, die den Mädchen Halt bieten soll.
Das aber ist fast unmöglich! Ist doch Sylvie selbst eine haltlose und ungefestigte Persönlichkeit.

Marilynne Robinson entwickelt die Charaktere ihrer Figuren subtil, feinfühlig und zugleich schroff. Schon der verstorbene Großvater der Mädchen war ein Eigenbrötler; um wie viel stärker motiviert zieht es seine drei Töchter fort in eine Welt, die sie sich vor allem aus Träumen zusammen gereimt haben.

Einige Todesfälle in der Familie sind ungewöhnlich. Die Mutter der Mädchen fährt mit ihrem Auto in den See, nachdem sie letztere bei der Großmutter abgesetzt hat. Auch der Großvater ist bei einem Eisenbahnunglück im See versunken. Das Haus, in dem alle ihren Halt suchen, ist windig, der Nässe ausgesetzt und ärmlich.

In diesem Klima kann man von einer normalen Erziehung der beiden Mädchen nicht sprechen. Sie schwänzen die Schule, gehen ihrer Wege und suchen Halt aneinander.
Als Eigenbrötler entpuppen sich auch die Tante und eines der Mädchen nachhaltig.

Ruth tritt in die Fußstapfen von Sylvie, die mehr und mehr das Haus im Unrat verkommen lässt, während Lucille einen normalen Lebensalltag mit der liebevollen Fürsorge einer mütterlichen Person bevorzugen würde. Sylvie ist eine Vagabundin, die nirgendwo Ordnung oder Struktur in ihr Leben bringen kann.

Mit herrlichen Naturbeschreibungen weckt Marilynne Robinson unsere Sehnsucht, selbst auf einem Stein am Ufer des Sees zu sitzen und den Barschen beim Schwimmen zuzuschauen. „Wenn die Abende kamen, waren sie kühl, weil die Berge so lange Schatten über das Land und den See warfen.“

Doch die Idylle trügt. Sehr allmählich leben sich die Schwestern über ihre unterschiedlichen Lebensauffassungen auseinander.
Das Haus vermüllt, und die Spuren der drei Heldinnen verlieren sich im Nirgendwo.
Dass es sich auch als Vagabund leben lässt, ist wahr. Doch wie wohl sich die eine oder andere dabei fühlt bleibt ungewiss.
Lucille zieht sich aus dem Chaotenleben zurück und bleibt für ihre Schwester und Tante verschollen.

Ratlos wie Ruth muss der Leser zuletzt Abschied nehmen von dem Schicksal der allseits verwaisten Personen, die keinen Halt gefunden haben – nicht in dem Haus und nicht im Leben!

Marilynne Robinson
Haus ohne Halt
256 Seiten, gebunden
edition fünf, August 2012
ISBN-10: 3942374234
ISBN-13: 978-3942374231
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Anne Enquist: Die Betäubung

Anne Enquist: Die Betäubung

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Familie und Beruf: ein Konfliktfeld der besonderen Art.

Der Psychoanalytiker Drik de Jong hat lange Zeit nicht gearbeitet. Er ist um die fünfzig Jahre alt und seine Frau Hanna ist nach langem Leiden kürzlich verstorben. Seine Schwester Suzan und ihr Mann Peter stehen ihm zur Seite. Wir haben es mit einem ausgedehnten Ärztemilieu zu tun, denn Suzan ist Anästhesistin und Peter Psychiater. Roos, die Tochter von Suzan und Peter, hat ihre kinderlose Tante Hanna sehr geliebt, wohl mehr als ihre eigenen Eltern.

Nach langer Trauerzeit beginnt Drik wieder mit seiner Arbeit. Sein erster Patient Allard Schuurman ist kompliziert zu behandeln, und Drik weiß nicht so recht, wie er an den Patienten herankommen soll. Dieser will ebenfalls Analytiker werden und macht eine so genannte Lehranalyse, die für den Beruf des Psychoanalytikers obligatorisch ist.

Die Familiengeschichte der de Jongs mischt sich mit den ärztlichen Verpflichtungen in der Anästhesiologie und dem Fachwissen der Psychoanalyse. Da Anne Enquist selber Psychoanalytikerin ist, kennt sie sich gut aus mit den Mechanismen der Abwehr, der Verdrängung, mit Übertragung, Projektionen und Idealisierungen. In ihrem gut konzipierten Roman stellt sie die „Betäubung“ im medizinischen Alltag der Anästhesiologie der Aufdeckung der Gefühlswelten in der Psychoanalyse gegenüber.

Spannend und aufreibend beschreibt sie den Klinikalltag mit Fachwissen, Konkurrenzen, Intrigen und Teamgeist.
In dem Berufsalltag verschwindet fast das Familienleben, das doch allen, besonders der Tochter Roos, so viel bedeutet.
Zu allem Übel spielt Allard Schuurman eine zwielichtige Rolle, die zuletzt das feine Netz der Zuneigung zwischen den Familienmitgliedern beschädigt.

Tief steigt man in das verborgene Seelenleben der einzelnen ein und lernt, sich mit den anspruchsvollen und konfliktreichen Gegebenheiten des Ärzteberufs aus verschiedenen Fachrichtungen zu befassen. Wohl niemand ahnt, wie nüchtern und praktisch  Operationen verlaufen. Das Mitgefühl wechselt mit der Distanz, ohne die man den Beruf des Arztes wohl kaum aushalten könnte.

Anregend, inhaltsreich und faszinierend versteht uns Anne Enquist in den Berufsalltag und in die menschlichen Verstrickungen ihrer Geschichte mit zu nehmen. Dass ganze Familien unter der Regie eines Psychopathen zerbrechen können, ist nicht neu. Doch wie sie ihre Figuren agieren lässt, welches Fachwissen sie mit ihren Protagonisten verbindet, das ist wohl einmalig unter den Literaten.

Ein Ärztekrimi der besonderen Sorte ist Anne Enquist gelungen.

Sehr lesenswert!

Anne Enquist
Die Betäubung
320 Seiten, gebunden
Luchterhand Literaturverlag, September 2012
ISBN-10: 3630874002
ISBN-13: 978-3630874005
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Ingrid Noll: Über Bord

Ingrid Noll: Über Bord

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Zunächst zum Inhalt dieses kleinen Büchleins: Ellen lebt in einer renovierungsbedürftigen Villa im Odenwald zusammen mit ihrer Mutter und einer ihrer beiden Töchter. Sie ist geschieden, hat eine wenig herausfordernde Stelle im Einwohnermeldeamt und sie hat Geldsorgen. Die Villa ist in der Gegend als das „Nonnenhaus“ bekannt, weil keine der Bewohnerinnen, abgesehen von der 24 Jahre jungen Tochter Amalia, Wert auf Männerbekanntschaften legt. Rosig sieht Ellen ihre Zukunft nicht gerade.

Da taucht plötzlich ein gut aussehender Mann auf. Ellen und Amalia sind erschüttert, als er ihnen offenbart, Ellens Halbbruder zu sein. Damit Oma Hildegard nicht der Schlag trifft, denn diese Tatsache würde bedeuten, dass deren Mann, also der bereits verstorbene Opa, etwas mit einer anderen Frau gehabt hatte, verschweigen sie ihr zunächst das Auftauchen des Fremden mit seiner Behauptung. Ellen verweigert sich rigoros einem DNA-Test, doch deren Tochter Amalia schickt dem neuen Onkel eine Speichelprobe in der festen Überzeugung, ihn nach dem Test ein für alle Mal los zu sein, weil sich seine Behauptung als unhaltbar erweist. Derweil erzählt Ellen den vier Geschwistern von dem neuen Halbbruder. Der älteste Bruder Matthias sucht den Fremden auf. Als beide zufällig vor einer Spiegeltür stehen, bleibt ihnen ihre Ähnlichkeit nicht verborgen. Matthias lässt sich von den Fotos und Schriftstücken überzeugen, dass der Fremde sein Halbbruder ist. Er willigt sofort in einen DNA-Test ein. Doch das Ergebnis aller drei Proben ist erschreckend. Das Chaos nimmt seinen Lauf …

Wortgewandt, gespickt mit vielen Bildern, erzählt Ingrid Noll eine Geschichte, die sich in einer x-beliebigen Familie so abspielen könnte. Der Leser taucht ab in das etwas chaotisch wirkende Leben der Tunkels, die nach außen den Anschein einer ehrbaren Familie erwecken. Doch bald wird klar, dass vieles in der Familie tabu war und nie an- geschweige denn ausgesprochen wurde. Lange muss der Leser allerdings warten, bis aus der Geschichte ein Krimi wird. Es wird dann auch kein Krimi im klassischen Sinne, nach dem üblichem Strickmuster „Ermittler jagt den Täter“. Der hier geschilderte Kriminalfall wirkt viel subtiler und überrascht am Ende umso mehr. Mit viel Spaß blättert man von einer Seite zur nächsten und genießt zusammen mit den Figuren eine Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer.

Ein sehr unterhaltsamer Roman, humorvoll und spannend, der die verschlungenen Wege im Leben und in den Lieben einer im Hier und Heute angekommenen Unternehmerfamilie aufzeigt.

Ingrid Noll
Über Bord
331 Seiten, gebunden
Diogenes, Zürich
ISBN-10:3257068328
ISBN-13: 978-3257068320

© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Olga A. Krouk: Im Visier des Todes

Olga A. Krouk: Im Visier des Todes

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Am Tag der Trauerfeier bringt der Postbote eine Sendung mit Fotos, die zutiefst verstörend wirken. Es sind Fotos von Leahs ermordeter Schwester Céline. Leah ist einer Ohnmacht nahe, doch ein Fremder fängt sie auf. Kay Gordon scheint etwas über die Bilder zu wissen, doch helfen will er nicht. Leahs Fragen bleiben unbeantwortet.

Überraschenderweise hat Céline nicht allein in ihrer Wohnung gelebt, wie von Leah angenommen. Es gibt zwei Untermieter, Nathalie und Thessa. Leah erfährt, dass Céline einen Freund hatte. Es ist nicht Poul, wie sie dachte, sondern ein Fotograf. Offenbar wollte Céline mit seiner Hilfe ihre Karriere als Model vorantreiben.

Leah will mehr wissen über das Fotostudio Dream Impressions und den Fremden, der etwas über die Bilder wusste. Tatsächlich arbeitet er hier, nachdem ein anderer gehen musste.

Leah wird gewarnt. Es würde Konsequenzen haben, wenn sie weiter nach dem Mörder ihrer Schwester sucht. Doch sie denkt nicht daran aufzugeben und wird von Kay erwischt, wie sie vertrauliche Infos stielt. Dennoch ist es der Beginn einer leidenschaftlichen Liebe. Doch ganz vertrauen kann sie ihm nicht.

Das Buch ist sehr spannend und das von Anfang an. Es ist diese unheimliche Stimmung, die neugierig macht. Der Mord an Céline gibt Rätsel auf. Es muss etwas mit ihrer Arbeit als Model zu tun haben, viel mehr weiß man nicht. Der Mörder könnte jeder sein. Das Motiv ist völlig unklar. Selbst der charismatische Fotograf Kay Gordon könnte in die Geschehnisse verwickelt sein. Doch Leah will ihm vertrauen.

Leah geht auf eigene Faust den Spuren nach. Sie wirkt relativ unerschrocken und mutig, aber dennoch vernünftig. Sie riskiert nicht alles und um jeden Preis. So kommt sie als Figur sympathisch rüber und vor allem glaubhaft.

Der Spannungsbogen ist perfekt aufgezogen. Als Leser wird man immer wieder auf die falsche Fährte gelockt. Agierende Personen haben ihre Geheimnisse. Es ist die Undurchsichtigkeit, die fasziniert. Das Ende überrascht. Man wird mit einem Täter konfrontiert, mit dem man nicht gerechnet hätte. Obwohl die Szenen, die aus der Sicht des geheimnisvollen Mörders, ein Hinweis sein könnten. Aber das erkennt man erst zum Schluss.

Rezension von Heike Rau

Olga A. Krouk
Im Visier des Todes
340 Seiten, Klappenbroschur
Egmont Lyx
ISBN-10: 3802586409
ISBN-13: 978-3802586408
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Emmanuel Carrére: Limonow

Emmanuel Carrére: Limonow

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Russland der letzten achtzig Jahre war unter Stalin von krassen politischen Unwägbarkeiten gezeichnet und zeigte nach seinem Tod politische Umbrüche, die immense Anforderungen an alle jene stellten, die in dem System überleben wollten.

Eduard Sawenko war einer dieser Lebenskünstler. Er wurde 1942 geboren. Als Sohn eines KGB Offiziers und einer Historikerin  wuchs er in der ukrainischen Stadt Charkow auf. Aus dem eher verschreckten und ängstlichen Kind wurde ein Heranwachsender, den seine eigene Unbedeutendheit kränkte, so dass er sich früh in Künstlerkreise Eingang verschaffte. Aus einer Laune heraus wechseln die Mitglieder dieser Künstlergemeinschaft eines Tages ihre Namen. Eduard nennt sich beziehungsreich Ed Limonow in Anlehnung an Zitrone und Handgranate. Er lebte seit Mitte der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Moskau, wo er sich als Arbeiter und Schneider verdingte. Erst später entdeckte er seine schriftstellerischen Fähigkeiten.

Mit feinem Gespür für die jeweiligen turbulenten politischen Absurditäten im Sowjetsystem weiß Limonow die Gunst der Stunde für sich zu nutzen. Von Charkow und einer eher unansehnlichen Geliebten, mit der er es immerhin sieben Jahre lang ausgehalten hat, findet er in Moskau die richtigen Leute und ergeht sich in einer neuen Liebe, während er die alte nach Charkow abschiebt. Immer auf der Suche nach Abenteuern findet er Menschen, die ihm bei seiner Suche behilflich sind. 1974 wurde er aus Russland ausgewiesen und lebte fortan in New York. Von dort geht es über Frankreich nach der Perestroika zurück nach Russland.

Emmanuel  Carrére ist ein begabter Erzähler, der hier als Icherzähler fungiert. Limonow ist sein kumpelhaftes Gegenüber. Mit seinen kritischen Anmerkungen versehen erlebt man das zerrissene Russland mit den nach Stalins Tod wechselnden politischen Systemen, der Korruption, dem Beziehungsklüngel und der Fantasiewelt, in die sich der eine oder andere flüchtet. Limonow schlägt sich wacker durch, immer auf der richtigen Seite und doch auch gegen sie. Seine politische Haltung wechselte von links bis rechts. Mehrfach saß er im Gefängnis und kämpfte in Jugoslawienkrieg auf der Seite des Kriegsverbrechers Karadzic. Überall lebte er sein vitales und an Abenteuern und verrücktem Liebesleben reiches Dasein.

Sehr konzentriert geht Carrére seine Romanbiographie über den wirklichen Limonow an. Er kennt die Namen einflussreicher Künstler und die Mitglieder dieser Gesellschaft aus Hasardeuren, Angebern, Erfolgreichen und Verfolgten. Man taucht tief ein in das russische Gesellschaftssystem, das zwischen Verfolgung und Bewunderung für den rasanten Lebenskünstler Limonow mit seinen wilden Exzesse und Allüren schwankt.

Carrére endet seine Romanbiographie über Limonow mit der Vision eines friedlichen Lebens mit sicherer Rente und Wohlleben für den aufrührerischen Dichter. Dieser jedoch zöge wohl eher das anonyme, entbehrungsreiche Leben in Zentralasien einem friedlichen Leben in einem schönen Park vor.

Carrére behandelt eine Vielzahl von Erlebnissen, rasanten Perspektivwechseln und immer neuen Lebenseinsichten des russischen Dichters. Man steht verwirrt und ratlos vor dieser Romanbiographie mit überreichen Eindrücken. Ein großartiges und wildes Leben hat in Emmanuel Carrére seinen ausgezeichneten Biographen gefunden.

Emmanuel Carrére
Limonow
414 Seiten, gebunden
Matthes & Seitz, August 2012
ISBN-10: 3882219955
ISBN-13: 978-3882219951
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Tom Gamble: Tal der Hoffnung – Eine Marokko-Saga

Tom Gamble: Tal der Hoffnung – Eine Marokko-Saga

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Es ist ein interessanter Auftrag. Vor allem erlaubt er Harry Summerfield finanzielle abgesichert zu sein und somit in Marrakesch bleiben zu können. Für den Kaufmann Abrach solle er Liebesbriefe verfassen, die an eine fremde junge Frau gerichtet sind, deren Vater der Verwaltungsleiter ist und der damit über politische Macht in der Kolonie verfügt.

Als Summerfield ein erstes Antwortschreiben von Jeanne Lefévre in Händen hält, ist er betroffen. Viel zu viel Herzblut hat er in die Angelegenheit gesteckt und Jeanne tatsächlich mit seinen Briefen bezaubert. Zwar hat er nur im Auftrag Abrachs gehandelt, dennoch ist nun auch die Sehnsucht in ihm geweckt.

Summerfield lernt Jeanne auf einem Empfang kennen, zu dem sein Freund Jim Wilding ihn als Gast mitnimmt. Er offenbart sich ihr und erzählt ihr von dem Auftraggeber. Auch sie hat sich längst in den Briefeschreiber und damit in Summerfield verliebt. Später stellt sich heraus, dass Abrach ohnehin ganz andere Absichten hat. Er will an ihren Vater herankommen und ihn für ein früher verübtes Verbrechen zur Verantwortung ziehen.

Für die beiden jungen Menschen scheint die Zukunft dennoch verbaut. Jeannes Eltern würden einer Verbindung nie zustimmen. Als Sommerfield entführt wird,
schwindet jede Hoffnung auf ein Wiedersehen. So verliebt sich Jeanne in Jim Wilding, den besten Freund Sommerfields.

Das Buch beginnt sehr spannend. Der mysteriöse Kaufmann Abrach scheint die Fäden in der Hand zu halten. Seine Beweggründe, sich in Jeanne verliebt zu haben, will man ihm von Anfang an nicht abnehmen. Tatsächlich nimmt das Unheil seinen Lauf, als Summerfield selbst sich in Jeanne verliebt. Die beiden jungen Menschen sind zutiefst romantisch veranlagt. Aber zu retten ist die Liebe nicht, auch weil Summerfield viel zu leichtgläubig ist.

Es ist interessant zu sehen, wie die Geschichte weiter verläuft. Der Autor erzählt in einer einfachen Sprache, aber auf eine unterhaltsame Art und Weise. Dennoch sind einige Längen, die das Buch hat, nicht zu übersehen. Auch wirken Jeanne Lefévre und Harry Summerfield zu naiv und oberflächlich.

Beeindruckend ist die Kulisse, vor der die Geschichte spielt. Der Autor verliert sich gern in Details und schafft damit einzigartige Szenen vor den Augen des Lesers, die sehr lebendig erscheinen.

Rezension von Heike Rau

Tom Gamble
Tal der Hoffnung – Eine Marokko-Saga
Aus dem Englischen von Yasemin Dincer
Aufbau Taschenbuch
ISBN-10: 3746628652
ISBN-13: 978-3746628653
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Michael Jürgs: Codename Hélène

Michael Jürgs: Codename Hélène

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Agententhriller mit Wirklichkeitsgehalt.

Die schöne Nancy Wake stammte aus Neuseeland. Mit 32 Jahren ging sie 1933 über New York und London nach Paris, wo sie sich in feinen Party Kreisen bewegte. Hübsch und abenteuerlustig, trinkfreudig und voller Lebenslust heiratet sie 1939 einen reichen französischen Geschäftsmann. Diese Tatsachen alleine rechtfertigen aber noch keine Biographie über sie!

Nancy Wake wurde jedoch während des zweiten Weltkriegs zu einer der tatkräftigsten, mutigsten und erfolgreichsten Geheimagentinnen Churchills gegen Nazideutschland.

Man folgt der jungen Dame nach Marseille, wo sie reich und verwöhnt von ihrem sehr viel älteren Mann umsorgt wurde. Doch als die Deutschen während des zweiten Weltkriegs den Norden Frankreichs besetzten und danach das Vichyregime zum willigen Helfer der Deutschen wurde, ist sie aus Überzeugung und aus Hass gegen die Verfolger, Unterdrücker und Mörder in den Untergrund gegangen.

In einer abenteuerlichen Flucht kann sie sich mit einigen Mitstreitern nach England absetzen, wo sie sich unter härtesten Bedingungen zur Spionin ausbilden ließ.

Sie genoss den Respekt ihrer Vorgesetzten und Gefährten, weil sie sich unendlich mutig, kaltschnäuzig und mit feinem Gespür für Gefahren bewährte. Ohne die Schönheit der Frauen hätte es nach Jürgs kein ausgedehntes Kuriernetz in Frankreich geben können. Der glamourösen Welt der Frauen konnten weder Freund noch Feind widerstehen.

Seit 1944 ist Nancy Wake unter dem Decknamen Hélène für die Engländer als Agentin in Frankreich tätig.

Mitten im Kriegschaos arbeitet sie sich mit List und Mut durch feindliche Linien und kann immer wieder ihren Häschern entgehen. Von ihren Feinden wird sie „White Mouse“ genannt und intensiv gesucht. Zahlreiche Mitstreiterinnen sind in die Hände des Feindes gefallen und dort unter den grausamen Foltern und Qualen umgekommen.

Michael Jürgs gebührt das Verdienst, Nancy Wake mit diesem Buch ein Denkmal gesetzt zu haben. Er hat hunderte von Dokumenten studiert und ist den Spuren der Agentin gefolgt. Heraus gekommen ist ein wirklich spannender Politthriller. Bei seinen Recherchen rollt Jürgs noch einmal die Zeit des Widerstands in Frankreich auf und geht den verschiedenen Kriegsszenarien im besetzten Land nach. Den mit gutem Hintergrundwissen ausgestatteten Bericht liest man mit wachsendem Interesse. Die Endzeit des dritten Reichs mit allen grausamen Verfolgungsarten und Schikanen der feindlichen deutschen Besatzungsmacht und der Kollaborateure wird ja unvergessen in den Archiven der Geschichte aufbewahrt.

Nancy Wake ist die Hauptfigur, doch der Krieg bietet die Kulisse, in der man den Spuren dieser ungewöhnlichen Frau folgt. Ein absolut fesselnder autobiographischer Roman ist dem Autor Michael Jürgs gelungen.

Michael Jürgs
Codename Hélène
320 Seiten, gebunden
C. Bertelsmann Verlag, Oktober 2012
ISBN-10: 3570101428
ISBN-13: 978-3570101421
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